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Ausgabe:

1885

Spalte:

258-259

Autor/Hrsg.:

Witz, Ch. Alphonse

Titel/Untertitel:

Ulrich Zwingli. Vorträge 1885

Rezensent:

Staehelin, Rudolf

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257

Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. Bi. 258

früht, dafs die Erzählung geradezu falfch wird: Das
Kriegsvolk, welchem Bugenhagen die Unterfcheidungs-
lehren vortrug, war kaiferliches, und die Predigten
fanden erft nach der Uebergabe Wittenbergs ftatt; darin
liegt ja die Pointe der Erzählung! (Vgl. Zitzlaff S. 125.)
— S. 38: Die Hamburger Kirchenordnung wurde nicht
am 27. Mai publicirt, fondern am 23.; der 27. ift das
Datum für Lübeck (S. 44). — S. 41: Bugenhagen's
Ehrengefchenk hat doch nicht ,in 4 Grofchen und
8 Pfennigen vor einem Stübchen Frankenwein' beftan-
den! In der Rechnung ift die Münze aufgezeichnet (Zitzlaff
S. 69), aber die Gabe beftand natürlich in dem
StübchenFrankenwein felber. —VolksthümlichiftKnauth's
Schreibweife, und erzählen kann er; doch wird die
Sprache einigemale gefucht: S. 9 Evangelio, ebenda fehlt
in der nächften Zeile das Hilfszeitwort, S. 15 und 66
,item', S. 33 ,ein kühndreiftiger Mann'. Warum S. 13
das Fremdwort .Manifeft' für ,Kundgebung'? Was
fängt das Volk an mit dem Vermerk ,a. a. O.' (S. 17)?
So darf es auch in einer Schrift ,für Alt und Jung' nie
heifsen: ,bekanntlich', wie S. 64 und 69. Wunderlich
ift der Gebrauch von ,ein' S. 47. 51. 55. 65. Man ver-
ftünde ja wohl, wenn es hiefse ,ein Luther', ,ein Me-
lanchthon', im Sinne von ille; aber auch das würde eher
in eine fchwungvolle Rede gehören, als in eine fchlichte
Erzählung. Was will nun gar ,ein Ketelhöt und ein
Kureke'? Steht hier ,ein' etwa im Sinne von quidamr
—■ S. 34 lies ,demnach' für ,dennoch'.

Die Ueberfetzungen aus dem Lateinifchen, aufweiche
jeder populäre Schriftfteller ein Hauptaugenmerk richten
follte, find bei Z. u. K. im Ganzen gut. Doch würde ich
Z. S. 73 (Li Brr. v. de W. 4, 163) male dictum saecuhim
nicht verdeutfchen ,diefes verfluchte Zeitalter', fondern
etwa ,diefe verwünfchte Welt'. Und Z. S. 80 (ebenda
4, 414), wo Luther dem Hausmann erzählt, dafs er Jonas,
Melanchthon, Bugenhagen und Cruciger zu einem Mar-
tinsfchmaus eingeladen hat, und dann fortfährt: utinatn
et tu adesses, würde ich nicht dolmetfchen: ,ü, dafs
auch du anwefend wäreft!' fondern: ,Wenn du nur auch
dabei fein könnteft!' — Wichtiger und verhängnifsvoller
ift es, wenn man das lateinifche tu unbedenklich und ausnahmslos
durch das deutfche Du wiedergiebt und daneben
in Auszügen aus deutfch gefchriebenen Briefen
diefelben Leute fich mit ,Ihr' anreden läfst. Darin wird
viel gefündigt. Z. u. K. liefern beide den betten Beleg
für die daraus entftehende Unzuträglichkeit. Als
Luther dem Bugenhagen feine Schrift de üb. Christ, nach
Pommern fchickt, der Unbekannte dem Unbekannten,
dutzt er ihn (2. S. 12, K. S. 14); als fie dann gute
Freunde geworden find, ihrzen fie fich (Z. S. 28, K. S. 23).
— Endlich noch einen Wunfeh. Man verfchone doch
das Volk mit deutfehen Hexametern. Dadurch wird
(trotz Hermann und Dorothea) das fchönfte Volksbuch
— S.°no fleht hinter ,Mittwoch nach Catharina' in j gefchändet. K. verdeutfeht den bekanntenWahlfpruch
Klammern: ,15. November'; warum nicht lieber ,19. No- Bugenhagens fo:

vember'? Denn auf diefes Datum kommt es doch an. .Kenntt du Jefum recht, fo genügt es, weifst du auch nichts fonft;

geboren worden ift (Th. St. u. Kr. 1885 S. 313 ff.),
dürfen wir getrofl am nächften Johannistage Bugen-
hagenfeier halten. Weitblickende Männer haben denn
auch bereits für die nöthigen Feftbüchlein geforgt. Zitzlaff
hat, wenn ich recht fehe, vor allem an die Paftoren
gedacht, die fich mit Herzog's Realencyklopädie nicht
begnügen wollen und doch auch keine Zeit oder Luft
haben, Vogt zu ftudieren. Denn für Jedermann' ift
fein Schriftchen nicht, das beweifen fchon die unüber-
fetzten Graeca und Latina; dem fteht ferner der Mangel
einer volksthümlichen Darftellungsweife entgegen, wie er
fich z. B. in der fparfamen Verwendung von Abfätzen
zeigt (z. B. S. 103 Z. 19!), und die enge Befchränkung
auf Bugenhagen allein, welche in der Regel darauf verzichtet
, den hiftorifchen Hintergrund feines Lebens und
Wirkens mit einigen Pinfelftrichen zu malen. Knauth
hat dagegen wirklich ein ,Lebensbild für Alt und Jung'
gegeben: frifch und verftändlich, überfichtlich, eindringlich
. So viel kürzer fein Schriftchen ift als das von
Zitzlaff, fo bietet er doch zuweilen mehr; man vergleiche
z. B. die Mittheilungen über die Anfänge der Reformation
in Braunfchweig. Auch bringt er die bedeutfamften
Zeitereignifse kurz und gefchickt am rechten Orte in
Erinnerung, wie S. 70 den Paffauer Vertrag und den
Augsburger Religionsfrieden, die bei Z. unerwähnt bleiben.
Die für jene Zeit fo überaus merkwürdige Begebenheit
der erften proteftantifchen Königskrönung fetzt Kn. mit
wenigen Worten in das gebührende Licht; Z. weifs kein
befonderes Intereffe dafür zu erwecken. Kn. thut in
einem eigenen Capitel ,Blicke auf das Aeufsere und
den Charakter Bugenhagen's'; Z. giebt nirgends ein fo
lebendiges, gedrungenes Bild von feinem Helden. Der
Vorzug des Zitzlafffchen Buches befteht in den reichlichen
, gutgewählten Mittheilungen aus Bugenhagen's
Schriften und Briefen. Wer aber in die Lage kommt
eine Feftrede halten zu müffen, wird gut thun, beide
Büchlein einzufehen — wenn er fich damit begnügen
will. — Petrich hat ein Seitenftück zu allen den befchei-
denen Lutherbüchlein geliefert, welches vor allem für
feine pommerifchen Landsleute berechnet ift und bei
denjenigen Lebensumftänden und Thätigkeiten Bugenhagen
's am meiften verweilt, für fein Heimatland von Bedeutung
find.

Zitzlaff bringt einige willkommene Notizen aus
den Wittenberger Kirchenbüchern, aus dem Ordinanden-
verzeichnifs, aus dem Kämmereibuch; fo über B.'s Pfarrgehalt
S. 17, dafs feine Gattin Walpurga hiefs S. 18.
Einige Verteilen find mir aufgefallen : ,Am zweiten Sonntage
nach Dionyfius, 13. Octobcr 1522, trat er in den
Eheftand'. Das Datum ftimmt, aber Dionyfius fällt auf
den 9. October, alfo ift der zweite Sonntag darnach der
19. Offenbar beruht die Angabe auf falfcher Ueber-
fetzung von feria secunda, d. i. Montag nach Dionyfius,

— Namen wie Drullerus (Triller) oder Dr. Johannes
(Kade) follten in Schriften diefer Art nicht abgedruckt
werden, ohne dafs in Parenthefe der deutlichere oder
geläufigere Name beigefügt würde. — Druckfehler fehlen
nicht. Der fatalfte ift Bart für Baret S. 52; fonft lies
Treptow für Creptow S. 3, Woche für Kirche S. 59,
Spengler für Spergler S. 80, Cöslin für Cörlin S. 84,
Hausmann für Hansmann S. 88, Schwange für Schwünge
S. 99, duo für tria S. 137. Auf S. 72 fehlt hinter .Sonntag
nach Mariä' — .Reinigung' (es war der 6. Februar);

aufWS&&&^LsS&.s. .5. "'«j?p*t'phr'

Erasmus von Mandüvel wurde erft 1522 Bifchof; er war | *- A. Perthes, 1884. (VIII, 144 S. gr. 8.) M. 2. 40.

Kennft du ihn nicht, gilt dein fonftiges Wiffen für nichts.'

Warum dann nicht lieber gleich Profa? Oder man ver-
fuche einen deutfehen Reim daraus zu fchmieden, wie
etwa den folgenden, den ich aber keineswegs für mufter-
haft ausgeben will:

Weifst du Jefum und fonft nichts,
Bift du klug genug;
Weifst du Jefum nicht, fo macht
Dich kein Wiffen klug.

Schönbach. Rade.

vorher Coadjutor. S. 18 trifft das ,eben damals' nicht
zu; überhaupt verftöfst die Anordnung des Stoffes S. 17
bis 19 gar zu fehr gegen den wirklichen Gang der Ge

Laut der kurzen Vorrede ift diefe Schrift aus Vorträgen
hervorgegangen, welche bei Gelegenheit der Jubelfeier des
fchweizerifchen Reformators gehalten und für den Druck

fchichte. Auch ift der letzte Abfatz von S. 63 fo ver- erweitert veröffentlicht worden find. An eine Schrift