Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1884

Spalte:

452-453

Autor/Hrsg.:

Walz, K.

Titel/Untertitel:

Die Lehre der Kirche von der h. Schrift, nach der Schrift selbst geprüft 1884

Rezensent:

Weiß, Bernhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

45i

Theologilche Literaturzeitung. 1884. Nr. 19.

452

mengezogen' und 2, 22 ift die finngemäfsefte Wiedergabe j der dem unbefangenen Eindruck darftellen, fobald die_
des rednerifch gewählten isQnaokelg das Luther'fche: ,Du , Staubwolke, die der Exeget darüber aufgewirbelt hat,'

verflogen ift, direct widerfprechend. Zum Beweife, dafs
der Römerbrief das Palladium des Sola fide ift, bedürfen
wir fie wahrlich nicht, fo fehr der Verf. fich oft anftellt,
als ob er dies erft nachgewiefen habe.

Berlin. Weifs.

raubeft Gott, was fein ift' (p. 80 f.). Nach p. 6 kommt
das Iv %6a^.iu) 5, 13 einem Adjectivum gleich und bezeichnet
die Sünde als eine weltartige, fo dafs ,fie fich
wie ein Stück von dem durch die Schöpfung gefetzten
Naturbeftande darfteilte' (p. 6).

Sehr fympathifch berührte mich die Auslegung von
5, 12 ff., mit der das Schriftchen beginnt. Wenn der
Verfaffer nun aber feine, die .Deutlichkeit und Bündigkeit' Walz, Pfr. K., Die Lehre der Kirche von der h. Schrift, nach
derfelben verbeffernde Darfteilung der Stelle auf die Unter- | der Schrift selbst geprüft. Eine von der Haager Ge-
fcheidung von Sündenfolge und Sündenftrafe baut (p. 5), I fellfchaft zur Vertheidigung der chriftlichen Religion
fo hätte er doch erft nachweifen muffen wo che Schrift gekrönte Preisfchrift. Leiden, Brill, 1884. (IV, 220 S.

überhaupt und Paulus insbefondere eine folche Unterfchei
dung macht, da doch der religiöfen Betrachtung von
vorn herein nichts näher liegt, als jede Sündenfolge als
Sündenftrafe zu betrachten: denn dafs die Einzelnen

gr. 8.) M. 3-50-

Diefe gekrönte Preisfchrift ift ihrer Entftehungs-
weife entfprechend für einen weiteren Leferkreis be-

nicht durch Fällung eines befondern Todesurtheils dem i ftimmt. Äbfichtlich umgeht fie, von einigen Andeu-
Tode anheimgefprochen werden (p. 7), ift doch die na- ■ tungen abgefehen, die Fragen, welche die hiftorifch-
türliche Folge davon, dafs auch nach dem Verf. bei Adam der I kritifche F-inleitungswiffenfchaft aufzuwerfen und zu löfen
urfächliche Zufammenhang zwifchen Sündigen und Ster- pflegt. Sie will fleh auf den Standpunkt des fchlichten

ben ein für allemal feftgefetzt war (p. 2), und dafs diefer
bei ihm als Strafe feftgefetzt war, kann doch Angefichts

Bibellcfers ftellen und von ihm aus die Schrift felbft
durch ihre Ausfagen, wie durch ihre thatfächliche Be-

der Genefls, an die Paulus anknüpft, nicht beftritten wer- fchaffenheit die Frage beantworten laffen, ob die heil,
den. Weil nach dem Verfaffer das öl svog qv&q. ein ov Schrift das fei, was fie nach der kirchlichen Lehre fein
öia nqlhdv äv&QUjntov involvirt und —- nur was diu vo/.tov j foll, was die gangbare Schriftgläubigkeit auf Grund diefer
in die Menfchheit käme, öiu itoilwv n fie hineinkäme (?!), | Lehre von ihr vorausfetzt. Sie geht den heuriflifchen
darum foll auch Paulus gleich bei 5, 12 den Gegenfatz I Weg, fie läfst eine Schriftengruppe nach der anderen
gegen das Gefetz im Auge gehabt haben (p. 12). Von 1 ihr Zeugnifs ablegen, fie geht von den einzelnen AT-
der Art aber, wie der Verfaffer feine Gedanken in den liehen Schriften zu ihrer allmählichen Sammlung, von
Text überzuleiten weifs, nur noch ein Beifpiel aus einer I dem Zeugnifs des Neuen Teftamentes über fie zu diefem
Stelle, die für die Auffaffung des Sola fide, auf das er fo I felbft in feinen einzelnen Beftandtheilen über, endlich be-
viel Gewicht legt, grundlegend ift. Er erneuert bei 3, 20 ' handelt fie in umfaffender Erörterung die Infpiration der
die Anficht, dafs Gefetzeswerke an fich, auch wenn fie NTlichen Autoren und fchliefst mit einer Zufammen-
ausreichend vorhanden wären, nicht rechtfertigen würden, faffung ihrer Refultate. Es fehlt dabei nicht an häufigen
weil es ein Fehler des Gefetzes fei, Werke zu wollen, Wiederholungen, hie und da find auch die Erörterungen
wenn es die Heilsbefchaffung gilt (p. 119). Wir wollen , felbft etwas breit undzerfloffen; aberüberall werdenfiedurch
hier nicht weiter verfolgen, wie er fich der Stelle Gab 3, 12, 1 Eingehen auf concrete Details lebensvoll illuftrirt und
die das offenbare Gegentheil beweift, entledigt; aber noch die warme Liebe zur Schrift, ja die hohe Verehrung für
klarer zeugt doch gegen ihn Rom. 2, 13. Das kann der fie mufs felbft dem, welchen die Stellung des Verfaffers
Verf. um fo weniger leugnen, als er fogar 2, 6 auf eine zu ihr noch fremdartig anmuthet, den Eindruck geben,
nicht ganz unbedenkliche Weife mit der Gnadenlehre ! dafs hier fein Heiligthum nicht mit unheiligen Händen
vereinigen will (p. 86 ff.). Aber er hilft fich damit, dafs ; angetaftet wird.

hier P. den fittlichen Ernft gegenüber einer leichtfertigen 1 Ob trotzdem diefer Verfuch, die fo wichtige und
und pochenden Vertrauensfeligkeit vertrete, während 3, 20 dankenswerthe Aufgabe zu löfen und die populäre Schrift-
von Gefetz und Werken, fofern fie dem Glauben ent- 1 gläubigkeit aus der Schrift felbft von der Unhaltbarkeit
gegenftehen, und von der Frage nach der grundlegenden | ihrer Vorausfetzungen zu überzeugen, irgendwelche Aus-
Herftellung eines Friedensverhältnifses zu Gott die Rede ! flehten auf Erfolg hat, ift mir nicht ganz zweifellos. Dafs
ift (p. 120). Nun lehrt aber ein Blick in den Text, dafs I die heil. Schrift nicht die Offenbarung felbft, fondern die
davon noch mit keiner Silbe die Rede gewefen , dafs es ', Urkunde oder Zeugin der Offenbarungsgefchichte fei,
nur der Verf. ifl, der feit 3, 5 davon redet, worauf die , dafs nicht die Schriften infpirirt find, fondern die Männer,
chriftliche Heilsgewifsheit ruht oder nicht ruht, um der I welche fie gefchrieben haben, dafs die Schrift nicht unangeblichen
Judenhetze', welcher er hier die Ausleger I fehlbares Wort Gottes im Sinne eines von Gott uns ge-
befchuldigt, zu entgehen (S. 93). Dagegen hören wir 1 gebenen autoritativen Lehrcodex fein wolle und fein
über die entfeheidende Frage, inwiefern im Tode Jefu : könne, diefe grofsen, in der wiffenfehaftlichen Schriftbenach
3, 25 f. eine Erweifung der Gerechtigkeit Gottes j handlung überall als felbftverftändlich feftftehenden Wahrgegeben
fei, in diefer oft die einfachften Gedankenzu- ' heiten treten ja vielfältig mit hinlänglicher Klarheit her-
fammenhänge mit endlofer Breite behandelnden und ver- vor und werden auch im Einzelnen überzeugend genug
künftelnden Arbeit lediglich gar nichts. j begründet; aber das Gefammtbild der Anfchauung von

Es ifl fchade um die umfaffende Durcharbeitung der der Schrift, das fleh daraus ergiebt, tritt doch nicht in
ganzen exegetifchen Arbeit am Römerbrief bis auf Klo- fo gefchloffener Geftalt, in fo fcharf umriffenen Zügen
ftermann's Correcturen, mit denen fich der Verf. mit Vor- 1 hervor, dafs der Lefer volle Befriedigung empfangen
liebe auseinanderfetzt, fchade um den unleugbaren Scharf- ! könnte; die nicht fo leicht zu beantwortenden Fra-
flnn, der hier für exegetifche Analyfen aufgeboten und ; gen, welche durch diefe Auffaffung der Schrift angeregt
um fo manche feine und werthvolle Bemerkung, die fich j werden und Beantwortung heifchen, werden doch nicht
hie und da verftreut findet; denn ich glaube nicht, dafs fo klar herausgefiellt und fo beftimmt beantwortet, dafs
diefe Uebertreibung gerade der fchwächften Seiten Hof- j nicht von ihnen aus immer wieder Zweifel gegen die
mann'fcher Methode für das Verftändnifs des Römerbriefs i Richtigkeit jener Auffaffung entliehen könnten. In Wahrwirklich
Frucht fchaffen kann. Die Auffaffung des Ge- 1 heit liegt doch die Sache fo, dafs es nicht fo fchwer ift,
dankengangs in den 3 erften Capiteln, wie fie hier mit von jenen grofsen Grundwahrheiten auch den fchlichten
taufend Künften erzwungen wird, halte ich durchweg für i Schriftgläubigen zu überzeugen, dafs aber die Anwendung
verfehlt, weil dem einfachen Wortlaut und der nächft- derfelben im Einzelnen auf Confequenzen führt, die ihm
liegenden Gedankenverknüpfung, wie fie fich immer wie- immer wieder mit feinem Glauben an die Schrift unver-