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Ausgabe: | Juli/August/1998 |
Spalte: | 794 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Autor/Hrsg.: | Heckel, Ulrich |
Titel/Untertitel: | Schwachheit und Gnade. Trost im Leiden bei Paulus und in der Seelsorgepraxis heute. |
Verlag: | Stuttgart: Quell 1997. 274 S. 8. Kart. DM 29,80. ISBN 3-7918-3450-9. |
Rezensent: | Dietrich Stollberg |
Im Zentrum steht 2Kor 9a: "Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!" Das Buch faßt Ergebnisse einer neutestamentlichen Dissertation (Tübingen 1993) zusammen, will aber darüber hinaus die Wirkungsgeschichte dieses Herrnworts darstellen und "praktische Konsequenzen für einen christlichen Umgang mit dem Leiden" ziehen. Das geschieht auf der Basis von Einsichten der Klinischen Seelsorgeausbildung. So ist ein Werk entstanden, das dem Anliegen, biblische Theologie und Pastoralpsychologie zu verbinden, durchaus zu dienen vermag.
Das ist dem Autor in manchen Kapiteln besonders gut gelungen, so in "Das Herrnwort im seelsorgerlichen Gespräch", "Die Klage im seelsorgerlichen Gespräch" und "Das Gebet im seelsorgerlichen Gespräch". Ein eigener Abschnitt erörtert "das Einbinden des Herrnworts in ein seelsorgerliches Gespräch", ein anderer "die Verwendung von Psalmen". Der Anhang enthält u. a. Forschungsergebnisse zur "Krankheit des Paulus" und "eine Auswahl von Psalmen für konkrete Gesprächssituationen".
Zu Recht betont der Vf. die "Notwendigkeit, daß religiöser Trost und zwischenmenschliche Beziehung in der Seelsorge nicht zu einer schiefen Alternative aufgebaut oder gar gegeneinander ausgespielt werden". Im Anschluß an R. Gestrich weist er daraufhin, daß es "in manchen Situationen besser" sei, "auf ein noch so gut gemeintes Trostwort zu verzichten" und den Schmerz solidarisch, aber stumm zu ertragen und Ohnmacht nicht in Macht umzulügen. Vor allem zum Umgang mit der Theodizeefrage ist bei Heckel Wichtiges zu lernen: Der Mensch fragt nach einem größeren Zusammenhang, aber "wer so fragt, will ... nicht über den Sinn des Leidens belehrt werden", sondern "Gottes Nähe und Hilfe herbeirufen". So hat die Warumfrage eines Leidenden oft "eher den Charakter eines Klagegebets". Es geht nicht um eine theologische Rechtfertigung Gottes, sondern um "die Tröstung des Kranken".
Die konkreten und ins Detail gehenden praktischen Kapitel lassen das Studium des Buches lohnend erscheinen und bringen Gewinn, die exegetisch-philologischen wirken dagegen abstrakt. So ist es z. B. auch schade, daß ausgerechnet das Schlußkapitel "Die Schlußfolgerungen aus dem Herrnwort" keine Konsequenzen für die Seelsorgepraxis zieht. Aus poimenischer Sicht unterlaufen dem Vf. gelegentlich unsachgemäße Pauschalurteile, etwa: "Verfolgt man die neuere Seelsorgeliteratur, so ist die bisherige Diskussion in einem entscheidenden Punkt unbefriedigend geblieben. Denn entweder wurde bei einem stärker theologischen Zugang die pastoralpsychologische Erfahrung vernachlässigt oder bei den psychologischen Erkenntnissen zu wenig nach ihren theologischen Grundlagen gefragt" (96). Lediglich zwei magere Belege von 1978 und 1985 entsprechen nicht dem tatsächlichen Befund, der sich bei gründlicherem Studium der "neueren Seelsorgeliteratur" leicht hätte ermitteln lassen. Das schmälert jedoch das Verdienst des Vf.s, an einem ganz konkreten Punkt biblische Theologie und heutige Seelsorgepraxis aufeinander bezogen zu haben, in keiner Weise.
"Aus einer seelsorgerlichen Fragestellung heraus ist dieses Buch entstanden. Der seelsorgerlichen Arbeit soll es dienen" (11). Möge sich dieser Wunsch des Autors erfüllen! Wer sich durch exegetische Sprödigkeiten und gelegentliche Redundanzen durchzuarbeiten bereit ist, wird durch die praktischen Kapitel und ihren hohen Erfahrungswert voll entschädigt.