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Ausgabe:

1879 Nr. 21

Spalte:

496-498

Autor/Hrsg.:

Delaborde, Le Comte Jules

Titel/Untertitel:

Gaspard de Coligny, Amiral de France. T. 1 1879

Rezensent:

Schott, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 21.

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bekannten Predigten die auf Oftern 1533 gefetzte, die
erfte in unferem Bande, betrifft, fo nehme ich diefe Zeit-
beftimmung, die auch dem Herrn Herausgeber Schwierigkeiten
gemacht hat, in Anfpruch. In der ganzen Predigt
oder eigentlich den drei Predigten weift nichts auf
Oftern hin, richtig verftanden auch die Worte S. 40 zu

Delaborde, Le Comte Jules, Gaspard de Coligny, Amirai
de France. T. I. Paris 1879, Sandoz & Fifchbacher.

<659 PP- §r- 8-)

Trotz der bedeutenden Rolle, welche Coligny in der
II. Flälfte des 16. Jahrhunderts in der franzöfifchen Gc-

Eingang der dritten Predigt nicht Die urfprüngliche fchichte fpielte / hatte derfelbe bis jetzt noch keinen

feiner würdigen Biographen gefunden. Wohl war 1575
Casparis Colinii magni qnondam Franciae Amiralii vita
erfchienen, von Franz Hotmann verfafst, welchem die
jeder Jahreszeit gehalten werden konnte. Woher weifs w;ttwe des Admirals ihren Wunfch ausgedrückt hatte,
man denn auch, dafs Luther in den Oftertagen 1533 am , ,. ppjpr dpm AnHpnun ;hr(« vielverlenmderen Ge-

Ueberfchrift lautet: ,Von Jhefu Chrifto eine Predigt', und
das entfpricht dem Inhalte. Es ift fo zu fagen eine
Katechismuspredigt über den zweiten Artikel, wie fie zu

Hofe zu Torgau weilte; die ganze Angabe wird erft
aus diefer Predigt erfchloffen fein; durch die vom Herausgeber
angeführten fonft bekannten Data aus Luther's
Leben wird fie aber als eine kaum mögliche erwiefen.
Glaubt man durch den Satz am Eingange: ,weil es fo fürfället
', durchaus auf Oftern verwiefen zu fein, fo mufs

feine F"eder dem Andenken ihres vielverleumdeten Gemahles
zu widmen. Auf der knappen, gut gefchriebenen
Skizze, die im beften Sinne eine Apologie des Admirals
genannt werden kann, beruhen beinahe alle folgenden
Darftellungen, befonders auch das anziehende Lebensbild
, das E. Stähelin von ihm entworfen hat (Proteftant.
Monatsblätter v. Geizer 1858. Bd. I ii 12.). Meylan über-

man eben die predigt in ein anderes Jahr fetzen Doch j das Letztere in etwas erweiterter Faffung ins Fran

wird es fo erft recht fchwer fein , fie unterzubringen. zöfffche (yif de Gaspard de Coll Paris l86f) und Led-
Uebngens fche.nt he vor dem Druck überarbeitet wer- ; derlmfe überfetzte Meylan's Buch wieder in das Deutfche !

den zu fein; wenigftens läfst fich eine gewiffe Abrund
ung des Ganzen nicht verkennen, vgl. S. 53 im Schlufs
abfatz mit den Anfangsworten. — Die drei dann folgenden
Michaelispredigten gehören gar nicht in diefen
Band, fondern waren unter 1531 zu fetzen; denn S. 75
wird verwiefen auf den Reichstag zu Augsburg im ^ergangenen
Jahr', d. i. 1530, und S. 83 wird Herzog Johann
zu Sachfen noch als lebend erwähnt; der ftarb
aber fchon am 16. Aug. 1532.

Diefer Band enthält 15 bisher noch nicht gedruckte

Als zeitgenöffifcher Bericht hat Hotmann's Werk immer
noch Werth, der Verfaffer ftand dem Admiral nahe,
war Augen- und Ohrenzeuge von vielem, was er berichtet
, aber was man von einer Biographie im modernen
Sinne fordert, leiftet er begreiflicherweife nicht. Eine
folche, die den Anforderungen der Wiffenfchaft entfpricht
, hat erft Graf J. Delaborde uns vorgelegt in dem
eben erfchienenen erften Band des umfaffenden grofs
angelegten Werkes: der Frucht jahrelangerForfchungen
und Studien. Einzelne Bruchftücke und Epifoden wurden

Predigten aus einer Wolfenbuttler Handfchnft, die nach im Bulletin de la societe de l'histoire du Protestant,*,,,,-
Annahme des Herausgebers der neuen Poffüle zur Grund- fran(ais publicirt; ein felbftändiger gröfserer Excurs war
läge dienen follte, welche für den dritten Iheil der von ; die mo*ÜR von Eleonore de Roye, princesse de Conde.

Aurifaber begonnenen Eislebenfchen Ergänzungsbände
beabfichtigt war. Die Veröffentlichung derfelben ift
höchft dankenswerth, denn das Mitgetheilte trägt ganz
deutlich den Stempel Luther's. Mit der Benützung aber
mufs man auch hier vorlichtig fein, denn man hat nur
Nachfchriften, z. Th. nur kurze Auszüge vor fich, von

Paris 1876. Es ift die gröfsere Hälfte von Coligny's
Leben, welche diefer I. Bd. in den Jahren 1519 bis 1 5O2
(Januaredict) uns vorführt, aber zugleich die weniger in-
tereffante; denn die eigenthümliche Bedeutung des Admirals
, fein hervorragendes Fingreifen in die franzöfifche
Gefchichte begann erft mit feinem Uebertritt zum Pro-

denen nicht einmal gewifs ift, ob fie während des Pre- , teftantismus, und die Aufmerkfamkeit, welche ihm die

digens oder auch nur unmittelbar darnach gemacht
wurden. Sonderbarer Weife finden fich hierunter fünf
Predigten über 2 Cor. 3, 4—II, die im Jahre 1535 an
fünf verfchiedenen Sonntagen gehalten fein follen, an
fünf Sonntagen über denfelben Text! So giebt das
Manufcript an und dem folgt der Herausgeber. Ich halte
das für falfch. Die Predigten gehen zwar im YY ortlaute
fehr auseinander, fo dafs man Bedenken tragen möchte,
fie für Niederfchriften ein und derfelben Rede zu halten;
und doch wird man das thun muffen und kann eben
daran erfehen , wie frei folche Niederfchriften gemacht
wurden. Sie flammen von verfchiedenen Händen her,
wie man auch aus ftiliftifchen und dialektifchen Eigen-
thümlichkeiten erfchliefsen kann. Nach meiner Anficht
find die vier erften Predigten nichts als verfchiedene

Gefchichte als einer welthiftorifchen Perfönlichkeit fchenkt,
rührte von der Stellung her, die er in den drei erften
Religionskriegen eingenommen hat. Die erften 40 Jahre
feines ereignifsreichen Lebens lieferten den natürlichen
Unterbau zu diefer impofanten Stellung als Haupt der
Reformirten neben Conde; und in ebenfo gediegener
als gründlicher Ausführung zeigt der Verfaffer, wie der
ernfte junge Adelige, dem Geburt und Familie, die Stellung
von Vater und Mutter und die verWandtfchaftliche
Verbindung mit den einflufsreichften und mächtigften
Adelsgefchlechtern Frankreichs, eine glänzende Laufbahn
in Ausficht flehten, durch feine eigene Tüchtigkeit und
Beharrlichkeit diefeAusfichten vollkommen verwirklichte,
von Stufe zu Stufe flieg, militärifch und diplomatifch
immer wichtigere Polten bekleidete. Eine grofse Zahl

Aufzeichnungen derfelben Rede. Sie geben alle wenn ! neuer Documente, Briefe von und an Coligny, Andelot,
auch in abweichenden Worten, mehr oder minder die- Montmorency, Heinrich II u. a. hat dem Verf. die Mög-

hchkeit gegeben, ausfuhrlich auf diefe Verhaltnilse einzugehen
, eine Fülle neuen Details mitzutheilen. Der
Lefer erhält völligen Einblick in Coligny's Thätigkeit
als Gouverneur in der Picardie, bei den Verhandlungen,
welche zum Waffenftillftand von Vaucelles führten (1556);
es wird auch nichts dagegen einzuwenden fein, wenn bei
der Darfteilung der Belagerung von St. Quentin (1557)
der eigene Bericht Coligny's in ausführlichen Auszügen
wiedergegeben ift, da der Lefer gerade aus diefem werthvollen
Monumente, dem einzigenRefte der fchriftftellerifchen
Mufse des Admirals , in der markigen Sprache, in der
präcifen, klaren Erzählung, in der ungefchminkten offenen
Darlegung aller Verhältnifse fich das befte Bild von des
Mannes Art und Wirken zu fchaffen vermag. Die Lücken,

felben Gedanken, und in allen findet fich an der gleichen
Stelle ein etwas auffälligerer Ausdruck: ,es ift abenteuerlich
geredet' S. 190. 200. 212. 221. Dagegen bekunden
Nr 4 und 5 fich als Theile eines Ganzen. Der
Anfang von 5 weift auf den Schlufs von 4 zurück und
5 entwickelt eigne Gedanken. Wir haben hier alfo in
Wirklichkeit nur zwei Predigten Luther's über den genannten
Text, die aber befondere Beachtung verdienen,
vornehmlich für Luther's Lehre vom Gefetz.

S. 67 oben ift ein Druckfehler; wahrfcheinlich fehlt
dort ein nicht; vielleicht ift auch hülfen ftatt thäten
zu lefen. — S. 124 Z. 15 v. u. möchte ich ftatt: fich
rede alles' das noch heute dialektifch gebräuchliche
als ftatt jetzt, augenblicklich, vermuthen.

Erlangen. G. Plitt. I welche die früheren Biographen in dem Lebensgange