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Ausgabe:

1885

Spalte:

580-581

Autor/Hrsg.:

Gunning, J. H.

Titel/Untertitel:

De Godspraken van Amos, vertaald en verklaard 1885

Rezensent:

Smend, Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1885. No. 24.

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welche den Einflufs der mündlichen Tradition auf den
Ueberfetzer erkennen laffen und mit feinem fonftigen
Haften am Buchftaben feltfam contraftiren. Am inter-
effanteüen ift aber der Nachweis, dafs der von dem
Ueberfetzer vorausgefetzte Text nicht blofs an einzelnen
Stellen zuweilen beffere Lesarten bietet als der mafore-
tifche, fondern demfelben auch in ganzen Partien infofern
überlegen ift, als er die Widersprüche, welche der
letztere durch Ineinanderarbeitung zweier verfchieden-
artiger Parallelberichte bietet, noch nicht enthält, weil
nur einen der beiden Stränge repräfentirend (vgl. z. B.
die Auslaffungen in 1 Sam. 17 und 18).

A. Neubauer, Lector des Rabbinifchen am Exeter
College und Unterbibliothekar der Bodleiana, behandelt
die zur Zeit Chrifti in Paläftina gefprochenen Dialekte eingehend
und — in mannigfachem Gegenfatze zu viel gehörten
und verbreiteten Anflehten. Keineswegs ift das
Aramäifche fofort nach dem Exil an die Stelle desHebräi-
fchen getreten, fondern man fprach Letzteres wenigftens
im eigentlichenjudäa noch lange, und ganz allmählich vollzog
fich der Uebergang aus dem alten in jenes moderne
Hebräifch, welches die Sprache der Schulen geblieben
und daher auch von der Mifchna vertreten ift. Daneben
drang allerdings das Syrifche vom Norden und Often
her ein, und bereits etwa im erften vorchriftlichen Jahrhunderte
dürfte es die Volksfprache nicht blofs in Galiläa
, fondern in ganz Paläftina gewefen fein. Es ift dies
jenes hebraifirende Syrifch, welches vom jerufalemifchen
Talmud vertreten wird. Einzelne griechifche Ausdrücke
fpielen herein, aber fchwerlich mehr, als z. B. franzöfi-
fche im Deutfchen vorkommen. Von einer eigentlichen
Zweifprachigkeit des paläftinifchen Judenthums zur Zeit
Jefu kann alfo höchstens die Rede fein, fofern das
Hebräifche und das Syrifche, nicht aber fofern das Se-
mitifche und das Griechifche die Factoren bilden. Der
kundigen Hand desfelben Verf.'s entftammt auch ein
kleinerer Auffatz ,über einige neuentdeckte temanitifche
und nabatäifche Infchriften' , zur Ausbeute der Reifen
gehörig, welche 1883 Doughty und Euting nach Arabien
unternommen haben.

Von geringerer Bedeutung ift eine Mittheilung A.
Edersheim's über die Löfungsverfuche, die dem fyn-
optifchen Problem zu Theil geworden find, infonderheit
über die neuefte Theorie Wetzel's, welche übrigens nur
kurz charakterifirt und einfach abgelehnt wird. W.Sanday
erzählt uns in einem erften Auffatze, wie er von feinem
anfänglichen Vorurtheil für Zahn's Aufhellung bezüglich
des dem Theophilus von Antiochia zugefchriebenen
Evangeliencommentars zurückgekommen und warum er
die, befonders auf dogmengefchichtlichem Gebiete abfo-
lut entfeheidenden, Schwierigkeiten, welche jener Thefis
entgegenftehen, auch durch Zahn's zweite Veröffentlichung
keineswegs für gehoben erachten kann. Derfelbe
Verfaffer befpricht zweitens den Text des Codex Rossa-
nensis, genauer die zehn erften Capitel und aufserdem
noch diejenigen Partien des Matthäus, welche diefer eine
Prachtcodex des griechifchen N. T.'s mit dem anderen,
ihm fo nahe verwandten (N), gemein hat. Die Unter-
fuchung bewegt fich theilweife unabhängig von den ein-
fchlägigen Bemerkungen des Herausgebers, ohne zu einem
wefentlich verfchiedenen oder gar unerwarteten Reful-
tate zu gelangen. Der Codex bleibt ein typifcher Re-
präfentant des emendirten Textes mit wefentlich eklek-
tifchem Charakter und ,borgt bald von diefer bald von
jener Quelle, was nur dazu dienen mag, die Erzählung
fliefsender und vollftändiger zu machen'. Endlich giebt
derfelbe Verfaffer am Schluffe des Bandes noch ,einige
weitere Bemerkungen' zu dem Jakobusbrief desfelben
Codex ff, welchem zuvor John Wordsworth eine ausführliche
Abhandlung gewidmet hat. An der Spitze der
letzteren fleht der corbeienfifche Text nach einer neuen,
von dem Petersburger Profeffor Jernftedt gefertigten
Collation. Eine Parallelentafel veranfehaulicht das Ver-

hältnifs zur Vulgata und zum Jakobustexte, foweit er im
Specidum Aitgustini enthalten ift. Schon der erfte Eindruck
, welchen man von diefer Ueberficht davonträgt,
kommt der von Sanday ausführlich begründeten Hypo-
thefe zu ftatten, dafs Vulgata und ff in der Hauptfache
zufammengehen, während das Specidum auch hier einen
abweichenden Text vertreten foll, nämlich mit dem Pa-
latinus und Bobbiensis zufammen den der afrikanifchen
Ueberfetzung, welche Sanday und fein Mitarbeiter White
als eine neben der europäifchen (italienifchen) felbftän-
dige Gröfse auffaffen. Man darf auf die in Ausficht
gedeihe weitere Begründung diefer Löfung des Itala-
Problems gefpannt fein, während die Hypothefe Words-
worth's, derzufolge nicht blofs ff eine von dem gewöhnlichen
griechifchen Text abweichende Grundlage, fondern
auch diefe beiden griechifchen Texte eine aramäifche
Urfchrift des Jakobusbriefes vorausfetzen follen, wohl
auf fich wird beruhen bleiben.

Ueber eine dem 5. Jahrhundert angehörige fyrifchc
Bibelhandfchrift berichtet G. H. Gwilliam, welcher in
Gemeinfchaft mit dem verdorbenen Pufey eine neue
Ausgabe der Pefchito unternommen hat und nunmehr
das baldige Erfcheinen des erften, die Evangelien um-
faffenden, Theiles in Ausficht (teilt. Da die bisherigen
Ausgaben mehr oder weniger auf der editioprineeps ruhen,
für welche dem Kanzler Widmanftadt nur zwei junge
Handfchriften zu Gebote geftanden haben, ift es von
Belang zu vernehmen, dafs der Herausgeber in dem
Codex additionalis 14459 1—66" der fyrifchen Manu-
feripte des britifchen Mufeums einen Matthäus- und
Marcustext gefunden zu haben glaubt, welcher nicht blofs
die meiden griechifchen Uncialcodices des N. T.'s, fondern
auch, was von gröfserer Bedeutung, die beiden Re-
vifionen der Pefchito an Alter überbietet. In Wirklichkeit
wird die Ausbeute nicht fehr in's Gewicht fallen,
wenn doch der Verf. felbd findet, dafs der neue Text
von demjenigen der editio prineeps trotz der mehr als
taufend Jahre, die er vor ihm voraus hat, nur unbedeutende
Abweichungen bietet und in den meiden Fällen,
wo der Textus reeeptus mit dem älteren in Conflict kommt,
nicht diefem, fondern jenem Beidand leidet; ebenfo wenig
nähert er fich übrigens dem Syrus Curetonis in irgend
bemerkenswerther Weife.

Eine Abhandlung von T. Randell betrifft das viel-
umdrittene (die Berechnungen fchwanken zwifchen 147
und 175) Martyrium des Polykarp, welches unter Vor-
ausfetzung, dafs die Passio Polycarpi glaubwürdig id
und der dort vorkommende Statius Quadratus der unmittelbare
Nachfolger des Proconfuls Severus war, auf
das Frühjahr 155 (mit Waddington, Zahn, Renan, Egli,
Lightfoot, Letronne, Borghefi, de Roffi) oder fpätedens
156 (mit Lipfius, v. Gebhardt, Hilgenfeld) angefetzt wird.

Die mitgetheilten Proben Oxforder Bibeldudien find
fad alle in nicht gewöhnlichem Grade belehrend, und id
deshalb dem ganzen Unternehmen Fortführung und Gedeihen
zu wünfehen.
Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Gunning jhz., Predikant Dr. J. H., De Godspraken van
Arnos, vertaald en verklaard. Leiden, Brill, 1885. (XI,
200 S. gr. 8.) M. 5. —

Durch eine Prüfung der überlieferten Ttxtgedalt des
Buches Arnos gegenüber den kritifchen Verfuchen von
Oort {Theol. Tijdschr. 1880 S. 114 ff.) und G. Hoffmann
(Zeitfchr. f. altted. Wiffenfch. 1883 S. 87 ff.) Hefs der Verfaffer
fich zu einer glodatorifchen Erklärung des genannten
Prophetenbuches führen. In Rückficht auf ein anderes
demnächd erfcheinendes holländifches Werk glaubte
er dagegen die Arnos betreffenden biblifch-theologifchen
und Einleitungs-Fragen nicht befprechen zu follen. Wenn
er auch in der Ablehnung der von jenen Gelehrten vor-
gefchlagenen Emendationen fad überall Beidimmung ver-