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Ausgabe:

1889 Nr. 6

Spalte:

146-147

Autor/Hrsg.:

Douarche, A.

Titel/Untertitel:

L‘Université de Paris et les Jésuites 1889

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 6.

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387). — Als Strafe für Gottesläfterung (Fluchen) wird
gegen Ende des 15. Jahrhunderts oft Durchbohren der
Zunge mit einem glühenden Eifen erwähnt (Nr. 374.
380 u. f.); Karl V. fchrieb 1517 diefe Strafe für den

namentlich aus dem 15. Jahrhundert, die theils nach den ] Douarche, A., Docteur en droit. Docteur es lettres,
Originalen abgedruckt, theils aus handfehriftlichen Samm- President de la cour d'Agen, L'Universite de Paris et
hingen, wie der des Lütticher Canonicus van den Berch j |es jasuites (XVI« et XVIP siecles). Paris. Hachette
(Nr. 87, U3 u. a.) entnommen find (Nr. 57, 121, 125, & , ^ ^ g M

133 u. f. w.). ' ' D

Auf den Inhalt einzelner Stücke einzugehen, ift hier Diefes Buch ift nicht nur fehr gut gefchrieben, fon-

nicht der Ort. Ich erwähne nur bcifpielsweife einige dem auch fehr lehrreich. Es bietet zwar nichts Neues
weniger bekannte Punkte, über welche wir hier neue von Bedeutung; aber der Verf. giebt eine auf gründ-
MlttheUungen erhalten. Eine Reihe von Stücken giebt liehen Studien beruhende, im Wefentlichen vollfländige
ein anfehauliches Bild von fchmählichen Hexenproceffen ; und fehr überfichtliche Darftellung feines Gegenftandes. Er
zu Arras i. J. 1460 (alfo vor der Bulle Innocenz' VIII. ' ift kein Freund der Jefuiten; aber feine Darftellung ift
von 1484 Nr. 375) und von der Anwendung der Folter : durchaus objectiv. Das Buch ift ein fehr dankenswerther
(gekenne et törture) dabei (Nr. 302—327. 382—385). Die j Beitrag nicht nur zur Gefchichte der Parifer Univerfität
Angeklagten, zum Theil angefehene Bürger, auf deren | und des Jefuitenordens, fondern auch zur Gefchichte
Vermögen es abfeierten war, werden als vauldois, taal- Prankreichs im 16. und der erften Hälfte des 17. Jahr-
deuses bezeichnet (vauiderie heifst der Hexenfabbath). i hunderts, in politifcher, kirchlicher und literarifcher Be-
Der Hauptverfolger, der Decan Jacques Dubois von j ziehung.

Arras ,'S. 392), _ der Bifchof war damals in Rom (S. j Douarche beginnt mit drei einleitenden Capiteln über

,g, ■ _ äufserte die Uebcrzeugung, mehr als ein Drittel die Organifation der Parifer Univerfität und die Reform
der Chriftenheit, darunter auch Bifchöfe und Cardinäle, j derfelben unter dem Einfluffe des Humanismus und über
feien väudois und en la vauiderie gewefen (S. 352, vgl. | die Gründung und VerfafTung des Jefuitenordens. Eine
383). Die Stadt Arras kam weithin in Übeln Ruf (S. 374); j Fortfctzung diefer Capitel liefert das 9., worin die Re-
aufserhalb derfelben glaubte nicht Einer von Taufend an form der Univerfität unter Heinrich IV. und die Ratio
die Sache (S. 377): zu Paris, Amiens und Tournay wur- studiorum der Jefuiten befprochen wird. Der Streit zwi-
den die Angeklagten freigelaffen (S. 360. 383). Das fchen der Univerfität und dem Orden begann, als die
Parifer Parlament erklärte fchliefslich 1491 alle Verur- j Jefuiten für ihr 1564 eröffnetes Collegium "in Paris, nach
theilten, auch die Hingerichteten für fchuldlos (S. 462). ; ihrem freigebigen Wohlthäter, dem Bifchof Duprat von

_ Um 1490 fpielte mehrere Jahre lang eine Teufels- l Clermont, College de Clcrmont genannt, die gleichen

gefchichte in einem Nonnenklofter bei Cambray (Nr. 386. ! Rechte verlangten, welche den Collegien der Univerfität
von Alters her zuftanden, und er endete erft
unter Ludwig XIV. mit dem Siege der Jefuiten, die
darauf 1682 ihr Colleg College Louis - te - Grand umtauften
. Die Sache wurde dreimal im Parifer Parlament
Wiederholungsfall vor, hob diefe Beftimmung aber 1519 J verhandelt: 1565 war Etienne Pasquier, 1594 Antoine
auf (Nr. 431. 435).— Intereffant find einige Rechnungen i Arnauld, der Vater des berühmten Theologen, 1611
über die Korten von Ketzerproceffen, in denen auch ein ! Pierre de la Marteliere Advocat der Univerfität; nament-
Poften über den den Inquifitoren gelieferten Wein vor- j lieh von den Plaidoyers der beiden erfteren giebt D.
kommt (Nr. 277. 283. 285 u. f.) — Mehrere Stücke be- ! eine fchöne Analyfe. Er befpricht auch lehr gut die
ziehen Geh auf Streitigkeiten zwifchen Bettelmönchen ' Schriften beider und einiger anderer gegen die Jefuiten
und Weltgeiftlichen (Nr. 301. 330. 371). — Carlerius und j und deren Entgegnungen. Zwifchen den errten und
andere Theologen geben 1466 Gutachten gegen die von zweiten Procefs fallen die Kämpfe der Liga und der
zwei Minoriten in Charfreitagspredigten gethane Aeufse- ; Mordverfuch Barriere's gegen Heinrich IV. (1593), zwi-
run° durch die Worte: ,Siehe da, Dein Sohn' fei Johannes fchen den zweiten und dritten die Verbannung der
/'actus filius naturalis B. Virginis oder transsubstantiatus Jefuiten aus Prankreich in Folge des Attentates von
in Christum (Nr. 336—343). — Was die Löwener Univer- j Chätel (1594), ihre Rückkehr im Jahre 1608 und die Er-
fität 1469 vorfchneb, ein Arzt dürfe einen Kranken nicht mordung Heinrich's IV. durch Ravaillac 1610). Mit dem
zum zweiten Male befuchen, wenn derfelbc nicht ge- dritten Procefs hängt die Abfetzung Edmond Richer's
beichtet habe (Nr. 344), wurde ein Jahrhundert fpäter [ als Syndicus der theologifchen Facultät zufammen. In
auch in einer Bulle Pius' V. vorgefchrieben. — Von ' diefe Zeit fällt auch die Verdammung der Schriften der
Karl IV. wurden 1369, von Gregor XI. 1376 die Inqui- Jefuiten Mariana, Becanus, Bellarmin, Suarez und San-
fitoren angewiefen, die in Deutfchland verbreiteten tarelii durch das Parlament, die Univerfität und die Sor-
Sehriften in der Volksfprache zu unterfuchen, von Karl IV. bonne und die Demüthigung, der fich die Jefuiten unter-
mit der Motivirung, nach den canonifchen Satzungen fei ziehen mufsten, indem fie 1611 auf den Antrag des
Laien nicht geblattet, Itbris vulgaribus quibuscunque de Generaladvocaten Louis Servin verfprachen, die Rechte
sacra scriptum uti (S. 216). Die Statuten des Bisthums und Freiheiten der galli canifchen Kirche aufrecht zu
Lüttich verordnen fchon 1203, die romane vel tcutonice ge- ! halten (S. 221), und 1626 das Buch von Santarelli in fehr
fchriebenen Bücher über die hl. Schrift dem Bifchof ab- eigenthümlicher Weife desavouirten (S. 272). Im J. 1622
zuliefern, der die unbedenklich gefundenen zurückgeben ; nahm der Streit infofern gröfsere Dirnenfioncn an, als
folle (S. 63). Von einem .Härefiarchen' Edo zu Haarlem fich gegen den Plan der Jefuiten, ihrem Colleg zu Tour-
4458) wird berichtet, er habe viultos l/bros s. scripturae j non bei Touloufe die vollen Rechte einer Univerfität,
in teutonieum translatos gehabt (S. 338). Ein Ketzer in j namentlich das Promotionsrecht zu verfchaffen, alle fran-
der Diöcefe Tournay (1472) berief fich auf einen Satz, zöfifchen Univerfitäten mit Ausnahme der ganz jefuiti-
der in sua vulgari biblia flehe (S. 429). — Ein Gutachten fchen von Montpellier verbündeten. Alle diefe Punkte
des Carlerius von 1472 (Nr. 353) bezieht fich auf die werden von D. fehr gut befprochen. Die Begünrtigung,
Frage, ob das zu Arras aufbewahrte Manna (aus der I welche Heinrich IV. den Jefuiten angedeihen liefs, er-
mofaifchen Zeit) gleich dem Kreuze und Reliquien und ' klärt er daraus, dafs er damit der Römifchen Curie und
Bildern von Heiligen zu verehren (adorandum) fei. den rtrengen Katholiken eine ähnliche Conceffion habe

F. H. Reufch. machen wollen wie den Protertanten durch das Edict
von Nantes, und daraus, dafs er die Jefuiten gefürchtet

_ . habe (S. 139. ißt'. 170; eine ihm von den Jefuiten zuge-

• fchriebene Aeufserung erweift er S. 177 als erdichtet,.

Dafs Maria von Medici fich von dem päpftlichen Nuntius
j Ubaldini zu einer den Wünfchen der Curie günftigen