Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1889

Spalte:

429-435

Autor/Hrsg.:

Krüger, Gustav

Titel/Untertitel:

Zur Frage nach der Entstehungszeit der Konstantinischen Schenkung 1889

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

42y

Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 17.

43°

ung vollzieht, fcheint mir keine Verbefferung der Hypo-
thefe zu fein. Zwar ift es fehr wohl möglich, dafs an
an einigen Orten eine längere Zeit hindurch die ,Alten'
die nothwendigen Gefchäfte der Gemeinde allein ver-

Kurz hintereinander find erfchienen die Arbeiten von
Weiland (Zeitfchr. f. Kirchenrecht, XXII. Bd. Neue
Folge VII, S. I37ff. 185ff.), Hauch- (Zeitfchr. f. k. Wiff.
u. k. Leben 1888, S. 201—207), Brunner (Feftgabe für

fahen, an anderen fehr frühe gewählte Verwaltungsbeamte | Gneift, Berlin, Springer, 188S, auch einzeln), Zeumer
vorhanden waren. Aber der Verf. beachtet die That- (Herausgabe des älteften Textes mit Bemerkungen, ebenda
fache nicht, dafs uns früher von ,Alten' als von gewählten und zufammen mit Brunner zu beziehen, 60 S., M. 2. —),
Alten' berichtet ift, dafs fich das Amt der Alten aus Friedrich (Die Conftantinifche Schenkung, Nördlingen,
den Ehrenrechten der Alten entwickelt hat, und dafs Beck, 1889, VII, 197 S. 8. M. 3.—), Scheffer-Boichorft
defshalb in einer und derfelben Gemeinde von Anfang (Mittheilungen d.Inftit. f. öfterr. Gefchichtsf. X, S. 302—325)
an die Alten einerfeits, die Epifkopen und Diakonen , und Martens (Die falfche Generalconceffion Konftantins
andererfeits eine Rolle gefpielt haben können und ge- 1 de? Grofsen. München, Stahl fen., 1889, VI, 130 S. gr.

fpielt haben. Die Beruckfichtigung der Städteverfaffung,
in der neben einer [iovh't ein Collegium von Adminiftra-
tivbeamten geftanden hat, wird vom Verf. mit befonderem
Eifer abgelehnt; ja man kann geradezu fagen, dafs feine
ganze Hypothefe in diefer Ablehnung ihr Acumen hat.
Allein es ift fchwer zu begreifen, warum die compli-
cirtere Annahme, dafs die Presbyter aus der Synagoge
flammen, die Epifkopen dagegen eine freie Schöpfung
fein follen, zu bevorzugen fei. Wenn wir auf das Bei-
fpiel der Städteverfaffung hinweifen, fo meinen wir damit
nicht, dafs man kirchlicherfeits diefelbe ftudirt habe, um
fie nachzuahmen, fondern wir nehmen an, dafs diefelben
einfachen, ja elementaren Bedingungen, die in den
Städten den Rath der Alten einerfeits, die Adminiftrativ-
beamten andererfeits hervorgerufen haben, in den chrift

8., M. 3.20) i).

Alle diefe Arbeiten find mehr oder weniger angeregt
durch Grauert's Verfuch, die Entftehungszeit der Schenkung
in das neunte Jahrhundert hinabzurücken und den
P"älfcher nicht in Rom, fondern im Frankenreich, näher
in S. Denis zu fuchen. Die letztere Behauptung ift von
allen F"orfchern abgelehnt, und in befonders gründlicher
Weife durch Brunner's diplomatifche Nachweife erledigt
worden. Sie haben damit das Wort des Janus' wieder
zu Ehren gebracht, dafs ,über den römifchen Urfprung
der Donatio kein vernünftiger Zweifel beliehen' könne
(Papft und Concil, S. 143 A.). Nicht ganz fo einig find
fich die Porfchenden über die Zeit. Brunner und Weiland
bleiben im 9. Jahrhundert flehen, während allerdings
die Uebrigen fich wieder mehr in der vom Janus'

liehen Gemeinden zu der analogen Organifation führten, j angedeuteten Richtung bewegen, d. h. die Fälfchung
Wiederholt fich doch heute noch in jeder gröfseren Ge- j irgendwie in das 5. oder 6. Jahrzehnt des 8. Jahr-
noffenfehaft eben dasfelbe: fchon nach kurzem Beftehen j hunderts fetzen. Mir fcheint, dafs man das oben citirte
bildet fich der mafsgebende Rath der Alten und das j Wort auch für diefe Zeitbeftimmung verwenden kann,
Amt der Adminiftratoren aus, und auch da find dann ; und die Widerlegung der von Weiland und Brunner vor-
Spannungen unvermeidlich. gebrachten Argumente z. B. durch Scheffer - Boi-

Ich halte auch nach den Einwürfen Löning's an I chorft ift fo vollkommen zureichend, dafs auch diefe
der Auffaffung feft, dafs die wefentliche Bedingung für | Frage in der angegebenen Befchränkung erledigt fein
das Verftändnifs der Entwickelung der katholifchen Ver- j dürfte. Zweifeln kann man an Allem, alfo auch daran,
faffung darin befteht, dafs man von Anfang an die dafs Hadrian in dem berühmten Brief von 777 auf das
pneuniatifche, patriarchalifche und adminiftrative ürgani- Constitutum Bezug nimmt. Stellt man aber eine eingeh-
fation der Gemeinden fondert. Die Namen thun nichts ende Vergleichung zwifchen dem Text der Fälfchung
zur Sache; man kann vielleicht beffere finden. Auch ift j und den uns aus den 50er und 60er Jahren erhaltenen
die Sonderung nicht fo plump gemeint — wie man Briefen und Documenten an, fo kann ein vernünftiger
mich wohl mifsverftanden hat —, als handle es fich um [ Zweifel' nicht beftehen, dafs eine folche .Uebereinftimm-
ftatutarifche Inftitutionen, die in keiner Gemeinde fehlen j ung in Stil und Gedanken' ftatthat, dafs die Fälfchung
konnten. Aber dafs in den Gemeinden erftlich Propheten j nur im Kreife diefer Schriftftücke begriffen werden kann,
und Lehrer (fpäter auch andere ,pneumatifche'Perfonen), j Steht das aber feft, dann ift natürlich auch die Frage
zweitens ,Alte' oder Patrone etc., denen die ,Ehre' ge- I nach der Benutzung durch Hadrian erledigt. Diefen
bührte, drittens gewählte Adminiftrativbeamte vorhanden j Weg der genauen philologifchen Vergleichung haben
waren, das fcheint mir den Ausgangspunkt der Er- j fowohl Friedrich wie die anderen Genannten (aufser

wägungen über die Gefchichte der Verfaffung bilden zu
müffen. Von hier aus kann man es auch, neben der
Berückfichtigung der äufseren Verhältnifse, verftändlich
machen, wie fich überall im Reiche der monarchifche

Weiland und Brunner) eingefchlagen. Dafs ihre Reful-
tate auseinandergehen, hat feinen Grund zuerft darin,
dafs eine ganz zutreffende und gegenüber allen Ein-

Eoifkopat entwickelt hat. Er ift nichts anderes als die . ') Das Martens'fche Uuch ift mir erft zu Gelicht gekommen, nachdem
Cumulation der Würden des Vorftehers des Altencol- 1 ??" Auffaltz ,b7e,: M- ereift auf die bekannte An"

yumuianuu uc c rj™, „u„,/i0„ zurück, dafs die efi. 61 Hadnan's den Anlafs zur Fälfchung gegeben

legmms und des Lehrers auf das Haupt des oberften hat, ihr Keim gewefen ift. Aber er meint, die Urkunde fei nicht in Lern

Cultusbeamten, und er wurde licnergeltei.lt durch die , Zuge gefchrieben. Vielmehr folgten der erften Anlage Fortfetzungen.

Annahme der Uebertragung des apoftolifchen Amtes, j Aber dabei ilt feftzuhalten, dafs das Elaborat von einem Subject herrührt'

Diefe Vorftellung aber hat fich aus alten enthufiaftifchen ! Myüwt wird diefe Auffaffung durch eine Kritik des Schriftftückes, die

Reminiscenzen einerfeits (der ,Geift' fetzt die Beamten ! W&SS^f^I^Ldl £ 'l"^"* Une,h^heiten' Verf*3»

. , , .. .. , v • „ mr 1 1» m vviaeriprucne u 1. w. tadelt, ohne den Beweis zu erbringen, warum d efe

ein durch die Geifttrager), aus der im gnoltllchen Zeit- [ tadelnswerthen Dinge nicht dem Fälfcher zur Laft fallen können So
alter entftandenen Verkümmerung des Apoftelbegriffs fällt es M. auf, dafs von einem Bifchof von Konftantinopel die Rede ift
(der ZwÖlfapoftolat allein verbindet die Gemeinden mit ■■ während fpäter von der Stadt als einer noch zu gründenden die Rede

Chriftus) andererfeits und vielleicht aus einigen Erinne- ™i " nim1mt A".Uofsdaran: dafs der Kaif« zuerft den Lateran-

rungen an die Mitwirkung des Paulus bei der Einfetzung ^^äJ^^^^^^ä

von Gemeindebeamten entwickelt. dafs der Schreiber, als er fich mit der Partie A befchäftigte, noch nicht

r> 1; , Adolf Harnack daran gedacht habe, eine kaiferliche Schenkung des Palaftes in Auslicht

zu nehmen?' Das werden doch Viele leugnen. Auf eingehende Befprechung
mufs ich leider verzichten; doch glaube ich nicht, dafs M. mit feinem

Zur Fraqe nach der Entstehungszeit der Konstantinischen 1erf"c'1 Anklang finden wird Dankenswerth ift aber die gut orientirende

Schpnklinn Darftellung der Benutzung der Urkunde feit dem 9. Jahrh., fowie der

wmHMVJ. hinfichlich der fprachlichen Vergleichungen freilich nicht genügende Commen

Erft er Artikel. tar zu der noch nach Grauert abgedruckten Urkunde. Dafs Nicolaus die

Das Constitutum Constantini ift in der letzten Zeit ^»""-rf cht-P,kannt ^-t" {°}\ ble;btLubveens unbewiefen. M. operirt

wieder vielfach Gegenftand lebhafter Erörterung gewefen. mZ^T"tml ( S' "4) Perhoiresci«en «W~