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Ausgabe:

1882 Nr. 21

Spalte:

487-495

Titel/Untertitel:

The New Testament in the original greek. The Text revised by Brooke Foss Westcott and Fenton John Antony Hort. 2 Bde. (1. Band:) Text. (2. Band:) Introduction. Appendix 1882

Rezensent:

Bertheau, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 21.

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Kühn's Arbeit ift mehr als eine blofse Probe des j mals vorhandenen kritifchen Texte, der Lachmann's und
Revifionswerks. Zunächft freilich begrüfsen wir fie als die zweite Ausgabe Tifchendorf's vom J. 1849, fie nicht
eine folche Probe, welche es dem Lefer möglich macht, befriedigten. Seit jener Zeit haben fie bis zur fchliefs-
fich über das Revifionswerk und die dabei als mafs- liehen Herausgabe ihres N. T.'s, alfo während 28 Jahre,

gebend erachteten Grundfätze ein Urtheil zu bilden. Der
Verf. erklärt in liebenswürdiger Befcheidenheit, man folle
in feiner Arbeit keine exegetifche Monographie fuchen,
da er nur das bisher Gewonnene im Anfchlufs an
den revidirten Text überfichtlich habe darftellen und
von neuem prüfen wollen; fein Zweck wäre erreicht,
wenn dem bald erfcheinenden revidirten Texte des A.
T.'s eine eingehendere Aufmerkfamkeit zugewendet
würde. Aber auch für folche Lefer, denen das Revifionswerk
ganz gleichgültig wäre, müfste Kühn's Arbeit
in ihrer ftreng wiffenfehaftlichen Haltung einen nicht
geringen felbftändigen Werth befitzen. In den Stellen
Ez. 40, 48 und 41, 3 (fo ift S. 6 zu lefen) billigt der Verf.
den Befchlufs, wonach die zweifellos richtigen, grundlos
von Kliefoth und Keil für willkürliche Conjecturen und
Einfchiebfel erklärten Lesarten der LXX dem deut-
fchen Texte in eckigen Klammern beigefügt worden find.
Ueberhaupt fcheint er den revidirten Text als den zur
Zeit kirchlich zweckmäfsigen zu vertheidigen und fpricht
z. B. zu Cap. 40, 44, wo auf eine Aenderung der Ueber-
fetzung Luther's verzichtet wurde, die Hoffnung aus
(S. 44), dafs der im Text vorliegende Widerfpruch dem
aufmerkfamen Lefer nicht entgehen und denfelben zu
weiterer Nachfrage veranlaffen werde. Dadurch aber
läfst fich Kühn nicht abhalten, nach LXX den verderbten
maforetifchen Text zu verbeffern und feiner eigenen
Ausführung das Richtige zu Grunde zu legen. Man
wird bei Kühn, deffen Ergebnifse am meiften mit denen
von Smend zufammenftimmen, eine Menge von Irrthü-
mern Kliefoth's und Keil's berichtigt finden. Ich glaube
nicht zu viel zu fagen, wenn ich mein hier nicht näher
zu begründendes Urtheil dahin zufammenfaffe, dafs es
dem Verf. gelungen ift, eine für die Bedürfnifse des
praktifchen Theologen genügende, in hohem Grade über-
fichtliche und doch auf die einzelnen Schwierigkeiten
ebenfo klar als kurz eingehende Darftellung des Eze-
chielifchen Tempels zu liefern.

Bonn. Adolf Kamphaufen.

The New Testament in the original greek. The Text re-
vised by Brooke Foss Westcott D. D. and Fenton
John Antony Hort D. D. 2 Bde. [1. Band:] Text.
[2. Band:] Introduction. Appendix. Cambridge and
London 1881, Macmillan and Co. (580 u. XXXI, 324,
188 S. 8.)

Die Herausgeber diefes griechifchen N. T.'s haben
auf Grund wefentlich derfelben, von ihnen nur wenig
vermehrten Hülfsmittel, welche fchon Tregelles für feine
bekannte Ausgabe (wenigftens für den auf die Evangelien
folgenden Theil) und dann ganz befonders Tifchen-
dorf für feine octava benutzen konnten, eine neue, völlig
felbftändige Recenfion des neuteftamentlichen Textes
geliefert, welche nicht nur den Arbeiten der genannten
Textkritiker an die Seite geftellt zu werden verdient,
fondern wegen der angewandten Methode und der
aufserordentlichen Genauigkeit der Arbeit als ein Fort-
fchritt über fie hinaus zu bezeichnen ift. Es ift um fo
mehr angezeigt, dies im voraus auszufprechen, als das
befcheidene Aeufsere diefer Ausgabe, vor allem, wenn
man nur den Textband in Händen hat, den auf ihre
Herftellung verwandten Fleifs und den Werth derfelben
nicht fogleich ahnen läfst.

Schon im Jahre 1853 entfchloffen fich (vgl. Introd.
B. 16) Weftcott, jetzt Regius Professor of Divinity zu , art auch angegeben, wobei Auslaffung oder Hinzufügung

die Arbeit immer nur auf kurze Zeit unterbrochen. Die
von einem jeden von ihnen einzeln gewonnenen Reful-
tate verglichen fie, über Abweichungen von einander
taufchten fie ihre Gründe wiederholt fchriftlich aus;
kamen dann nach wiederholter Berathung ihre Anflehten
über die zu wählende Lesart nicht überein, fo erkannten
fie, dafs eine allgemein anzuerkennende Entfcheidung
fich entweder jetzt noch nicht oder vielleicht überhaupt
nicht werde treffen laffen und ftellten fogen. ,alternative
readings1 auf, d. h. Lesarten, die gleich gut oder beinahe
gleich gut bezeugt find. Während der Zeit ihrer
Arbeit vermehrten fich die Hülfsmittel für diefelbe er-
ftaunlich; vgl. z. B. über die Zeit, von der unfere Kennt-
nifs der wichtigften Uncialen, beziehentlich die genauere
und genügende Kenntnifs derfelben datirt, die inftruc-
tive Tabelle Introd. S. 15 ; in Folge davon war die Arbeit
dann immer wieder neu durchzugehen. Sic bezeugen
ferner felbft, dafs fich in der langen Zeit auch ihre
Anflehten über die Gefchichte der Ueberlieferung geklärt
und befeftigt haben; doch haben fie keinen Grund
gefunden, die leitenden Gefichtspunkte, unter denen fie
ihre Arbeit begonnen haben, zu verändern.

Als im J. 1870 die Revifion der englifchen Bibelüber-
fetzung in Angriff genommen wurde und Weftcott und
Hort beide Mitglieder der für die Revifion des N. T.'s
eingefetzten Commiffion geworden waren, lag ihnen natürlich
der Wunfeh nahe, das bisherige Refultat ihrer
Arbeit den übrigen Mitgliedern der Commiffion vorlegen
zu können. So erfchienen dann die einzelnen Theile
ihres N. T.'s nach einander ,confidential', d. h. als Manu-
feript gedruckt, zuerft 1871 die Evangelien, zuletzt 1876
die Offenbarung Johannis; Abzüge derfelben wurden
dann einzeln privatim durch die Freundlichkeit der Herausgeber
auch anderen fich für diefe Arbeit Intereffiren-
den mitgetheilt; über die Evangelien veröffentlichte fo-
gar Ewald fchon in den Göttinger Gelehrten Anzeigen
1872, S. 1346 ff., eine Anzeige; vgl. auch Reufs, biblio-
theca novi testamenti, 1872, S. 246 f. (Das fchliefsliche
Verhältnifs diefer Ausgabe des IV. T. gr. zu dem revidirten
englifchen N. T. kann hier nicht ausführlicher be-
fprochen werden; es genüge zunächft die Angabe, dafs
die Reviforen nicht nach diefer Ausgabe überfetzt haben,
wenn diefelbe auch unverkennbaren Einflufs auf den von
ihnen ihrer Ueberfetzung zu Grunde gelegten Text gehabt
hat.) — Nach erneuter Durcharbeitung des Ganzen
liefsen die Herausgeber dann den (erften) Band, welcher
S. 1—539 den Text des N. T.gr. enthält, mit einem kurzen
Epilog, der in gedrängter Form die von ihnen befolgten
Grundfätze darlegt, S. 541 — 562, und mit andern erklärenden
Angaben, S. 563 — 580, im Mai 1881 erfchei-
nen; ihm folgte im Auguft 1881 der die Einleitung und
den Anhang enthaltende (zweite) Band, deffen Inhalt
beide Herausgeber (abgefehen von ganz einzelnen befonders
namhaft gemachten Theilen des Anhangs) in
gleicher Weife vertreten, der aber, fofern das füglich
doch nur Sache eines Bearbeiters fein kann, Dr. Hort
zum Verfaffer hat (vgl. S. 18).

Den griechifchen Text des N. T.'s haben die Herausgeber
, wie fie ihn für den urfprünglichen halten, ohne
alle Zuthaten auf den ganzen Seiten und felbftveritänd-
lich in ungebrochenen Zeilen ohne Versabfätze (im erften
Bande) abdrucken laffen; nur wo nach ihrer Anficht
aufser der von ihnen gewählten Lesart eine andere
ebenfo gut oder doch beinahe ebenfo gut bezeugt ift
(alternative readings, vgl. oben), wird diefe zweite Les-

Cambridge, und Hort, jetzt ebenda Hulsean Professor ; eines oder mehrerer Wörter oder Erfetzung folcher durch
of Divinity, gemeinfam eine kritifche Bearbeitung des j andere in der zweiten (mitunter auch zweiten und dritten)
neuteftamentlichen Textes zu unternehmen, da die da- i Lesart auf eine leicht verftändliche, anfprechende Weife