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Ausgabe:

1882

Spalte:

193-195

Autor/Hrsg.:

Horst, L.

Titel/Untertitel:

Leviticus XVII - XXVI und Hezekiel. Ein Beitrag zur Pentateuch-Kritik 1882

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 9. 6- Mai l882. 7. Jahrgang.

Horft, Leviticus XVII—XXVI und Hezekiel

(Graf von Baudiffin).
Knabenbauer, Erklärung des Propheten Ifaias

(Stade).

Gefsner, Das hohe Lied Salomonis (Stade).
Palm, Alt-Hebräifche Lieder (Stade).
Würdter, Kurzgefafste Gefchichte Babyloniens
und AfTyriens (Stade).

Floigl, Gefchichte des femitifchen Altertums in Rothe's Gefchichte der Predigt, hrsg. von

Tabellen (Stade).
De editione romana codicis graeci Vaticani ss.
Bibliorum studiis Vercellone, Cozza et

Trümpelmann (Meier),
Thönes, Die chriftliche Anfchauung der Ehe
(Köhler).

Fabiani (Neftle). ! Hoehne, Kant's Pelagianismus und Nomismus

Matthes, Die edeffenifche Abgarfage, auf ihre j (Gottfchick).

Fortbildung unterfucht (Lipfius).
K a w e ra u, CasparGüttel. EinLebensbild (Enders).

Nilles, Kalendarium Manuale Tom. II. (A.
Harnack).

Horst, Lic. L., Leviticus XVII —XXVI und Hezekiel. Ein

Beitrag zur Pentateuch-Kritik. Colmar 1881, Barth.
(97 S. gr. 8.) M. 3. —

Es ift eine von Graf aufgeftellte, durch Kayfer ac-
ceptirte Thefe, welche der Verf. mit Modificationen neu
zu begründen verfucht: die Abfaffung (im Sinne des
Verf.'s genauer: Redaction) von Lev. c. 17fr. durch den
Propheten Ezechiel. Der Verf., der jüngfte unter den
directen Schülern des Strafsburger Altmeifters biblifcher
Wiffenfchaft, weicht mit feinen beiden Vorgängern in
diefem Punkte von den Anfchauungen des Lehrers ab,
deffen Pentateuchconftruction er fonft in allen Hauptpunkten
vertritt.

Einer kurzen Einleitung (S. 5—11) folgt zunächft
eine Unterfuchung über ,die Quellenfcheidung in Leviticus
XVII-XXVP (S. 13—36). Es ergiebt fich dem
Verf., ,dafs aus dem elohiflifchen Zufammenhang in Leviticus
eine Reihe von Stellen auszufcheiden find, welche
dem Elohiften nicht angehören können, die aber alle
von einer und derfelben Hand niedergcfchrieben worden
find' (S. 36). Daran fchliefst fich eine Auseinander-
fetzung mit ,Dillmann's Hypothefe über Lev. XVII-
XXVP (S. 36—47). Eine doppelte Bearbeitung des in
Lev. c. 17fr. enthaltenen befonderen Gefetzbuches (Dill-
mann's S) wird beftritten; in diefem Punkte mufs Ref.
dem Verf. beiflimmen, während die weitere Behauptung,
dafs S nicht von Dillmann's A (Elohift) überarbeitet,
fondern von einem Dritten mit A ausgeglichen fei, m.
E. zwar nicht unwahrfcheinlich ift, aber doch hier nicht
bewiefen wurde. — Ref. darf die Rüge nicht unterlaffen,
dafs in dem Tone der Polemik gegen Dillmann (S, 44.
46) einige Aenderungen wünfchenswerth gewefen wären.
— S. 47—51 wird ,leitender Gefichtspunkt und Plan des
Gefetzbuches' dargeftellt.

Der eigentliche Kern der Arbeit fteckt in dem nächft-
folgenden Paragraphen: .Charakter und Abfaffungszeit'
(S. 51—68) und mehr noch in Cap. II: ,Das Verhältnifs
von Lev. XVII—XXVI zu Hezechiel' (S. 69-96). Der
Verf. erkennt in S nicht ein Gefetzbuch von einer Hand,
fondern ein Sammelwerk (S. 52). Hinfichtlich der Abfaffungszeit
wird S. 6off. die in früheren Abfchnitten
einfach vorausgefetzte (es ift dies ein Fehler in der Anlage
) Priorität des Deuteronomiums vor S zu beweifen
verfucht. Ref. ift nicht überzeugt worden. Dafs ,die
Gefetzgeber in Deut. XII und Lev. XVII hinfichtlich
der Einheit ... des Cultus einen und denfelben Zweck
verfolgen' (S. 60) gilt nur von Lev. c. 17 in der jetzt
vorliegenden, nicht in der urfprünglichen Geftalt. Dafs
die nach dem vorliegenden Texte praktifch gar nicht
durchführbare Verordnung hinfichtlich des Schlachtens

verfchiedene Mikdafchim vorausfetzte, fcheint mir
durch Dillmann überzeugend nachgewiefen zu fein. Dann
aber ift S ohne Zweifel vordeuteronomifch. Dafs es in
feiner jetzigen Ueberarbeitung nachdeuteronomifch fei,
geben wir bereitwillig!! zu. Horft dagegen will S in
feiner urfprünglichen Geftalt für die Anfangszeit des
Exils in Anfpruch nehmen. Somit fleht für ihn die
Möglichkeit offen, in Ezechiel den Verfaffer, refp. Re-
dactor zu erkennen. Er will ihn als folchen durch eine
erneute Unterfuchung des gemeinfamen Wortfchatzes
erweifen (S. 72 ff). Befonderes Gewicht wird nur auf
folche Ausdrücke und Wendungen gelegt, welche aufser-
halb Lev. c. 17—26 und Ezechiel nicht vorkommen
(S. 78). Ref. mufs bei der ihm von vornherein feft-
ftehenden Anfchauung verbleiben, dafs alle diefe Bemühungen
verlorener Aufwand find, weil auch die man-
nigfachften Berührungen der Diction wohl ein Abhängig-
keitsverhältnifs beweifen, niemals aber für fich allein
Identität des Verfaffers darthun können.

Dagegen halte ich die dem Verf. im Verhältnifs zu
feinen fpeciellen Vorgängern nicht geradezu eigenthüm-
liche (Kayfer hat eine ähnliche Andeutung gemacht),
von ihm aber mit befonderer Sorgfalt ausgeführte Beobachtung
für ein richtiges und nicht unbedeutfames
Zugeftändnifs, dafs nämlich Ezechiel's Zukunftsgefetz
das Gefetzbuch S vorausfetzt, nicht umgekehrt (S. 83).
Auf diefe eine Bemerkung glaube ich in der ganzen
Abhandlung das Hauptgewicht legen zu follen. Ezechiel
's Zukunftsgefetz ift alfo doch nicht, wie meift die
moderne Conftruction es darftellt, die erfte Hinüberleitung
vom Deuteronomium zum Prieftercodex, fondern
bereits S, worin Andere das Bindeglied zwifchen Ezechiel
und Prieftercodex erkennen wollen, ift älter als
Ezechiel's prophetifches Gefetz. Es ift diefe Darftellung
ein erfter Rückzug eines Vertreters der Reufs-Wellhau-
fen'fchen Schule, welcher zu noch weiteren Schritten
Anlafs geben möchte. Die Priorität von S vor Ezechiel
läfst fich noch mit ganz anderen als den vom Verf. vorgetragenen
Gründen vertreten, mit eben denfelben aber
vielleicht auch im Prieftercodex ein vorezechielifcher
Grundftock nachweifen. Des Verf.'s Verfuch, feine beiden
fcheinbar widerftreitenden Beobachtungen, einerfeits der
Priorität von S vor Ezechiel's prophetifchem Gefetze,
andererfeits der Identität des Verfaffers refp. Redactors,
auszugleichen durch die Annahme, dafs Ezechiel Be-
ftandtheile von S bereits vorgefunden und diefe Sammlung
in früheren Jahren redigirt habe, dann aber in feinem
eigenen Gefetze über diefelbe hinausgegangen fei
(S. 93 f.), wird fchwerlich vielen Beifall finden. Es könnte
faft den Eindruck einer Selbftironie erwecken dafs die
altteftamentl. Kritik, welche (wenn wir von'den Verfiel
! nur begreifen läfst, wenn der urfprüngliche Text | tretern mofaifcher Abfaffung des Pentateuchs ganz ab
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