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Ausgabe:

April/2003

Spalte:

447 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Wegner, Gerhard

Titel/Untertitel:

Freiheit, Kreativität, Gemeinschaft. Schöpferische Ordnungen in Arbeitswelt, Technik und Religion.

Verlag:

Münster-Hamburg-Berlin-London: LIT 2001. VI, 175 S. gr.8 = Forum Religion & Sozialkultur, Abt. A: Religions- und Kirchen- soziologische Texte, 3. Kart. ¬ 20,90. ISBN 3-8258-5414-0.

Rezensent:

Volkhard Krech

Die im angezeigten Buch des Praktischen Theologen Gerhard Wegner vereinten Beiträge kreisen um das Verhältnis von Soziologie und Theologie, um die Beziehung zwischen christlichem Glauben einerseits und der Arbeitswelt und Technik andererseits sowie um die Relation von Kirche und Religion. Was die Überlegungen, Analysen und mitgeteilten persönlichen Erfahrungen des Autors vor manch anderen praktisch-theologischen Arbeiten auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie nicht überall Religion und verhülltes Christentum "entdecken" wollen. Stattdessen tragen sie eine religiöse und näherhin christlich bestimmte Perspektive an verschiedene säkulare gesellschaftliche Sachverhalte heran. Dies geschieht in der Überzeugung, dass die vom christlichen Glauben geleiteten Interpretationen gewinnbringend sind: etwa für die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen oder zur "Leitbildentwicklung der Technik". Dieses Vorgehen vermeidet einen aus- und übergreifenden Gestus, ohne darauf zu verzichten, auch in nicht-religiösen Kontexten etwas zu sagen zu haben. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, ob das Kommunikationsmodell "Dialog", das sich explizit oder implizit durch die meisten Texte zieht, das geeignete ist - nicht zuletzt hinsichtlich des erfrischend beherzten Plädoyers für den missionarischen Auftrag der Kirche. Möglicherweise können Theologie und Kirche sich gerade dann attraktiv machen, wenn sie nicht ständig darum bemüht sind, von anderen als Gesprächspartner akzeptiert zu werden, sondern eine inhaltlich bestimmte und konturierte Position beziehen und sie produktiv reflektieren. Außerdem würden die Überlegungen und Analysen meines Erachtens gewinnen, wenn der Autor die unterschiedlichen kommunikativen Dimensionen von Erfahrung stärker differenzieren würde, um sie dann wieder aufeinander zu beziehen. Die Mitteilung persönlicher Eindrücke ist etwas anderes als theologische Reflexion. Und die Kommunikation im arbeitsweltlichen Kontext befindet sich auf einer anderen Ebene als die Auseinandersetzung der Theologie mit der soziologischen Interpretation gesellschaftlicher Wirklichkeit. Die Beiträge liefern Ansätze und reichlich Material für ein Verständnis religiöser Erfahrung. Eine stärkere Differenzierung könnte einen Beitrag zur Genese religiöser Erfahrung und ihrer verschiedenen Vermittlungsstufen leisten: von der Interpretation unmittelbaren Erlebens über die Sedimentierung in christlichen Symbolen bis hin zu ihrer Bewährung in lebensweltlichen und systemischen Kontexten und wieder zurück. Darin liegt nicht zuletzt für die Praktische Theologie eine wichtige Aufgabe.