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Ausgabe:

Juni/1996

Spalte:

604 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Marian Studies. Vol. XLV/1994. Mary and religious Education. Proceedings of the Forty-Fifth Annual Meeting of The Mariological Society of Amerika, held in New Orleans, LA May 25, 26 and 27, 1994.

Verlag:

Dayton: The Marian Library 1995. 309 S. 8o. ISSN 0464-9680.

Rezensent:

Horst J. E. Beintker

Erstmals erscheint der Jahresband mit dem Hauptthema des 45. Treffens der Mariologischen Gesellschaft Amerikas, und fast doppelt so stark als die letzten Bände. Über die Wirkung und also Bedeutung der religiösen Erziehung unter dem Titel: "The Virgin Mary as know by Youth, as taught in Colleges and Seminaries" (152-249), berichten zwei soziologische Studien mit z. T. statistisch aufgeschlüsseltem Material. In der katechetischen, durch künstlerisch-graphische Bilderziehung wie mit der hymnologischen liturgischen Seite des marianischen Lebens liegen die Schwerpunkte in 4 anderen Beiträgen: Mary P. T. Mulligan: "The Virgin Mary and the Catechetical Movement" (32-51); Michael Wrenn: "The Blessed Virgin in the 'Catechism of the Catholic Curch'" (52-61); Johann G. Roten: "Popular Religion and Marian Images" (62-120); Thomas A. Thompson: "The popular Marian Hymn in Devotion and Liturgy" (121-151). Gleichsam den Rahmen geben "The Marian Formation of Christians" (9-31) von Francis Mannion und zuletzt als Presidential Address "Mary, Type of the Church: Eschatology realized" (272-281) von Matthew E. Morry. Die üblichen Beigaben, wie Vorwort des Hg.s, Grußbotschaft des zuständigen Erzbischofs, Forschungsüberblick in Auswahl nach der Ordnung, die ich zum Jahrbuch 1992 angab (ThLZ 119, 1994, 471), auch Nachträge zur Bibliography von 1994, Bericht des Sekretärs über einige Leitungstreffen, Finanzreport, ein Regionalbericht, Mitgliederliste und Nekrolog fehlen nicht.

Eine Hauptfrage ist die marianische Ausrichtung oder Gestaltung (formation) der Christen. Sie geht auch Protestanten an, obschon diese Art von Religionssystem nicht unkritisch angenommen werden kann. Der lutherische Professor an Yale University Georg Lindbeck mit dem klassischen Werk "The Nature of Doctrine" (1984) gibt hierbei von Schleiermacher und Kant her über Max Weber mit Konzepten von Emil Durkheim und L. Wittgenstein die Linie, wie sie F. Mannion für die Verbindung von Mariologie und Christologie findet. "The Marian dynamics of Christian life have an intrinsically christological terminus; they exist for no other purpose than the formation of Christian believers. The correlative principle is that there is no adequate formation in Christ that does not involve a Marian dimension." Beide formations, die in Christus und die in Maria, gehen zusammen und ineinander über: "To be formed most deeply as disciples of Christ is intrinsically to assume the posture of Mary vis-à-vis the Christian mysteries of salvation. In its deepest theological and anthropological structure, formation into Christ is Marian formation" (9), wie Mannion mit Bezug auf Johann G. Rotens Interpretation (1993) von H. Urs von Balthasars Anthropologie meint.

Christliche Gestaltung und Lebensstruktur als marianische Gestaltung (formation), wie sie Mannion preist, verlangt offensichtlich mehr als eine "marianische Dimension"! Bisher gibt es keine Ex-cathedra-Formulierung von derart weitgehender dogmatischer Konsequenz. Und nach Thompson als Editor, für den "the Virgin Mary is presented as an integral part of Christian doctrine and living" (6), gilt doch, daß in allen Formen von religiöser Verehrung und Gottesdienst, doch "the Christocentric focus must be prominent" (8). Die sehr an der Volksfrömmigkeit interessierten Auffassungen lassen sich nur vereinen, wenn die von uns empfundenen dogmatischen Widersprüche durch eine uns fragliche religiöse Ergriffenheit in möglichst vieldimensionalen Gefühlen aufgelöst werden. Obgleich als solche respektiert, können sie dennoch nicht fides fiducialis aufgrund von Gottes Wirken in Jesus Christus - und diesem einen - sein.

Bestätigt in meinem Urteil finde ich mich auch in der anregenden Studie zu Volksfrömmigkeit und Marienbild Rothens (s. o.), auf die noch kurz verwiesen sei. Diese sammelnde Darstellung mit 43 Bildwiedergaben z. T. auch primitiver Art in Weihnachtspostkarten typisiert in kurzer Übersicht, was im frühen 20. Jh. vorliegt (von Picasso, Lebrun, Emil Nolde, G. Rouault, Chagall bis zu Gauguin und die japanische und afrikanische Kultur.) Damit geht R. aufs letzte Jahrzehnt ein. Konfessionell interessiert ihn nichts, nur die Pluralität bis hin zu psycho-spritueller, poetischer, abstrakter, auch exotischer Art der Bilder. "Mary is the object of delight and praise" (114). Man erfährt viel über den Wandel an diesen Bildern, auch weg vom mehr patristischen Bild noch während Vaticanum II, aber nichts in der christlich-archäologischen Sicht dieser aufschlußreichen Entwicklung. Die Liturgie bewahrt die Überlieferung, die Bilder zeigen aber die verflachend auflösende Tendenz neben den urschrei-ähnlichen Appellen wie in den Bildern von Nolde und Stravinsky.