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Ausgabe: | 1882 |
Spalte: | 218-225 |
Autor/Hrsg.: | Thoma, Albr. |
Titel/Untertitel: | Die Genesis des Johannes-Evangeliums. Ein Beitrag zu seiner Auslegung, Geschichte und Kritik 1882 |
Rezensent: | Weiß, Bernhard |
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Theologische Literaturzeitung.
Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.
N°- 10. 20. Mai 1882. 7. Jahrgang.
Trumpp, Die Religion der Sikhs (Graf von ; Harnack, A., Die Ueberlieferung der griechi- ' Fifcher, Ein Votum für die fog. Selbftcom-
fchen Apologeten (A. Harnack). munion (Kraufs).
Wenck, Clemens V. und Heinrich VII. (K. T ... .... ,v c
M..|. , ' Menegoz, La notion du catechisme (Krauls).
Baudiflin)
Thoma, Die Genefis des Johannes-Evangeliums
(B. Weifs).
Nirfchl, Lehrbuch der Patrologie und Patriftik.
1. Bd. (A. Harnack).
Müller).
Baumgarten. Vor der Bartholomäusnacht
(Th. Schott).
Pfifterer, Pädagogifche Pfychologie (K.
Strack).
Trumpp, Ernft, Die Religion der Sikhs. Nach den Quellen j die Engländer das durch die Organifation diefes Fürften
dargeftellt. Leipzig 1881, O. Schulze. (IV, 124 S. 8.)
M. 3. -
Aus feinem umfangreicheren Werke: , The Adi Granth
or the ho/v scripta res of the Sikhs1 (London 1877) giebt
der Verf. für ein gröfseres Publicum einen concifen
Auszug ohne gelehrtes Beiwerk, doch nicht ohne Re-
vifion der früheren Arbeit. Die kleine Schrift in ihrer
lebendigen und gefälligen Darftellungsweife mit dem
romantifchen gefchichtlichen und dem bizarren dogmati-
fchen Stoffe feffelt den Lefer bis zum Schluffe, und Ref.,
der übrigens die Genauigkeit der Schilderung zu contro-
liren nicht in der Lage ift, glaubt (ie allen, welche für die
modernen politifchen Verhältnifse in Indien oder für
die Weiterentwickelung der altindifchen Religionen üch
intereffiren, überhaupt jedem über religiöfe Entwicke-
lungen Rellectirenden, angelegentlich empfehlen zu
follen.
Es wird zunächft die äufsere Gefchichte der Sikh-
Religion dargeftellt (S. I—65), das Leben und Wirken
ihres Begründers, des ungebildeten Hindu-Bettelmönches
Nanak (geb. 1469 n. Chr.) und feiner Nachfolger, der
Gurus. Bezeichnend für die Religion ift die erfte That
ihres Gründers, Vertheilung feiner Güter unter die Armen,
und feine erfte Lehre: ,Es giebt keinen Hindu und keinen
Mufelman'. Seine Gedanken legte er in Hindui-
Verfen nieder, welche einen nicht unbeträchtlichen Theil
des umfangreichen Granth, d. i. des heiligen Buches der
Sikhs (Granth = Buch), ausmachen. Von einem Spielmann
begleitet, durchzog Nanak die Länder, dem aber-
gläubifchen Volke den Glauben an das Line höchfte
Wefen predigend und ihm anbietend die Hinüberführung
über den Ocean der individuellen Exiftenz. Er predigte
nur, was fchon viele wandernde Fakirs vor ihm gepredigt
hatten, und allein der Erfolg erhebt ihn über
Andere. Diefen verdankte er zum grofsen Theile der
Lehre, dafs fein Geift in einem jeweiligen Nachfolger
incarnirt fei, weshalb alle folgenden Häupter der Sikhs,
d. i. Schüler, lieh Nanak nannten. Sie erlangten fchon
im 17. Jahrhundert eine bedeutende weltliche Machtftel-
lung, die von dem Vorbilde ihres Meifters fehr verfchie-
den war. Der zehnte diefer Gurus (geft. 1708) gründete
unter den Sikhs eine neue Bruderfchaft, genannt Khalfa
,die reine', ein Name, unter welchem das politifche Ge-
meinwefen der Sikhs fpäter bekannt geworden ift. Eben
diefer Guru fchaffte die Kaftenunterfchiede gänzlich ab.
Schon vor ihm hatten die Sikhs von Kampf und Plünderung
gelebt; er zuerft gab ihnen eine ausgebildete
fefte militärifche Organifation. So bildeten etwa feit
1761 die Sikhs eine Republik, doch ohne eine geordnete
Regierung. Zu ihrem Beherrfcher warf fich der fieg-
reiche Feldherr Ranjit Singh auf |(geft. 1839). Seitdem
mächtig gewordene Sikh-Reich zerftört haben (1845;,
fcheint auch die Religion desfelben, obgleich fie nicht
angetaftet wurde, in fich felbft zu zerfallen und in dem
alten Hinduismus fich aufzulöfen.
Aus dem zweiten Capitel: Darftellung der Sikh-
Religion S. 66 ff. läfst fich ein fortlaufender Auszug nicht
geben. Es ift diefe Religion ein buntes Gemifch altin-
difcher Vorftellungen mit einer muslimifchen Grundlage,
welche aber von jenen ganz überwuchert wird und von
Haus aus nicht echtmuslimifcher Deismus, fondern fufl-
fcher Pantheismus war. Die volksthümliche Auffaffung
aber hat fich von dem Pantheismus der Religionsbücher
immer mehr dem muhammedanifchen Deismus zugeneigt.
Die Sikhs find unbedingte Fataliften. Sie lehren das
Nirban (Nirvana) im Sinne einer ,Wiedervereinigung mit
dem Vacuum'. Die Verehrung der Kuh wird von ihnen
noch eifriger betrieben als von den Hindus. Die religiöfe
Literatur ift umfangreich, und durch Cultivirung
der von den Brahmanen gänzlich vernachläffigten Volks-
fprache, in welcher die Gurus der Sikhs lehrten und
fchrieben, hat die Sikh-Religion ein Bleibendes erreicht.
Diefe Religion felbft, welche gar nichts Originales
enthält, bietet in fich felbft wenig Intereffe, wohl jedoch
indirect für die Beurtheilung des zähen und unproduc-
tiven pantheiftifchen Hinduismus. Befonders beachtens-
werth aber ift die äufsere Gefchichte diefes Religions-
ftaates, welche in einem Umfange wie fonft vielleicht
nur noch die äufsere Gefchichte des Buddhismus viele
lehrreiche Parallelen für die chriftliche Kirchengefchichte
liefert.
Die Darfteilung des Verf.'s läfst den Wunfeh übrig,
er möchte zum befferen Verftändnifse des Laien vielfach
wiederkehrende Wörter, wie Sikh, Granth von
vornherein erklärt haben, nicht erft bei fpäter Gelegenheit
. Der Begriff des Guru (etwa = Rabbi) ift in ausreichender
Weife nirgends definirt.
Marburg i. H. Wolf Baudiffin.
Thoma, Sem.-Prof. Albr., Die Genesis des Johannes-Evangeliums
. Ein Beitrag zu feiner Auslegung, Gefchichte
und Kritik. Berlin 1882, G. Reimer. (XVI, 879 S.
gr. 8.) M. 13. _
Nicht ohne Spannung habe ich das vorliegende Buch
zur Hand genommen. Es knüpft in feinem Vorwort
felbft an die Bemerkung an, die ich in der Vorrede zu
meiner Bearbeitung des Meyer'fchen Commentars zum
Johannesevangelium machte, dafs die Hypothefe der Un-
echtheit desfelben fich noch durch eine Erklärung alles
Einzelnen in ihm zu bewähren habe, und will von diefer
Seite her die Löfung der johanneifchen Frage herbei-
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