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Ausgabe:

März/1998

Spalte:

316–318

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Nyssen, W., H.-J. Schulz u. P. Wiertz [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Handbuch der Ostkirchenkunde III. Bearb. v. M. Petzolt.

Verlag:

Düsseldorf: Patmos 1997. XV, 315 S. gr.8°. Lw. DM 54,80. ISBN 3-491-77776-3.

Rezensent:

Hans-Dieter Döpmann

Bereits das im Jahre 1971 von E. v. Ivánka (gest. 1974), J. Tyciak (gest. 1973) und P. Wiertz herausgegebene "Handbuch der Ostkirchenkunde" hatte in der vom Zweiten Vatikanischen Konzil gewiesenen Öffnung sachkundig fundierte Kenntnisse über die Ostkirchen vermittelt. Die ­ anfangs auf zwei Bände angelegte ­ von W. Nyssen, H.-J. Schulz und P. Wiertz besorgte Neuausgabe setzte sich darüber hinaus zum Ziel, die Ergebnisse des 1979 begonnenen katholisch-orthodoxen Dialogs fruchtbar werden zu lassen. Nach dem Erscheinen der beiden ersten Bände (Bd. 1: 1984, Bd. 2: 1989; Rez. v. H.-D. Döpmann in: ThLZ 117, 1992, 551-552) verzögerte sich nach dem Tod von W. Nyssen (gest. 1994) und P. Wiertz (gest. 1995) die Fertigstellung des nunmehr dankenswerter Weise von Martin Petzolt (Wiss. Mitarbeiter, Würzburg) bearbeiteten abschließenden dritten Bandes. Er erscheint zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Herausgebers Hans-Joachim Schulz.

Nachdem die beiden ersten Bände vor allem die Kirchengeschichte, die Dogmatik und den Gottesdienst behandelten, befaßt sich der dritte Band mit der praktischen Dimension der Ostkirchen. Dabei erweist es sich als fruchtbar, daß im neuen Band auch namhafte orthodoxe Autoren ­ sie sind alle griechischer Herkunft ­ zu Wort kommen.

Im 5. Teil des Gesamtwerkes finden sich aus der Ausgabe von 1971 zwei leicht überarbeitete Kapitel von Tomás Spidlík SJ, Rom: Spiritualität des östlichen Christentums, darunter: Liebeswerke, Kontemplation, Hesychasmus sowie das Kapitel über das östliche Mönchtum und das östliche Frömmigkeitserleben: Ursprung, Ausbreitung und Bedeutung des Mönchtums, das Verhältnis von Kontemplation und Arbeit, Fragen der Übertragung des mönchisch-asketischen Ideals in die Gesellschaft sowie ein Vergleich östlicher und westlicher Frömmigkeit. ­ Georgios Mantzaridis, Thessaloniki, schildert Geschichte und neue geistliche Kräfte des Mönchtums vom Athos. ­ M. Petzolt überarbeitete den bereits 1971 gedruckten Beitrag von P. Wiertz zur religiösen Volkskultur der orientalischen und orthodoxen Kirchen, der zugleich Heiligen-, Ikonen- und Reliquienverehrungi>G. Mantzaridis seine Skizze einer orthodoxen Anthropologie und Soziologie.

Panagiotis Boumis, Athen, behandelt im 6. Teil das Kirchenrecht der orthodoxen Kirche, Grundriß, Wesen, Gliederung und Inhalt des kanonischen Rechts bis hin zu Hinweisen auf das spezielle Recht der einzelnen autokephalen Kirchen.

Auf langjährige eigene Erfahrungen stützt sich der von Anastasios Yannoulatos, jetzt Erzbischof der Orthodoxen Autokephalen Kirche von Albanien, verfaßte 7. Teil: Die Mission der Orthodoxen Kirche. Neben der Geschichte orthodoxer Missionstätigkeit wird auf die Gründung neuer orthodoxer Kirchen im 20. Jh. und mit Blick in die Zukunft auf orthodoxe Missionstheologie sowie die Begegnung mit der modernen Welt eingegangen.

Im 8. Teil behandeln zwei Autoren die ökumenischen Bezüge. H.-J. Schulz beschreibt aus katholischer Sicht die Grundproblematik sowie konkrete Fragen des Ökumenischen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchenfamilien. Georgios Galitis, Athen, umreißt hinsichtlich der orthodoxen Kirche im Dialog: die Mitarbeit der orthodoxen Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen sowie die Dialoge mit acht konfessionellen Gruppierungen.

Im 9. Teil, Das Panorthodoxe Konzil, erläutert Damaskinos Papandreou, Metropolit der Schweiz und Exarch von Europa, Direktor des Orthodoxen Zentrums des Ökumenischen Patriarchats in Chambésy (bei Genf) und Sekretär für die Vorbereitung des Heiligen und Großen Konzils der orthodoxen Kirche, die Vorbereitungsphasen und die theologischen Fragestellungen bis hin zur grundsätzlichen Problematik: "Heiliges und Großes Konzil" oder "Ökumenisches Konzil". ­ Als 10. Teil erarbeitete M. Petzolt Personen- und Sachregister zu allen drei Bänden.

Das Werk zeichnet sich durch einen bedeutenden Reichtum aus. Wer, wie der Rez., selbst eine Gesamtdarstellung ("Die orthodoxen Kirchen", Berlin 1991) verfaßt hat, weiß es zu würdigen, welche Bereicherung sich durch die Zusammenarbeit einer größeren Anzahl von Fachleuten der unterschiedlichen Konfessionen ergibt. Andererseits zeigt es sich, daß die in den beiden ersten Bänden voll mit einbezogenen Altorientalischen Kirchen im Bd. 3 nur in den Kapiteln über die ökumenischen Beziehungen und im Kapitel zur religiösen Volkskultur berücksichtigt worden sind. Freilich konnte auch in einem dreibändigen Werk nicht alles erwähnt werden. So beschränkt sich die Behandlung der ökumenischen Dialoge auf jene mit den Konfessionsfamilien. Lediglich durch die von den Herausgebern angefügten bibliographischen Hinweise erfährt der daran interessierte deutsche Leser von bilateralen Dialogen der EKD sowie des damaligen Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR mit Vertretern des Ökumenischen Patriarchats und der Russischen Orthodoxen Kirche, während selbst hier die Dialoge mit der Bulgarischen und der Rumänischen Orthodoxen Kirche unerwähnt bleiben.

Alle Kapitel sind mit entsprechenden Literaturangaben versehen. Lediglich als Hinweis sei erwähnt, daß von E. Amand de Mendieta ein Band Mount Athos 1972 in Berlin erschien, in dem er kritisch auf seine S. 67 erwähnte Ausgabe von 1955 eingeht. Sicher wäre der jetzige Bearbeiter überfordert gewesen, 13 Jahre nach Druck des ersten und 8 Jahre nach Druck des 2. Bandes diesbezügliche seitdem erschienene neue Publikationen aufzulisten. Vielleicht läßt sich dies bei einer eventuellen Neuauflage berücksichtigen.

Insgesamt sei hier der Freude darüber Ausdruck gegeben, daß es nun gelungen ist, dieses renommierte Werk zum Abschluß zu bringen, dessen Lektüre für jeden an den Ostkirchen Interessierten von großem Gewinn ist.