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Ausgabe:

1889 Nr. 2

Spalte:

28-30

Autor/Hrsg.:

Sophocles, E.A.

Titel/Untertitel:

Greek Lexicon of the Roman and Byzantine periods 1889

Rezensent:

Gebhardt, Oscar

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 2.

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Handfchriften mit Miniaturen find durch einen Stern, Pa-
limpfefte durch ein Kreuz bei der Nummer kenntlich gemacht
. Die Seltenheit bibliographifcher Nachweife erklärt
lieh wohl aus dem Umdande, dafs dem Verf. an
Ort und Stelle die geeigneten literarifchen Hülfsmittel
nicht zu Gebote flanden.

Was nun den Inhalt der in der vorliegenden Lieferung
verzeichneten Handfchriften anbetrifft, fo verfteht
es fichbei griechifchen Kloderbibliotheken von felbft, dafs
das liturgilche Element die erfte Stelle einnimmt. In der
That dominirt diefes hier in dem Mafse, dafs von den
verzeichneten 865 Handfchriften, Evangeliftarien und Pfal-
terien nicht mit eingerechnet, c. 480, alfo weit über die
Hälfte, in die genannte Kategorie fallen. Dazu kommen
36 neuteftamentliche Handfchriften und 18 altteftament-
liche (darunter 16 Pfalterien), c. 20 Bände mit Heiligenleben
, c. 30 Menäen und c. 40 meift jüngere Handfchriften
kirchenrechtlichen Inhalts. Unter den neutedament-
lichen Handfchriften überwiegen, wie gewöhnlich, die
Evangelien und Evangeliftarien; die ältefte, ein Evange-
liftarium (Nr. 20), ftammt aus dem 7., die Mehrzahl aus
dem 11.—14 Jahrhundert. Eine Handfchrift der Apodel-
gefchichte, der Briefe und der Apokalypfe im Klofter des
h. Paulus (Nr. 129) ift dadurch merkwürdig, dafs fie im
Jahre 800 von der verftofsenen Gemahlin des Kaifers Kon-
itantin VI., der Armenierin Maria, gefchrieben worden
fein foll*)- Aufserdem verdient die Handfchrift um ihrer
Randfcholien willen Beachtung, auch wenn uns darin
nicht, wie L. vermuthet, ein fonft unbekanntes Werk des
Erzbifchofs Andreas von Caefarea erhalten ift**)- Die beiden
altteftamentlichen Handfchriften, welche nicht Pfalterien
find, gehören dem 14. Jahrhundert an. Die eine
(Nr. 27) enthält Genefis, Sprichwörter und Propheten,
die andere (Nr. 53) das A. T. von Gen. bis 2. Chron.
Ob fie für die Kritik des Septuagintatextes von Werth
find, mufs einftweilen dahingeftellt bleiben. — Die Kirchenväter
find vornehmlich durch homiletifche, asketifche
und exegetifche Werke vertreten; in c. 50 Miscellanbän-
den findet fich davon eine beträchtliche Zahl. Aufserdem
erfcheinen befonders: Chryfoftomus mit 14 Nummern,
Gregor von Nazianz, Bafilius (einmal mit Gregor von
Nyffa in einer Ii f. des 9. Jahrhunderts, Nr. 548), Ephraem
Syrus, Synefius, Joannes Scholadicus und Theodorus Stu-
dita mit je 5—6, Dionyfius Areopagita, Athanafius, Gregor
von Nyffa, Evagrius Ponticus un Nr. 26, aus dem
9. Jahrhundert, mit Nilus), Ifaac Syrus, Joannes Damas- 1
cenus und Photius mit je einer Nummer. Von den Lateinern
ift Auguftinus dreimal in griechifcher Ueberfetzung
vorhanden. Einen feltenen Schatz befitzt das Gregorius-
klofter in 6 Blättern des Pastor Hermae, welche mit den
3 durch Simonides nach Leipzig gelangten Blättern ur-
fprünglich zufammengehörten (vgl. Jahrg. 1888 diefer
Zeitfchrift, Col. 303 ff.). Reicher, als die älteren, find die
jüngeren Kirchenfchriftfteller, vom II. Jahrhundert abwärts
bis in die neuefte Zeit, vertreten. Die hierher gehörigen
dogmatifchen, polemifchen, homiletifchen und
asketifchen Schriften füllen etwa 110 Bände. Die kleine
Zahl nichttheologifcher Handfchriften, welche die vorliegende
Lieferung verzeichnet, können wir hier um fo
mehr übergehen, als fie meift dem 18. Jahrhundert angehören
. Nur das unter dem Namen CyriH's von Alexan-

*) Ob diele Tradition ausreichend bezeugt ift, läfst die Befchreibung
nicht erkennen. Die auf dem Vorfatzblatt befindliche Notiz, Eypettpin
de naoa Maoiceg ßuoO.ioong iv ft$t tu + 800, (tammt aus dem 18.
lahrhundert (über das Alter des Schlufsvotums, Stavgk (pvkazzs ßaai-
t.iaaav Mapiav, wird nichts erwähnt) und das Zeugnifs 'Iwürvov Zw-
vapü rtept Mapiag ßaoiXioong ävziypaipavzog rrn» ßtßlov zaviijv
gehört dem 12. Jahrh. an, vorausgefetzt, dafs es mit Recht auf diefe Handfchrift
bezogen wurde.

**) Ein ,ä>.i.offtv äyvwozov epyo»' ift der Commentar des Andreas
zur Apokalypfe bekanntlich nicht. Was aber die Zurückführung der Scholien
zur Apoftelgefchichte und den Briefen auf den Erzbifchof von Caefarea
anbetrifft, fo müfste diefe Vermuthung erft noch begründet werden.

dria bekannte Lexikon ift um einige Jahrhunderte älter
(Nr. 785, saec. XV.).

2. Den Palimpfeften hat L. eine befondere Abhandlung
gewidmet. Die Gefammtzahl derfelben beträgt in
den zwanzig von ihm unterfuchten Bibliotheken 13. Bei
einem ift die ältere Schrift iberifch (georgifch), bei einem
andern lateinifch (Heiligenleben aus dem 12. Jahrhundert).
Von den übrigen Ii, deren ältere Schrift griechifch ift,
beftehen 3 nur aus je einem Blatt, während 8 vollftändig
oder doch zum gröfsten Theile referibirt find. In diefen
acht Palimpfeften find Ueberrefte von 16 älteren Handfchriften
erhalten. Am weiteften hinauf reichen zwei
Evangelienhandfchriften (oder Evangeliftarien?) in Unci-
alen aus dem 6. beziehungsweife 6.—7. Jahrhundert; 6
Handfchriften ftammen aus dem 10., 4 aus dem 11., eine
aus dem 12. und zwei aus dem 13. Jahrhundert; in einem
Falle konnte die ältere Schrift nicht datirt werden, da
fie völlig unleferlich war. Dem Neuen Teftament gehört
aufser den beiden erwähnten Evangelien noch ein Bruch-
ftück aus dem 11. Jahrhundert an, in welchem L. Stellen
aus dem Briefe an die Galater und dem des Jacobus entzifferte
; der Reft, fo weit er gelefen werden konnte, ift
liturgifchen und hagiologifchen Inhalts. Kein Blatt einer
nichttheologifchen Schrift konnte in irgend einem der
Palimpfefte entdeckt werden. Herr L. nimmt von diefer
Wahrnehmung Anlafs, gegen die verbreitete Meinung zu
polemifiren, als wenn die Mönche des Mittelalters Bücher
profanen Inhalts vernichtet hätten, um fie kirchlichen
Zwecken dienftbar zu machen. Es ift nur die Frage, ob
gerade das auf dem Athos vorhandene Material geeignet
ift, hierüber Allgemeingiltiges feftzuftellen. — Dankenswerth
ift, dafs Herr L. es ängftlich vermieden hat, Reagen-
tien in Anwendung zu bringen, durch welche Schrift
oder Pergament irgendwie gefchädigt werden konnte.
Im Vorwort befpricht er eingehend das von ihm behufs
Auffrifchung der älteren Schrift befolgte Verfahren.

Berlin. O. v. Gebhardt.

Sophocles, E. A., Greek Lexicon of the Roman and Byzan-
tine periods (From B. C. 146 to A. D. 1100). (Memorial
Edition.) New York, Scribner's Sons; Leipzig, Har-
raffowitz, 1888. (1 Portrait, XVI, 1188 S. 4-) M. 46- —
Das griechifche Lexikon des im Jahre 1883 verdorbenen
Prof. Evangclinus Apodolides Sophocles in
Cambridge, Maff, erfchien zuerd im Jahre 1860 in den
Memoirs of the American Academy of arts and sciences.
N. S. Vol. 7. {Cambridge and Boston) unter dem Titel:
A Glossary of later and Byzantine Greek*). Zehn Jahre
fpäter erlebte es eine zweite Aufiage, deren Titel mit
der vorliegenden dritten, bis auf den Zufatz ,Alemorial
Edition', übereindimmt. In Amerika und England verbreitet
, id das Werk in Deutfchland verhaltnifsmäfsig
wenig bekannt geworden**). Man findet es zwar in gröfse-
ren öffentlichen Bibliotheken, aber nur feiten im Privat-
befitz. Dies id um fo auffallender, als das Bedürfnifs
nach einem Wörterbuche der fpäteren Gräcität im Grunde
nur noch mit dem Werke des amerikanifchen Philologen
zu rechnen hat. Denn Du Cange's Glossarium mediae et
infimae Graecitatis, das einzige nennenswerthe ältere Werk
diefer Art, id mit der Zeit fo feiten geworden, dafs nur
fehr Wenige in der glücklichen Lage lind, es zu befitzen.
Allerdings war auch die zweite Audage von Sophocles'
Lexikon im Buchhandel längd vergriffen; wenigdens hat
Ref. fich fchon vor Jahren vergebens darum bemüht.
Um fo willkommener id das Erfcheinen diefer ^Memorial
Edition1, für welche die amerikanifche Verlagshandlung
auch in Deutfchland eine directe Bezugsquelle vor-

*) Von anderen Werken des Verfs. find zu nennen: A Kornau Gram-
mar, aecomp. by a Chrestomaty. Hartford 1842, und: Kornau orModern
Greek Grammar. London 1858.

**) Eckftein's Nomenciator philologorum und Pokel's Philologifches
Schriftfteller-I.exicon laffen fogar den Namen des Verladers verminen.