Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juli/August/2003

Spalte:

756–758

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Robinson, James M., Hoffmann, Paul, and John S. Kloppenborg [Eds.]

Titel/Untertitel:

The Critical Edition of Q. Synopsis including the Gospels of Matthew and Luke, Mark and Thomas with English, German, and French Translations of Q and Thomas.

Verlag:

Lw. CVII, 581 S. gr.8.

1) Leuven: Peeters 2000. 70,00. ISBN 90-429-0926-9.

2) Minneapolis: Augsburg Fortress Press 2000 = Hermeneia - A Critical and Historical Commentary on the Bible: Supplements. US$ 60,00. ISBN 0-8006-3149-8.

Rezensent:

Claus-Peter März

Die vorliegende "Kritische Edition von Q" eröffnet eine neue, die Kommentarreihe "Hermeneia" ergänzende "series of publications under the title Hermeneia Supplements" (XIII). Diese Supplement-Bände sollen den Leser über die in den Kommentaren gebotenen Auslegungen der biblischen Bücher hinaus informieren: "... about texts and studies that are vital for the understanding of biblical books and the world and history to which they belong." (XIII) Als erster Band der "Hermeneia Supplements" definiert sich die "Critical Edition of Q" ausdrücklich in diesem Sinne: "It is intended to function as a standard research tool for the study of Q in the future." (XV)

Den entscheidenden Inhalt des Bandes macht die Synopse aller für Q reklamierten Texte aus: "The critical text of Q" (1-561). Sie bietet in acht Kolumnen je Doppelseite für jeden der einschlägigen Texte 1. mögliche Markus-Parallelen zum Matthäustext, 2. mögliche matthäische Dubletten, 3. den Matthäustext, 4. den erschlossenen Q-Text, der grau unterlegt und damit hervorgehoben ist, 5. den Lukas-Text, 6. mögliche lukanische Dubletten, 7. mögliche Markus-Parallelen zum Lukastext, 8. die Parallelen im Thomasevangelium. Alle Texte werden griechisch bzw. koptisch (Thomasevangelium) geboten. Der Q-Text wird als Basiszeile nochmals - grau unterlegt - unter den acht Kolumnen in griechischer, englischer, deutscher und französischer Sprache aufgeführt. Es handelt sich dabei um die durch das Internationale Q-Projekt erarbeitete Textrekonstruktion. Die in den Kolumnen koptisch aufgeführten Texte des Thomasevangeliums finden sich ebenfalls in griechischer, englischer, deutscher und französischer Übersetzung.

Vorangestellt sind eine forschungsgeschichtliche Einführung von J. M. Robinson: "History of Q Research" (XIX-LXXI) sowie unterschiedliche Hinweise zum Aufbau und zur Benutzung der Synopse: "The Synopsis Format in eight columns" (LXXII- LXXIX), "Sigla in page layout" (LXXX-LXXXVII), "Divergences from the Lukan Sequence" (LXXXIX), "Text Critical Notes" (XCI), "Endpapers" (CVII). Der Synopse beigefügt ist eine "Concordance of Q" (563-581), die die Aufschlüsselung des Vokabulars der für Q reklamierten Texte bietet.

Der forschungsgeschichtliche Überblick von J. M. Robinson bietet einen Einblick in die schrittweise von wechselnden Interessen bewegte Entfaltung der Q-Hypothese: "Papias' Aramaic logia: From Schleiermacher and Weise to Holtzmann" - "Matthew without Q: Schweitzer's Jesus the Apocalypticist" - "Q as the Essence of Christianity or the Kerygma: Harnack vs. Wellhausen, Barth, and Bultmann" - "Proclamation and Redaction: Bornkamm, Tödt, and Lührmann" - "Sapiential Origins of Q and Thomas: Koester, Robinson, and Kloppenborg" - "The Critical Edition of Q: The International Q Project". Diese forschungsgeschichtliche Einführung ist für das Verständnis der Synopse insofern von besonderer Bedeutung, als der Vf. mittels dieses Überblicks zugleich die Legitimität einer durchgehenden Text-Rekonstruktion von Q und damit die kritische Edition des Textbestandes der Quelle zu begründen sucht. Er verdeutlicht in diesem Sinne, wie die sich in den einzelnen Forschungsabschnitten herausbildenden Einsichten schrittweise den Weg für eine kritische Edition des Q-Textes ebneten. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Erkenntnis zu, "that there was a written Greek text of Q which functioned as an archetype, copies of which were available to the Matthaean und Lukan communities and used by their Evangelists." (LXVII) Im letzten Abschnitt verweist der Vf. auf das Internationale Q-Projekt, auf das die in der Synopse gebotene Textrekonstruktion zurückgeht. Das Anliegen dieser Arbeit war, eine mittels objektiver, an die Arbeitsmuster der Papyrologie und der Textkritik anschließender Methodik erstellte Rekonstruktion des Q-Textes vorzulegen. Nicht Vorformen von Q bzw. die auf Q hinlaufende Tradition waren im Blick, sondern eben jene griechische Textfassung der Quelle, auf die Lukas und Matthäus bei der Abfassung ihrer Evangelien zurückgriffen. "It is that archetype which The Critical Edition of Q seeks to reconstitute and thus to make more readily available to scholarship." (LXVII)

Die vorliegende kritische Edition des Q-Textes präsentiert sich als ein Instrument, das sich für die Arbeit an Q-Texten nützlich erweisen wird. Sie schließt das Bemühen um die Quelle, ihre Theologie und Geschichte nicht ab. Sie definiert auch nicht einen "verbindlichen Q-Text", sondern bietet eine begründete Textrekonstruktion und macht sowohl die Kriterien der jeweiligen Entscheidungen als auch die aus diesen resultierenden Gewissheitsgrade deutlich. Sie wird in ihrer aufwendigen und leserfreundlichen Präsentation der Texte auch jenen, die nicht speziell in die Q-Forschung eingearbeitet sind, die Arbeit mit Q-Texten erleichtern und dazu beitragen, die Quelle nicht nur als wissenschaftliche Hypothese, als bedenkenswertes Phantom oder als eine mögliche Denkrichtung, sondern als einen konkreten Textbestand, mit dem man begründet arbeiten kann, aufzunehmen.