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Ausgabe:

1884 Nr. 6

Spalte:

133-136

Autor/Hrsg.:

Funk, Franz Xaver

Titel/Untertitel:

Die Echtheit der ignatianischen Briefe aufs Neue vertheidigt 1884

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 6.

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betreffenden Bücher find. Denn wenn einmal, wie wirklich mente macht. Der Verf. felbff hat fchliefslich einen fehr
der Fall, ftatt 213 Zeilen nur 168 zwifchen 2 Hunderten lebhaften Eindruck davon gehabt, dafs feine Methode
fich finden und umgekehrt ein andermal 286, welch ein gefichertes Urtheil nicht ermöglicht. Man ift über-
deutlichcrer Hinweis auf Lücke oder Interpolation läfst 1 rafcht, in der Schlufsausführung (S. 134—138) einer Re-
fich denken? Weiter leuchtet ein, welch ficheren Anhalts- ferve zu begegnen, auf die man durch die Ausführungen
punkt wir nun haben für das Verftändnifs der fticho- des Verf.'s felbft nicht vorbereitet worden ift. Hier wird
metrifchen Angaben am Schluffe der alt- und , zugeftanden, dafs in Bezug auf die kirchlichen Ver-
neuteft. Schriften. Endlich, wie wenig wir ein Recht faffungszuftände, wie fie die Briefe vorausfetzen, doch
haben, wie noch allgemein gefchieht, in den 4 fchmalen Bedenken nachbleiben. Man kann nicht fagen, dafs
Colum'nen von S einen Beweis dafür zu fehen, dafs S diefe Bedenken vorher deutlich hervorgetreten, noch
unmittelbar von einer Papyrusrolle copirt wurde (fo auch dafs fie folche find, die an der Grenze des wiffenfehaft-
noch H S 27 nach Scrivener). Wäre nicht das Tstgaao« lieh Erreichbaren nachbleiben. Vielmehr hätte ungleich
in dem Schreiben des Conftantin, fo würde ich in diefer mehr gefchehen können, bevor an die Unmöglichkeit,
bis jetzt allerdings fingulären Zahl eine Nachwirkung Alles zu erklären, appellirt worden wäre. Der Verf. hat
der Tetrapia des ürigenes erkennen. — Auf Weiteres nicht einmal den Unterfchied der altkatholifchen und
einzugehen untcrlaffe ich. I der ignatianifchen Auffaffung vom Bifchof zum Ausdrucke

tj,'* d E. Neftle. gebracht; er hat die Competenzen der verfchiedenen

Aemter nicht erörtert; er fpricht von Bifchöfen, Pres-

Funk, Dr. F. X., Die Echtheit der ignatianischen Briefe, byter-Bifchöfen, Presbytern'und"DiVkonM^ohne"dafs

aufs Neue vertheidigt. Mit einer literarifchen Beilage: man beftimmt erfährt, was diefe Namen dem Ignatius

Die alte lateinifche Ueberfetzung der Usher'fchen und wiederum den Verfaffern, deren Mittheilungen zum

Sammlung der Ignatiusbriefe und des Polykarpbriefes. X^S? ]?*e$™Ben, «erden bedeuten. Das ganze

TiUi r ,Q8, rvilT »a < „/siM c Xe,rhaltmfi> v°n Amt und Gemeinde und wiederum von

Tubingen, Laupp, 1883. (VIII, 214 S. gr. 8.) M. 5. — Cultus und Amt bleibt jm Dunklen Dafs £s ™

Die vorftehende Unterfuchung, in welcher der Verf. Ignatius vor allem darauf angekommen ift, die einzelnen
zu dem PAgebnifse gelangt ift, dafs die Echtheit der Chriften in dem feften Verbände von Gemeinden zu-
Ignatianifchen Briefe fehr wahrfcheinlich ift, fchliefst fich fammcnzuhalten, refp. fie in denfelben zu bringen, das
an die ausführlichen Erörterungen von Zahn (Ignatius ehnfthehe Bewufstfein nur als Gerneindebewufstfein
v. Ant. 1873) an. Es ift dem Verf. nicht gelungen, gelten zu laffen, der drohenden Zerfplitterung, möge fie
wefentlich neue Beobachtungen mitzutheilen oder bisher Gründe haben, welche fie wolle, mit allen Mitteln'vor-
überfehene Argumente für die Plchtheit beizubringen, zubeugen: das fucht man bei dem Verf. vergebens
Aber er hat die neueften Arbeiten von Hilgenfeld, j Und doch ift diefer Abficht — der Fertigung der Einheit
Renan, dem Referenten u. A. geprüft und einige : der Einzelgemeinde — nahezu Alles untergeordnet, was
Punkte etwas genauer erörtert, als dies bisher gefchehen der Brieffteller über Amt, Cultus, reine Lehre ja felbft
ift (f. namentlich S. 75 f.). Die Unterfuchung verläuft fo, über Präfcribirung der Härefie zu fagen hat. Sehr richtig
dafs zuerft die äufseren Zeugnifse befprochen und fodann führt der Verf. S. 61 f. durch, dafs in den Briefen keine
im zweiten Abfchnitt die inneren Schwierigkeiten (die Tendenz zur Einführung einer monarchifchen Verkirchliche
Verfaffung — die häretifche Bewegung — das | faffung wahrnehmbar fei, dafs diefe Verfaffung vielmehr
Martyrium — die Perfönlichkeit — die Zeit) erörtert bereits in den Grundzügen feft begründet fei. Aber
werden. . „ , welche Tendenz hat denn der Verf. bei feinen uner-

Die Echtheit der Ignatianifchen Briefe — die Ent- 1 müdlichen Wiederholungen dcrfelben Gedanken5 Der
fcheidung ift eine ebenfo fchwierige wie weittragende Antwort auf diefe Frage kann man die ftärkften Argu-
— erfcheint auch mir nach manchen Irrgängen und mente für die Echtheit der Briefe entnehmen. Der
wiederholten Bemühungen überwiegend wahrfcheinlich. Verf. hat fich diefelben entgehen laffen.
Aber ich geftehe, dafs ich in diefer Meinung durch die , Vielleicht der fchwächfte Abfchnitt in dem Buche
Unterfuchungen des Verf.'s nicht beftärkt worden bin. ; ift die Behandlung der äufseren Zeugnifse (nach dem
Diefelben bleiben in dem erften Abfchnitt (die äufseren : Zeugnifs des Polykarpbriefsl. Ich fchweige darüber
Zeugnifse) theilweife hinter dem bereits richtig Erkannten j dafs der Verf., wenn auch fchüchtern, fich auf den
zurück und werden in dem zweiten nicht feiten dort aufser- ! famofen Theophilus und auf Lucian beruft. Dafs die
lieh und dürftig, wo man concrete Ausführungen erwartet. | drei einzigen Zeugnifse, die wir, abgefehen vom Polykarpin
diefer Hinficht hätte der Verf. von Zahn mehr lernen bnef, aus der Zeit vor Eufebius befitzen (eines bei
können. Namentlich der Abfchnitt S. 332—355 (das
Gemeindeleben und der Gottesdienft) hätte beachtet
werden follen. Der angedeutete Mangel liegt aber tiefer.
Der Verf. hat eine Vertheidigung der Echtheit der Briefe

übernommen, ohne allem zuvor die Briefe felbft — ohne wird nicht beachtet. Die Sache liegt hier fo" einfach

Rückficht auf die Echtheitsfrage - zu Worte kommen

zu laffen. Was die Briefe find und was fie wollen, das S. 3 f.): Eine von den Briefen unabhängige Tra

erfährt man eigentlich gar nicht oder erhält höchftens
ab und zu eine fragmentarifche Belehrung. Der Verf.
läfst fich bei jedem Abfchnitt fofort in die Discuffion
mit den Gegnern der Echtheit ein und weift, m. E. häufig
richtig, nach, was die Briefe nicht enthalten, welche
Tendenz fie nicht haben u. f. w. Man hat dann wohl
nicht feiten den Eindruck, dafs die betreffenden Gegner
widerlegt find, aber in der Zuverficht zu den Briefen ift
nicht beftärkt, da ja die Zurückweifung eines An-

Irenäus, zwei bei Origenes) fämmtlich den Brieffteller
zunächft mit einem zig einführen (Irenäus: ,vjS dni ng
tjöv i'ifuti'QwV. ürigenes: ,mcmini aüqucm samtorum
dtxissr ,tv /ad fwp (taQTi gög cipog lnoiokwv yiygantai')
wird nicht beachtet. Die Sache liegt hier fo" einfach
wie möglich (f. meine Schrift: Die Zeit des Ignatius

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dition über die Briefe und ihren Verfaffer hat
es in der alten Kirche überhaupt nicht gegeben.
Was man über Ignatius gewufst hat, das entnahm man
den Briefen. Nur die Angabe, Ignatius fei zweiter
Bifchof von Antiochien gewefen, läfst fich bis Origenes
hinauf verfolgen, die andere, er habe das Martyrium
unter Trajan erlitten, bis zu Eufebius, refp. mit einiger
Wahrfcheinlichkeit bis zu Julius Africanus. Diefer Sachverhalt
ift vor allem anzuerkennen; in ihm ift es nicht
man nienr. Denan", u» j»,^^X^rSi«Pofiäo» ! zum minderten begründet, dafs die Bedenken gegen die
griffs niemals die Probe für die *lc*f™™ ? „ofitive Echtheit der fieben Briefe nie ganz zur Ruhe kommen
fein kann Es fehlt mit einem Worte die po ,

Kritik, die unabhängig von den guten und fchlechten
Einfällen der Kritiker die Individualität des Schnftftellers,
feine Zwecke und Ziele, fowie die Situation, die er andeutet
beftimmt und diefe Beobachtungen zum Punda-

werden; denn die Bezeichnung des Briefftellers als des
zweiten antiochenifchen Bifchofs darf unbedenklich als
eine katholifche Conftruction beurtheilt werden, und wie
fleht es dann mit der Zeitangabe? ,(Wir find nicht ge-

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