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Ausgabe:

1878 Nr. 10

Spalte:

228-230

Titel/Untertitel:

Translatio Syra Pescitto Veteris Testamenti ex codice Ambrosiano sec. fere VI photolithographice edita curante et adnotante Sac. Obl. Antonio Maria Ceriani 1878

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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227 Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 10. 22<t

denen aber nur ein geringer Theil die älterere Kir- fchen Bibelerklärer Antonio Bruccioli (1875) anzureihen,
chengefchicht e behandelt, wie die von Killen über 1 Sonft find unter den reformationsgefchichtlichen Beiträ-
,Conftantin, die Legende feines Kreuzes und feiner Be- 1 gen namentlich noch die von Benrath hervorzuheben,
kehrung' (1876), von Hemans über ,die Märtyrer des Es find zunächft mehrere intereffante Veröffentlichungen,
Coloffeums' (1873) und die beiden, um der fich daran wie die der Schrift des Taddeo Duno vom J. 1556 über
anfchliefsenden Controverfen willen intereffanten Auf- 1 das Exil der Locarnefen, d. h. die Auswanderung der
fätze von Geymonat über das apoftolifche Symbolum Evangelifchen von Locarno nach Zürich (1873), ferner
(1874; und von Prof. Gay über die römifchen Katakom- eines mehrfach erwähnten, aber noch nicht edirten Brie-
ben (1877). Im erfteren erzählt G. die gefchichtliche Ent- fes von Fra Bernardino an Paul III (1874), von dem
flehung des fogen. apofl. Symbols, um daran den Vor- Benrath nachwein, dafs er nicht, wie man annahm, dem
fchlag einer Erweiterung desfelben in evangelifchem Sinne Bernardino Ochino angehört, endlich eines nur dem Na-
zu knüpfen. Demgegenüber macht Revel geltend, dafs men nach bekannten, aus der ital. Reformationsbewegung
jenes Symbol zu diefem Zwecke fich nicht eigne, weil herrührenden Buches dotttina niwva c vccchia (1875), von
es anftöfsige Elemente in fich fchliefse, wie die unge- 1 dem Benrath in der Bibliotcca Angclica in Rom einen
hörige Nennung des Pilatus, die wenigflens leicht mifs- Abdruck gefunden hat. Aufserdem hat derfelbe die
verftändliche Plöllenfahrt und die der Lehre des Paulus Frage: ,War Bern. Ochino unehelich geboren?' (1876)
widerfprechende Auferftehung des Fleifches, worauf dann unterfucht und verneinend beantwortet, in feinem Auf-
Geymonat wieder diefe Anftöfse zu befeitigen fucht. fatze: ,Vittoria Colonna und die Reformation' (1876),
Noch lebhafter verläuft der andere Streit in Folge der die der Reformation zugeneigte Gefinnung der genannten
Tendenz, in welcher Gay auf Grund von de Roffi's Roma j erwiefen und in einer Unterfuchung über den Autor des
sotterranea die Kirche der Katakomben fchildert. Da er Benefizio di Cristo (ebd.) im Anfchlufs an Ranke das
nämlich diefe als ein Ideal echt italienifcher Cultus- und ! in Deutfchland bekannte Refultat neu erhärtet. — Aufser-
Verfaffungsformen hinflellt, nach dem fich die gegen- ' dem wäre noch der fehr werthvolle Auffatz von Elze:
wärtigen, fämmtlich durch fremde Einflüffe beftimmten [ ,Luther vor dem Reichstage zu Worms nach Briefen
evangelifchen Gemeinfchaften Italiens zu richten hätten, ! und Berichten der AbgefandtenVenedigs' (1875) zu nen-
veranlafst er dadurch einen fehr energifchen Proteft ' nen. Einige Beiträge zur neueften Kirchen- und Cul-
Revel's, der vielmehr die alleinige normative Bedeutung turgefchichte bilden den Uebergang zur der regelmäfsig
der Schrift und den ganz italienifchen Charakter der ,freien gegebenen fehr eingehenden Mufterung der Gegenwart.
Kirchen', wie auch der Waldenfer behauptet. —Beffere Wir wünfchen dem Unternehmen, das nach einer

Anknüpfungspunkte als die alte Kirche mufste jedenfalls j Bemerkung im 2. Hefte von 1878 aus gefährlichen Kri-
die Reformations gefchichte Italiens für die pro- fen neu gekräftigt hervorgegangen ift, glücklichen Fort-
teftantifchen Beftrebungen der Gegenwart bieten. So ift | gang, viele Freunde auch in Deutfchland und vor Allem
denn mit Recht in der Rivifta diefem Gebiete der gröfste reichen Nutzen zur Ausbreitung und Befeftigung des
Raum überlaffen und nur immer ftärker ift der Schwer- 1 Evangeliums im fchönen Italien.

Bonn. Fr. Sieffert.

punkt des ganzen Unternehmens in diefen Theil gefallen.

Hier hat man auch am unmittelbarften aus der politifchen

Neugeftaltung Italiens Nutzen ziehen dürfen, da erft die

nationale Regierung an vielen Orten die lange verfchlof- Translatio Syra Pescitto Veteris Testamenti ex codice Am-

fenen Archive und damit den Zugang zu bedeutfamen brosiano sec. fere VI photolithographice edita curante

Quellen der ital Reformationsgefchichte eröffnet hat. et adnotante Sac. Obl. Antonio Maria Ceriani,

Die hierauf bezüglichen Beiträge der Rivifta beweifen [ D r V <- « « r» u ur o a~u..~,.;„

, j ■ 1 u j •__. 4 1 Praeiecto Collegn Doctorum bibhothecae Ambrosiadas
und viele unter ihnen werden immer unter den 6

mühfamen Beftrebungen genannt werden müffen, die
fchnell erftickte reformatorifche Bewegung Italiens in
ihrer kaum geahnten Ausdehnung wieder gefchicht-
lich erflehen zu laffen und ihre verfchollenen Denkmäler
an das Licht zu fördern. Dahin gehören vor Allem
die Auffätze Comba's. Diefelben beziehen fich gröfsten-
theils auf die Einflüffe der deutfchen Reformation, welche
in Venedig und auf feinem Gebiet unter verhältnifs-
mäfsig günftigen Umftänden fich entwickelten, bis auch
fie plötzlich durch wüthende Verfolgung vernichtet wurden.
Und es ift Compa gelungen, auf Grund der von ihm
benutzten Procefsacten der Inquifition, welche das vene-
tianifche Archivio de Frari bewahrt, fowie anderer Docu-
mente jene Bewegung an einzelnen Punkten hell zu beleuchten
. Er hat nicht nur eine allgemeine Aufzählung aller
jener Procefsacten mitgetheilt (1873), er hat aus den Pro

nae. Tomus I, pars II. Job XXIV ad fin., Josue,
Judices, I et II Samuelis, Psalmi, I et II Regum, Prov.
I—XXIV. Mcdiolani 1877, in officinis photolithogra-
phica Angeli della Croce et typographica Fratrum
Besozzi. 'S. 137—280. gr. Fol.)

Ceriani's grofse Ausgabe der ambrofianifchen Pe-
fchitto-Handfchrift fchreitet rüftig vorwärts. Ende vorigen
Jahres wurde der zweite Theil des erften Bandes
ausgegeben (Blatt 65—136 der Hdf), welcher die auf
dem Titel der Reihe nach verzeichneten Stücke des A.
T.'s enthält. Auch von diefem Theil des Codex gilt das
von uns bei der Befprechung des erften angeführte vorläufige
Urtheil Ceriani's Jahrg. 1876, col. 330): est ubi
optimtis mihi videtur, est ubi aliis cedit vel recentioribus
et ipsis editionibus. Ich habe grofse Stücke des neuen

cefsacten des BaldoLupetino bewiefen (1875), dafs er nicht j Textes mit dem bisherigen, am bellen in Lee's Ausgabe

nur, wie es bisher fchien, zweimal fondern dreimal an
geklagt war, er hat (1873) auszugsweife den Procefs des
als lutherifch verketzerten Bifchofs von Capo d'Iftria,
Pier Paolo Vergerio, der noch feinem letzten Biographen
Sixt nicht zugänglich war, fowie das Verhör des Paolo
Veronefe vollftändiger und genauer, als es fonft gefche-
hen war, veröffentlicht (1875). Er hat einen aus Strafsburg
gefchriebenen Brief des Francesco Negri an Paul
Bofello in Padua (1874) und im Auszug eine höchfl fel-
tene Lebensbefchreibung des Girolamo Galateo von
einem Bolognefer Eufebio Salarino (1873; abdrucken

vorliegenden genau collationirt, auch fonftwie den Text
des Ambrofianus controllirt, und dabei gefunden, dafs
die Zahl derjenigen Stellen, an welchen A die richtige
Lesart bietet, weit gröfser ift, als die, an welchen
das Umgekehrte flattfindet. Gewöhnlich handelt
es fich bei den Differenzen nur um Verfchreibung oder
Auslaffung einzelner Buchftaben und Wörter, feiten um
das Fehlen ganzer Versglieder; letzteres z. B. in I Sam.
c. 1—15 nur bei 1,9. 14,1. 35. Im Buch Hiob bietet A
mehrmals die Lesart, die Barhebraeus in feinen von
Bernftein herausgegebenen Scholien zu diefem Buch vor-

laffen. Als werthvolle Ergänzung diefer Studien Comba's ! ausfetzt. Auch von den Berichtigungen einzelner Stellen
ift ihnen die gleichfalls auf venet. Inquifitionsacten be- i und Wörter des gedruckten Pefchitto-Textes, welche
ruhende Arbeit von Pons über den berühmten italieni- ' der genannte Gelehrte in der Z. d. D. M. G. (III. 1849'