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Ausgabe:

März/1999

Spalte:

340 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Metzger, Marcel

Titel/Untertitel:

Geschichte der Liturgie. Vom Verfasser autorisierte Übersetzung aus dem Franz. von A. Knoop.

Verlag:

Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 1998. 151 S. 8 = UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher, 2023. Kart. DM 23,80. ISBN 3-506-99488-3.

Rezensent:

Friedemann Merkel

Wer unter diesem Titel eine Liturgiegeschichte und damit eine Geschichte des gesamten christlichen Gottesdienstes erwartet, die man studieren und mit der man sich zum Examen vorbereiten kann (Uni-Taschenbuch!), muß sich enttäuscht sehen. Das ist bereits durch die Kenntnisnahme des Inhaltsverzeichnisses in der Verteilung des Stoffes zu erkennen: Von den insgesamt 147 Textseiten entfallen nach der Einleitung und der Erörterung methodischer Probleme 104 Seiten auf die Liturgie von den Anfängen im Apostolischen Zeitalter bis zum frühen Mittelalter, ganze 40 Seiten sind dem Zeitraum vom 12. Jh. bis zum II. Vatikanum gewidmet.

Diese Disproportionalität hat natürlich Gründe. Der Vf. ist der Meinung, daß "unter dem Gesichtspunkt der Riten spätestens im 8. Jh. alles Wesentliche bereits vorhanden" war. Was dann in den weiteren zwölf Jahrhunderten folgt, ist lediglich "sekundär" oder "peripher". Selbstverständlich ist nicht zu bestreiten, daß in jenen frühen Jahrhunderten Entscheidendes für die Entwicklung des christlichen Gottesdienstes geschehen ist. Das macht der Vf. wünschenswert deutlich. Er disponiert diesen Hauptteil: a) das apostolische Zeitalter; b) Zeit des verborgenen Wachstums. Die Liturgie der christlichen Minderheiten (gemeint ist die Zeit, als sich die Christen im römischen Reich in der Minderheit befanden); c) Die Liturgie im Römischen Reich nach dem Frieden der Kirche (gemeint ist die Zeit der lizensierten und staatlich verordneten Kirche - also nach der sogenannten Konstantinischen Wende). Schließlich d) Christentum und Christenheit: Von der Bekehrung der Völker zur Massenreligion.

In diesen Abschnitten erweist sich der Vf. als Könner seines Faches. Er stellt die Quellen zuverlässig vor und benutzt dazu die von dem evangelischen Liturgiewissenschaftler und Präses der Rheinischen Kirche Joachim Beckmann herausgegebenen "Quellen zur Geschichte des christlichen Gottesdienstes", Gütersloh 1956, die m. E. dringend einer Neuauflage bedürfen. Sodann interpretiert er diese sehr überzeugend. Hier vermag der aufmerksame Le ser gründliche Erkenntnisse über das Werden der Liturgie zu gewinnen und sich auch nötige Kenntnisse anzueignen. Jedenfalls habe ich diesen Teil mit großem Gewinn gelesen.

Ob man freilich die folgenden Jahrhunderte als sekundär bezeichnen kann, ist zu bezweifeln. Jedenfalls müßte der Wißbegierige beispielsweise auch das Grundschema der Römischen Messe im Ritus Servandus von 1570 und der Messe nach dem 2. Vatikanum sowie die Riten, wie Taufe, Trauung, Buße etc. erfahren können. Auch über die Grundprinzipien etwa der Konstitution De sacra liturgia wäre mehr zu wissen nötig, um einen einigermaßen gesicherten Einblick in die Entwicklung der römischen Messe und Riten zu gewinnen. So "sekundär" und "peripher" ist das alles nicht.

Schließlich: Eine "Geschichte der Liturgie" kann m. E. nicht ohne gründliche Kenntnisnahme der auf der Tradition der römischen Kirche ruhenden reformatorischen Gottesdienstordnungen sachgerecht geschrieben werden, wie auch die Göttliche Liturgie des Chrysostomus und das Common-Prayer-Book nicht ununtersucht bleiben dürfen. Jedenfalls hat man im Zeitalter der Ökumene mit der Reduktion auf die römische Tradition keine "Geschichte der Liturgie" vorgelegt. Die Darstellung und Interpretation der ersten acht Jahrhunderte hätte eine ebenso dichte und ausgeführte Fortsetzung verdient. So bleiben für das gesamte Gebiet H. A. J. Wegmann, Geschichte der Liturgie im Westen und Osten, Regensburg 1979, und noch immer W. Nagel, Geschichte des christlichen Gottesdienstes, Göschen 1202/1202a, sowie das ’Handbuch’ der Liturgiewissenschaft.

Gerne hätte man den Titel und das Erscheinungsjahr des französischen Originals erfahren. Aber das geht wohl zu Lasten des Verlags.