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Ausgabe:

1883 Nr. 23

Spalte:

539-545

Autor/Hrsg.:

Schleusner, Georg

Titel/Untertitel:

Luther als Dichter, insonderheit als Vater des deutschen evangelischen Kirchenliedes 1883

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 23.

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Ihr Inhalt und Segen, dem Volk erzählt. 1—3. Taufend, j grofse Werthunterfchied der Lieder mehr hervorgetreten
Frankfurt al, Schriften-Niederlage des Evangel. ' wäre. So hoch man ferner auch denGemeindegefang und

Vereins, 1883. (XVI, 116 S. 8.) cart. M. -. 40. Tiner untrfetzlHxr,uK«rft .fchätzt'. {? ^j*« d°chv^T

., ~ ,1. . ' . ,. TI ,, , Ausfpruch von Wilh. Wackernagel, den hifcher S. XXV

4. Luther, D. Martin, Dichtungen. Hrsg. von Karl ; fich aneignet: ,Die Reformatoren erkannten es wohl, dafs
Goedeke. Mit einem Lebensbilde Luther's von Jul. I in dem volltönigen Zufammenfingen der Gemeinde mehr
Wagenmann. IDeutfche Dichter des 16.Jahrhunderts j erweckende und erbauende Kraft liege, als im blofsen
mit Einleitungen und Worterklärungen, 18. Bd.] Leip- Nachlefen und im Anhören der Predigt eines Einzig
, Brockhaus, 1883. (LVII, 244 S. 8.) M. 3. 50; zkln7n' weder apoftolifchen, noch reformatorifchen noch

°' „ J » » . *™ 1 J J überhaupt evangehfchen Grundlatzen entfprechcnd fein,

geb. M. 4. 50. j Y)ie moderne Vorliebe für liturgifche Bereicherung und

5. Schleusner, Diak. G, Luther als Dichter, infonderheit Verfchönerung unferer Gottesdienfte, fo Treffliches fie
als Vater des deutfchen evangehfchen Kirchenliedes, bisher geleiftet hat und fo anerkennenswerth ihre Ziele
Eine Lutherjubiläumsgabe. Wittenberg, Wunfehmann, f]n,d> fcheint nipht immer der Gefahr zu entgehen, finn-

hche Gefühlserregung mit religiöfer Erhebung zu ver-
wechfcln.

1883. (VIII, 224 S. gr. 8.) M. 2. 40.

1. Unter den zu Luther's Jubiläumsfeier beforgten
neuen Ausgaben von Luther's geiftlichen Liedern ftehe

An kleineren Einzelheiten fei notirt: S. 2 die Da-
tirung des Todes der beiden Antwerpener Märtyrer auf

das Prachtwerk von Albert Eifcher voran. Seines den 30. Juni 1523 (ebenfo Kirchenlieder-Lexikon I, S.
kofibaren Schmuckes wegen, um des Herausgebers willen, 161) ftatt 1. Juli 1523 'de Wette II, 361). S. 6 die Erklärung
der durch fein Kirchenlieder-Lexikon (2 Bände 1878 ff.), i des Ausdrucks: ,zur Letze' durch: ,die dem Scheidenden
durch die Neubearbeitung von Bunfen's Allgem. evan- gegebene Labung oder Ergetzlichkcit', Letzeilt: .Ende,
gelifchem Gefang- und Gebetbuch (1881), durch die ; Aeufserftes, Letztes; dann was zum Abfchied
Herausgabe der Zeitfchrift: Blätter für Hymnologie (1883) | gethan oder gegeben wird; die Letze geben ift den
fich einen fehr geachteten und viel genannten Namen ■ Ab fch iedsgrufs, den Segen zum Abfchied geben (vgl.
als Hymnologe erworben hat. Das Prachtwerk fchliefst Deutfehes Wörterbuch von Jakob Grimm und Willi,
fich eng der vorzüglichen Ausgabe an von .Martin , Grimm VI, Spalte 797 fr.); der Begriff der Labung oder
Luther's geiftlichen Liedern mit den zu feinen Leb- der Ergetzlichkeit ift durchaus nebenfächlich. Befonders
/.eiten gebräuchlichen Singweifen. Herausgegeben von inffruetiv ift Luther's Brief an Albrecht von Mansfeld,
Phil. Wackernagel, Stuttgart, Liefching, 1848'. Dies December 1542 (de Wette V, 512 ff. 515); L. hat fehr
Buch ift in das Eigenthum des Verlegers vorliegenden ernft von Gottes Gerichten geredet, und fährt dann fort:
Werkes übergegangen. So finden wir die fchönen .Solches fchreibe ich, als ich denke, E. G. zur letze;
Zeichnungen von Guftav König's Meifterhand, welche ] denn mir das Grab nunmehr näher ift, wedder
die Ausgabe von Wackernagel zieren, hier unverkürzt 1 man vielleicht gedenkt'. S. 8 ift das Lied: ,Ach Gott
und in vortheilhafterem Rahmen wieder; das Luther- vom Himmel, fieh darein' ohne Grundangabe in's Jahr
bild nach Lucas Cranach ift neu hinzugekommen, und 1523 gefetzt. S. 12 wird die Schrift: ,Eyn weyfe Chrilt-
die beiden phototypifchen Nachbildungen der Titel- j lieh Mefs zu halten' u. f. w. 1524 Luther zugefchriebeu;
blätter des Achtliederbuches und des Erfurter Enchiri- ] fie ift jedoch eine von Paul Speratus gefertigte Ueber-
dions 1524 nebft einigen Textfeiten des letztgenannten '■ fetzung der Schrift Luther's von 1523: Formula missa'e et
lind fehr dankenswerthe Zugaben. Dagegen fehlen die ; covimnnionis (vgl. Lutlieri Opp. var. arg. cd. Erl. Prkf.
Singweifen, die bei Wack. fich finden, überhaupt alle tom. VII, pag. 1). S. 14 wird das Augsburger Gefangbuch
bei Wack. reichlich vorhandenen mufikalifchen Notizen; in's Jahr 1530 ftatt 1529 gefetzt (Wack.: Das deutfehe
ungern vermifst man auch die von Wack. mitgetheilten Kirchenlied I, S. 389 ff. Nr. XXXII ^ 5). S. X Anm. 1
claffifchen Vorreden Luther's zu den von ihm heraus- Zeile 4 ift wohl 1543 ftatt 1534 zu lefen. — Die begegebenen
Gefangbüchern; die gefchichtlichen und lite- merkten kleinen Ausftellungen beeinträchtigen nicht den
rarifchen Notizen, welche bei Wack. als zweiter Anhang : Wunfeh, dafs das werthvolle, fo fehr fchön ausgeftattete
einen grofsen, für den allgemeineren Zweck wohl zu Prachtwerk manchen Luthergeburtstagstifch zieren und
grofsen Raum einnehmen, find bei Eifcher fehr eng j Auge und Herz vieler evangehfchen Chriften dauernd
zufammengedrängt, auf die betreffenden Lieder vertheilt erfreuen möge,
und auf Grund neuerer Eorfchungen theilweife vervoll-

ltändigt oder berichtigt. 2. Ein liebliches Büchlein in hübfehem Gewand. Der

Es werden 36 Lieder Luther's mitgetheilt; vielleicht I Titel fft dem bekannten Gedichte von Hans Sachs
hätten die in der Ausgabe von Pafig 1845 Luther zuge- I vom 8. Juli 1523 entnommen. Mit einem fehr anfprech-
fchriebenen und aus diefer in die Erl.-Frankf. Ausgabe enden Liede hat der poefiereiche Herausgeber das Büch-
von Luther's Werken (Bd. 56, S. 359 ff.) aufgenom- j lein eröffnet: ,Nun, Wittemberger Nachtigall, Lafs klingen
menen beiden Lieder: ,Unfre grofse Sunde' und .Willft deinen füfsen Schall, Lafs fchmettern deinen hellen Schlag,
du vor Gott, mein lieber Chrift', wenigftens in der j Ob ihn dein Volk noch hören mag', fo lautet die erfte
Vorrede, eine Erwähnung verdient, mitgröfserem Rechte, und die letzte Strophe. Es folgen die Vorreden L.'s auf
als andere S. IX erwähnte, die zum Theil noch zweifcl- alle guten Gefangbücher(ErauMufika), auf das Walther'fche
hafteren Urfprungs find. Die Texte find nach den Chorgefangbüchlein 1524, auf die ,Geiftlichen Lieder'
älteften Drucken wie bei Wack. gegeben, doch der J 1529, auf die Begräbnifslieder 1542 und auf das Val.
heutigen Rechtfehreibung fich anfchliefsend; die fach- , Babft'fche Gefangbuch 1545. Es werden 36 geiftliche
liehe Anordnung jedoch, welche Fifcher der chron o- Lieder Luther's mitgetheilt, ganz nach Wackernagel's
logifchen vorgezogen hat, dürfte bei einer fo kleinen Ausgabe von 1848, nur mit dem Unterfchiede, dafs das
Zahl von Liedern und bei der Unmöglichkeit fefter vierftrophige ,Aus tiefer Noth' nicht aufgenommen (warum
Rubriken nicht allgemeine Billigung finden. nicht? die Anm. 4 auf S. 124 dürfte die Weglaffung

Die Einleitung entfpricht in klarer und fach- wohl kaum rechtfertigen), und dafs die Rechtfehreibung
kundiger Weife ihrem Zweck, die Bedeutung von Luther's | dem heutigen Brauch angenähert ift. So fehr fchliefst
geiftlichen Liedern für die evangelifchc Kirche allgemein [ fich diefe Ausgabe der von Wack. an, dafs felbft die
verftändlich darzulegen. Dafs der Herr Herausgeber die ! falfche Interpunction von Wack. 1848 in ,Ach Gott, vom
Lieder Luther's fehr hoch ftellt, verfteht fich von felbft; Himmel fieh darein' beibehalten wurde, obgleich Wack.
allein es würde der Werthfehätzung gewifs nicht ge- 1 fie in feinem Deutfchen Kirchenliede III (1870) S. 6 bereits
fehadet haben, wenn etwas kritifcher verfahren und der in ,Ach Gott vom Himmel, fieh darein' berichtigt hatte.