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Ausgabe:

Oktober/2001

Spalte:

1056–1058

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

(1) Vetus Latina. Gemeinnützige Stiftung zur Förderung der Herausgabe einer vollständigen Sammlung aller erhaltenen Reste der altlateinischen Bibelübersetzungen aus Handschriften und Zitaten bei alten Schriftstellern.
(2) Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt und hrsg. von der Erzabtei Beuron. 26/2: Apocalypsis Johannis. Hrsg. von R. Gryson. 2. Lfg.: Einleitung (Fortsetzung und Schluss) Apc 1,1-2,7.

Verlag:

(1) Sitz Beuron 2000. 44. Arbeitsbericht der Stiftung; 33. Bericht des Instituts. 48 S. gr.8.
(2) Freiburg: Herder 2000. S. 81-160. 4. Kart. DM 125,-. ISBN 3-451-00202-7.

Rezensent:

Gert Haendler

Der 43. Arbeitsbericht 1999 war mit nur 32 Seiten erschienen und hatte keine neue Lieferung genannt (ThLZ 125, 2000, 1214). Der 44. Arbeitsbericht über das Jahr 2000 bietet wieder wie früher 48 Seiten und nennt zwei neue Lieferungen. Leider steht zu Beginn die Mitteilung, dass "sich die Heidelberger Akademie der Wissenschaften zum 31.12.2000 von der Förderung der VETUS LATINA zurückziehen" wird. Dies erzwingt eine deutliche Neuordnung der Arbeit: "Künftig werden wissenschaftliche Aufgaben am Institut nicht mehr von Arbeitnehmern verrichtet, die in einem Arbeits-, Dienst- oder Werksvertragsverhältnis zur VETUS LATINA stehen, es wird vielmehr ausschließlich mit qualifizierten Wissenschaftlern zusammen gearbeitet, die bereit sind, auf der Basis von freien Vereinbarungen tätig zu werden. Ein Konzept, das schon lange Jahre erfolgreich mit Professor Gryson selbst und vielen anderen namhaften und ausgewiesenen Fachleuten praktiziert wird. Das Institut geht damit organisatorisch neuen Zeiten entgegen" (8).

Überraschend ist auch noch eine andere Information: Das Bundesamt für Zivilschutz hat sich bereit erklärt, den gesamten vorhandenen "Denk-Apparat" fotomechanisch und digital zu archivieren. Man bedenkt eine "Einlagerung in einem für diese Zwecke speziell eingerichteten alten Bergwerk". Das Institut erhält jeweils eine Kopie der Mikroverfilmung und der digitalen Datensätze. Endlich erfährt man, dass Voraussetzungen geschaffen wurden, das gesamte Material mittelfristig auch im Internet bereitzustellen. Der Bericht über die Sitzung des Stiftungsvorstandes endet mit den hoffnungsvoll klingenden Worten, es habe "mit der Sitzung des Vorstands am 5. Juni 2000 in Beuron die Zukunft begonnen" (8).

Die Bände 7/1 bis 7/3 sollen biblische Bücher erfassen, die in der Lutherbibel als "Apokryphen" geführt werden. Band 7/1 mit dem Buch Tobit wird von Jean-Marie Auwers vorbereitet (9-12). Band 7/2 betreut Pierre-Maurice Bogaert, der sich schon 1967 über den Text der verschiedenen Rezensionen des Buchs Judith geäußert hatte (12-16). Er setzt sich u. a. mit dem Septuagintaforscher Robert Hanhart auseinander (15 f.). Für Band 7/3 mit dem Buch Esther trägt Jean-Claude Halewyck Verantwortung (17-20). Der Vetus-Latina-Text beruht auf einer Urform des griechischen Textes mit einer "Esther-Geschichte nach pazifistischen Grundsätzen" (17). Anders als bei den eben genannten drei Bänden, die bisher nur geplant sind, liegt zum Canticum Canticorum die erste Lieferung vor. Die Bearbeiterin Eva Schulz-Flügel hat im 42. Arbeitsbericht 1998 detailliert über ihre Untersuchungen berichtet (25-28). Sie hat 1994 eine Auslegung zum Hohenlied des Gregor von Elvira vorgelegt ("Aus der Geschichte der lateinischen Bibel", Bd. 26). Jetzt sagt sie summarisch: "Die Forschungsarbeit am lateinischen Text des Canticum canticorum ist abgeschlossen und bedarf nur noch der Umsetzung in die druckfertige Vorlage" (20). Sie fügt daran einen Vergleich des Canticum-Textes mit den beiden anderen biblischen Büchern, die unter dem Namen Salomos laufen: Die gemeinsame Überlieferung für die Sprüche und den Prediger in der griechischen und lateinischen Welt "läßt auf Ähnlichkeiten innerhalb der Vetus-Latina-Tradition schließen". Für die älteste Übersetzungsschicht scheint jedenfalls "eine gemeinsame Basis bestanden zu haben" (24).

Für den Text von Sirach/Ecclesiasticus (Band 11/2) hat Walter Thiele bereits 7 Lieferungen vorgelegt. Lieferung 8 soll den Text Sir 20,1 bis 23,15 bringen. Nach Thieles These ist der Vetus-Latina-Text des Buches Sirach durch eine alte griechische Vorlage bestimmt, die heute nicht mehr erhalten ist. Thiele sagt, über das Sirachbuch hinaus sei in steigendem Maß "auch für andere lateinische Texte ein ähnlicher Tatbestand nachgewiesen" (25).

Nach 5-jährigen Vorarbeiten legt Roger Gryson die beiden ersten Lieferungen der Apokalypse vor. Er möchte in 3 bis 5 Jahren den gesamten Text in 7 oder 8 Lieferungen bringen. Es wurden rund 90 Handschriften ausgewertet, die meisten von ihnen wurden aber bereits beschrieben, teils in früheren Bänden der Sammlung, teils in dem Band "Altlateinische Handschriften" (Freiburg 1999). Einige Handschriften, die nur den Text der Apokalypse bringen, werden ausführlich gewürdigt - darunter sind vier bebilderte Apokalypsen (28-32). In der Übersicht über die Vorworte findet sich auch ein interessantes Hieronymus-Zitat über die Apokalypse (61). Ein Überblick über die Stellung der Apokalypse im Kanon der Kirche beschließt die Lieferung 1 (78 f.). In der Lieferung 2 beginnt ab Seite 101 die eigentliche Edition des Textes, die in der bekannten Weise meist nur sehr wenige Worte des biblischen Textes auf einer oberen Zeile der Seite mit einer Fülle von Belegen unterkellert.

Gryson äußert zudem die Absicht, einige Kommentare zur Apokalypse in besonderen Editionen herauszubringen. Das würde die Reihe "Aus der Geschichte der lateinischen Bibel" fördern und ähnliche Bände von Hermann Josef Frede, Eva Schulz-Flügel, Caroline Hammond Bammel und Herbert Stanjek fortsetzen. Als erster Kommentar zur Apokalypse soll der des Beda erscheinen, der in einer Ausgabe vorliegt, die "offensichtlich unbrauchbar ist" (Arbeitsbericht, 31). Ein späterer Band soll Kommentare zur Apokalypse von Cassiodor, Aspringius und "Pseudohieronymus" bringen. Schließlich befindet sich ein Jesaja-Kommentar des Haymo von Auxerre von C. Gabriel und eine "Disputatio Cerealis contra Maximinum Arriomanitam" von I. Baise in Vorbereitung.