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Ausgabe:

1886

Spalte:

505-509

Autor/Hrsg.:

Delitzsch, Friedr.

Titel/Untertitel:

Prolegomena eines neuen hebräisch-aramäischen Wörterbuchs zum alten Testament 1886

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von I). Ad. Harnack, Prof. zu Marburg und D. E. Schürer, Prof. zu Giefsen.

Erfcbeint Preis
aue 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 22.

30. October 1886.

11. Jahrgang.

Delitzfch, Prolegomena eines neuen hebräifch-
aramäifchenWörlerbuchs zum A.T. (Kautzfeh).

L 0 11 i, Corso di Grammatica della Lingua
Ebraica ^Kautzfch).

Hildesheimer, beitrage zur Geographie Palä-
ftinas (Socin).

Chrift, Die Lehre vom Gebet nach dem Neuen
Teftament (Weifs).

Häring, Die Theologie und der Vorwurf der
doppelten Wahrheit (Kattenbufch).

Walther, Der echte Wahrheitsbegriff (Herrmann
).

Nathufius, von, Wiffenfchaft und Kirche im
Streit um die theologifchen Facultäten (Herr-
mann).

Kierkegaard, Stadien auf dem Lebenswege
(Wetzel).

Ehlers, Bilder aus dem Leben des Apoftel
Paulus (Thunes).

Delitzsch, Prof. Dr. Friedr., Prolegomena eines neuen [ und Affyrifchen zeigt fich . . . ganz befonders auf lexi-

hebräisch-aramäischen Wörterbuchs zum alten Testament.

Leipzig, Hinrichs, 1886. (IX, 217 S. gr. 8.) M. 8. —

Bereits 1883 veröffentlichte der Verfaffer der vorliegenden
Prolegomena im Londoner Athenäum (Mai—
Auguff) eine Reihe von Artikeln, in denen er die hohe
Bedeutung der Affyriologie für die Hebräifche Lexikographie
zu erhärten Richte. Diefe Artikel erfchienen
fodann revidirt und vermehrt unter dem Titel , The Hebrew
Langnagc viewed i?i tlie light of Assyriern Research' (London
1883). In dcrfelben Richtung bewegen fich auch die
hier zu befprechenden Prolegomena, nur dafs diefelben
zugleich den praktifchen Zweck verfolgen, über die
äufsere Anlage und befonderc Tendenz eines von dem
Verfaffer vorbereiteten hebr.-aram. Wörterbuchs Auskunft
zu geben, refp. die mannigfaltigen Abweichungen des-
felben von dem Hergebrachten im Voraus zu rechtfertigen
. Zu diefen Abweichungen gehört nach Cap. I
(.Aeufserlichkeiten') die Ausfonderung, d. h. die getrennte
Behandlung, des biblifch-aramäifchen Wortfchatzes, fowie
der Eigennamen, die Anordnung nach Stämmen (an
Stelle der rein alphabetifchen), eine beffere Gcflaltung
des deutfeh-hebr. Regifters, endlich ein Syftem von
,Noten', in denen nächft den Ueberfetzungen der LXX
und der Targume auch ,die fonft aufgeffellten, aber entweder
allgemein aufgegebenen oder noch discutirten,
noch nicht allgemein angenommenen Anflehten' lexikaler
oder textkritifcher Art regiftrirt werden follen, um das
Wörterbuch felbft von allem Veralteten oder noch nicht
Gcficherten zu befreien. Cap. II erörtert ,das Hebräifche
im Verhältnifs zu den übrigen femitifchen Sprachen, und
zwar insbefondere zum Arabifchen, Aramäifchen und
Affyrifchen'. Gleichfam als Thefen, deren Begründung
diefer Abfchnitt gewidmet ift, laffen fich etwa folgende
Sätze herausheben: Da auch die alten Verfionen in
fchwicrigen Fällen gewöhnlich nur gerathen haben, fo
mufs ebendeshalb ,die hebr. Lexikographie immerfort
und immer ernlfer ihre Hauptaufgabe anftreben, die Bedeutung
der hebr. Stämme und Wörter in allererfter
Linie aus dem A. T. felbft heraus zu erkennen' (S. 15).
,Sitinma summarum: die nordfemit. Lexikographie laffe
fich ihre Klarheit nicht trüben durch überhaftete Rück-
fichtnahme auf die füdfemit. Sprachen' (S. 40). ,Die vielfachen
Berührungen der nordfemit. Sprachen mit dem
äthiopifchen Wortfehatz erklären fich dadurch, dafs das
Aethiopifche viel Urfcmitifches erhalten hat, was dem
Arabifchen, näher dem Mittel- oder Schriftarabifchen,
verloren gegangen ift' (S. 41). ,Die innige Verwandtfchaft
des Hebräifchen mit dem Affyrifchen, die weit innigere
Zufammengehörigkcit diefer beiden Sprachen als etwa
des Aramäifchen und Hebräifchen, oder des Aramäifchen

kalem Gebiet (folgt eine Lifte von 46 Wörtern mit den
affyrifchen Parallelen; S. 45 ff.). Entfprcchend der letzteren
Thefe entfällt beinahe die Hälfte des Buches (S.
51 —156) auf Cap. III ,die Bedeutung des Affyrifchen für
die hebräifche Wortforfchung'. Von Intereffe find hier
fchon die Vorbemerkungen in § 13 über den Reichthum,
die Mannigfaltigkeit und das Alter der babylonifch-
affyrifchen Literatur. Ein IV. Capitel erörtert die femitifchen
Lautgefetze, insbefondere die Nothwendigkeit
einer forgfältigeren Beobachtung des doppelten y und ft;
Cap. V den Unwerth und die Gefährlichkeit der Wurzel-
theorie, Cap. VI endlich die hebräifchen Eigennamen.
Sehr dankenswerth ift das am Schlufs beigefügte dreifache
Regifter der hebräifchen und biblifch-aramäifchen
Wörter, fowie der Eigennamen.

Es ift hier nicht der Ort, die Gründe zu unterfuchen,
welche einen grofsen Theil der Semitiften bis heute zu
einer fehr kühlen, ja mifstrauifchen Aufnahme der affy-
riologifchen Enthüllungen bewogen haben. Dafs es zum
Theilc fehr triftige Gründe waren, dürfte heute fchwer-
lich mehr von den wahrhaft wiffenfehaftlich arbeitenden
Affyriologen geleugnet werden. Ebenfo wenig aber kann
geleugnet werden, dafs es gegenwärtig nicht mehr
berechtigte Zurückhaltung, fondern ungerechtfertigter
Eigenfinn heifsen müfste, wenn die femitifche Sprach-
forfchung neue Erkenntnifse nur darum ablehnen wollte,
weil fie von Seiten der Affyriologie dargeboten werden.
Solche neue Erkenntnifse liegen aber zweifellos, wie auf
dem Gebiete der Gefchichtc und Chronologie, fo auch
auf dem der Wortforfchung bereits vor. Und wie
Referent feiner Zeit das viele Beachtenswerthe, das fich
in des Verfaffers Hebrew Language zufammengeftellt
findet, willig anerkannt und zum Theil fchon mit Dank
verwerthet hat, fo mufs er auch von den Prolegomena
bezeugen, dafs fie eine Pulle von beachtens-
werthen und unter allen Umftänden intereffanten Auf-
ftellungen bieten, dafs die Polemik gegen die hergebrachte
Ueberlieferung in fehr vielen Fallen eine wohlbegründete
ift, und nicht minder, dafs die Methode des
Verfaffers in der Regel (ich erinnere z. B. an den fichtlich
wohlgelungenen Nachweis, wie fich arabifches h,a
im Affyrifchen als Chet, arab. ha dagegen als Spiritus
lenis reflectirt) Vertrauen einflöfst. Um von den zahlreichen
Fällen einer neuen Beleuchtung dunkler Wörter
nur Einiges hervorzuheben, verweifen wir auf die Herleitung
des Subft. diglu (hebr. bjfl) von dagälu fchauen,
alfo ,Gegenftand des Schauens' (S. 58 fg.); die Erklärung
von bl3T als hochragender Wohnftatt (S. 62 fg.), von
D-HS Rieht. 2, 3 nach affyr. saddu, Falle, Schlinge (S. 75);
von t?nn nach affyr. tachSu Hammel (S. 77 fg.); von
B"J* nach affyr. adtttu, Kind; der Praepof. nach affyr.

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