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Ausgabe:

1889 Nr. 1

Spalte:

20-21

Titel/Untertitel:

Mitteilungen über die konfessionellen Verhältnisse in Württemberg. 12. Heft 1889

Rezensent:

Fay, Friedrich Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1889. Nr. 1.

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Schule — und zwar der Volksfchule, wie der Gelehrten-
fchule — zu dienen ,auf dem Gebiete der chriftlichen
Erziehung und Erbauung durch die Darbietung von Schulandachten
, welche fich fammt und fonders gründen auf
den köftlichften Schatz, den die deutfch-evangelifche
Schule befitzt, auf das Evangelium von Jefu Chrifto, dem
Sünderheiland und Jugendfreund'. — Das Buch enthält
demnächft auf 332 Seiten, nach dem Kirchenjahr geordnet
, Morgenandachten für alle Tage des Jahres, mit
Ausnahme der (fchulfreien) Sonn- und Feiertage. Der
überfichtliche Druck und die Vertheilung der Andachten
je auf eine befondere Blattfeite erleichtern fehr die
Handhabung des Buches.

lifchen Kernlieder zu benutzen feien, jene Lieder, welche
in der Schule gelernt und erklärt, den Schülern allgemein
verftandlich find' allerdings ein fehr richtiger. Eben
diefem Grundfatz entfprechend hätte aber die Auswahl
der Lieder m. E. eine viel engere fein dürfen — wo nicht
müffen, denn in den allermeiften Schulen dürfte die Zahl
der vom Verf. aufgebotenen Lieder — nebft den 75 für
diefelben in Anfpruch genommenen Melodien — nur zum
kleineren Theil fo bekannt und gebräuchlich fein, dafs fie
zum Gebrauch für die Schulandacht fich eigneten. Freilich
ift man beim Gebrauch des Buches an die vom Verf.
angegebenen Lieder nicht gebunden. Als ein Hauptvorzug
derartiger Handbücher ifl es aber doch anzufehen,

Die Zufammenfetzung der einzelnen An- | wenn fie nicht nur ,den Charakter andeuten, welchen die
dachten aus Eingangsfpruch, Eingangsgefang, Lection, | zugehörige Bibellection von dem zu wählenden Lied ver-
Gebet und Schlufsgefang ift eine ebenfo einfache, wie i langt', fondern möglichft Lieder angeben, welche man

zweckdienliche, abgefehen davon, dafs es fich hier und
da empfehlen dürfte, ftatt des Eingangs- und Schlufs-
verfes zu Anfang 2—3 Verfe hintereinander fingen zu
laffen. Auch die auf eine Dauer von 6—8 Minuten berechnete
Ausdehnung der einzelnen Andachten ent-
fpricht den praktifchen Bedürfnifsen und Verhältnifsen.
— Im Centrum der Andacht und den Charakter der
übrigen Stücke beftimmend fteht die jedesmalige bi-
blifche Lection. Im vorliegenden I.Band der Agende
liegen, wie der Titel befagt, diefen Lectionen die Evan-

überall kennt und fingen kann, follten diefe auch zu dem
Inhalt der Lection nur in entfernterer Beziehung ftehen.
Um nun anderfeits auch dem Gefichtspunkt Rechnung
zu tragen, dafs unter günftigen Vorausfetzungen eine
möglichft vielfeitige Ausnutzung des vorhandenen Lieder
- und Melodienfchatzes angeftrebt werden kann und
foll, würde es fich vielleicht empfehlen, durchweg bei
Angabe der Liederverfe zwei Columnen zur Auswahl
zu Hellen, eine mehr ftabile Reihe, die auch den befchei-
denften gefänglichen Verhältnifsen fich anpaffen läfst, und

gehen des Kirchenjahres zu Grunde (ein II. und III. Band : eine in weiteren Grenzen fich bewegende. — Hinficht-
foll entfprechend die Epifteln und freigewählte Abfchnitte j lieh der Gebete ift es Ref. aufgefallen, dafs in denfel-

behandeln) und zwar in folgender Weife: Am erften
Schultag der Woche wird das Evangelium des vorhergehenden
Sonntags etc. verlefen. Die übrigen Tage der
Woche bringen biblifche Abfchnitte des Alten und Neuen
Teftaments, welche den oder die Hauptgedanken des
Evangeliums variiren und illuftriren, gleichfam den im
Evangelium angefchlagenen Grundton durch die ganze
Woche fortklingen laffen. Diefe Art, die Lectionen

ben eine Bezugnahme auf die befonderen Anliegen, Be-
dürfnifse, Sorgen und Aufgaben der Schule, der Lehrenden
und Lernenden, fich fehr feiten findet, ja fo feiten,
dafs diefe ,Schulagende' ohne Schwierigkeit als Hausagende
, bei gewöhnlichen Hausgottesdienften, Verwendung
finden könnte. Es wäre zu erwägen, ob hier nicht
ein häufigeres Eingehen auf die concreten Verhältnifse
der Schule am Platze wäre, da wir doch in ,allem An-

zu ordnen, vereinigt jedenfalls in glücklicher Weife den 1 liegen' (Eph. 6, 18) beten und ,alle unfere Sorge' (1 Petr.
wünfehenswerthen Anfchlufs der Schulandachten an das I 5, 7) auf den Herrn werfen follen. Hauptfache aber ift,
Kirchenjahr, die Kirchenzeit und die gottesdienftliche ' dafs die Gebete, welche der Verf. bringt, nach Form

Tradition mit der Möglichkeit, die wichtigften und für
den vorliegenden Zweck brauchbarften Stellen der heil.
Schrift in geordneter Weife zur Geltung zu bringen. Die
vom Verf. getroffene Auswahl der ,Parallelflellen',
wenn ich fo fagen darf, ift eine wohldurchdachte, forg-
fältige und im Grofsen und Ganzen anfprechende und
glückliche. Aus pädagogifchen Gründen hat fich der Verf.

und Inhalt wirkliche Gebete find, und dafs man es ihnen
anmerkt, fie find nicht mühfam ad hoc verfertigt, fondern
gefchöpft ,aus dem Reichthum der Gebete, den unfere
Kirche durch alle Jahrhunderte ihres Beftehens befitzt'
(Vorwort S. VI). — Ein Anhang (S. 333—357) mit .Andachten
für befondere Fälle' (z. B. Andachten für Beginn
und Schlufs des Schuljahres, für gewiffe Schulfeierlich-

hier und da kleine redactionelle Aenderungen, nament- j keiten etc.) kann bei Gelegenheit gute Dienfle leiden.

lieh Auslaffungen, in den biblifchen Texten erlaubt
Mag dagegen auch im Princip nichts einzuwenden fein,
fo fcheint es Referent doch fraglich, ob z. B. die Weg-
laffung von Luc. II, 26—28 und Joh. 3, 4b angebracht
id, da die Schüler in der Kirche diefe Stellen doch noth-
wendig mit anhören, ihre Weglaffung am anderen Ort
alfo eher geeignet id, Aufmerkfamkeit zu erregen, als
ihre einfache Mitverlefung. — Den Grundgedanken der
jeder Woche zugetheilten Lectionen foll der durch die
ganze Woche fich gleichbleibende Eingangsfpruch in
feierlicher Weife zum Ausdruck bringen. Bei Auswahl
diefer Wochenfprüche hätten vielleicht hier und da
näherliegende und bekanntere Kernfprüche berückfich-
tigt werden können. Auch hätte es Ref. lieber gefehen,
wenn der Verf. nicht, wie öfters gefchieht, verfchiedene
Sprüche gleichfam zu einem Spruch zufammengefchweifst,
fondern nur Sprüche in ihrer urfprünglichen Gedalt ver-
werthet hätte, um jede Verwirrung im Kopf des Schülers
zu vermeiden. Anzuerkennen id aber vor allen Dingen,
dafs der Verfaffer fich bemüht, andatt des allgemein üblichen
trivialen Eingangs: ,Wir fingen etc.' dem Eingang
ein wirklich gottesdiendliches, liturgifches Gepräge zu
geben. — Was die Wahl des jedesmal zu fingenden Liedes
betrifft, fo id nach Anficht des Ref. der im Vorwort zur
2. Aufl. (S. VIII) aufgedellte Grundfatz, ,dafs zunächd

Alles in Allem erfcheint vorliegende ,Schulagende'
geeignet, nicht nur ein geidiges Band zwifchen höheren
und niederen Schulen bilden zu helfen, fondern auch die
dark gelockerten Bande zwifchen Kirche und Schule an
ihrem Theil zu fedigen.

Alteckendorf (Elfafs). Paul Grünberg.

Mitteilungen über die konfessionellen Verhältnisse in Württemberg
. 12. Heft. Konviktsbemängler und Kuttenfreunde.
Halle, Strien, 1888. (19 S. gr. 8.) M. —.15.

Es id das zwölfte der vortrefflichen ,grünen Hefte',
das uns hier zur Befprechung vorliegt. Dasfelbe enthält
eine bündige Widerlegung zweier Brofchüren, von denen
die eine fich auf ,die katholifchen Konvikte in Württemberg
und die Parität', die andere auf ,die Frage der
Klöderzulaffung in Württemberg' bezieht. Da der Verf.
der letzteren felbd fich als einen ,Freund der Kloderkutten
' bezeichnet hat, wird er fich über die kräftige
Benennung ,Kuttenfreunde' nicht beklagen dürfen. Erfreulich
id zu vernehmen, dafs das Erfcheinen der .kuttenfreundlichen
' Schrift feinen Grund in ,fehlgefchlage-
nen Hoffnungen' hat. S. 11 unferes Heftes heifst es:
Wir erfahren (nämlich) S. 58 die recht intereffante
Thatfache, dafs vom bifchöfliehen Ordinariat wirklich
für die Andachten die den Schülern bekannten evange- I die Zulaffung von Klödern gefordert wurde, dafs aber