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Ausgabe:

Dezember/2023

Spalte:

1157-1174

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Dalferth, Ingolf U.

Titel/Untertitel:

Sein wie Gott?
Über Schlangenverführung und Schöpfungsauftrag im biblischen Menschheitsmythos1

I Der Menschheitsmythos



Im Rahmen der priesterlichen Ursprungsgeschichte Gen 1–11 hebt sich die nichtpriesterliche Paradieserzählung Gen 2,4b–3,24 deutlich von der durch die babylonische Gelehrtentradition geprägten Pries-terschrift ab. Wie kaum ein anderer Text hat sich diese Erzählung dem kulturellen Gedächtnis des Westens eingeprägt, und häufig auf Weisen, die wenig mit dem ursprünglichen Text zu tun haben:

»Die Schlange aber war listiger als alle Tiere des Feldes, die der HERR, Gott, gemacht hatte, und sie sprach zur Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Und die Frau sprach zur Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen. Nur von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: Ihr dürft nicht davon essen, und ihr dürft sie nicht anrühren, damit ihr nicht sterbt. Da sprach die Schlange zur Frau: Mitnichten werdet ihr sterben. Sondern Gott weiss, dass euch die Augen aufgehen werden und dass ihr wie Gott sein und Gut und Böse erkennen werdet, sobald ihr davon esst. Da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen, und dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum begehrenswert war, weil er wissend machte, und sie nahm von seiner Frucht und ass. Und sie gab auch ihrem Mann, der mit ihr war, und er ass. Da gingen den beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Und sie flochten Feigenblätter und machten sich Schurze.« (Gen 3, 1–7, Zürcher Bibel)

Kaum ein Text aus dem Alten Testament dürfte besser bekannt sein als diese Erzählung in Gen 3. Sie gehört zu den ikonischen Geschichten der europäischen Kultur, die auch dort noch gekannt wird, wo man sich schon lange nicht mehr für Glaube, Bibel und Gott interessiert. In unzähligen Weisen ist dieser »mächtigste Mythos der Menschheit« in die Geistes- und Kulturgeschichte des Westens verwoben.2 In vielen Übersetzungen ist der Abschnitt Gen 3,3–7 überschrieben mit Der Sündenfall. Aber von Sünde und von Fall ist in diesem Text ebenso wenig die Rede wie von Adam und Eva oder von Paradies und von Apfel.3 Erst in der lateinischen Tradition wird die Frucht als Apfel (malum) bezeichnet, erst in der Septuaginta wird der Garten Eden mit dem persischen Lehnwort Paradies (παράδεισος) übersetzt, erst in Gen 4,1 ist ausdrücklich von Adam die Rede und nicht nur vom Menschen (םדָאָה hā’ādām) und von »dem Mann« und »der Frau«, erst der Brudermord von Kain an Abel heißt ausdrücklich Sünde (Gen 4,6 f.), und erst im Gefolge von 4Esra 7,118 und Augustinus wird die Erzählung als Sündenfallgeschichte verstanden.

Die Denkfigur eines unvordenklichen Sündenfalls am Anfang der Menschheitsgeschichte (weiterwirkend als fremdverschuldete Erbsünde) oder zu Beginn eines jeden Menschenlebens (verstanden als eigenverschuldete Ursünde) wird jenseits bibelorthodoxer Kreise heute kaum noch vertreten. Außerhalb von Theologie und Kirche wird der Text heute ohnehin meist anders gelesen. Man fragt nicht nach der Herkunft, den Motiven, den literarischen Varianten der Geschichte, auch nicht nach ihrer Intention im Zusammenhang der Genesiserzählungen oder ihrer theologischen Rezeption als Sündenfallgeschichte, sondern konzentriert sich auf ihr narratives Inventar, auf den Garten, den Baum, die Schlange, den Apfel, Adam und Eva. Man meint ja, zu wissen, worum es geht. Und man greift sich heraus, was einem gegenwärtig wichtig erscheint: sprechende Tiere, empfindende Pflanzen, kommunizierende Bäume, vegane Ernährung, nachhaltige Gartenkultur, starke Frauen und schwache Männer, die Zerstörung des Paradieses durch die Menschen – das findet Beachtung.4 Die historische, literarkritische oder theologische Lektüre »dieses außerordentlich komplexen Meisterwerks hebräischer Erzählkunst«5 interessiert außerhalb der Fachdisziplinen kaum. Und so reproduziert man in immer wieder neuer Weise die alten Einseitigkeiten, Verkürzungen und Fehllektüren im Umgang mit dieser Geschichte. Das möchte ich im Folgenden an drei Punkten zeigen, indem ich drei unterschiedliche Lektüren der Geschichte betrachte, in denen es um deren hermeneutische, anthropologische und theologische Grundprobleme geht.

II Das hermeneutische Grundproblem: die Leitunterscheidung der Erzählung



Man kann sich dieser Erzählung auf vielen Wegen nähern. Ich beginne nicht mit dem biblischen Text, sondern – Mythen nähert man sich am besten durch Geschichten – mit der Zusammenfassung einer zeitgenössischen Version dieser »Paradise Lost«-Geschichte. Beim Junge Autoren-Wettbewerb des Théâtre jeune public in Fribourg, das letzten Herbst nicht stattgefunden hat, wurde vom Autorenkollektiv des Sennereiverbands Zentralschweiz folgendes Skript nicht eingereicht:

Adam (englisch ausgesprochen), ein Mitzwanziger mit Afrolook, ist der einzige Sohn eines Molkereibesitzers in einem kleinen Ort in den Berner Alpen und einer nigerianischen Migrantin, die es nicht lange in den Bergen ausgehalten hat. Nach dem Tod seines Vaters verkauft Adam die Molkerei an einen internationalen Milchkonzern, gegen den Willen der Bergbauern der Umgebung, die die Molkerei genossenschaftlich betreiben wollten, aber nicht viel dafür bezahlen konnten. Adam aber braucht das Geld, um seine erheblichen Schulden im Berner Drogenmilieu zu begleichen. Dort hatte er auch seine Freundin Eve (ebenfalls englisch ausgesprochen) kennengelernt, eine rothaarige Transfrau, die mit 15 von zuhause weggelaufen war und seither keine Schule mehr betreten hatte.

Ein knappes Jahr leben sie vom Rest von Adams Erbe in Bern. Als es verbraucht ist, hat Adam das Glück, einen Platz in einem Acht-Jahre Pilotversuch der Stadt Bern zum bedingungslosen Grundeinkommen zu erhalten. Das ermöglicht ihm und Eve, in sein Heimatdorf in den Alpen zurückzukehren. Zusammen mit ein paar Freunden richten sie sich in einem halb verfallenen Bauernhaus ein und führen ein bescheidenes, aber sorgenfreies Nichtstun-Leben, konsumkritisch, klimaaktivistisch, friedensbewegt, genderqueer. Sie verbringen ihre Zeit in den Biergärten, Bars und Clubs der Umgebung, machen Straßenmusik, treffen sich mit Freunden zu Protestaktionen, schmieden Pläne über dieses und jenes, ohne dass daraus je etwas Konkretes wird. Eve hat seit einiger Zeit einen Instagram-Kanal, auf dem sie sich als Foodfluencerin betätigt. Sie spricht über Gemüse und Obst, aber seit sie ihrem erstaunten Publikum verkündet hatte, Äpfel seien nur eine Art Birnen, die nicht auf Bäumen, sondern an Büschen wüchsen wie die welschen Pommes de terres, war die Zahl ihrer Followers doch ziemlich zurückgegangen. Aber das macht ihr nichts. Mit dem Grundeinkommen Adams kommen sie einigermaßen über die Runden. Sie leben, wie sie leben, erleben, was sie erleben, tun, was sie tun, und fühlen sich wohl in der Wirklichkeit ihrer Alltagswelt.

Dann, eines Tages, bricht in diese Idylle einer unaufgeregten Außenseiter-Wirklichkeitswelt die verunsichernde Gewalt der Möglichkeiten hinein. Auf Eve’s Twitterkanal trifft eine Flut von Tweets ein, die alle im Möglichkeitsmodus des Wäre, Könnte, Sollte, Dürfte, Müsste formuliert sind. Dürfte man sich das denn länger bieten lassen? Stünden die Milchprodukte der Molkerei nicht allen zu? Sollte nicht jeder das Recht haben, sich zu holen, was er oder sie braucht? Wäre es nicht an der Zeit, den Privatbesitz an Kühen zu beenden? Sei ihnen denn nicht bekannt, welche Klimakiller Kühe wären? Müsste man nicht endlich damit aufhören, den Kühen ihre Milch wegzunehmen? Sei Tierhaltung nicht eine ethisch nicht zu verantwortende speziesistische Vergewaltigung anderer Arten? Wäre die Welt kein besserer Ort, wenn die Kühe frei wären oder, noch besser, wenn es gar keine Kühe mehr gäbe? Wäre es nicht die Pflicht eines jeden, sich für eine bessere Welt einzusetzen? Wer Gutes will, muss Gutes tun, und müsste nicht jeder alles tun, was er kann to make the world a better place?

Das wirkt. Eve und Adam planen eine Attacke auf die Molkerei. Sie brechen in der Nacht in das Gebäude ein, öffnen die Hähne der Milchtanks, so dass Tausende von Litern Milch die Dorfstraße hinabfließen. Eve hält alles auf einem Video fest und stellt es ins Netz. Sie kleben sich am Haupttank fest und halten ihre Schilder in die Kamera. »Milchtrinker sind Klimakiller«, steht auf Eve’s Schild, und »Zerstört, was euch zerstört« auf Adams. Das Video geht viral. Tausende klicken ihre likes, und auf Twitter beginnt eine aufgeregte Diskussion der Unterstützer:innen und Gegner:innen der Aktion. Doch schnell ist gar nicht mehr von Kühen, Milch und Klima die Rede, sondern nur noch von einem Thema: der Nacktheit der beiden Akteur:innen. War das nötig? Hätte sich Eve nicht vorteilhafter ins Bild setzen können? Musste Adam seine Ganzkörper-Tattoos so drastisch zeigen? War das Ganze nicht eher eine Werbeveranstaltung fürs Nacktbaden in Milch?

Natürlich kommt die Polizei. Sie löst die beiden vom Tank und nimmt sie in Gewahrsam. In Bern werden sie einem Haftrichter vorgeführt. Der Richter, eine kluge Frau, lässt beide zuerst auf Staatskosten einkleiden. Im späteren Gerichtsprozess werden Adam und Eve nicht zu Geldstrafen verurteilt, weil sie nichts haben, aber auch nicht zu Haftstrafen, weil das die Steuerzahler nur zusätzlich Geld kosten würde. Stattdessen wird Adam das bedingungslose Grundeinkommen gestrichen und sie müssen für den entstandenen Schaden durch eigene Arbeit aufkommen. Sie werden auf eine abgelegene Alm ohne Internetanschluss verbracht, wo sie in den folgenden Jahren den Sennern bei der Produktion von Milch, Joghurt und Käse helfen müssen – eine Arbeit, die täglich um 4.30 Uhr beginnt und selten vor 22 Uhr abends abgeschlossen ist. Freizeit gibt es kaum, auch kein Fernsehen oder Telefon, zur Lektüre nur ein altes Kochbuch und die Bibel in gerechter Sprache. Adam und Eve sehnen den Tag herbei, wo alles vorbei sein wird. Kühe gibt es weiterhin, Milch, Jogurt und Käse auch, aber sonst nicht viel. Für Adam und Eve ist aus einem sorglosen Alltagsleben in den Bergen ein mühevolles Arbeitsleben ohne Twitter, Instagram und Internet auf der Alm geworden.

Man versteht, warum dieses Skript nicht eingereicht wurde. Es hätte keine Chance im Wettbewerb gehabt, der nie stattfand. Sprachlich wird zwar hie und da die Gegenwart erreicht. Doch inhaltlich bleibt alles viel zu nahe an der alten Geschichte – mit der einen Ausnahme natürlich, dass von Gott nirgendwo die Rede ist. Aber das ist nicht erstaunlich. Man weiß ja, es geht in dieser Geschichte nicht um Gott, sondern um die Menschen, um die selbstverschuldete Ablösung eines sorglosen Alltagslebens durch ein mühevolles Arbeitsleben.

Ähnlich hat auch die theologische Tradition die Genesiserzählung im Licht der Strafurteile Gottes über die Schlange, den Mann und die Frau (Gen 3,14–19) gelesen. Für sie erzählte diese Geschichte den alles verändernden Wechsel von einem guten Vorher zu einem üblen Nachher in der Menschheitsgeschichte. Einst war alles gut, dann hat sich durch menschliches Fehlen alles zum Üblen gewendet. Die Menschen leben heute in einem dauernden üblen Nachher, das sich von einem unvordenklichen glücklichen Vorher unterscheidet, das unwiderruflich verlorengegangen zu sein scheint.

Die dogmatische Tradition hat das als den Gegensatz zwischen einem Zustand der Vollkommenheit und Unschuld (status integritatis) und einem Zustand der Verderbtheit und Schuld (status corruptionis) des Menschen systematisiert und ein praelapsarisches von einem postlapsarischen Menschsein unterschieden. Das zweite ist unsere gegenwärtige Wirklichkeit. Gegen diese negative Charakterisierung der Gegenwart richtet sich seit Jahrhunderten die Kritik der christlichen Sündenlehre – die Kritik am Christentum und seiner Sündenlehre, aber auch die Kritik des Christentums an dieser Sündenlehre. Gibt es wirklich gar nichts Gutes von uns zu sagen? Oder gab es jemals eine Zeit, in der die Menschen besser waren als heute? Führt der Weg der Menschheit seit einem goldenen Zeitalter immer nur abwärts oder nicht im Gegenteil aus dunkler Vorzeit langsam, aber stetig aufwärts?

Doch der Kontrast zwischen Einst und Heute ist nicht die Leitunterscheidung dieses Textes. In der Geschichte geht es nicht primär um den Wandel von einem guten zu einem üblen Zustand des Menschen, sondern um die Wahrung der Unterscheidung zwischen Schöpfer und Geschöpf. Deshalb geht in Gen 2,16 f. das Verbot Gottes der Übertretung dieses Gebots durch den Menschen in Gen 3,3–7 voraus.6 Die Unterscheidung von Gott und Mensch, Schöpfer und Geschöpf ist der hermeneutische Operator, der die ganze Geschichte – auch unabhängig von ihrer kompositorischen Einbindung in die priesterliche Urgeschichte – qualifiziert und ihren Sinn bestimmt. Sie ist durchgängig im Licht dieser Unterscheidung zu lesen, weil es durchgehend um die Wahrung dieser Unterscheidung geht. Diese Grundunterscheidung nicht zu beachten, sich gegen sie aufzulehnen und sie in Frage zu stellen, sein zu wollen wie Gott und leben zu wollen ohne Gott, ist die Ursache aller anderen Verkehrungen im menschlichen Leben7 – in der Beziehung der Geschlechter (Mann/Frau), in der Familie (Mutter/Kind) und unter Geschwistern (Kain/Abel, Esau/Jakob), im Verhältnis zum Lebensunterhalt (Mühe und Arbeit), im Verhältnis der Lebensformen (Stadt/Land, Bauer/Jäger), im Verhältnis zu anderen Geschöpfen (der Schlange den Kopf zertreten, Jagd, Viehzucht, Vermischung von Gottessöhnen und Menschentöchtern), im Verhältnis zu Gott (Sintflut, Turmbau zu Babel). Überall überschreiten Menschen ihre Grenzen und richten damit Unheil an. Und sie können damit von sich aus nicht aufhören, weil sie ihrem Schöpfer nirgendwo direkt begegnen, ihre Gottesblindheit an der Wirklichkeit seiner Gegenwart also niemals so scheitert, dass sie ihn als Schöpfer und sich als Geschöpfe erkennen würden. Gottes Gegenwart ist kein Erfahrungsdatum ihres Lebens. Menschen leben zwar nur, weil Gott ihnen gegenwärtig ist. Aber sie erleben diese Gegenwart nicht so, dass ihr Leben durch sie gestört oder unterbrochen würde. Sie sind in Gottes Gegenwart unfähig, Gottes Gegenwart wahrzunehmen.

In ihrer Erfahrungswelt haben die Menschen es nicht mit Gott selbst, sondern nur mit seiner Stimme, seinem Wort, seinem Gebot zu tun. Sie wissen, dass sie selbst verantwortlich sind, aber sie schieben die Verantwortung auf andere – der Mann auf die Frau und die Frau auf die Schlange (Gen 3,12–13). Die kann niemand anderen beschuldigen, so dass der Vorwurf an ihr hängen bleibt. Doch sie ist nicht der Urheber des Übels, sondern die Stimme der Verführung, die das, was die Menschen begehen, nicht als Übeltat, sondern als Gut darstellt. Sie streut Misstrauen und weckt Verdacht. Gott erscheint damit als einer, der den Menschen etwas Gutes vorenthalten will, indem er ihnen Grenzen setzt, und die Menschen erscheinen als solche, die von Gott diskriminiert und um ein Gut betrogen werden, das ihnen zusteht.

Damit werden nicht nur Erwartungen geweckt und Forderungen erhoben, für die es keinen guten Grund gibt. Sondern Gott, die Welt und das Leben werden damit auch irritierend mehrdeutig: Ist Gott vielleicht doch abgründiger, als man meinte? Muss man alles so hinnehmen, wie es ist? Ist, was ist, nur so, weil einem etwas Wichtiges vorenthalten wird? Könnte das Leben nicht besser sein, wenn man sich das nicht bieten ließe? Müsste man sich dagegen nicht zur Wehr setzen und sein Recht einfordern? Wer Gutes, das er tun könnte, nicht tut, handelt ja übel, und wer Übel, die man vermeiden könnte, nicht beseitigt, macht sich doch schuldig. Keine Frage, dass man dem Schlangenwort folgen, seine Stichhaltigkeit erproben und das eigene Recht einfordern muss.

Nicht die Schlange ist das Problem, sondern die Menschen. Sie sind die Protagonisten der Erzählung. Gottes Fragen sind deshalb auch nicht an die Schlange gerichtet, sondern an den Mann und die Frau, die allein antwortfähig sind (Gen 3,9–13). Die Schlange wird nicht gefragt, sondern bestraft (Gen 3,13–15). Tiere müssen sich nicht verantworten. Sie leben, wie sie leben, auch wenn Menschen sie als Ausrede für ihr eigenes Fehlverhalten missbrauchen. Nur die Menschen tragen Verantwortung, nicht die anderen Geschöpfe: Verantwortlichkeit ist ein spezifisch menschliches Phänomen.

Das zeigen nicht nur Gottes Verbot und Gottes Fragen, sondern auch das Verhalten des Mannes und der Frau. Sie verbergen sich, nachdem sie dem Verführungswort des Schlangen-Geschöpfes nachgegeben und das Gebot des Schöpfers missachtet haben. Sie verbergen sich aber nicht als schuldbewusste Sünder, sondern aus Scham über ihre Nacktheit (Gen 3,7–11). Dass sie schuldig geworden sind, muss ihnen erst gesagt werden. Sie merken es nicht selbst. Nicht ihr schlechtes Gewissen sagt es ihnen, sondern das muss ihnen von Gott gesagt werden (Gen 3,13–14). Sie fühlen sich unwohl in ihrer Nacktheit, die sie mit der Schlange teilen und die ihnen durch ihren Verstoß bewusst geworden ist (Gen 3,7). So verschieden von der Schlange scheinen sie also gar nicht zu sein. Nackt wie diese könnten sie selbst die Stimme der Verführung sein, sich also selbst in die Verunsicherung des »Hat Gott wirklich gesagt …?« hineingeredet und hineinvermutet haben. Ihre Nacktheit macht sie schlangengleich. Sie entlarvt sie als Verführte und Verführer in einem.

Gott muss daher eingreifen, um nicht nur die Differenz zwischen sich und seinen Geschöpfen, sondern auch die zwischen Menschen und den Tieren wieder zur Geltung zu bringen. Nicht der Mensch unterscheidet sich von der Schlange und den übrigen Tieren, sondern Gott tut das, und nicht der Mensch unterscheidet sich als Geschöpf vom Schöpfer, sondern der Schöpfer stellt diesen Unterschied klar.

Auf der einen Seite hilft Gott den Menschen aus ihrer Verlegenheit und Scham über ihre Nacktheit, indem er ihnen zur Wahrung ihres Unterschieds von der Schlange und den übrigen Tieren Kleider macht, um sich zu verhüllen (Gen 3,21). Auf der anderen Seite bestraft er die Menschen für die Übertretung des Schutzgebots und die Infragestellung des Unterschieds zu ihrem Schöpfer, indem er ihnen seine Gegenwart entzieht, sie aus seiner unmittelbaren Gegenwart verbannt (Gen 3,23–24) und sie damit dem Tod ausliefert. Gott kündet den Tod als Strafe nicht nur an (Gen 2,17), sondern er führt sie auch selbst aus, nicht, indem er den Menschen etwas antut, sondern indem er sich ihnen entzieht. Als Staubwesen (Gen 2,7) können die Menschen sterben, und durch die Verbannung aus Gottes Gegenwart sterben sie auch. Aber Gott erweist sich auch im Bestrafen als ihr Schöpfer, der Gutes für sie will, indem sein Strafgericht nur den einzelnen Menschen, aber nicht die Menschheit insgesamt trifft. Bestraft wird der einzelne, nicht die Gattung, denn nur einzelne sind verantwortlich für das, was sie tun, nicht die Menschheit insgesamt. Durch Prokreation kann sich in anderen Menschen das Leben fortsetzen, das Menschen verwirken, indem sie sich aneignen, was nur Gott zusteht, und so die Differenz zwischen sich und dem Schöpfer verwischen. Der Tod rückt das wieder zurecht. Anders als Gott sind die Menschen sterblich und leben nicht ewig, aber durch Gottes Zuwendung leben sie für eine kurze Zeit und können anderen in der Folge der Generationen zum Leben verhelfen.

Gottes Strafe ist daher nicht die Vernichtung des Übeltäters, sondern die Wiederherstellung der Ordnung. Er schützt die Menschen vor sich selbst, indem er die für sie lebensentscheidenden Unterschiede klarstellt – im Hinblick auf die übrigen Geschöpfe, indem er sie durch Kleider als Kulturwesen von der Schlange und den übrigen Tieren unterscheidet (Gen 4,17–24), und im Hinblick auf sich selbst, indem er als ihr guter Schöpfer das Leid und Leiden, das die Menschen sich zugezogen haben, durch den Tod begrenzt, aber die Menschheit nicht vernichtet, sondern ihr in der Folge der Geschlechter eine Zukunfts- und Lebenshoffnung gibt.

Damit wird auf andere Weise dafür gesorgt, dass die Unterscheidung zwischen den Menschen und den übrigen Geschöpfen deutlich bleibt (Menschen tragen Kleidung und haben eine auf Handwerk und Ackerbau basierende Kultur) und zugleich die Grundunterscheidung zwischen Schöpfer und Geschöpf wieder in Kraft gesetzt wird (Gott gibt, dem Menschen wird gegeben). Einerseits ist der Mensch damit dasjenige Geschöpf, dem Gott selbst Kleider macht, um seine Scham zu verbergen. Das zeichnet Menschen unter allen Naturwesen als Kulturwesen aus und befähigt sie, ihr Leben kulturell zu gestalten und als Menschen mit ihresgleichen und mit anderen Lebewesen auf menschliche Weise zu leben. Andererseits wird die Grundunterscheidung zwischen Schöpfer und Geschöpf neu gefasst. Nachdem sie nicht mehr an das Wissen bzw. Nichtwissen um die Unterscheidung zwischen Gut und Böse geknüpft sein kann, weil der Mensch sich die Fähigkeit zu dieser Unterscheidung wider Gottes Gebot angeeignet hat, wird sie von Gott neu etabliert, indem er sie an eine Unterscheidung bindet, die zuvor keine Rolle spielte: die zwischen unendlichem oder ewigem und endlichem oder zeitlichem Leben, dem Leben, das Gott ist, und dem Leben, das Gott gibt und nimmt, weil es endet, wenn Gott seine Gegenwart entzieht.8 Nicht die Erkenntnis von Gut und Böse, also das Wissen um die Unterscheidung von Gut und Böse, unterscheidet den Menschen von Gott, sondern seine Endlichkeit und der Tod – und das heißt: Wem Gott schöpferisch gegenwärtig ist, der lebt, und wem Gott seine schöpferische Gegenwart entzieht, der stirbt.9 Menschen sind Geschöpfe, die anders als andere Geschöpfe um den Unterschied von Gut und Böse wissen und damit für ihr eigenes Tun und Lassen verantwortlich sind, anders als der Schöpfer aber nur ein endliches und begrenztes Leben haben und trotz ihres göttlichen Wissens stets vom Entzug der Gottesgegenwart und damit vom Tod bedroht sind.

Der Tod ist also in der Tat der Sünde Sold, wie Paulus formulieren wird (Röm 6,23), aber er ist nicht als Strafe zu verstehen, sondern als die durch den erschlichenen Erkenntnisgewinn der Menschen notwendig gewordene Weise, die heilsame Ordnung der Unterscheidung zwischen Schöpfer und Geschöpf wieder in Kraft zu setzen. Endlichkeit ist kein Übel, sondern unsere Weise, mit dem Wissen um den Unterschied zwischen Gut und Böse in der Folge der Geschlechter im Bezug auf Gottes Unendlichkeit als Geschöpf mit dem Schöpfer zu leben. Dass sie der Schlange folgten, hat den Menschen göttliches Wissen verschafft, aber ihnen auch den Verlust von Gottes Gegenwart und damit den Tod gebracht. Sie wissen jetzt mehr, aber sie leben nur kurze Zeit und haben es mit Gott nicht (mehr) unmittelbar, sondern nur in kreatürlich vermittelter und damit missverstehbarer Weise (Wort, Gebot, Kult) zu tun. Deshalb werden sie nie lange genug leben, um alles Wissbare und Wissenswerte wissen zu können, und sie werden es nie anders wissen als gegen den Hintergrund der Möglichkeit, es misszuverstehen und sich zu täuschen. Ihr Wissen ist nie mehr als eine kleine Insel im Meer des Nichtwissens. Der Unterschied zum Schöpfer bleibt unüberwindbar.

III Das anthropologische Grundproblem: die Identität des Menschen



Dass es im Kern um die Wahrung der Unterscheidung zwischen Schöpfer und Geschöpf geht, bestätigt eine zweite anthropologische Lektüre der Geschichte, die auf das achtet, was die Menschen gewinnen und verlieren, indem sie dem Schlangenwort folgen.

Die biblische Urgeschichte beschreibt es präzis. Menschen wollen wie Gott sein und verbauen sich durch ihr Verhalten selbst die Möglichkeit, wirklich Menschen zu sein. Sie werden im Hinblick auf das Wissen um die Unterscheidung zwischen Gut und Böse in der Tat wie Gott. Aber es nützt ihnen nichts, weil sie zugleich sich selbst auf weit folgenreichere Weise verlieren. Indem sie dem Schlangenrat folgen, erwerben sie das göttliche Wissen, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, aber um den Preis des Vergessens dessen, wer sie selbst sind: Geschöpfe und nicht der Schöpfer. Deshalb sind sie mit diesem göttlichen Wissen noch weniger Mensch, als sie es ohne es waren, wie die Genesis in einer Kaskade von Geschichten entfaltet. Selbst wo sie Gutes wollen, wirken sie Böses. Denn es fehlt das Entscheidende: die Wahrung der Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf. Nicht was Menschen können oder nicht können, ist die entscheidende Frage, sondern wer sie sind.

Diese Identitätsfrage ist das Kernproblem der Unterscheidung zwischen Gut und Böse, nicht die Frage der Willensfreiheit, wie seit Augustinus meist gemeint wird.10 Man kann sich das an folgender Überlegung klarmachen. Nichts ist einfach gut oder böse, sondern es ist immer gut oder böse für jemanden. Um aber zu wissen, was gut oder böse für mich ist, muss ich wissen, wer ich bin, denn nicht alles, was gut für andere ist, ist es auch für mich, und nicht alles, was gut für mich in einer Situation oder unter einer Beschreibung ist (als Tochter, Mutter, Studentin, Deutsche, …, Mensch, Geschöpf), ist es auch in einer anderen Situation oder unter jeder anderen Beschreibung. Wer aber nicht weiß, wer er ist, dem hilft das Wissen um den Unterschied zwischen Gut und Böse wenig, um sich im Leben zu orientieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er kann nicht entscheiden, was gut oder böse für ihn ist, nicht weil er keine Willensfreiheit hätte, sondern weil er selbst dann, wenn er die Fähigkeit zur Unterscheidung des Guten und Bösen hat, mit dieser nichts anfangen kann, wenn er nicht weiß, was für ihn gut oder böse ist.11

Das ändert sich auch dann nicht, wenn man eine objektive Wertordnung des Guten und Bösen postuliert, die sich nicht kulturellen Setzungen verdankt, sondern menschlichem Entscheiden und Wählen vorgegeben ist. Mit diesem Verständnis der Willensfreiheit kommt man theologisch in Teufels Küche. Sind Gut und Böse Optionen, die unserem Entscheiden vorgegeben sind, dann sind nicht die Geschöpfe, sondern es ist letztlich Gott für die Wirklichkeit des Bösen verantwortlich. Man hätte das Böse ja nicht wählen können, wenn es nur Gutes gegeben hätte und es einem nicht so verführerisch vor Augen gestellt worden wäre.

Das hatte schon Augustinus gesehen.12 Deshalb fasste er das Problem des freien Willens als Alternative zwischen zwei grundlegenden Weisen des Wählens: Gut und Böse sind keine Gegenstände der Wahl (Optionen), sondern Weisen (Modi) des Wählens. Gutes wählen heißt, auf gute Weise wollen und auf böse Weise nicht wollen (bene velle et male nolle), und Böses wählen heißt, auf schlechte Weise wollen und auf gute Weise nicht wollen (male velle et bene nolle). Auf gute Weise will, wer sich an Gott orientiert, auf schlechte Weise dagegen, wer sich an sich selbst ausrichtet. Menschen sind im Prinzip frei, das eine oder andere zu tun. Im Unterschied zum Schöpfer aber müssen sie wählen und sind nicht frei, nicht zu wählen. Es ist das Kennzeichen endlicher Freiheit, dass man sie nicht haben kann, ohne sie zu praktizieren. Menschen sind daher zwar frei, aber sie wählen falsch, wenn sie sich bei der Bestimmung des Guten nicht an der Liebe zu Gott, sondern an ihrer eigenen Selbstliebe ausrichten.

Genau das aber tun alle Menschen, wie Paulus, Augustinus und Luther betonen. Alle wollen und begehren das, was sie für sich selbst für gut halten. Aber nicht alles, was man für gut hält, ist es auch; nicht alles, was für den einen gut ist, ist es auch für andere; und nicht alles, was für mich unter einer Beschreibung (als Sohn, Vater, Bürger, Mensch, Geschöpf) gut ist, ist es auch unter den anderen. Das ist eine Quelle permanenter ethischer Konflikte. Deshalb brauchen wir ein Verständnis von Sohn, Tochter, Mutter oder Vater, das deutlich macht, was für Söhne, Töchter, Mütter oder Väter gut ist, ein Verständnis des Bürgers, das erhellt, was für Bürger gut ist, einen Begriff des Menschen, der klarstellt, was für Menschen gut ist, ein Verständnis von Geschöpf, das anzeigt, was für Menschen als Geschöpfe gut ist.

Kein Mensch wird mit solchen Verständnissen geboren. Niemand weiß von sich aus, was für ihn oder sie als Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter gut ist, oder was für ihn oder sie als Bürger oder Bürgerin im Staat oder als Mensch unter Menschen gut ist. All das muss man lernen, und in verschiedenen Kulturen lernt man da Verschiedenes. Das gilt auch für das Verständnis von Geschöpf. Niemand weiß von sich aus, was für ihn oder sie als Geschöpf gut ist. Auch das muss man zuerst einmal lernen, und man kann es, wenn man will. Aber niemand will es wirklich wissen, weil wir ja zu wissen meinen, was für uns gut ist, und unsere Täuschungsanfälligkeit und Ignoranz ignorieren. Das ist die menschliche Realität.

Das ist nicht erst in einer säkular gewordenen Welt so. Das war schon immer so, wie die christliche Lehre von der Sünde in Erinnerung hält (die nichts mit Moral, sondern mit unserer Einstellung zu Gott zu tun hat). Wir alle eignen uns durch Erziehung und Kultur ein Verständnis dessen an, was es bei uns heißt, zu einer Familie, zu einem Staat, einer Gesellschaft oder zur Menschheit zu gehören. Aber niemand muss sich als Geschöpf verstehen, und niemand will es von sich aus. Im Gegenteil, wir suchen es nach Möglichkeit zu vermeiden, weil es uns in ein Unterscheidungsverhältnis zum Schöpfer setzt, das uns fremd ist – nicht erst fremd geworden ist, wie es säkulares Denken nahe legt, sondern immer schon gewesen ist, wie die reformatorische Theologie betont. Von sich aus wollen die Menschen nicht Geschöpfe, sondern Gott sein. Denn wie könnten sie es ertragen, kein Gott zu sein, wenn es Götter gäbe, wie Nietzsche fragte?13

Das kulturell Gängige, moralisch Gute, religiös Geforderte und für Geschöpfe Rechte fällt offenkundig nicht zusammen. Wer im einen Sinn gut ist, ist es keineswegs auch schon im anderen. Als Mütter, Väter, Bürger, Menschen mögen wir mehr oder weniger gut wählen und entscheiden können, als Geschöpfe aber entscheiden wir regelmäßig falsch, weil kein Mensch sich von sich aus so versteht. Wer aber nicht weiß, wer und was er ist, kann nicht entscheiden, was für ihn in dieser Hinsicht bzw. unter dieser Beschreibung gut ist. Das ist die Grundeinsicht der biblischen Tradition. »Ihr werdet sein wie Gott«, raunt die Schlange, um Menschen zu verführen, sich das göttliche Wissen um die Unterscheidung zwischen Gut und Böse anzueignen. Doch dieses Wissen nützt nichts, wenn man es nicht recht gebrauchen kann, weil man den Unterschied zwischen Geschöpf und Schöpfer verwischt und damit sich selbst nicht recht versteht.14

Das hebt diesen Unterschied nicht auf. Aber vergangenes Fehlentscheiden lässt sich nicht mehr aus der Welt schaffen und künftiges Gutsein nicht garantieren. Wo Menschen durch eigenes Tun wie Gott sein wollen, enden sie deshalb dort, wo die Genesisgeschichte Adam und Eva enden sah: in der Gottesferne einer Menschheit, die wie Gott sein wollte und jetzt nicht einmal mehr in der Lage ist, in rechter Weise Mensch zu sein. Man versteckt sich vor Gott, schämt sich, nackt zu sein, gebiert unter Schmerzen, schuftet auf dem Acker, erschlägt seinen Bruder, führt Krieg gegen andere, unterwirft die Tiere, beutet die Natur aus, betrügt seine Eltern, bestiehlt andere, sucht überall seinen eigenen Vorteil, ohne zu wissen, was wirklich gut für einen ist, weil man ja sich selbst nicht mehr kennt. Menschen wollen wie Gott sein und scheitern schon an ihrem Menschsein.

Dass die Menschheitsgeschichte nicht dabei stehen bleibt, ist für Augustinus die Pointe der christlichen Botschaft. Gott beendet das universale Scheitern, indem er selbst Mensch wird und so den Menschen hilft, die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf zu wahren und wirklich nur Menschen zu sein. Das ist man, wenn man sein Menschsein so lebt, dass es dem eigenen Geschöpfsein nicht widerspricht, wenn man die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf also wahrt in der Ausrichtung seines Lebens, indem man sich nicht an sich selbst, sondern an Gott orientiert. Wer an Christus glaubt, so Augustinus, tut eben das. Er setzt nicht auf sich selbst, sondern ganz auf Gott, und ist nicht mehr willens, auf schlechte Weise zu wollen und auf gute Weise nicht zu wollen. Er lebt als Mensch auf menschliche Weise, weil er aufhört, wie Gott sein zu wollen. Die ursprüngliche Möglichkeit, auf gute oder schlechte Weise zu wollen (bene velle vel male velle) und die faktische Wirklichkeit, nur noch auf schlechte Weise zu wollen (male velle et bene nolle) wird dann überboten dadurch, dass man nur noch auf gute Weise will und anders nicht mehr will und wollen kann (bene velle et male nolle).

Die Schlangenverheißung war daher zwar falsch und eine verführerische Lüge, aber – so meint eine lange christliche Tradition – sie erwies sich ganz anders als vermutet doch als wahr.15 Allerdings nicht, weil die Menschen wie Gott wurden, sondern weil Gott wie sie wurde. So zumindest verstehen viele die christliche Botschaft. An Weihnachten wurde Gott einer von uns. Wir sind, wie wir sind. Und Gott ist wie wir.

Das ist keine erfreuliche Botschaft, wenn man auf die menschliche Wirklichkeit blickt. Ein Gott wie wir ist niemand, auf den man seine Hoffnung setzen könnte. Erfreulich wird die Erzählung von der Menschwerdung Gottes erst, wenn man hinzusetzt, dass sich damit alles ändert – nicht im religionskritischen Sinn der Spätmoderne, weil es damit keinen Gott (mehr) gibt, der sich in die Angelegenheiten der Menschen einmischen könnte, weil Gott sich selbst aufgegeben hat, sondern im christlichen Sinn, weil der Mensch damit erst das wird, was er als Mensch sein kann und soll: ein menschlicher Mensch, der im Licht von Gottes Gegenwart sich und alle anderen als Gottes Nächste anerkennt und respektiert und sie als Mitmenschen und Mitgeschöpfe gerecht und solidarisch behandelt.

Aber ist diese in der Inkarnation gipfelnde Überlegung wirklich stichhaltig? Hat die Schlange recht behalten, weil zwar die Menschen nicht wie Gott, Gott aber Mensch wurde? Ist das Christentum der Beleg dafür, dass die Schlangenverheißung trotz allem wahr war?

Auch wenn viele die Menschwerdung Gottes so verstehen, muss man widersprechen. Man darf das Schlangenwort von Gen 3,5 nicht isoliert betrachten, sondern muss es als nichtpriesterlichen Text im kompositorischen Zusammenhang mit der priesterlichen Urgeschichte auf dem Hintergrund des Schöpfungsauftrags von Gen 1,26f. verstehen. Beide reden von einem »Sein wie Gott«. Aber sie tun es auf grundverschiedene Weisen. Die Schlange der nichtpriesterlichen Paradiesgeschichte sagt, die Menschen könnten sich selbst durch ihr eigenes Tun zu gottgleichen Wesen machen. »Ihr werdet sein wie Gott« heißt hier: Ihr könnt auch ohne Gott sein und leben, wenn ihr euch das göttliche Wissen um die Unterscheidung zwischen Gut und Böse aneignet. Der Schöpfer der priesterlichen Schöpfungsgeschichte dagegen sagt, dass er die Menschen als Wesen schafft, die ihm gleich sind, weil sie sich so fürsorglich um die Tiere des Landes, des Wassers und der Luft kümmern sollen, wie er sich um die ganze Schöpfung kümmert (Gen 1,26–28). Sein wie Gott heißt hier: Menschen sollen der Ort in der Schöpfung sein, an dem Geschöpfe auf den Schöpfer aufmerksam werden und sich selbst als Geschöpfe erkennen können (Gen 1,27). Sie sollen nicht ihren eigenen Interessen leben, sondern – das heißt »herrschen« hier (Gen 1,28) – als Gottes »Sachwalter für das Ganze der Schöpfungswelt« wirken.16 Das ist ihr Auftrag. Nicht die Menschen machen sich dazu, sondern Gott macht sie dazu. Man wird nicht gottgleich durch eigenes Tun, sondern allein dadurch, dass man ohne alles eigene Tun ganz und gar passiv dazu ernannt und gemacht wird.

IV Das theologische Grundproblem: der Auftrag des Menschen



Davon – und das ist meine dritte theologische Lektüre – handelt die Erzählung von der Erschaffung des Menschen in Gen 1. In Adam– also nicht einem bestimmten Menschen, sondern der Menschheit – hat Gott sich seinen Präsenzort in der Schöpfung geschaffen.17 So formuliert die Priesterschrift in ihrer Darstellung der Urgeschichte, in der die Grundstrukturen der conditio humana überhaupt dargelegt werden. Der Mensch sei von Gott als »Bild Gottes«

(תוּמד/מלֶצֶ, ṣaelaem / demut; εἰκών/ὁμοίωσις; imago/ similitudo) geschaffen, um über die Tiere zu herrschen: »Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.« (Gen 1,26; Lutherbibel 2020) Die Menschen sind wie alles andere, was Gott macht, Gottes Geschöpfe, verdanken also ihr Dasein (dass sie sind) und ihr Wassein (was sie sind) Gott, dem Schöpfer. Sie sind aber nicht einfach Lebewesen unter Lebewesen oder Tiere unter Tieren, sondern es wird ihnen von Gott eine Aufgabe zugewiesen, die nur sie haben und kein anderes Geschöpf – nämlich die Aufgabe, so fürsorglich über die Tierwelt zu herrschen, wie Gott über seine Schöpfung herrscht.

Die Rede vom »Bild Gottes« ist hier im Sinn einer »Bildsäule« (ṣaelaem) zu verstehen, der Mensch also als »Repräsentationsbild« bzw. als »lebendige Statue Gottes« bestimmt. In der altorientalischen Umwelt Israels wurde der König als »Bild Gottes« bezeichnet, hier wird diese Vorstellung auf die Menschen überhaupt übertragen. Das ist nach Bernd Janowski nicht als eine »›Demokratisierung‹ des Königbilds«, sondern als eine »›Royalisierung‹ des Menschenbilds« zu verstehen.19 Die Menschen haben keine göttlichen Qualitäten oder Merkmale (aufrechter Gang, Geist, Vernunft, Ansprechbarkeit), die sich an ihnen selbst aufweisen ließen, sondern einen Auftrag, dem sie genügen oder nicht genügen können und dessen Erfüllung oder Nichterfüllung sie vor Gott zu verantworten haben. Sie sind »nicht kraft unbekannter Qualität Gottes Bild und sollen infolgedessen u. a. über die Tiere herrschen, sondern der Mensch ist Gottes Bild, insofern er ermächtigt ist, über die Tiere zu herrschen«.20 Er ist von Gott zum Verantwortungsträger in der Schöpfung gemacht. Das kann man nicht an dem ablesen, was er biologisch ist, sondern nur seinem Handeln und Verhalten entnehmen. Denn Verantwortungsträger zu sein, heißt für die Menschen, dass sie dieser Verantwortung gerecht werden können oder nicht, dass sie aber keine Möglichkeit haben, weder das eine noch das andere zu tun. Sie können nicht leben und sich nicht um diese Verantwortung scheren. Denn wenn sie das tun, nehmen sie sie nicht wahr. Dass Menschen ein Bild von Gottes Präsenz sind, zeigt sich also nur, wenn sie diesen Herrschaftsauftrag auch so ausüben, wie es dem Schöpfer entspricht: indem sie als Sachwalter Gottes fürsorglich mit allen anderen Geschöpfen Gottes in ihrem Lebensraum umgehen.21 Nicht durch das, was Menschen für sich betrachtet sind, sondern darin, wie sie leben, was sie tun und wie sie andere behandeln, erweisen sie sich als Ort der Gegenwart des Schöpfers in der Schöpfung – oder eben nicht.

Das wird unterstrichen durch die pleonastisch zu verstehende Wendung וּנתֵ֑וּמדְכִּּ: »wie« bzw. »gemäß unserer Ähnlichkeit«. Der Mensch hat eine »doppelte Verantwortung [...] gegenüber seinem Schöpfer (Gottesbezug) wie gegenüber der Schöpfung (Weltbezug)«,22 und er verspielt die erste, wenn er der zweiten nicht nachkommt. Am Verhalten der Menschen gegenüber der übrigen Schöpfung entscheidet sich also, ob sie der Präsenzort der Erschließung von Gottes Gegenwart in der Schöpfung sind oder nicht, ob sie diese Gegenwart anderen gegenüber zum Ausdruck bringen oder ob sie diese verstellen und verdunkeln. Und umgekehrt ist ihr rechtes Verhalten dem Schöpfer gegenüber die Voraussetzung dafür, dass sie sich auch der Schöpfung gegenüber richtig verhalten.

Mit dem Fehlverhalten Gott gegenüber, von dem Gen 3 erzählt, verkehrt sich daher auch das Verhältnis zur Schöpfung. Nicht diese ist anders geworden, sondern das Verhältnis der Menschen zu ihr und damit auch zu sich selbst. Sie bemerken, dass sie nackt sind (Gen 3,7), der Lebensunterhalt erfordert nun Mühe und Arbeit (Gen 3,17–19), Kinder werden unter Schmerzen geboren (Gen 3,16), Menschen werden sich selbst als Brüder gegenseitig zur tödlichen Gefahr (Gen 4,1–16) und drohen sich schließlich selbst aus der Schöpfung auszulöschen (Gen 6,5–8,22). Ohne Gottes Eingreifen wäre der Mensch am Ende, er hätte nicht nur den Auftrag seiner Gottebenbildlichkeit verfehlt, sondern er wäre nicht mehr der Ort in der Schöpfung, an dem sich Gottes Gegenwart erschließen könnte, weil es ihn nicht mehr gäbe.

Wenn Gott in der Noahgeschichte (Gen 9,1–7) daher den Fortbestand der Menschheit garantiert, dann tut er es so, dass klare Unterscheidungen für seinen Umgang mit den übrigen Geschöpfen und seinen Mitmenschen gesetzt werden: Er darf sich von Pflanzen und Tieren ernähren (Gen 9,2–3), aber kein Tierblut essen (Gen 9,4) und keine Menschen töten (Gen 9,5), denn damit griffe er in Gottes Prärogative ein, das Leben zu geben und Menschen als seine Repräsentanten in der Schöpfung da sein zu lassen (Gen 9,6). Wer Menschen tötet, vergeht sich gegen Gott, und eben deshalb müssen Menschen diejenigen, die das tun, zur Rechenschaft ziehen. Auch die Tiere werden daher nach der Flut ausdrücklich in den Noah-Bund Gottes mit den Menschen hineingenommen (Gen 9,8–11), haben also die Verheißung, dass sie nicht mehr ausgerottet werden.

Das ändert nichts daran, dass der Mensch und nicht die Tiere der Ort sind, an dem Gott seine Gegenwart erschließt, auch wenn demjenigen, der sich als Geschöpf kennt, Gottes Gegenwart auch in den anderen Geschöpfen erkennbar wird. Aber die Menschen haben es in der Hand, durch ihren Umgang mit ihren Mitgeschöpfen Gottes Gegenwart zu verdunkeln oder sie zu verdeutlichen. Aufgrund der Asymmetrie zwischen Wollen und Tun können sie das erste aktiv und damit in eigener Verantwortung, das zweite aber nur passiv und damit nicht so, dass sie es sich selbst zuschreiben könnten. Sie können durch ihr Verhalten negativ verhindern, dass sie als Gottes Bild leben und Gottes Gegenwart deutlich machen. Aber sie können nicht positiv bewirken, dass sie das tun, wenn Gott es nicht von sich aus durch sie tut.

Eben das ist nach der Überzeugung von Paulus definitiv in Jesus Christus geschehen – definitiv, weil es durch Gottes Selbstvergegenwärtigung im Leben, Sterben und Tod Jesu so geschehen ist, dass es nicht mehr rückgängig zu machen ist, weil es mit der Auferweckung des Gekreuzigten in Gottes schöpferische Wirklichkeit hinein aufgehoben, also zu einer unveränderlichen Bestimmung und Wahrheit Gottes selbst geworden ist. Paulus nennt Adam deshalb in Röm 5,14 das »Vorbild des Kommenden« (τύπος τοῦ μέλλοντος), nämlich des kommenden Christus, in dem das, was mit Adam intendiert war, nicht nur Ankündigung und Verheißung blieb, sondern Wirklichkeit wurde. Christus wird so als »neuer Mensch« bestimmt und Adam als Repräsentanten des »alten Menschen« entgegengesetzt. Der adamitische Mensch könnte und sollte der Präsenzort Gottes in der Schöpfung sein, verspielt das aber immer wieder durch sein Verhalten sich und seinen Mitgeschöpfen gegenüber. Deshalb brauchte es in Israel mit dem Tempel einen ausdrücklichen Kultort, an dem der Gegenwart Gottes gedacht und diese zum Ausdruck gebracht wird. Wären die Menschen das, was sie als Beauftragte Gottes sein könnten und sollten, wäre das nicht nötig: Die Menschheit würde in offenkundiger Weise als Präsenzort des Schöpfers fungieren und Gottes Gegenwart immer, durch alles und für alle erschließen.

Genau so haben Christen sich verstanden. Als Glieder am Leib Christi bringen sie Gottes Gegenwart im konkreten Vollzug ihres Lebens zur Darstellung und bedürfen nicht besonderer kultischer Orte und Vorkehrungen, um das zu tun. Gott ist jeder Gegenwart gegenwärtig, jeder Mensch kann das zum Ausdruck bringen und jeder Christ manifestiert es, im Alltag (Röm 12) nicht weniger als in der gemeinsamen Gedenkfeier an die Erschließung von Gottes Gegenwart als Liebe in Jesus Christus. »Welches Bild soll ich für Gott ersinnen, da doch im Grunde genommen der Mensch selbst Gottes Bild ist? Welchen Tempel soll ich ihm bauen, da diese ganze Welt, das Werk seiner Hände, ihn nicht zu fassen vermag?«23 Gottes Gegenwart ist überall zu erkennen.

»In seinen Werken, in allen Bewegungen der Welt, schauen wir immer seine Macht gegenwärtig, sei es im Donner, Blitz und Wetterleuchten oder sei es bei heiterem Himmel. Du meinst, dieser Gott wisse nichts vom Tun und Treiben der Menschen? [...] Du meinst, er könne von seinem Thron im Himmel nicht zu allen kommen, und er könne nicht alle kennen? Mensch! Das ist Irrtum und Täuschung. Wie kann denn Gott weit weg sein! Der ganze Himmel und die ganze Erde und alles außerhalb des Erdkreises ist von Gott erfüllt. Überall ist er uns ganz nahe, weit mehr als das: Er ist in uns. Sieh wieder die Sonne! Sie steht am Himmel, und doch ist ihr Licht über alle Länder ausgegossen. Überall ist sie in gleicher Weise gegenwärtig. Überall dringt sie in alles ein. Nirgends wird ihr Glanz getrübt. Wie viel mehr ist Gott gegenwärtig, der alles erschafft und erschaut, vor dem nichts verborgen bleiben kann! Er ist gegenwärtig in der Finsternis, gegenwärtig auch in unseren Gedanken, die gleichsam eine Finsternis anderer Art umfassen. Alle unsere Handlungen geschehen unter seinen Augen. Wir leben, ich möchte fast sagen: mit ihm zusammen.«24

Weil die Menschen der Ort sind, an dem sich Gottes Gegenwart erschließt, bedarf es keiner Tempel mehr und keiner kultischen Vergegenwärtigung von Gottes Präsenz. Und weil sich in Christus erschlossen hat, wie Gott präsent ist, manifestiert jeder Mensch, der als Christ lebt, wie Gott seiner Schöpfung gegenwärtig ist: als schöpferische und erbarmende Liebe.

V Schlangenwort und Schöpfungsauftrag



»Ihr werdet sein wie Gott«, raunte die Schlange in der nichtpriesterlichen Paradiesgeschichte, um die Menschen zum Übertreten von Gottes Gebot zu verführen (Gen 3,5). »Ihr sollt Gottes Bildsäule oder Denkmal in der Schöpfung sein«, lautet demgegenüber der Schöpfungsauftrag der Gottebenbildlichkeit in der priesterlichen Urgeschichte (Gen 1,26). Der Mensch wird dort Mensch im Vollsinn, wo er als Zeuge, Erinnerungsort und Sachwalter der Liebe Gottes in der Schöpfung fungiert.

Um die Erfüllung dieses Auftrags geht es in der Auferweckung. Die Menschen werden nicht Gott und sie werden auch nicht wie Gott, sondern Gott bezieht sie aus grenzenloser Liebe als die Erinnerungsorte oder »Denkmäler« seiner Liebe in der Schöpfung in sein göttliches Leben ein. Das lehrt die Christusgeschichte. Der Schöpfungsauftrag wird erfüllt, auch wenn Gott die Gottebenbildlichkeit der Menschen gegen ihre Gottesblindheit, ihre Verantwortung für die Geschöpfe gegen ihre Verantwortungslosigkeit im Umgang mit ihnen und sich selbst zum Zug bringen muss. Ihre Aufgabe ist nicht, Gott oder wie Gott zu werden, wie Thomas Ribi meint.25 Sie ist vielmehr, wahrhaft Menschen zu werden, also ihr Menschsein so zu leben, dass sie zum Ort der Wahrnehmung der Gegenwart des Schöpfers in der Schöpfung werden.

Das Menschlichwerden des Menschen ist daher die entscheidende Aufgabe für die Menschen, um der Neigung zur Übermenschlichkeit (›wie Gott‹) und Unmenschlichkeit (›ich, aber nicht du‹) entgegenzuwirken, die ihr Menschsein gefährdet und zerstört. Diese Aufgabe lässt sich nach biblischer Überzeugung nicht lösen, ohne die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf zu wahren. Die Menschwerdung Gottes ist nur dann ein Beitrag zur Lösung dieser Aufgabe, wenn sie diese Differenz wahrt und nicht auflöst. Wo Gott Mensch wird, muss der Mensch neu und anders werden, weil er ganz und gar Geschöpf ist und Gott ganz und gar Schöpfer. Dazu müssen Menschen von ihrer Gottesblindheit geheilt und zur Akzeptanz ihrer Geschöpflichkeit befreit werden, also fähig werden, so zu existieren, dass der Gottesbezug als Ermöglichung und Bereicherung und nicht als Behinderung und Einschränkung ihrer endlichen Autonomie begriffen werden kann. Das Menschlichwerden des Menschen ist eine Existenzveränderung, die Menschen nicht von sich aus vollziehen können, solange sie wie Gott (und das heißt nichts anderes als ohne Gott) sein wollen, sondern die sich ganz Gottes Zuwendung zu ihnen verdankt. Man wird nicht menschlich, wenn man sein will wie Gott, aber man wird es auch nicht, wenn Gott sein will wie der Mensch. Gott kann nichts werden, ohne es neu zu machen. Und für die Menschen gibt es kein wahres – also wahrhaft menschliches – Menschsein ohne Wahrung der Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf. Wird Gott mit dem Menschen eins, dann schafft er ihn neu und macht sich ihm nicht gleich. Er bleibt der Schöpfer und der Mensch das Geschöpf. Aber diese Differenz ist jetzt kein Gegeneinander, sondern ein Mit- und Beieinander, in dem Gott und Mensch nicht gleich, sondern eins sind.

Theologisch muss die Menschwerdung als das Menschlichwerden des Menschen daher als Neuschöpfung gedacht werden, in der die entscheidende Wende nicht der Wechsel vom Nichts zum Sein (Schöpfung), sondern vom Tod zum Leben (Neuschöpfung) ist (Röm 4,17), von der Tendenz zur Unmenschlichkeit, die in den Tod führt (Sünde), zur Möglichkeit der Menschlichkeit, die ins Leben mündet (Glaube) – bei uns in diesem Leben und erst recht bei Gott in dessen Leben.

Das maßgebliche Paradigma dafür ist nicht die Menschwerdung Gottes (Inkarnation), sondern das Menschlichwerden des Menschen durch Gott (die Auferweckung), nicht das Herabkommen Gottes in das vergängliche Dasein der Menschen (Erniedrigung), sondern die Erhebung des Menschen in das ewige Leben Gottes (Erhöhung). Ohne die Erhöhung ist die Erniedrigung kein Heilsgeschehen, und ohne die Auferweckung verliert die Rede von der Inkarnation ihre soteriologische Pointe. Von ihr ist theologisch daher auszugehen. Nicht die Geburt des Gottessohnes, sondern die Auferweckung des Gekreuzigten ist der Beginn des Christentums. Wird die Auferweckung von der Inkarnation und die Inkarnation nicht von der Auferweckung her gedacht, verstellt der unklare Gedanke einer Gleichheit von Gott und Mensch die Einsicht in die soteriologische Signifikanz des Gott verdankten Einsseins von Gott und Mensch. Gott und Mensch sind eins unter Wahrung ihrer Differenz als Schöpfer und Geschöpf. Sie sind aber nicht gleich, sondern Gott ist der Schöpfer, und der Mensch ist Geschöpf. Dass dies keine schlechte, sondern eine gute Botschaft ist, ist die Pointe des Evangeliums von Jesus Christus.

VI Bild Gottes oder Zerrbild des Menschen



Das Verführungspotential des Schlangenwortes besteht darin, die Verheißung des Gott verdankten Einsseins von Gott und Mensch durch das Trugbild der selbstgewollten Gleichheit von Mensch und Gott zu verstellen. Ich habe im Vorangehenden argumentiert, dass das Schlangenwort »Ihr werdet sein wie Gott« (Gen 3,5) die Pointe des Schöpfungsauftrags »Ihr sollt Gottes Bildsäule in der Schöpfung sein« (Gen 1,26) in ihr Gegenteil verkehrt. Die Verkehrung besteht in einer grundsätzlichen Verwechslung der Rollen von Gott und Mensch in der Schöpfungsbeziehung, eine Verwechslung, die das Verhältnis von Aktivität und Passivität umkehrt:

Der Schöpfungsauftrag sieht alle Aktivität bei Gott und beim Menschen nur Passivität: Gott macht den Menschen zu seinem Bild, der Mensch wird zu seinem Bild – und ohne dieses vorgängige Werden kann er selbst nichts tun und machen. Das Schlangenwort dagegen legt dem Menschen nahe, sich selbst zu dem zu machen, was Gott ist: Er soll durch sein eigenes Tun werden wie Gott – und eben dadurch zeigen, dass er mit Gott und Gott mit ihm gleich ist: Er ist wie Gott, und Gott nicht anders als er.

Dieser Fehler wird nicht dadurch aufgehoben, dass Gott selbst wird wie wir, indem er sich uns gleich macht. Damit würde doch dem Schlangenwort Recht gegeben. Genau so hat ein großer Strang der christlichen Tradition die Inkarnation oder Menschwerdung Gottes verstanden. Doch die Inkarnation ist nicht die Rechtfertigung der Verführung des Schlangenworts. Sie gibt nicht der Schlange Recht, sondern setzt Gott ins Recht. Und sie tut es nicht dadurch, dass Gott wird wie wir, sondern dass wir durch Gottes Wirken zu dem werden, was Gott mit und für uns will.

Das haben Christen von Anfang an im Bild der Auferweckung gedacht. Wird die Menschwerdung nicht als Konkretion der Auferweckung des Gekreuzigten verstanden, wird sie missverstanden. Das Bild der Auferweckung des Gekreuzigten aber sagt unmissverständlich, dass alle Aktivität ausschließlich bei Gott liegt. Nur Gott wirkt, nicht der tote Jesus. Nicht er ist aktiv, sondern Gott. Tote sind tot und tun nichts mehr. Gott aber kann auch da noch aktiv sein, wo wir nicht mehr oder noch nicht aktiv sein können, und was Gott sein und tun kann, das ist und tut er auch. Das ist der Kern des Schöpfungsgedankens: dass wir ohne eigenes Zutun da sind, weil Gott uns da sein lässt, um durch uns für andere da zu sein. Wir sind ganz und gar passiv in Gottes Aktivität einbezogen – in dem, was wir nicht tun und nicht mehr tun können, und in dem, was wir tun, solange wir es können. Im Gottesverhältnis sind wir die, die bekommen und beschenkt werden, und Gott ist der, der gibt und schenkt. Nur so können und müssen auch wir agieren und wirken, nicht allein von uns aus. Aber wir werden nur Gutes bewirken, wenn Gott das, was wir tun oder lassen, gut macht und gut werden lässt. Wir mögen das Gute wollen, aber wir haben keine Macht, es auch herbeizuführen. Unser Handeln und Wirken haben Folgen, aber dass diese gut sind, steht nicht in unserer, sondern allein in Gottes Macht.

Wo dagegen der Mensch meint, sich auch im Verhältnis zu Gott zum unabhängigen Zentrum eigener Aktivität machen zu können, wird die Schöpfungsbeziehung grundsätzlich in Frage gestellt und er verwickelt sich in einen existenziellen Selbstwiderspruch, weil er verneint, was er in Anspruch nimmt, um es verneinen zu können. Wer sich selbst zu einem macht, der gleich sein will mit Gott, will ohne Gott leben. Sein wollen wie Gott heißt dann nichts anderes als sein wollen ohne Gott. Theologisch wird das »Sünde« genannt. Luther fasst es in der 17. und 18. These der Disputation gegen die scholastische Theologie so: »Der Mensch kann von Natur aus nicht wollen, dass Gott Gott ist. Vielmehr wollte er, er selber sei Gott und Gott sei nicht Gott.« Das heißt nicht, dass der Mensch als Mensch nicht anders kann als Gott sein zu wollen, weil Gott ihn so geschaffen hat.26 Gott will nicht, dass der Mensch Gott wird, sondern dass er Bild Gottes ist und als Gottes Sachwalter in der Schöpfung fungiert. So sind Gott und Mensch eins, ohne dass die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf verwischt würde. Wer dagegen nach der Gleichheit von Gott und Mensch strebt und sich selbst die Möglichkeit zuschreibt, diese Gleichheit herzustellen, der wird zum Gegenteil dessen, was er als Bild Gottes sein soll: Er wird zum Ort der Verdunklung der Gegenwart des Schöpfers und nicht zum Ort in der Schöpfung, an dem Gott selbst sich als Schöpfer zur Geltung bringt.

Die Inkarnation oder Menschwerdung Gottes wird daher erst dort als Überwindung der Sünde gedacht, wo sie als Menschlichwerden des Menschen, als das Werden der Menschen zum Bild Gottes gedacht wird. Nicht die Erniedrigung Gottes ins Menschsein, sondern die Erhöhung der Menschen in das Leben Gottes ist die befreiende Botschaft des Evangeliums. Gott wird nicht einer von uns, sondern er macht uns zu den Seinen. Er kommt uns nahe, weil er uns in seine Nähe holt, aber er bleibt der Schöpfer und wir seine Geschöpfe.

Zum Ort der Erschließung der Gegenwart Gottes und damit zum Bild Gottes wird der Mensch nicht von sich aus, sondern allein durch Gott. Als Bild Gottes lebt der Mensch daher nicht dann, wenn er sein will wie Gott, sondern wenn er als Mensch so lebt, dass er für andere und sich selbst zum Ort werden kann, an dem sich Gottes Gegenwart erschließt und diese durch sein Leben nicht verdunkelt und verstellt. Als Bild Gottes können Menschen zum Ort der Erschließung oder der Verdunklung von Gottes Gegenwart werden – das zweite von sich aus, das erste nur durch Gott. Nicht sie selbst erschließen Gottes Gegenwart, aber sie können verhindern, dass sich diese anderen erschließt, wenn sie durch ihr Leben verdunkeln, dass mehr in ihm geschieht, als sie selbst tun und erfahren, weil Gott in ihnen am Werk ist – nicht nur in dem, was sie tun, sondern auch in dem, was sie unterlassen. Als Gottes Bild sind die Menschen nicht die Krone der Schöpfung und die Herren der Welt27, sondern sie sind der Ort, an dem sich die Welt ihres Schöpfers bewusst werden kann.

Sein zu wollen wie Gott, verstellt diese Möglichkeit. Nur wer nicht sein will wie Gott, sondern die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf wahrt, kann so eins sein mit Gott, dass er transparent wird für Gottes Gegenwart. Die gute Botschaft des Evangeliums ist nicht, dass Gott sich uns gleich macht, sondern dass Gott eins mit uns wird, indem er seine Schöpferpräsenz am Ort unseres Lebens uns und anderen erschließt: Wir sind mehr, als wir von uns aus sein können. Wir können zum Erinnerungsbild von Gottes Gegenwart für unsere Mitmenschen werden. Das kann deo volente auch dort geschehen, wo wir diese Möglichkeit ignorieren, ausblenden oder bestreiten. Das geschieht aber nicht, wo wir uns selbst zu dem machen wollen, was wir nur durch Gott werden können. Sich zu viel zuzumuten, ist ebenso irrig, wie zu wenig von sich zu erwarten. So oder so wird man dann nicht zum Bild, sondern zum Zerrbild Gottes und damit auch zum Zerrbild der Möglichkeiten des Menschen.

Abstract



The essay is based on a talk given at the Evangelische Pfarrverein in Bern on March 6, 2023. It examines the theological relationships between the serpent word Gen 3:5 and the creation promise Gen 1:26. The thesis is that Gen 3 is not about a change in human existence from a prelapsarian to a postlapsarian state, but about the problems that arise from disregarding the difference between Creator and creature. The serpent word inverts the promise of the unity of God and humanity into the mirage of their equality with God, which human beings can bring about by their own actions. The promise of creation, on the other hand, sees all action in God: God makes human beings into his image, and humans become God’s image. It is not what they can do themselves, but what they become through God’s care that distinguishes human beings in creation. Only when they do not want to be like God can they be one with God and become a place for others where God's presence can be revealed.

Fussnoten:

1) Für Bernd Janowski zum 80. Geburtstag. Der Text entstand aus einem Vortrag vor dem Evangelisch-theologischen Pfarrverein in Bern am 6. März 2023, der mich gebeten hatte, über das Sündenthema anhand von Gen 3 zu sprechen. Ich rede von Mythos, weil es um eine Geschichte geht, die nie geschehen, aber immer wahr ist; von biblischem Mythos, weil es um eine Erzählung geht, in der die priesterliche Urgeschichte und die nichtpriesterliche Schöpfungs– und Paradiesgeschichte in die Einheit einer Erzählung verflochten sind; und von biblischem Menschheitsmythos, weil die Geschichte nicht von einem einzelnen Menschen, sondern vom Menschen (םָדאָהָ hā’ādām), also von der Menschheit handelt. Vgl. Konrad Schmid,Schöpfung im Alten Testament, in Konrad Schmid (Hg.),Schöpfung, Tübingen: Mohr Siebeck 2012, 92 f.; Bernd Janowski,Anthropologie des Alten Testaments. Grundfragen – Kontexte – Themenfelder, Tübingen: Mohr Siebeck 2019, 416–419.
2) Stephen Greenblatt, Die Geschichte von Adam und Eva: Der mächtigste Mythos der Menschheit, München: Siedler Verlag 22018; Kurt Flasch, Eva und Adam: Wandlungen eines Mythos, München: C. H. Beck 2017.
3) Vgl. Andreas Schüle, Der Prolog der Hebräischen Bibel. Der literar- und theologiegeschichtliche Diskurs der Urgeschichte (Gen 1–11), Zürich 2006, 43–58.142–177.
4) Vgl. z. B. Trashedy – von Leandro Kees, Daniel Mathéus, Martin Rascher u. a., Gewinner des Jugendjury-Publikums-Preises und des Fachjury-Preises beim Westwind Festival 2013. Trashedy ist eine »Produktion von Performing Group und tanzhaus nrw im Rahmen von ›Take-off: Junger Tanz‹. Weiterhin gefördert durch die Kunststiftung NRW. Das Stück entstand im Rahmen des Take-off-Residenzprogramms ›New Steps‹. Leandro Kees zählt zu den Choreografen des EU-Programms ›Fresh Tracks Europe‹, gefördert durch das Programm Kultur der Europäischen Union. ›Take-off: Junger Tanz‹ wird gefördert durch das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf sowie das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW. ›Take-off: Junger Tanz‹ ist eine Kooperation Düsseldorfer Kultur-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen unter der Gesamtleitung des tanzhaus nrw.« (https://aufdemsprungfestival.de/trashedy-performing-group.html) (16/3/2023).
5) Melanie Köhlmoos, Sexismus, Patriarchat und das Alte Testament, in Stefan Alkier (Hrsg.), Zuversichtsargumente: Biblische Perspektiven in Krisen und Ängsten unserer Zeit, Band 1, Paderborn: Brill/Schöningh 2023, 282.
6) Dieses Verbot ist eine Schutzwarnung, die den Menschen davor bewahren soll, die Grundunterscheidung der Schöpfung in Frage zu stellen und damit sich selbst der Vernichtung und dem Tod auszusetzen. Die ganze folgende Geschichte legt dar, was passiert, wenn man sie missachtet. Vgl. Janowski, Anthropologie, 418.
7) Deshalb ist es zwar richtig, dass »das Essen vom Baum der Erkenntnis … nicht mit dem Ziel einer hybriden Erhebung des Menschen über Gott« geschieht: »Die Frau will nicht an Gottes Stelle treten, sondern sie will Wissen erlangen« (Schmid, Schöpfung, 96). Aber dass sie das nicht will, heißt nicht, dass sie es nicht tut, indem sie und der Mann sich gegen Gottes Gebot ein Wissen aneignen, das zuvor Gott vorbehalten war.
8) Dass der Mensch »aus Staub« (Gen 2,7) gemacht ist, zeigt an, dass er nicht unsterblich ist, sondern dass er endlich und vergänglich sein kann. Er ist von Anfang an Geschöpf und nicht Schöpfer. Er ist nicht unsterblich wie Gott, sondern sterblich und nur so lange am Leben, wie Gott es ihm gibt und ihn am Le-ben erhält. Die Androhung der Todesstrafe in Gen 2,17 ist daher präzis die Androhung, dass Gott ihm seine Gegenwart entzieht, wenn er Gottes Gebot übertritt, und dass er ohne diese lebenswirkende Gottesgegenwart nichts anderes ist als das, woraus er gemacht ist: Staub. Es geht also nicht um die Androhung eines Wechsels von derUnsterblichkeit zurSterblichkeit, sondern vomsterblichen Leben in Gottes Gegenwart zumTod durch Gottes Entzug seiner Gegenwart.
9) Vgl. Ps 104,27–30. V. 29b ist eine Fortschreibung von Gen 3,19 (Ich verdanke den Hinweis Bernd Janowski).
10) Vgl. zum Folgenden Ingolf U. Dalferth, God first: Die reformatorische Revolution der christlichen Denkungsart, Leipzig: EVA 2018, 96–98.
11) Man muss es noch schärfer sagen. Menschen wissen nicht nur nicht, was für sie als Geschöpfe gut oder böse ist, weil sie sich selbst so nicht kennen, sondern sie können das Wissen, das den Schöpfer auszeichnet, als Geschöpfe auch gar nicht recht gebrauchen. Für den Schöpfer bedeutet das Wissen um Gut und Böse, dass er das Gute gut und das Böse böse macht, also die Wirklichkeit bewirkt, die er als gut oder böse beurteilt. Das Geschöpf aber kann das Wissen um die Unterscheidung von Gut und Böse nie so handhaben wie der Schöpfer, weil es das Gute nicht schaffen und das Böse nicht verhindern kann. Man denke nur an die üblen Folgen unserer – vermeintlich oder tatsächlich – guten Taten. Menschen wissen mit dem Wissen um Gut und Böse um das Problem, aber sie können es nicht lösen, weil sie nicht wie der Schöpfer schöpferisch agieren, sondern als Geschöpf nur nachträglich feststellen können, was sie getan haben – ohne gewiss sein zu können, ob es etwas Gutes oder etwas Böses war, weil sie zwar die Übel, die sie tun, erkennen, aber die üblen Folgen ihrer guten Taten nicht absehen und verhindern können. Ihr Verhängnis ist daher ein Doppeltes: Sie wissen um die Unterscheidung von Gut und Böse, aber sie blenden aus, dass sie Geschöpfe sind, und sie übersehen, dass sie niemals wie der Schöpfer unterscheiden können, weil sie Geschöpfe und nicht der Schöpfer sind.
12) Aurelius Augustinus, Confessiones, Liber VII, cap. III: »[...] itaque cum aliquid vellem aut nollem, non alium quam me velle ac nolle certissimus eram, et ibi esse causam peccati mei iam iamque advertebam. quod autem invitus facerem, pati me potius quam facere videbam, et id non culpam, sed poenam esse iudicabam, qua me non iniuste plecti te iustum cogitans cito fatebar. sed rursus dicebam: quis fecit me? nonne deus meus, non tantum bonus, sed ipsum bonum? unde igitur mihi male velle et bene nolle? ut esset, cur iuste poenas luerem?« (http://faculty.georgetown.edu/jod/latinconf/7.html)
13) Friedrisch Nietzsche, Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen, Zweiter Theil: Auf den glückseligen Inseln: »Wenn es Götter gäbe, wie hielte ich’s aus, kein Gott zu sein!« (http://www.nietzschesource.org/#eKGWB/Za-II-Inseln).
14) Darum geht es, nicht um die Erklärung, »warum Frauen unter der Männerdominanz litten«. Vgl. Claudia Keller, Verteidigung ist Männersache, Chrismon 24.11.22 (https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2022/53274/evolution-so-entstand-das-patriarchat#comments-list).
15) Vgl. zum Folgenden Ingolf U. Dalferth, Auferweckung. Plädoyer für ein anderes Paradigma der Christologie, Leipzig: EVA 2023, 154 f.
16) Janowski, Anthropologie, 409–415.
17) Vgl. zum Folgenden Janowski, Anthropologie, 407–424.
18) Janowski, Anthropologie, 409; vgl. ders., Die lebendige Statue Gottes. Zur Anthropologie der priesterlichen Urgeschichte, in Ders., Die Welt als Schöpfung, Neukirchen-Vluyn 2008, 140–171.
19) Janowski, Anthropologie, 410.
20) Walter Groß, Die Gottebenbildlichkeit des Menschen im Kontext der Priesterschrift, Theologische Quartalschrift 161 (1981) 244–264, 31; Janowski, Anthropologie, 410.
21) Janowski, Anthropologie, 411 f.
22) A. a. O., 410.
23) M. Minucius Felix, Octavius, cap. XXXII (http://www.thelatinlibrary.com/minucius.html).
24) Ebd.
25) Thomas Ribi, Gott will, dass der Mensch Gott wird, NZZ, 24. Dezember 2019 (https://www.nzz.ch/meinung/weihnachten-gott-will-dass-der-mensch-gott-wird-ld.1530375) (14/3/2023).
26) So versteht es Ribi, weil er Luthers ›von Natur aus‹ auf das Wesen des Menschen bezieht und nicht auf die faktische Lebenswirklichkeit des Menschen, der sich von Gott abgewandt hat und meint, ohne Gott existieren zu können.
27) Vgl. Bernd Janowski, Biblischer Schöpfungsglaube: Religionsgeschichte – Theologie – Ethik, Tübingen: Mohr Siebeck 2013, Exkurs 12: Anthropozentrismus?