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Ausgabe:

Oktober/2023

Spalte:

1005-1048

Kategorie:

Literatur- und Forschungsberichte

Autor/Hrsg.:

Torsten Uhlig

Titel/Untertitel:

Umbrüche in der Jesajaforschung. Ein Literaturbericht durch 25 Jahre

Versucht man sich anhand eines Literaturüberblicks über die Forschung zu »Protojesaja« und die historischen Kontexte der Entstehung von Jes 1–39 zu orientieren, bietet sich als Einschnitt die Zeit um 1997 an: Innerhalb weniger Monate sind vor 25 Jahren mehrere Monographien, Aufsatzsammlungen und Aufsätze zur Interpretation des Jesajabuches erschienen, die maßgeblich die Frage nach dem historischen Jesaja, dem theologischen Profil seiner Verkündigung, dessen Wirkung sowie die Bedingungen, Umstände und Ziele ihrer Verschriftlichung und redaktionellen Weiterentwicklung beeinflussten, aber auch methodische Neuentwicklungen anzeigten. Schon damals deutete sich eine Vervielfältigung der Hypothesenbildung zur Entstehung und eine Ausdifferenzierung hermeneutischer Ansätze und Methoden an, die nicht mehr nur als ein Umbruch in der Jesajaforschung abbildbar sind,1 sondern auf vielfache Umbrüche weisen. Der folgende Literaturbericht hat seinen Schwerpunkt in Arbeiten zur historischen Kontextualisierung von Jes 1–39, bezieht aber andere methodische Ansätze und die Wahrnehmung der buchübergreifenden Zusammenhänge im Jesajabuch mit ein, insofern die wechselseitige Beeinflussung mit historischen Fragestellungen nicht ausgeblendet werden kann. Dabei ergibt sich gelegentlich eine etwas umfangreichere Darstellung zu den Beiträgen, die für besonders relevant erachtet werden und/oder bisher in der Theologischen Literaturzeitung noch nicht besprochen wurden. Gleichfalls ist Vollständigkeit hier weder gewollt noch möglich.

I Pluralisierung Methodischer Ansätze



1. Wegweisende Beiträge vor 25 Jahren



Häufig in einem Atemzug werden zunächst die 1997 erschienenen Monographien von Jörg Barthel, Prophetenwort und Geschichte. Die Jesajaüberlieferung in Jes 6–8 und 28–31 (FAT 19), Tübingen 1997 (siehe auch ThLZ 1999, 703–707), und Uwe Becker, Jesaja – Von der Botschaft zum Buch (FRLANT 178), Göttingen 1997 (siehe auch ThLZ, 1998, 581–583), genannt und nicht selten mit den Labeln »Maximalposition« (für Barthel) bzw. »Minimalposition« (für Becker) versehen. Während nach Barthel große Teile von Jes 6–8 und Jes 28–31 auf Jesaja zurückgehen, lassen sich nach Becker lediglich Jes 6,1–8*; 8,1–4*(.16) und einige kurze Worte gegen fremde Völker in 17,1–3*; 18,1–2*; 20,3–4; 28,1–4*.7b–10 auf den historischen Propheten zurückführen, der damit ausschließlich Züge eines Heilspropheten hat – vergleichbar den neu-assyrischen Propheten, die den Königen Heil ansagen. Doch wird man beiden Arbeiten mit diesen Labels kaum gerecht. Weder liegt Barthel daran, einen Maximalbestand zu verteidigen, noch ist Becker auf der Suche nach so wenig wie möglichen authentischen Jesajaworten. Vielmehr zeichnen sich beide Arbeiten durch ein hohes hermeneutisches Problembewusstsein aus, das von unterschiedlichen Fragestellungen aus fast zwangsläufig zu gegensätzlichen Ergebnissen kommt.

Beide gehen vom Endtext aus und weisen auf die grundsätzlichen Schwierigkeiten der Rekonstruktion der mündlichen Verkündigung hin, stellt jede schriftliche Stufe doch immer schon eine Form der Deutung dar. Barthel weist zudem auf den hermeneutischen Zirkel zwischen Gesamtkonzeption und Einzelbeobachtung hin und wie sich kumulative Einzelbeobachtungen, daraus folgende Gesamtkonzeption und von dieser sich auswirkende Konsequenzen auf Einzelbeobachtungen wechselseitig verhalten (vgl. Barthel, 10). Barthel problematisiert in seiner Suche nach einer einheitlichen Konzeption der Prophetenverkündigung solche Erklärungsversuche, die konzeptionelle Unterschiede auf Wandlungen im Propheten zurückführen, während Jes 6–8 und 28–31 unter einer bestimmten Gesamtperspektive verfasst sind. Auch Becker kritisiert den Erklärungsversuch der Wandlung im Denken des Propheten für konzeptionelle Divergenzen, insbesondere wenn die dafür herangezogenen Texte aus ihrem literarischen Zusammenhang herausgelöst werden, und fragt diesbezüglich das vorausgesetzte Prophetenbild an. Weisen für eine literarische Einheit übergreifende Zusammenhänge eher auf einen »Sitz im Buch« statt einem »Sitz im Leben« (eines Propheten), lässt sich nach Becker die Entstehung dieser Einheit nicht ohne Einbeziehung der Entstehung des literarischen Zusammenhangs klären (vgl. Becker, 14).

Dabei rechnet Barthel im Kontext des syrisch-ephraimitischen Krieges zunächst mit einem Zuspruch für die davidische Dynastie, der in Jes 7,4-9a*.14b.16 rekonstruiert werden kann. Gegen die anti-assyrische Bündnispolitik in der Zeit Hiskias hat Jesaja sich kritisch geäußert (Jes 28–31*). In die »Denkschrift« Jes 6,1–11+8,1–16* und die Sammlung Jes 28–31* sind dann bereits die Reflexion über die Ablehnung der Botschaft Jesajas eingeflossen, die Jesaja seinen Anhängern anvertraut.

Nach Becker ist demgegenüber von einem sehr geringen Bestand einer Grundschicht auszugehen, die auf Jesaja selbst zurückgeht (s.o.). Dieser wurde über sechs umfangreiche, identifizierbare Redaktionsstufen sowie punktuelle Ergänzungen und Glossen weiter ergänzt, bis Jes 1–39 im Rahmen des Jesajabuches seine Endgestalt erreicht hat. Wesentliche Unterschiede bestehen u. a. darin, dass Becker nicht mit einer Redaktion in der Zeit Josias rechnet. Stattdessen hat erst der Untergang Judas zu einer unheilstheologischen Neuedition in frühnachexilischer Zeit geführt, durch die die Heilsworte Jesajas zu einer Gerichtsbotschaft umgearbeitet wurden (insbesondere durch Ergänzung des »Verstockungsauftrags« in Jes 6,9.11 durch Jes 8,5–8a*.17; 28,7a.11–18*). Über weitere Ergänzungsstufen wuchs vor allem der Text in Jes 2–11 mit wenigen Ergänzungen in Jes 29*; 31* an. Weite Teile der häufig auf Jesaja selbst zurückgeführten Kapitel im »Assur-Zyklus« (Jes 28–31) sind nach Becker erst auf der siebten Entstehungsstufe hinzugekommen, der sog. »Ungehorsamsschicht«, die wesentlich zur Endgestalt beigetragen hat.

Angesichts dieser erheblichen Divergenzen stellt sich die Frage nach den Kriterien literar- und redaktionsgeschichtlicher Differenzierung dringend und ist die Notwendigkeit der Ergänzung durch weitere Perspektiven angezeigt. Solche sind z. B. ebenfalls im Jahr 1997 durch die Dissertation von Friedhelm Hartenstein, Die Unzugänglichkeit Gottes im Heiligtum. Jesaja 6 und der Wohnort JHWHs in der Jerusalemer Kulttradition (WMANT 75), Neukirchen-Vluyn 1997 (siehe auch ThLZ 2000, 495–500), erschlossen worden, der die Entstehung der Ziontradition bzw. »Jerusalemer Kulttradition« unter besonderer Berücksichtigung von Jes 6 vor traditions- und religionsgeschichtlichem Hintergrund analysiert. Hartenstein weist minutiös die anhand von Korrespondenzen, Kontrasten und weiteren Stilmitteln etablierte kompositionelle Geschlossenheit von Jes 6,1–11 auf und argumentiert anhand religionsgeschichtlicher Parallelen, wie darin der Wandel von der Heils- zur Unheilsgegenwart JHWHs für sein Volk dargestellt wird. Während das genaue Profil der Gerichtsgegenwart JHWHs – Hartenstein interpretiert sie als »Verborgenheit Gottes« – diskutierbar ist, lässt sich damit jedenfalls auf keiner Ebene Jes 6,1–8 als Hinführung zur Ansage von JHWHs rettendem Einschreiten gegen die Koalition aus Nordreich und Aramäer interpretieren (gegen Becker) und liegt der plausibelste Entstehungskontext für diese Gerichtsvision im 8.–7. Jh. v. Chr. Wenn damit einerseits Becker unter Verweis auf (formale) Parallelen bei neu-assyrischen Propheten für die Kürze der verschriftlichten Heilsbotschaft argumentiert, Hartenstein unter Verweis auf inhaltliche Parallelen umfangreichere reflexive Verschriftlichung einer Gerichtsbotschaft Jesajas rekonstruiert, versteht sich aber auch die Art und Weise der Einbeziehung der altvorderorientalischen Kontexte nicht von selbst, sondern bedarf eigener Reflexion, die durch weitere Beiträge in den folgenden Jahren noch an Dringlichkeit gewonnen hat (siehe unten III).

Ebenfalls nur unzureichend berücksichtigt sind in den Beiträgen von Barthel und Becker die durch das gesamte Jesajabuch erkennbaren Bezüge und deren Integration in die redaktionsgeschichtliche Rekonstruktion von Jes 1–39. Seit den 1980er Jahren ist zunehmend auf die verbindenden Themen und Kompositionselemente im Jesajabuch hingewiesen worden. Beides in einer Gesamthypothese zu berücksichtigen, sowohl die historische Differenzierung als auch die Endgestalt des Jesajabuches mit ihrer bewussten kompositionellen Gestaltung und ihren sich durchziehenden Themen, nimmt sich Ulrich Berges in seiner Habilitationsschrift vor, die 1998 erschienen ist2. Ulrich Berges, Das Buch Jesaja: Komposition und Endgestalt (HBS 16), Freiburg i. Br. 1998.

Ulrich Berges nennt dies »diachron reflektierte Synchronie« und untersucht in einzelnen Kapiteln jeweils die Abschnitte Jes 1–12; 13–27; 28–35; 36–39; 40–55 und 56–66 (2.–7.) hinsichtlich ihrer Endgestalt sowie literar- und redaktionsgeschichtlich auf ihre verschiedenen Entstehungsstufen hin. In Kapitel 8 fasst er die Ergebnisse zusammen. Für Berges ergeben sich sechs Großabschnitte, wobei der »kultische Rahmen« (Kritik am Kult in Jes 1 und der wohlgefällige Gottesdienst in Jes 66,18–23) und die im Zentrum stehende Erzählung von Bedrohung und Errettung des Zion in Jes 36–39 von besonderer Bedeutung sind. Die in seinen späteren Veröffentlichungen vertretene Interpretation des Jesajabuches als »dramatischer Text«3 steht hier noch nicht im Fokus. Berges konzentriert sich auf das Nachzeichnen eines »Plot« im Jesajabuch.

Für Jes 1–32 nimmt Berges zunächst vier Hauptstadien der Textentstehung an sowie unabhängig davon für Jes 40–52 drei Stadien, bevor beide Korpora um die Mitte des 5. Jh.s v. Chr. verknüpft wurden durch den Brückentext Jes 33. Mit 4 weiteren redaktionellen Erweiterungen in Jes 56–66 waren je auch Ergänzungen in Jes 1–35 verbunden. Jes 36–39 und nochmals Jes 24–27 mit weiteren Ergänzungen wurden im Zuge der letzten Überarbeitungen eingefügt.

Ausgangspunkt für die Entstehung von Jes 1–32* waren die »Denkschrift« Jesajas (6,1–8,18*), Fremdvölkerworte aus der Zeit der philistäischen Aufstände gegen Assyrien (Jes 14,28–31*; 17,1–3; 18*; 19*; 20; 22*) und Weheworte gegen die proägyptische und antiassyrische Bündnispolitik unter Hiskia (Jes 28–31*), die zunächst unabhängig voneinander zusammengestellt wurden. ii) Entsprechend erhielt die Denkschrift in der Zeit Mannasses einen Rahmen (Jes 5,1–10,4) und iii) wurde dann in frühnachexilischer Zeit mit weiteren Ergänzungen, wie dem Verstockungsauftrag, auf die Restgemeinde bezogen (1–11* inkl. 6,9–11 u. a.). Auch die Fremdvölkersprüche wurden in nachexilischer Zeit unter dem Eindruck der persischen Siege gegen Babylon überarbeitet (Jes 13–14; 21) und Babylon als eigentlicher Hauptfeind herausgestellt. iv) Schließlich wurde die Gegenüberstellung von Babylon und Zion betont und formte sich unter dieser »Zionsredaktion« mit Ergänzungen vor allem in Jes 13–23* und Jes 28–32* und besonderer Betonung der Königsherrschaft JHWHs in Zion die Jesajakomposition Jes 1–32* aus den drei zugrundeliegenden Teilkompositionen.

Damit führt Berges unterschiedliche politische Haltungen in Jes 6–8* und Jes 28–31* auf verschiedene Konstellationen zur Zeit des Jesaja zurück und erklärt verschieden profilierte Gerichts- und Heilsansagen redaktionsgeschichtlich. Ergänzungen aus der Zeit Josias (7. Jh.) sind marginal, während ein erheblicher Teil verschiedener Redaktionsstufen in nachexilische Zeit datiert wird.

Erhard Blum schließlich hat in einem zweiteiligen Aufsatz Beobachtungen zur bewussten Gestaltung einer umfassenderen literarischen Komposition mit der historischen Rückfrage nach der Verschriftlichung der Botschaft Jesajas verknüpft.4 Demnach geht der konzentrisch aufgebaute Grundbestand von Jes 1,21–11,5*,5 in dem um das Zentrum in Jes 6–8, durch Inklusionen markiert und spiegelbildlich thematisch, durch Leitwörter aufeinander bezogene Abschnitte herum gruppiert sind, auf den Propheten selbst zurück, der vor den Ereignissen mit Sanherib um 701 v. Chr. auf das bevorstehende Gericht verweist, durch das JHWH auf die Ablehnung seines Wortes reagiert. Verknüpft ist diese ringförmige Komposition mit einem »spezifischen Zeitgefüge«, das die Verkündigung Jesajas in eine geschichtliche Abfolge zur Gerichtsverkündigung des Amos setzt, wie insbesondere Bezüge in Jes 5 und Jes 10 zum dabar/Wort des Amos nahelegen.

Zeigen sich damit allein schon in der deutschsprachigen Forschung erhebliche Differenzierungen bzw. Umbrüche im methodischen Vorgehen und der historischen Kontextualisierung von Jesaja und seinem Buch, vervielfältigt sich dies noch weiter in der internationalen Jesajaforschung, in gleich mehreren Aufsatzbänden der Jahre 1996/7. So thematisieren in dem Aufsatzband der »Formation of Isaiah group« der Society of Biblical Literature, hg. von Roy F. Melugin und Marvin A. Sweeney,6 nicht nur mehrere Aufsätze die Frage nach dem Verhältnis von synchroner und diachroner Auslegung oder erhellen einzelne durch das gesamte Buch sich durchziehende Themen, sondern sind die Aufsätze geradezu programmatisch aufgeteilt in autor- oder textorientierte (»objektive«) Auslegung und leserorientierte (»postmoderne«7) Interpretation, die die Beteiligung und Interessen der Leser in der Konstituierung von Bedeutung mitreflektiert.

Einen weiteren Akzent neben klassisch historisch-kritischen Fragen sowie einige wenige das gesamte Jesajabuch übergreifende Themen (R. Clements und H. J. Hermisson zu Zion; M. Sweeney zum Davidischen Bund) setzt die Festschrift für Willem Beuken von 1997, J. van Ruiten/M. Vervenne (Hg.), Studies in the Book of Isaiah. Festschrift Willem A. M. Beuken (BEThL 132), Leuven 1997 (siehe ThLZ 2000, 711–713), wo in einem eigenen Abschnitt Fragen der Intertextualität (zu Gen 1–3; Ez 20; Hab; Hi 16–19) und Wirkungsgeschichte behandelt werden.

In der ebenfalls 1997 erschienenen, auf zwei Bände angelegten Aufsatzsammlung zur Interpretation des Jesajabuches, hg. von Craig C. Broyles und Craig A. Evans,8 ist der gesamte zweite Band der Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des Jesajabuches in der Spätantike gewidmet (mit zum Teil mehreren Beiträgen zu den Jesajamanuskripten in Qumran, Jesaja in der Septuaginta, Peschitta, Josephus, Apokryphen und Pseudepigraphen, im Neuen Testament und bei den Rabbinen) und räumt somit diesem wichtigen hermeneutischen Zugang zur Interpretation des Jesajabuches erhebliche Beachtung ein. Aber auch der erste Band bietet eine enorme Breite an Interpretationsansätzen – sowohl in seinem ersten (wenig spezifischen) Teil zu Komposition und Leitmotiven im Jesajabuch, als auch im zweiten Teil zu einzelnen Texten. Enthalten sind historisch-kritische Beiträge zu Fragen der Textgenese, wie z. B. zur redaktionell bedingten Umstellung von Jes 1,2–9 (H. Williamson), zur zweifachen redaktionellen Überarbeitung eines Jesajawortes in Jes 30 (W. Beuken), zur Bedeutung der Texte zum Gottesknecht und den Gottesknechten für die Entstehung von Jes 40–66 (J. Blenkinsopp) oder zur mehrstufigen Redaktionsgeschichte von Jes 56–66 (O. H. Steck), wie auch thematisch orientierte Beiträge, die die konventionell historisch-kritisch rekonstruierten Entstehungsstufen aufgreifen (z. B. J. Barton zur Ethik im Jesajabuch; J. Schmitt zur Frau Zion in Jes 1–39; R. Clements zur Lichtmotivik im Jesajabuch). Daneben stehen Beiträge, die sich z. B. auf makrostrukturelle Charakteristika (T. Mettinger zu Jes 40–55) konzentrieren, auf die persuasive Dimension der Bildsprache in Jesaja und entsprechend auf die Notwendigkeit der Analyse der argumentativen Zusammenhänge hinweisen (Y. Gitay) oder leserorientierte Ansätze aufnehmend über die Bedeutungskonstitution beim Lesen generell (R. Melugin) bzw. anhand des Motivkomplexes von Blindheit und Verstehen (R. Carroll) reflektieren.

2. Verstärkung methodischer Ausdifferenzierungen in Aufsatzbänden



In den folgenden Jahren hat es eine Vielzahl von Aufsatzbänden gegeben, die vielfach noch stärker die Pluralität der Methodenansätze abbildeten, sich dabei gelegentlich auf bestimmte Themen (Zion, imperiale Macht, Poetik) oder abgegrenzte Unterabschnitte im Jesajabuch (so z. B. Jes 24–27) konzentrierten. Mehrere Aufsatzbände sind aus der Arbeit lang etablierter Institutionen hervorgegangen, wie die Beiträge der »Formation of Isaiah group« der Society of Biblical Literature9 oder »De Jesaja Werkplaats« der Oudtestamentisch Werkgezelschap in Nederland en Belgien.10 Daneben gab es einmalige, aber auch längerfristige Initiativen, wie das Edinburgh (später: Aberdeen) Prophetic Network, aus denen Aufsatzbände zur Interpretation des Jesajabuches hervorgingen. Sie können hier nicht eingehender vorgestellt werden.11 Sofern Aufsatzbände besonders den Fokus der historischen Kontextualisierung betreffen, werden einige unten (III) näher vorgestellt.

Wie stark die methodische Differenzierung maßgeblich geworden ist, lässt sich z. B. an dem von seiner Konzeption her interessanten von David Firth und Hugh G. M. Williamson hg. Aufsatzband12 erkennen, der in wesentliche Fragen der Interpretation des Jesajabuches einführen will. Er enthält neben einer forschungsgeschichtlichen Orientierung (H. Williamson) thematische Überblicke (Monotheismus, Verstockung, Politik, Glaube, Nationalismus und Partikularismus, Weisheit, Theologie, Jesaja in Qumran, Jesaja und das Neue Testament) und zeigt anhand markanter Texte unterschiedliche, methodische Ansätze (historische Auslegung zu Jes 9,1–6, strukturalistische Auslegung zu Jes 42,1–9; redaktionsgeschichtliche, innerbiblische Auslegung zu Jes 61).

Methodische Ausdifferenzierung und das Wechselverhältnis von thematischen Studien und historischer Exegese ist auch in der Festschrift für Joseph Blenkinsopp erkennbar.13 Für diese haben die Herausgeber Richard J. Bautch und J. Todd Hibbard namhafte Jesajaforscherinnen und -forscher angefragt, ihre Interpretation eines Einzeltextes oder zentralen Themas des Jesajabuches mit dem jeweiligen Beitrag von Joseph Blenkinsopp in dessen 3-bändigen Jesajakommentar in Beziehung zu setzen und ihn und seinen Beitrag zur Jesajaforschung damit zu honorieren. Der Aufsatzband ist in exegetical studies und thematic essays unterteilt. Im ersten Teil ist nur der Beitrag von Hugh Williamson zu Entstehung und literarischem Ort von Jes 10,1–4 (gegen die häufig vertretene Umstellung aus dem Zusammenhang mit Jes 5,8–24) auf den Textbereich von Jes 1–39 bezogen. Daneben skizziert R. Albertz seine Vorstellungen zur Redaktionsgeschichte von Jes 40–55, thematisieren K. Baltzer und P. Marinkovic den Rechtsstatus von Frauen in der biblischen Tradition aus der persischen Zeit, verortet L.-S. Tiemeyer die Volksklage von Jes 63,7–64,11 literarisch und theologisch innerhalb von Jes 40–66, hebt Barstad das Verdienst von Blenkinsopp in der Würdigung des eigenständigen Profils von »Trito-Jesaja« hervor und geht A. Schüle dem literarischen Kern Trito-Jesajas in Jes 57,14–62,12 nach. Die meisten Aufsätze im zweiten Teil beziehen in ihrem Durchgang durch das Jesajabuch anhand eines spezifischen Themas entsprechend auch Jes 1–39 mit ein. Verhandelt werden die hervorgehobene aber gleichsam stark variierende Rolle Zions an »Knotenpunkten« im Jesajabuch (Jes 12–13; Jes 27–28; Jes 39–40; Jes 55–56; Willem Beuken), Texte zum »Hohen« und »Tiefen« (Huyn Chul Paul Kim), Königtum und Knechtsein (Ulrich Berges), Eschatologie (Marvin Sweeney), eine Verhältnisbestimmung von Götzendienst sowie Limits der Lebensumwelt und Konsum (Patricia Tull) und der Einfluss der Entstehung des Jesajabuches auf frühjüdische und -christliche Auslegung (Jacob Stromberg). Als Themenüberblicke können diese Aufsätze v.a. die Zusammenhänge durch das gesamte Jesajabuch und darin von Jes 1–39 aufzeigen und verstärken, während in der Knappheit der Aufsätze eine stärkere Profilierung von Jes 1–39 kaum möglich ist.

Dass zumindest in einigen Kreisen nordamerikanischer »Evangelicals« nicht nur eine methodische Pluralisierung sondern auch Gesprächsbereitschaft über die historische Differenzierung in Bezug auf die Verfasserschaft des Jesajabuches erkennbar ist, lässt sich in Teilen des von Daniel I. Block und Richard L. Schultz hg. Aufsatzbandes wahrnehmen.14 In diesen kommen neben Verfechtern einer jesajanischen Verfasserschaft des gan-zen Buches auch differenzierende Stimmen (Knut Heim; Mark Boda) zu Wort.

3. »Verstockung« als Beispiel für Methodische Ausdifferenzierung



Wie an kaum einem anderen Aspekt der Theologie von Jes 1–39 lässt sich am Thema der »Verstockung« die Vervielfältigung methodischer Ansätze und die Herausforderung ihrer Vermittlung illustrieren. War wie in davorliegenden Studien auch bei Barthel und Becker die Interpretation des sogenannten »Verstockungsauftrags« in Jes 6,9–10 unmittelbar mit der Bestimmung von Inhalt und Umfang der Verkündigung Jesajas bzw. seiner schriftlichen Form verbunden (bei Annahme einer Gerichtsbotschaft kann der Verstockungsauftrag integraler Bestandteil sein; war Jesaja »Heilsprophet«, verträgt sich auch der Verstockungsauftrag nicht damit), versuchen andere Studien zusätzliche Kontexte einzubeziehen und eröffnen die Möglichkeit, zwischen Inhalt und Funktion der Prophetie Jesajas zu unterscheiden.

Schon in Hartensteins Studie von 1997 legt sich mit der Verknüpfung der detaillierten Analyse der Komposition von Jes 6,1–11 mit einem Vergleich von Motiven in avo. Kontexten nahe, dass zusätzliche traditions- und religionsgeschichtliche Kontexte wesentlich zur Erhellung auch des Verstockungsauftrags beitragen.

Hanna Liss, Die unerhörte Prophetie. Kommunikative Strukturen prophetischer Rede im Buch Yesha’yahu (ABG 14), Leipzig 2003 (vgl. auch ThLZ 2004, 1049–1051) argumentiert in minutiöser Orientierung am Wortlaut von Jes 6,9–10 von einem kommunikations-theoretischen Ansatz her, dass die Berufung Jesajas auf eine »kommunikative Nichtentsprechung« zwischen JHWH und dem Volk hinausläuft, die der Prophet zu vollziehen habe. Weitere Teile von Jes 1–39 untersucht sie dann daraufhin, wie in ihnen der Vollzug dieses Bruchs der Kommunikation greifbar wird, wie z. B. in Jes 28,7–15.

Torsten Uhlig, The Theme of Hardening in the Book of Isaiah. An Analysis of Communicative Action (FAT II/39), Tübingen 2009 (siehe auch ThLZ 2011, 142–146) modifiziert die Methode der rhetorischen Analyse von Prophetenbüchern, indem er Aspekte der Sprechakttheorie mit integriert. Von diesem methodischen Ansatz her untersucht er die kommunikative Strategie des Jesajabuches, die Struktur des Buches und seiner Teile und verfolgt dabei insbesondere das Thema der Verstockung in dessen Verknüpfung mit »konnektiver Gerechtigkeit«. Dafür untersucht er zentrale Texte in Jes 6 und Jes 40–66 (Jes 42,18–25; 43,8–13; 44,6–20; 48,1–11; 50; 56,9–57,2; 58–59; 63,7–64,11) in Bezug auf ihre kommunikative Strategie und ihre Einbindung in größere Textabschnitte. Ihm zufolge setzt nach der »Präsentation« der Botschaft des Jesaja in Jes 1–39 eine andere Stimme in Jes 40 ein, die die Exulanten (Jes 40–55) und die im Land Zurückgebliebenen (Jes 56–66) adressiert. Sie werden damit zunächst der verstockenden Botschaft Jesajas (Jes 1–39) ausgesetzt, bevor Jes 40–66 auf die Überwindung ihrer Verstockung zielen. In diesem Zuge ergeben sich erhebliche Konsequenzen aus der Differenzierung der Kommunikationsebenen in Jes 6,9–10, wodurch insbesondere eine Unterscheidung zwischen Inhalt und Funktion der Botschaft Jesajas zu berücksichtigen ist. Zudem hinterfragt Uhlig das Erklärungspotential der sogenannten »Rückprojizierungshypothese« (Verstockung als nachträgliche Erklärung für das Scheitern der Verkündigung Jesajas) auf der Ebene des Jesajabuches (was freilich die Erklärung auf der Ebene der Entstehung auf Vorstufen nicht ausschließt!), argumentiert für eine Orientierung der Struktur von Jes 13–23 und Jes 28–33 an der Rhetorik der teleskopischen Gerichtsverlängerung von Jes 6,11–13 und unterbreitet eigene Vorschläge zu Struktur und Rhetorik von Jes 40–55 sowie Jes 56–66.

Reinhard Müller rekonstruiert in seiner kleinen Untersuchung zum Verstockungsauftrag15 auf literarkritischem Weg den Grundbestand (Jes 6,1–9.11, evtl. ohne V. 5b) und die stufenweisen Erweiterungen von Jes 6 (2.), analysiert sprachliche Form, Pragmatik und weisheitlichen Hintergrund von Jes 6,9 (3.), erhellt insbesondere aus Beobachtungen zum »Assur-Zyklus« in Jes 28–31 und dessen politischen Hintergründen die retrospektiv sich ergebende »ausgebliebene Einsicht«, die in die Formulierung der Berufungsvision mündet. Der besondere Beitrag Müllers besteht darin, die Ansage des Gerichts in Jes 6,11 vor dem Hintergrund von Fluchmotiven in neu-assyrischen Vasallenverträgen zu erklären (5.) und mit einer Prismeninschrift von Assurbanipal einen religionsgeschichtlichen Vergleich aus dem 7. Jh. v. Chr. für eine von einer Gottheit verhinderte »Denkfähigkeit« (6.) ähnlich dem Verstockungsauftrag – bei allen von ihm benannten Differenzen – anzuführen. Zudem weist er auf das Motiv des Zorns einer Gottheit über die eigenen Schützlinge bzw. die Residenzstadt am Beispiel Marduks gegen Babylon hin und bringt mit dieser Studie wichtige religionsgeschichtliche Vergleichstexte für den Verstockungsauftrag Jesajas aus dem 8. und 7. Jh. v. Chr. in die Diskussion ein.

Wolfgang Köhler versucht sich an der Kombination synchroner und diachroner Fragestellungen in Bezug auf das Verstockungsthema im Jesajabuch,16 wobei jedoch die genaue methodische Grundlage der synchronen Analyseschritte nicht diskutiert wird. Anders als z. B. Uhlig sieht er in Jes 40–66 durchgehend Verstockung als menschliche Haltung, die nicht von JHWH verursacht wurde (etwa durch Jes 6) und aus der die Adressaten gerufen sind, sich (selbst) zu lösen. Verstocktheit kann zudem ein immer wiederkehrendes Phänomen sein. Ob damit die diffizil aufgebaute Ausweglosigkeit von Verstockung und deren Wechselverhältnis mit weiteren Themen insbesondere in Jes 40–48, die Textpragmatik von Jes 6 und der Zusammenhang zwischen Jes 6 und Jes 40–66 angemessen erfasst ist, soll hier nur angefragt werden. Verdienstvoll ist die Arbeit u. a. darin aufzuweisen, dass die für die Zukunft angesagte Umkehr von Verstockung in Jes 29, Jes 32 und Jes 35 vor allem den Armen zugutekommt, und im Blick auf die Entstehungsgeschichte auch die Grundschicht von Jes 40–48 als Fortschreibung zu Jes 1–39* zur Diskussion zu stellen.

Im Folgenden sollen zunächst einige Studien zu übergreifenden Themen und Zusammenhängen im gesamten Jesajabuch zusammengestellt werden (II), bevor die schwerpunktmäßig mit der Entstehung von Jes 1–39 und deren historischen Kontexten befassten Beiträge im Fokus stehen (III). Mit der zunehmenden Entgrenzung der Methodenvielfalt und auch der Zugänglichkeit religionsgeschichtlicher Vergleichstexte geht eine korrespondierende Begrenzung im Umfang der untersuchten Textabschnitte in Jes 1–39 einher. Entsprechende Studien werden im vierten Abschnitt dargestellt. Es folgen Anmerkungen zu Kommentaren (V) sowie Einführungen bzw. Handbüchern zum Jesajabuch (VI).17 Der Literaturbericht schließt mit einer knappen Zusammenfassung und Ausblick (VII).

II Untersuchungen zu Themen und übergreifenden Zusammenhängen im Jesajabuch



Spätestens seit den bahnbrechenden Studien von Odil Hannes Steck18 und Hugh Williamson19 ist es offensichtlich, dass die Erhellung übergreifender Zusammenhänge im Jesajabuch und detaillierte Rekonstruktion seiner Entstehungsgeschichte sich nicht ausschließen, sondern vielmehr gegenseitig bereichern. Hugh Williamson selbst hat dazu 1998 mit einer weiteren Veröffentlichung, seiner Untersuchung zu den »messianischen Texten« im Jesajabuch, beigetragen.20 Darin erweist er »Gerechtigkeit« als zentrales Thema des gesamten Jesajabuches,21 zeigt viele Verbindungen innerhalb seiner unterschiedlichen Teile auf, arbeitet die Berührungen zwischen den Ankündigungen eines zukünftigen Königs in Jes 1–39, der Gottesknechtsgestalt in Jes 40–55 und dem Sprecher von Jes 61,1–3 wie deren Unterschiede heraus und verknüpft dies mit Überlegungen zu ihrer Entstehungsgeschichte. Dieses Buch dürfte wohl am besten die wesentlichen Züge von Hugh Williamson’s Gesamtentwurf zur Entstehung des Jesajabuches darstellen, demzufolge Deutero-Jesaja die Worte Jesajas überarbeitet und herausgegeben und daran seine Botschaft angeschlossen hat (Jes 1–55*), was in nachexilischer Zeit stufenweise (Jes 60–62*, dann Jes 56–59+65–66 unter Einschluss des exilischen Klageliedes Jes 63–7–64,11) erweitert wurde. In Bezug auf Jes 1–39 rechnet Williamson mit einem recht großen Grundbestand, den er auf Jesaja selbst zurückführt (darunter auch Jes 9,1–6; Jes 11,1–5). Zugleich widerspricht er vehement der These von einer »Denkschrift« in Jes 6,1–8,22(9,6) und hebt die zunächst unabhängige (vorexilische, aber nachjesajanische) Entstehung von Jes 7 hervor.22

Mit dieser Thematik berührt sich das Verhältnis von menschlichem und göttlichem Königtum. Zwar auf Texte von Jes 1–39 begrenzt, aber das Gesamtbuch und seine Entstehung im Blick, untersucht Paul Hyungsoon Park das »Spannungsfeld zwischen göttlichem und menschlichem Königtum in Jes 1–39« (Frankfurt a.M. 2016; siehe ThLZ 2018, 749–751) und orientiert sich in den entstehungsgeschichtlichen Fragen an dem Entwurf von Ulrich Berges.

Stärker in den Bahnen der redaktionsgeschichtlichen These von Odil Hannes Steck untersucht Zoltan Kustár Texte zu Krankheit und Züchtigung Israels und deren Heilung, insbesondere Jes 1,4–9; 6,10; 30,26; 33,24; 36–39; 52,13–53,12; 57,17–21; Zoltan Kustár, »Durch seine Wunden sind wir geheilt«: eine Untersuchung zur Metaphorik von Israels Krankheit und Heilung im Jesajabuch, Stuttgart 2002 (siehe ThLZ 2003, 1268).

Der Versuch, eine thematische Studie zum Jesajabuch unter Berücksichtigung seiner entstehungsgeschichtlichen Differenzierung zu verfassen, ist auch in dem Buch von Wonsuk Ma erkennbar.23 Ma nimmt sich vor, die Verweise auf die rûah. Gottes (Geist Gottes) in ihrer Entwicklung innerhalb einer literarischen Tradition nachzuzeichnen. Dafür teilt er die Jesajatexte in die drei Zeitabschnitte vorexilisch, exilisch und nachexilisch ein und untersucht die einzelnen Vorkommen von rûah. Gottes in ihrem jeweiligen literar-historischen Kontext. Hauptsächlich fragt er danach, welche der alttestamentlichen Traditionen der rûah. Gottes (Leiterschaft; Prophetie; Schöpfung; eigenständig Handelnder; Teil Gottes oder Zeichen für Gottes Gegenwart) im jeweiligen Text aufgegriffen und fortgeführt werden und wie sie sich zueinander verhalten. Hingegen ist ihr Zusammenklang innerhalb des kanonischen Jesajabuches ausdrücklich nicht Teil seiner Untersuchung. Nach Ma behalten die verschiedenen Geist-Traditionen in den verschiedenen historischen und sozialen Stufen ihre eigenständigen Züge, durchlaufen dabei je eigene Entwicklungen und erhalten dabei zunehmend eine eschatologische Bedeutung. In Bezug auf die Entstehungsgeschichte will die Studie von Ma gar keinen Beitrag leisten. In Bezug auf die Thematik stellt Mas Arbeit einen soliden Ausgangspunkt dar; jedoch bleiben mit der Festlegung auf die verschiedenen Geist-Traditionen und der interpretativen Begrenzung auf ihren literargeschichtlichen Kontext entscheidende Potentiale unergründet.

Der herausfordernden Thematik der Feinddarstellung im Jesajabuch widmet sich die Monographie von Göran Eidevall.24 Im Hauptteil untersucht Eidevall die Bilder, die im Jesajabuch von den Großreichen Assyrien, Ägypten (und Kusch) und Babylon (2.), von den unmittelbaren Nachbarn (3.) und anonym bleibenden Feinden (4.) gezeichnet werden. Zu den entsprechenden Texten vermerkt er Beobachtungen zu Sprache und literarischem Kontext (»Text«), interpretiert die Feinddarstellungen unter Berücksichtigung auch des avo. Kontexts (»Characterization«) und erwägt die historischen Kontexte ihrer Entstehung und Reinterpretation (»Contextualization«). Die Ergebnisse werden im dritten Teil gebündelt: Demnach tragen die Feindbilder und die Weise, wie JHWH sich zu diesen Feinden verhält, maßgeblich zur Ausbildung der Identität Judas bei.

Wesentlicher historischer Kontext für die behandelten Texte ist die Zeit des syrisch-ephraimitischen Krieges (734–732), in der Eidevall einen hohen Umfang an Texten verortet. Assyrien ist hier vor allem Hilfe, während die anderen Feinde vernichtet werden. Dieses Bild von Assyrien ist dann um 701 v. Chr. deutlich verändert – und entsprechende Texte überarbeitet – worden. Der erhebliche Teil des negativen Assyrien-Bildes ist nach Eidevall hingegen in der Zeit des Josia (Ende 7. Jh. v. Chr.) entstanden und dann in exilischer Zeit von einer anti-babylonischen Propaganda abgelöst worden. Die Endredaktoren haben nach Eidevall zu der Partei gehört, die die religiöse Politik von Esra und Nehemia unterstützten und damit Zugang zu wichtigen Machtstrukturen in dieser Zeit hatten.

Damit vermag Eidevall mit seiner These zur Feinddarstellung als Teil politischer Propaganda im Dienst der Ausbildung der Identität Judas die Mechanismen der Feinddarstellung (und ihrer Entmenschlichung) aufzuklären und welche problematischen Anteile in der rhetorischen Strategie auch im Jesajabuch enthalten sind. Allerdings sind die Feinddarstellungen differenzierter mit weiteren Themen und Anliegen verknüpft, zeichnet sich ein komplexer, gerade auch rhetorisch vermittelter, Prozess der Identitätsbildung Judas (im Jesajabuch und seinen intertextuellen Verknüpfungen) ab und bedarf die Analyse der rhetorischen Strategie einer umfassenderen Wahrnehmung der Texte. Dazu wären auch in Eidevalls Rekonstruktion wesentlicher Entstehungs- und Überarbeitungsphasen gerade die (durchaus in der Einzelauslegung vermerkten) Phasen von JHWHs Gerichtshandeln gegen Juda noch stärker zu berücksichtigen.

Während es eine Vielzahl von Aufsätzen und ganze Aufsatzbände zur Thematik der Geschlechterrollen und insbesondere der Personifikation der Städte Zion und Babylon als Frau im Jesajabuch gibt, sind Monographien zur Thematik meist mehreren Prophetenbüchern oder noch umfassenderen intertextuellen Bezügen gewidmet.25 Den erheblichen Herausforderungen durch Verbindungen inkongruenter Metaphern und gegensätzlicher Gebrauchsweisen von Metaphern widmet sich mit einer methodisch verheißungsvollen Verbindung neuerer Metapherntheorien und rhetorischer Analyse die Dissertation von Brittanny Kim.26 Darin bezieht sie die Metapher der Knechtschaft auf die Wurzelmetapher des Haushalts (household) und geht der Frage nach, was damit kommuniziert wird in Bezug auf die Identität des Volkes Gottes. Dafür analysiert sie jeweils für sich die Metaphern Söhne/Kinder, Tochter/Töchter, Mutter, Ehefrau und Knecht(e) (Kap. 2–5), bevor sie herausarbeitet, wie diese Metaphern im »Drama« des Jesajabuches verknüpft sind. Ließen sich dabei manche Feinheiten der Rhetorik noch differenzierter herausarbeiten, besteht ein wesentliches Verdienst dieser Arbeit darin, mittels neuerer Metapherntheorien (»conceptual blending« aus kognitiven Metapherntheorien) hilfreiche Interpretationen für die Verknüpfung eigentlich inkongruent zueinanderstehender Metaphern zu erschließen (etwa wenn in Jes 54 JHWH die gerade als Tochter angesprochene Zion plötzlich heiraten möchte).

Mit einem dekonstruktivistischen Ansatz geht Andrew Davies, Double Standards in Isaiah. Re-evaluating Prophetic Ethics and Divine Justice (siehe ThLZ 2001, 1021–1022), der Frage nach, inwiefern das Jesajabuch als Quelle für eine Ethik herangezogen werden kann, wenn JHWH bzw. Gott im Jesajabuch in so widersprüchlicher und problematischer Weise auftritt. Es reizt damit sowohl zu erneuter Prüfung der entsprechenden Textpassagen und grundsätzlich zur nötigen Verständigung über hermeneutische Voraussetzungen, Text- und Methodenverständnisse.

Dem seit einigen Jahren stark beachteten Thema der Gewalt Gottes widmet sich in Bezug auf das Jesajabuch die von U. Berges betreute Dissertation von Bernd Obermayer, Göttliche Gewalt im Buch Jesaja. Untersuchung zur Semantik und literarischen Funktion eines theologisch herausfordernden Aspekts im Gottesbild (BBB 170), Göttingen 2014 (siehe ThLZ 2016, 469–473). Nach thematischer Hinführung, einem Forschungsüberblick zur Gewalt Gottes in der alttestamentlichen Wissenschaft und einem Kapitel zu Hermeneutik und Methodik, in dem die wesentliche Terminologie identifiziert und eine kleine Skizze zu göttlicher Gewalt in avo. Kontexten geboten wird, geht Obermayer das gesamte Jesajabuch auf zentrale Stellen zur göttlichen Gewalt durch und fasst seine Ergebnisse abschließend zusammen. Der Fokus dieser Arbeit liegt nicht auf entstehungsgeschichtlichen Neuvorschlägen, methodischen Innovationen oder detaillierten Strukturvorschlägen. Sowohl zum Aufbau wie – weniger regelmäßig angesprochen – zur Entstehung orientiert er sich im Wesentlichen an den Kommentaren und Arbeiten von Willem Beuken und Ulrich Berges. Der Schwerpunkt ist die Exegese einzelner Stellen zur göttlichen Gewalt und der dort verwendeten Terminologie, Metaphorik und Motive, letztere werden auch unter Einbeziehung altvorderorientalischer Parallelen erhellt. Vor allem zwei Motivkomplexe herrschen nach O. im Jesajabuch vor: JHWH als souveräner Kriegs- und Feldherr, der andere in Dienst nimmt, die für ihn militärische Gewalt ausüben; JHWH, der selbst als starker Krieger in die Schlacht zieht. Tendenziell überwiegt ab Jes 24–27 der zweite Motivkomplex – mit Ausnahme von Jes 40–48, wo JHWH Kyros als Werkzeug in Dienst nimmt. Neben dieser synchronen Linie skizziert Obermayer schließlich, wie diese Motivkomplexe sich zur jeweiligen Entstehungssituation der Texte verhalten und profiliert ihr Wechselverhältnis zu den Feindbildern, wobei nur Assyrien als Gegner und als ausführendes Werkzeug im Jesajabuch begegnet.

Das Essen in der Hebräischen Bibel hat in jüngerer Zeit in konzeptuellen und kulturwissenschaftlich ausgerichteten Studien er- höhte Aufmerksamkeit erfahren. Andrew Abernethy möchte zu diesen Bemühungen seine Studie zum Essen im Jesajabuch beitragen.27 Spezifisch besteht das Ziel seiner Arbeit darin zu identifizieren, welche Rolle Essen und Trinken als assoziative Textstrategie im Jesajabuch (vgl. 20) zu dessen Grundgerüst (scaffolding) beiträgt. Dafür wählt er eine »sequentielle« Lesestrategie auf synchroner Ebene. Als Grundgerüst erfahren Jes 1; 36–37; 55 und 65–66 besondere Aufmerksamkeit. Abernethy fragt jeweils, welche Rolle Essen und Trinken in den entsprechenden Kapiteln spielt und mit welchen Konzepten und Themen es verknüpft ist. Demnach wird das Motiv des Essens eingesetzt, um die Wichtigkeit der angemessenen Reaktion auf Gottes Wort in Gehorsam und Vertrauen zu wiederholen, und trägt zur metahistorischen Perspektive des Jesajabuches bei, unter der dessen Botschaft verarbeitet werden soll. Es begegnet also in strukturell zentralen Texten und unterstützt wesentliche Themen, wie die Etablierung der Königsherrschaft JHWHs, Gericht und Wiederherstellung Zions und Formung einer gehorsamen Gemeinschaft. Das ist wenig überraschend. Doch lohnt sich der Blick in die konkrete Auslegung zu den einzelnen Stellen. Hier deutet sich mindestens das Potential der Fragestellung an, wenn Abernethy tiefgehender als es die Zusammenfassung nahelegt, die jeweilige Verflechtung mit weiteren Themen (imperiale Großmacht; Fest; soziale Komponente etc.) erarbeitet. Jedoch könnte eine gezieltere Untersuchung unter stärkerer Berücksichtigung ökonomischer, kulturwissenschaftlicher, kulturanthropologischer und soziologischer Fragestellungen – je nach Text – das Profil der Thematik des Essens und Trinkens wie deren verschiedene rhetorische Funktionen im Buchkontext noch deutlicher schärfen.

Sowohl synchron als auch diachron möchte die Studie von Michael P. Maier, Völkerwallfahrt im Jesajabuch. Mit einem Geleitwort von G. Y. Kohler (BZAW 474), Berlin; New York 2015, die Texte zur Völkerwallfahrt im Jesajabuch erschließen (siehe auch ThLZ 2019, 889–892), d. h. Texte, »die einen Zug nichtisraelitischer Nationen zum Zion vorhersagen« (71). Wobei schon hier die Umsetzung der synchronen Auslegung Fragen aufwirft. Während sich anhand des knappen Forschungsüberblicks zu redaktionsgeschichtlichen Arbeiten zum Jesajabuch erschließt, wie Maier »diachron« versteht, ist die Füllung der »synchronen Auslegung« durch einen intertextuellen Ansatz keineswegs naheliegend. Denn dieser beschreibt vorrangig das Verhältnis zwischen verschiedenen Texten, nicht Aufbau, Argumentationsgang, Rhetorik usw. eines Textes wie des Jesajabuchs in seiner vorliegenden Textgestalt. Der kanonischen Anordnung des Jesajabuches folgend, legt Maier detailliert Jes 2,1–5; 11,10; 14,1–2; 18 (unter Berücksichtigung von 19,16–25), 25,6–8; 45,14–25; 49,14–26 (unter Einbezug von Jes 52,13–53,12), 55,1–5 (m. E. zu Unrecht unter Völkerwallfahrt aufgeführt), 56,1–9; 60; 66,15–24 aus. Der abschließende Teil fasst wesentliche Beobachtungen zusammen, bietet darin einen Vorschlag zum entstehungsgeschichtlichen Verhältnis der Texte untereinander und beschließt die umfangreiche Monographie mit Überlegungen zur Rezeption der Texte aus der Perspektive der Völker, Israels und zu einem Miteinander von Völkern und Israel. Für die Entstehung von Jes 1–39 besonders relevant ist die These von Maier, dass Jes 2,1–5 am Ende der Entwicklungsgeschichte des Motivs von der Völkerwallfahrt steht (evtl. lediglich Jes 25,6–8 noch später). Viel hängt hier von den Kriterien ab, wie man Textbeziehungen und besonders die Richtung ihrer Abhängigkeit bewertet.

Eine außerordentlich stimulierende und für die Theologie des Jesajabuches höchst bedeutsame Studie hat Frederik Poulsen (Dissertation Kopenhagen 2017) vorgelegt,28 mit der erstmals eine Monographie das Exil als literarisches und theologisches Thema im Jesajabuch behandelt (nach dem Vorwort auf eine Anregung von Hermann Spieckermann hin). Poulsen bringt in Bezug auf das Exil das Bild von einem »Schwarzen Loch« ein, als das sich verbergende Zentrum im Jesajabuch, das entscheidenden Einfluss auf die literarische Struktur, poetischen Bilder und die theologische Botschaft ausübt, indem es – wie ein schwarzes Loch im Raum – alles mit seiner Gravität anzieht. Demnach konstituiert das Exil ein wesentliches Thema im Jesajabuch, stellt die Lücke zwischen Jes 39 und 40 eine Anti-Klimax dar als Zentrum aus Zerstörung, Finsternis und Tod und weisen viele wichtige Passagen voraus auf dieses Zentrum oder schauen darauf zurück. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangt Poulsen, indem er in Kapitel 1 für eine bewusst gesetzte Lücke zwischen Jes 39 und Jes 40 argumentiert, in Kapitel 2–3 Antizipationen und Reflexionen des Exils in spezifischen Texten (Kap. 2) bzw. anhand literarischer Figuren im Jesajabuch (Kap. 3) nachgeht und sich in Kapitel 4–7 unterschiedlicher poetischer Bilder und Bildmotiven widmet, die den kritischen Zustand des Exils transportieren.

In Kap. 1 interpretiert Poulsen Jes 5,11–17 mit Verweis auf die Nähe des Exils zum Tod in der Scheol als Vorschattierung des leeren Raums zwischen Jes 39 und 40. In Kap. 2 geht Poulsen auf Einzeltexte ein, die auf das Exil als leeren Raum voraus- (Jes 6; 22,1–14 und 39,1–8) oder zurückverweisen (Jes 63,7–64,11), während Kap. 3 sich Figuren widmet, die das Ergehen des ganzen Volkes repräsentieren und als solche auf das Exil voraus- (Jesaja in Jes 20, Schebna und Eljakim in Jes 22, König Hiskia in Jes 38) bzw. zurückverweisen (der Gottesknecht in Jes 53). Kap. 4–7 widmen sich unterschiedlichen poetischen Bildern, um den kritischen Zustand des Exils, wie Zwangsarbeit, Gefangenschaft, Zerstreuung, spirituelle Desorientierung und abandonment, zu transportieren.

Damit legt Poulsen einen der wichtigsten Beiträge zur Theologie des Jesajabuches der letzten Jahre vor. In seinem gründlichen, an literarischen Gattungen und Bildmotiven orientierten, Vorgehen bezieht er auch Texte mit ein (Jes 5,11 ff.; Jes 38–39; Jes 20; Jes 22), die sonst gerade in Bezug auf die Theologie des Buches oft weniger Beachtung finden, und steuern die Beachtung typologischer Figuren (Kap. 3) und die Auswahl der Bildmotive (Kap. 4: politische und räumliche Bilder; Kap. 5: geographische Bilder; Kap. 6: kognitive Bilder; Kap. 7: soziale Bilder, insbesondere der Stadt als Frau) erhellende Perspektiven bei. Wenn die Studie zum kritischen Nachfragen und Weiterdenken einlädt, ist auch dies Erweis ihres Potentials.

Wenn die »Lücke« zwischen Jes 39 und Jes 40 so wesentlich ist, fragt man sich, wie diese zu anderen markanten Zügen der Struktur des Jesajabuches in Beziehung steht: Wie kommt das Exil in Jes 1 zur Sprache (oder warum dort nicht)? Wie verhalten sich Jes 1,1–4 und Jes 13–14 zu Jes 47 einerseits und Jes 49 und Jes 54 andererseits? Warum wird Jes 60+62 nicht stärker einbezogen? etc. Zu bedauern ist, dass außer Jes 63,7–64,11 kaum andere Texte in Jes 56–66 mit herangezogen werden. Weiter zu bedenken wäre, was es heißt, dass Jes 1–39 anders auf das Exil vorausschaut, als Jes 40–66 darauf zurückblickt. Diesbezüglich wäre es interessant, noch stärker darauf zu achten, was vorausschauend als »Exil« angesagt wurde, und was in Jes 40–66 davon aufgenommen wird – und was auch nicht.

III Studien zur historischen Kontextualisierung von Jesaja 1–39



Sind einerseits angesichts der vielfältigen Studien zur komposi-tionellen Einheit des Jesajabuches redaktionskritische Arbeiten zu derartigen synchronen Zugängen in Beziehung zu setzen und zu plausibilisieren, zeigt sich andererseits auch, dass redaktionsgeschichtliche Rekonstruktionen nicht auf literarkritische Begründungen begrenzt werden können, sondern traditions- und v.a. religionsgeschichtliche Beobachtungen mit einbeziehen müssen.

Einen Vorschlag zur Entstehung der Prophetie Jesajas vor dem Hintergrund neu-assyrischer Vergleichstexte hat 2007 Matthijs de Jong in seiner Dissertation (Leiden) vorgelegt: Isaiah among the Ancient Near Eastern Prophets. A Comparative Study of the Earliest Stages of the Isaiah Tradition and the Neo-Assyrian Prophecies (VT.S 117), Leiden 2007 (siehe auch ThLZ 2009, 299-301). De Jong vergleicht Jesaja und die neu-assyrische Prophetie in Bezug auf die Rekonstruktion der frühesten Schichten, deren historische Hintergründe, Funktionen der Propheten und die Einbettung in die jeweilige Literatur. Dabei gelangt er zu einer ähnlichen inhaltlichen Bestimmung der ursprünglichen Jesajaworte wie Uwe Becker, rechnet aber mit etwas umfangreicherem Material nicht zuletzt in Jes 28–31*. Anders als Becker rechnet de Jong mit Erweiterungen in der Zeit Josias, mit den Ansagen eines idealen Königs (Jes 9,1–6; 11,1–5; 32,1–2) als markantesten Ergänzungen.

Die Worte Jesajas wurden in drei verschiedenen historischen Situationen je zusammengestellt: in der Zeit des syrisch-ephraimitischen Krieges (Jes 6–8*), der assyrischen Strafaktionen in der Zeit von 723–720 v. Chr. (Jes 10*; 14,29–31*; 28,1–4) und den Konflikten nach dem Tod Sargons II. in der Regierungszeit von Sanherib (705–701 v. Chr., Jes 28–31*; 18,1–4*; 19,1–4*; 22,15–18; 5,8–23*; 10,1–2). Dabei interpretiert er die sog. Sozialkritik insbesondere in Jes 5,8–23* nicht als Ausweis einer sozialen Krise im 8. Jh. v. Chr., sondern als Kritik an der hohen Besteuerung der Bevölkerung für den Krieg gegen Assyrien sowie die Hilfe durch Ägypten.

Folglich stehen die Prophetenworte im Dienst des Staates und der Ermutigung bzw. Stärkung des jeweiligen Königs bzw. Königtums – bei Jesaja nicht anders als den assyrischen Propheten. Sie sind Heilspropheten für König und Staat. Erst in babylonischer Zeit wird dieses Material so erweitert, dass es insgesamt als Unheilsprophetie zu verstehen ist (z. B. Verstockungsauftrag in Jes 6,9–11, Unheilsansagen in Jes 6–9; 28–32; 1,2–8; 22).

Damit wird die These der Nähe Jesajas zu den neu-assyrischen Hof- und Heilspropheten auf eine solide Basis gestellt und lassen sich Chancen und Grenzen des Vergleichs besser bewerten. So fällt auf, dass der Vergleich vor allem an der Form der Prophetenworte und Funktion der Propheten orientiert ist, während inhaltliche Berührungen mit assyrischer Propaganda wenig berücksichtigt werden. Zudem sind bei den Kriterien für die Unterscheidung zwischen verschiedenen Stufen der Entstehungsgeschichte rhetorische und stilistische Beobachtungen viel zu wenig einbezogen. Es sind gerade diese Punkte, die de Jong in späteren Arbeiten stärker berücksichtigt und nicht zuletzt deshalb zu einer erheblich veränderten Sicht insbesondere zu den Unheilsansagen in Jes 28–31 kommt und wie diese sich zu den Ereignissen um 705–701 v. Chr. verhalten (siehe weiter unten).

Angesichts des weitgehenden Fehlens von Kritik an sozialen Umständen in Jes 6–9 und Jes 28–31 stellt sich immer wieder die Frage, wie dem die »Sozialkritik« Jesajas in Jes 1; 3; 5 zuzuordnen ist. Der Untertitel der in Lund angenommenen Dissertation von Olof Bäckersten »An Appraisal of His Alleged Social Critique«29 lässt schon erahnen, dass Bäckersten eine andere Interpretation der gemeinhin als sozialkritisch verstandenen Texte vorschlägt. Seine These lautet: Diese Prophetenworte sind vielmehr als Teil der Kritik an Judas Außenpolitik zu verstehen. Durch die gesamte Studie hinweg zeigt sich (und argumentiert Bäckersten), wie viel für die Interpretation einzelner Prophetenworte daran hängt, wie man ihren (literarischen und historischen) Kontext bestimmt. Bäckersten sensibilisiert in seinem ersten Teil dafür anhand von Jes 28,1–4, hebt darin den metaphorischen Gebrauch der Trunkenheit hervor und widerspricht der Interpretation, hiermit würde Trunkenheit als moralisches und soziales Vergehen kritisiert. In Teil II untersucht er die jeweiligen Unterabschnitte in Jes 5,8–24 (Kap. 3–7), Jes 10,1–4 (Kap. 8) und geht dann auf weitere als sozialkritisch interpretierte Texte ein (Kap. 9: Jes 5,1–7; 28,7–8; 3,1–4,1; Jes 1 sowie Jes 5–12 im Zusammenhang). Teil III fasst die Ergebnisse zusammen. Im Wesentlichen besteht die Argumentation von Bäckersten darin, die (naheliegendere) sozialkritische Interpretation der entsprechenden Texte in Jes 1–39 zu widerlegen. Die dagegen gesetzte Interpretation der Texte als Kritik an der Außenpolitik bleibt eher konturenarm.

Bei aller gebotenen Überprüfung von Vorannahmen und Konzepten von Poetik – hier leidet die Überzeugungskraft erheblich darunter, dass zu jedem Text in Bezug auf wesentliche Lexeme (z. B. zu mišpāṭ »Recht« und ṣedāqah »Gerechtigkeit«) nicht die naheliegende Bedeutung, sondern je der seltene Gebrauch aus kaum vergleichbaren Kontexten herangezogen wird30 und Bäckersten auf Merkmale poetischer Sprache einerseits beständig im Blick auf den metaphorischen Gebrauch insistiert, bei der Einforderung logisch stringenter Argumentation deren typisch verknappende Korrelationen und assoziative Zusammenstellungen jedoch ausblendet bzw. aushebelt (so z. B. zu Jes 5,8–10). Insbesondere übergeht die Studie die grundsätzliche soziale Dimension von Gerechtigkeit, ihre kommunikativen Aspekte und Fragen des Zusammenhalts, wozu natürlich auch die Fragen der politischen Gerechtigkeit gehören, aber eben nur ein Teilaspekt sind.

Schon 1983 hat in einem wegweisenden Aufsatz Peter Machinist31 die Bedeutung des Vergleichs mit neu-assyrischen Quellen für die Jesajaauslegung aufgezeigt, und zwar im Blick darauf, wie assyrische Propaganda in Jesajaworten aufgenommen und subversiv eingesetzt wurde. Hartenstein hat diese nicht nur an formalen und funktionalen Gemeinsamkeiten orientierte, sondern auf inhaltliche Berührungen gerichtete Fragestellung aufgegriffen und in mehreren Einzelstudien verfolgt, die 2011 in einer Aufsatzsammlung veröffentlicht wurden.32 Darin zieht Hartenstein zur Erklärung verschiedener Stellen vergleichbare Motive in Assyrien und Babylon heran. So erklärt er die widersprüchliche Kombination unterschiedlicher Motivik in Jes 8,6–8 aus dem Kulturkontakt mit Assyrien (insbesondere in den Babylon-Inschriften Asarhaddons). Dieses Gerichtswort ist in der Zeit Manasses in Korrespondenz zu Jes 6 in die »Denkschrift« (Jes 6–8*) integriert, mit der die Ablehnung der Botschaft Jesajas dokumentiert und die Ereignisse um 701 v. Chr. als bleibende Verborgenheit JHWHs ausgewiesen werden sollten. Mit Verweis auf Parallelen zu Inschriften Asarhaddons interpretiert Hartenstein das »Ecksteinwort« Jes 28,16 als Stilisierung einer »Bauinschrift« des Königs JHWH im Rahmen der schriftprophetischen Zusammenfassung der Botschaft Jesajas in Jes 28,14–22, mit der eine Wende hin zu Recht und Gerechtigkeit in das zukünftige Handeln des Zion-Gottes zurückverlegt wird, der seine Bindung an Zion nicht aufgibt, aber sich gegenwärtig aus einer schützenden Position in die Verborgenheit zurückzieht. In einem weiteren Aufsatz charakterisiert Hartenstein den »assyrisch-judäischen Kulturkontakt« und zeigt auf, wie die assyrische Propaganda in der jesajanischen Schriftprophetie rezipiert wurde und die »Denkschrift« Jesajas an assyrischer Herrschaftsrepräsentation anknüpft. Auch Hartensteins Beitrag zum Motiv der Rückkehr JHWHs in dem zur Grundschicht Deuterojesajas gehörenden Text Jes 40,1–5.9–11 und dessen Parallelen in babylonischen Texten hat Relevanz für die Interpretation von Jes 1–39. Demnach ist angesichts von Bezügen zwischen Jes 40,1–2 und Jes 6 erst mit der Rückkehr JHWHs die mit Jes 6 eingeleitete unheilvolle Epoche der zornigen Verborgenheit Gottes aufgehoben. Im letzten, bis dahin unveröffentlichten, Aufsatz kommt Hartenstein im Zuge einer Skizze zur Entwicklung der Ziontheologie auch auf entscheidende vorexilische Stufen in der Entstehung von Jes 1–39 zu sprechen. Ihm zufolge haben die Ereignisse um 701 v. Chr. zu zwei gegensätzlichen Interpretationen in Bezug auf Zion geführt. Während in Auseinandersetzung mit neuassyrischen Herrschaftsaussagen, wie in den Königsinschriften und Palastreliefs von Sanherib, Texte wie Jes 17,12–14; Ps 46,1–8; 48,2–8 bereits bestehende Schutzvorstellungen der Stadtgott-Konzeption verstärken und zur Ausbildung einer »triumphalistischen« Ziontheologie als offizieller Position des Jerusalemer Königshofes beitragen, sehen die Propheten Micha und Jesaja in den Ereignissen von 701 lediglich einen Aufschub des sicher bevorstehenden Gerichts Gottes. Die jesajanische Gerichtsperspektive zeichnet Hartenstein anhand von Jes 22 nach, und verbindet damit die Entstehung des Völkerkampfmotivs. »Denkschrift« (Jes 6–8*) und Assur-Zyklus (Jes 28–31) sind schließlich als »Oppositionsliteratur« gegen die offizielle Ziontheologie konzipiert, nehmen dabei in eigener Weise auf neuassyrische Motive Bezug und vermitteln die Gerichtsperspektive als »Archiv« des sich verbergenden Gottes. Nach Hartenstein ändert sich diese Gerichtsperspektive erst in der Zeit Josias, in der eine »Heilsperspektive« zu umfassenden Ergänzungen der anwachsenden Jesajatexte führt, während in der Katastrophe von 587/6 v. Chr. an die enthaltenen jesajanischen Gerichtsansagen angeknüpft werden konnte. Damit hebt Hartenstein die Verkündigung Jesajas, dessen Verschriftlichung als Erweis der Verborgenheit Gottes, Überarbeitungen unter heilstheologischer Perspektive in der Zeit Josias und die Exilszeit als wesentliche Stufen der Entstehungsgeschichte von Jes 1–39 hervor.

Wie für eine solche Rekonstruktion der Titel des Aufsatzbandes »Archiv des verborgenen Gottes« als Leseanleitung funktioniert und sich darin in Anknüpfung an und Weiterführung des wegweisenden Beitrags von Odil Hannes Steck ein umfassender Horizont der Propheteninterpretation anbahnt, ist aus dem unbedingt zu lesenden »Vorwort« zu erschließen.

Im selben Jahr ist eine von Hartenstein betreute Dissertation erschienen: Jan Kreuch, Unheil und Heil. Studien zur Entstehung des Assur-Zyklus Jesaja 28–31 (WMANT 130), Neukirchen-Vluyn 2011 (siehe auch ThLZ 2012, 532–534), untersucht den sogenannten »Assur-Zyklus« (Jes 28–32) hinsichtlich seiner historischen, soziokulturellen, kommunikativen und religions- sowie traditionsgeschichtlichen Hintergründe und erschließt von Jes 22 als wesentlichem Bezugstext den zeitgeschichtlichen Hintergrund von Jes 28–31. Bei Abzug aller »heilvollen Texte« rekonstruiert Kreuch eine umfangreiche »Erstausgabe« vom Ende des 8. Jh.s oder Anfang des 7. Jh.s v. Chr. und deren Struktur. Ob und wie diese mit der Denkschrift (Jes 6–8*) bzw. Jes 1–11* zusammen überliefert wurde, lässt sich für Kreuch nicht klären. Der zeitgeschichtliche Hintergrund wird im Wesentlichen in der Bedrohungssituation seit 713 v. Chr. gesehen, wobei die »Erstausgabe« eine Zeit vom Untergang Samarias 722 v. Chr. (28,1–4) über die Bedrohung Jerusalems 701 v. Chr. (u. a. Jes 29,1–4) bis zu einem endgültigen, noch bevorstehenden Gericht (u. a. Jes 29,5–7) überblickt. Traditionsgeschichtlich sind die Texte wesentlich von der Jerusalemer Kulttradition beeinflusst, gegen deren Heilsgegenwart JHWHs sie sich polemisch wenden. Religionsgeschichtlich spielt v.a. der Einfluss assyrischer Propaganda der Sargonidenzeit eine Rolle, die sie aber nicht kritisch gegen Assyrien verwenden, sondern vor allem aufgreifen, um die Gefahr des Aufmarsches der Assyrer zu betonen und die Übereinstimmung mit dem Gerichtswillen JHWHs sowie der damit verbundenen Kritik an den Jerusalemer Politikern zu legitimieren. Darin wird nicht zur Umkehr aufgefordert – diese ist ausgeschlossen –, sondern Unheil wird angesagt. Lässt Jes 22 noch die Erwartung einer Buße anlässlich der Ereignisse von 701 bei Jesaja oder seinen Tradenten erkennen, setzte sich angesichts der Reaktion der Jerusalemer, die darin einen Hinweis auf die Uneinnehmbarkeit ihrer Stadt sahen, die Einsicht in die Verstockung des Volkes durch. So vollstreckt Assur eine militärische Katastrophe, hinter der sich JHWH verbirgt (Jes 29,1–7). Nach Kreuch gab es weitere, maßgebliche Fortschreibungen in der Zeit Josias, in spätexilischer Zeit und in nachexilischer Zeit nach Mitte des 5. Jh.s n. Chr.

Dieses Buch bietet in vielerlei Hinsicht wichtige Impulse für die Jesajaforschung (und darüber hinaus): Das gilt für die Einzelauslegung, mehr noch aber für die umfangreiche Erschließung möglicher Berührungen insbesondere mit assyrischen Texten, Inschriften und Motiven sowie die methodenkritischen Reflexionen, während die Ausführungen zu synchronen Dimensionen weniger überzeugen.

Kreuch geht ausführlich auf die Kulturkontakte zwischen Assyrien und Juda im 8. Jh. v. Chr. ein. Weit über die Rolle der Emissäre hinaus (siehe zu Shawn Zelig Aster unten) stellt Kreuch die unterschiedlichen Dimensionen der Kontakte unter folgenden Überschriften heraus: (i) Geographie und Handel; (ii) Das Vasallitätsverhältnis Judas; (iii) Materielle Medien der Propagandaübermittlung; (iv) Religiöse Einflussnahme; (v) Die Sprachhürde; (vi) Die Stellung Jesajas und seiner ersten Tradenten in der Jerusalemer Gesellschaft. Das methodenkritische Anliegen zeigt sich in einer Reihe von Exkursen: mit Beobachtungen in assyrischen Texten reflektiert Kreuch zu methodischen Fragen wie Bildwechsel, Wiederholungen und Häufungen, Personenwechsel und weiterem. Demgegenüber schließt sich Kreuch zu synchronen Fragen im Wesentlichen an Barthel an, was sich in seiner Diskussion zu den nachexilischen Fortschreibungen (sowohl hinsichtlich der Beschreibung der Struktur als auch der Funktion der Aufnahme von Motiven auf späteren Textentstehungsebenen) und bei Diskussionen zur Textabgrenzung und -auswahl auswirkt.

Eine weitere Studie, die Jes 1–39 unter intensiver Berücksichtigung der avo. Kontexte von Juda interpretiert, ist Christopher Hays’ Monographie zum Tod in der Eisenzeit II und in der Rhetorik von Texten aus Jes 1–39.33 Im Rahmen seiner Frage nach der rhetorischen Verwendung der Motivik des Todes und damit in Zusammenhang stehender Phänomene in Jes 1–39 bezieht Hays intensiv den kulturellen Kontext des Alten Vorderen Orients mit ein, um die Denkwelt zu erhellen, aus der die Texte von Jes 1–39 hervorgegangen sind. Dafür stellt er dar, wie mit dem Tod und den Toten umgegangen wurde in Mesopotamien (Kap. 1), Ägypten (Kap. 2), Syrien-Palästina (Kap. 3) sowie Israel und Juda (Kap. 4), diskutiert darin ausführlicher auch das Ob und Wie des Einflusses der jeweiligen Kultur auf Juda in der Eisenzeit II, um dann die Texte aus Jes 1–39 näher zu untersuchen, die sich auf das Thema des Todes beziehen und wie sie es rhetorisch einsetzen (Kap. 5). Hays unterteilt diese Texte in vier Kategorien, die sich auch als rhetorische Strategien verstehen ließen: 1) Androhungen eines unglücklichen Lebens nach dem Tod (Jes 14,4–23; 30,27–33; 22,15–19; 36,12); 2) Vergleich der Lebenden mit den Toten (Jes 5,11–17; Wehe-Orakel; Jes 29,1–8; Jes 8,16–9,6); 3) andere Reaktionen auf Totenkulte (Jes 7,10–13; 19,1–15; 28,1–22); 4) Triumph des Lebens über den Tod (Jes 25,6–8; 26,11–21; 38,9–20; 37,4.17). Das abschließende Kapitel fasst wesentliche Ergebnisse der Arbeit zusammen (Kap. 6), die einen wichtigen Beitrag leistet zur religionsgeschichtlichen Entwicklung im 8. und 7. Jh. v. Chr. in Juda überhaupt und der Todesthematik in der Hebräischen Bibel im Speziellen. Hays zeichnet ein komplexes Bild von Todesvorstellungen und darauf bezogenen Praktiken in Israel und Juda in der Eisenzeit II, die sich zudem zwischen der Elite und dem restlichen Volk unterscheiden konnten und einerseits in Kontinuität zu indigenen Traditionen in Syrien-Palästina standen, andererseits vielfältig sowohl aus Assyrien als auch aus Ägypten Einflüsse aufnahmen und mit dem JHWH-Glauben in Beziehung gesetzt wurden. Dabei lässt sich nach Hays gerade auch seit dem 8. Jh. v. Chr. eine neu intensivierte Beschäftigung mit dem Tod in all diesen Kulturen bemerken, an der auch Juda und der Prophet Jesaja Anteil hatten. In den Texten von Jes 1–39 werden der Tod und die damit verbundenen Phänomene durchwegs als etwas Negatives gefasst und begegnen im Zusammenhang mit der Androhung von Gericht gegenüber anderen Königen, Völkern oder auch dem eigenen Volk. In mehreren Texten wird dies aber v. a. auch eingesetzt, um die positive Alternative, JHWHs Angebot von Hoffnung und Leben herauszustellen. Für die Jesajaexegese sieht Hays seinen Beitrag darin, nachzuweisen, in welch großem Maße dabei Vorstellungen aus avo. Kontexten des 8. und 7. Jh.s aufgegriffen, abgewandelt oder auch subtil unterlaufen werden, damit die historische Situation für diese Texte greifbar wird und auf der Ebene der einzelnen Textabschnitte eine wesentlich größere kompositionelle Einheit wahrgenommen werden kann, als es in vielen anderen Studien zu Protojesaja geschieht; so z. B. für Jes 22,15–19; 19,1–15 oder besonders markant Jes 28,1–22. Für Hays lassen sich die von ihm untersuchten Texte zwei Hauptschichten zuweisen, der »dunkleren« (d. h. stärker das bevorstehende Gericht JHWHs hervorhebenden) Schicht, die dem Propheten Jesaja zugeschrieben werden kann, und einer »positiveren« Schicht aus der Zeit des Königs Josia. So nahe diese Unterscheidung zweier Hauptschichten vorausgehenden Jesajastudien ist, die jeweilige Textzuweisung weicht davon erheblich ab. Das trifft besonders auf die Texte aus Jes 24–27 zu, die nicht als späteste protoapokalyptische Ergänzungen angesehen, sondern in die Zeit Josias datiert werden (siehe dazu unten auch seine spätere Monographie zu Jes 24–27).

Dieses Buch ist in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Es bietet eine ausführliche Darstellung zum Thema Tod im Alten Vorderen Orient und in der Hebräischen Bibel. Es untersucht die darauf bezogenen Texte in Jes 1–39 gründlich auf ihre möglichen Parallelen in avo. Kontexten im 8. und 7. Jh. Es nimmt dabei auch die rhetorischen Aspekte in den Blick, kombiniert also inhaltliche und rhetorisch-funktionale Fragestellungen. Es zeigt deutlich, dass in diesen Texten vielfache Bezüge zu Vorstellungen, Motiven und Propaganda in den avo. Kontexten Judas im 8. und 7. Jh. greifbar ist und keine literargeschichtliche Hypothese davon absehen kann. Doch bleibt anzufragen, ob man dabei die Einbindung des je untersuchten Textabschnittes in den größeren literarischen und rhetorischen Zusammenhang (und welche Rolle dieser für die vorliegende Textgestalt spielt), so zurückstellen kann wie bei Hays.

Auch wenn die Motive und deren rhetorische Indienstnahme schlüssig mit der Eisenzeit II verbunden werden können und der jeweilige Text-Abschnitt in diesem Kontext rhetorisch sinnvoll ist, kann die Einbindung in größere kompositionelle Zusammenhänge auf spätere Überarbeitung hinweisen oder muss zumindest diese Möglichkeit mit erwogen werden. Wie bedeutsam diese Gegenproben sind, zeigt sich z. B. an Hays‘ Interpretation zu Jes 8,16–9,6. Nach Hays ist das Verbergen JHWHs vor Jakob dort als Gericht gegen das Nordreich zu verstehen im Kontext des syrisch-ephraimitischen Krieges, das verbunden ist mit der Ansage, dass Assyrien als heilvolle Flut (Jes 8,6) begegnet. Dies aber berücksichtigt nicht ausreichend den Zusammenhang mit Jes 6 (Vv.9–10!).

So drängt sich mit der Arbeit von Christopher Hays – und dessen späterer Studie zu Jes 24–27 um so deutlicher (siehe unten) – einmal mehr die Frage auf, mit welcher Kombination von Interpretationsansätzen und mit welchen Modellen sowohl der auf spätere redaktionelle Stufen hinweisende Zusammenhang übergreifender literarischer Zusammenhänge als auch das theologische und rhetorische Profil der darin verarbeiteten Vorstufen und einzelnen Diskurse mit ihren Zeitbezügen angemessen erfasst werden können.

Neben Monographien haben sich auch einzelne Aufsätze und Aufsatzsammlungen der Frage nach Entstehung und religionsgeschichtlichem Kontext von Jes 1–39 gewidmet. Die in dem von Robert P. Gordon und Hans M. Barstad hg. Sammelband34 enthaltenen Aufsätze gehen auf die Tagung des Edinburgh Prophecy Network im Dezember 2009 am New College der School of Divinity an der Universität von Edinburgh zurück und behandeln verschiedene Aspekte der Prophetie in unterschiedlichen Regionen in der neu-assyrischen Zeit und bieten damit insgesamt anregende Perspektiven auf die historischen, religions-, traditions- und literargeschichtlichen Kontexte von Jes 1–39. Für den hier gesetzten Schwerpunkt sind vor allem vier Beiträge von besonderer Relevanz: Martti Nissinen weist darauf hin, dass Prophetie in der Antike wie in der Moderne ein Konstrukt ist, das bestimmter sozialer Faktoren bedarf, um als solches anerkannt zu sein, und hinterfragt in diesem Zuge grundsätzlich das Bild von Prophetie in der alttestamentlichen Wissenschaft. Mit besonderem Fokus auf dem König als Adressaten vergleicht Robert Gordon neu-assyrische und biblische Prophetie hinsichtlich ihrer ethischen Inhalte und dem enthaltenen »Messianismus«. Joachim Schaper mahnt bei aller grundsätzlichen Zustimmung zum erhellenden Vergleich von neu-assyrischer und biblischer Prophetie zur Vorsicht, die jeweiligen Prozesse der Archivierung und Überarbeitung zu stark zu parallelisieren. Er verweist dabei u. a. auf wichtige »materiale« Aspekte (verschiedene Funktionen von Tafeln), Fragen des Zugangs zu verschriftlichten Prophetenworten und divergierende Adressaten. Hugh Williamson schließlich argumentiert von Beobachtungen zur neu-assyrischen Prophetie, der Gerichtsankündigung in der Bileam-Inschrift vom Tell Dēr Allā und Mi 3,12 her gegen die These von Jesaja als Heilspropheten in Parallele zu neu-assyrischen Hofpropheten, untersucht Jes 8,16–18; 6,9–11; 8,11–15 und votiert dafür, dass am Beginn der schriftlichen Überlieferung von Jesaja sowohl Elemente des Gerichts als auch des Heils enthalten sind.

Nur kurz kann hier auf einen Band hingewiesen werden, der der Verarbeitung der imperialen Ansprüche und Politiken Assyriens, Babylons und Persiens im Jesajabuch gewidmet ist, dabei von sehr unterschiedlichen Interpretationsansätzen geprägt ist, von denen nur einige sich dezidiert den historischen Kontexten zuwenden.35

Der von Andrew T. Abernethy, Mark G. Brett, Tim Bulkeley und Tim Meadowcroft hg. Aufsatzband geht zurück auf die Tagung »Isaiah and Empire«, die veranstaltet wurde von der Laidlaw-Carey Graduate School in Auckland (14.-15. Februar 2011). Von besonderem Interesse für die Interpretation von Jes 1–39 und die vorexilischen Bezüge sind eine Skizze von David Ussishkin zu Sanheribs Expedition gegen Juda um 701 v. Chr. mit starken archäologischen Schwerpunkten, ein Beitrag von Andrew Abernethy zur Aufnahme der assyrischen Politik der Nahrungs-Konfiszierung und -Verteilung in Jesaja’s Botschaft von der Königsherrschaft JHWHs sowie Christopher B. Hays’ Interpretation Jesajas als Prophet des Todes unter der Kolonialherrschaft Assyriens in einer sensiblen postkoloniale Interpretationsansätze aufnehmenden Adaption der afrikanischen Poeten Franz Fanon und Ngugi wa Thiong’o. Daneben betrachten weitere Beiträge Motive durch das gesamte Jesajabuch (Tim Bulkeley: Gottes Souveränität; Joy Hooker: Zion als Symbol), gehen Einzelaspekten zu Jes 40–55 (Judith E. McKinlay zu Berührungen zwischen Jes 40–55 und Klgl; Lena-Sofia Tiemeyer argumentiert gegen einen Ursprung von Jes 40–55 in Babylon; Tim Meadowcroft interpretiert das »Wort Gottes« in Jes 55 als transformative Kraft selbst im Bereich des Imperiums) und Jes 56–66 (eine theologische Interpretation von Jes 56,1 im Kontext des Jesajabuches und unter Aufnahme postkolonialer Theorien durch John Goldingay; Mark G. Brett zu den Gemeinschaften hinter Jes 56–66 unter der persischen Großmacht) nach. Ein lyrisches Experiment zu Jesaja als Barde (Malcolm Mac MacDonald) und Responsen zu den Beiträgen (Mark G. Brett; John Goldingay) beschließen den anregenden Band.

Bei der Konferenz der International Organization for the Study of the Old Testament (IOSOT) 2013 in München hat Konrad Schmid ein Grundsatzreferat gehalten zu den Anfängen des Jesajabuches.36 Darin verbindet er mit Literatursoziologie, Redaktions-, Theologie- und Religionsgeschichte mehrere Fragerichtungen, um die Konturen der Anfänge des Jesajabuches zu ergründen. Er beschränkt sich auf Jes 1–11 und richtet das Augenmerk mit diesen Fragerichtungen auf drei Texte: Er weist das schriftprophetische Profil von Jes 8,1–8 nach und kommt in diesem Zuge zu der methodisch wichtigen Schlussfolgerung einer »gewissen Dissoziation von Tendenzkritik und Literarkritik« (d. h. dass sich die Tendenzkritik gerade nicht literarkritisch plausibilisieren lässt). Schmid verstärkt Erhard Blums These von der in Jes 5*+9,7–10,4* erkennbaren Verlängerung der Amosprophetie. Dabei wertet er die Unterschiede in der spezifischen Gerichtsvorstellung zwischen dem Zentrum in Jes 6+8 einerseits und dem Rahmen in Jes 5*+9–10* andererseits so aus, dass die traditionelle Vorstellung vom Zorn Gottes im äußeren Ring im Zentrum (Jes 6+8) tempeltheologisch reflektiert wird. Schließlich wendet sich Schmid dem Verstockungsauftrag in Jes 6,9–11 zu, den er in die Manassezeit datiert, denn Bildsprache und assyrische Parallelen verweisen auf vorexilische Zeit, letztere und die in Prophetenliteratur kontextualisierte Prophetenberufung aber auf die Zeit nach Jesaja. Abschließend kennzeichnet Schmid den Anfang des Jesajabuches als singuläre Literatur, die sich mangels neu-assyrischer Parallelen eine eigene Gattung geben musste, mit der die unklare geschichtliche Situation nach 701 eine eigene Deutung erfuhr.

Die Zeitschrift Hebrew Bible and Ancient Israel (HeBAI) widmete 2017 eine Ausgabe der Entstehung des Jesajabuches im altvorderorientalischen Kontext (HeBAI 6 [2017], 1–144). Darin gibt der Herausgeber der Ausgabe, Christopher Hays, in der Einführung der Hoffnung Ausdruck, angesichts der riesigen Bandbreite an Entstehungshypothesen mit der Wahrnehmung der altvorderorientalischen Kontexte und der so zur Verfügung stehenden Vergleichsdaten einen größeren, gemeinsamen Konsens zur Entstehung des Jesajabuches zu erreichen. Konrad Schmid bietet einen knappen Forschungsüberblick zu entsprechenden Arbeiten und verstärkt die Forderung nach Korrelation von redaktionsgeschichtlichen Thesen und altvorderorientalischen Kontexten. Seth Sanders vergleicht Motive der prophetischen Gerichtsrede (rîb-pattern) mit Exorzismus und Divination in Mesopotamien. Denen steht angesichts der Gemeinsamkeiten die alttestamentliche Prophetie näher als die sich davon unterscheidende Prophetie in Mesopotamien: sie beziehen sich auf unterschiedliche Quellen des Wissens. Matthijs de Jong weitet in seinem Beitrag das Vergleichsmaterial aus, insbesondere bezieht er die Inschrift von Tell Dēr Allā mit ein. Uwe Becker hingegen argumentiert weitgehend innerbiblisch, dass die Anfänge der Unheilsprophetie als Ansage des uneingeschränkten Gerichts Gottes gegen sein Volk in den frühesten Stufen von Jer 2–6* zu finden sind und von dort auf die Entstehung der Unheilsprophetie im Jesajabuch einwirkte. Hugh Williamson verbindet mit seiner Analyse von Jes 12 das Plädoyer, dass auch alttestamentliche Texte einen Beitrag leisten können für die Literatur im Alten Vorderen Orient (nicht nur umgekehrt). Christopher Hays schlägt ein empirisches Modell der Entstehung von Jes 24–27 vor. Unter Einbeziehung von altvorderorientalischem und vor allem ägyptischem Vergleichsmaterial argumentiert er, dass die ursprünglich königliche Propaganda aus josianischer Zeit später apokalyptisch reinterpretiert wurde.

In den letzten Jahren hat Shawn Zelig Aster in vielen Aufsätzen und Vorträgen den assyrischen Hintergrund für die Interpretation von Jes 1–39 herangezogen. Seine Hauptthese mit vielen Beispielen findet man verdichtet in seinem Buch »Reflections of Empire in Isaiah 1–39«.37 Demnach sind erhebliche Teile von Jes 1–39 im 8. Jh. v. Chr. in Auseinandersetzung mit assyrischer Ideologie entstanden und versuchen dieser entgegenzuhalten, dass allein JHWH Herr ist. Von dieser Hauptthese her wendet sich Aster vor allem gegen die Methode und Ergebnisse der redaktionsgeschichtlichen Jesajaexegese. Dem thematischen Vorgehen der Redaktionskritik setzt er eine »comparative method« entgegen, möchte »linguistisch« vorgehen und sieht darin eine Weiterentwicklung des Anstoßes von Peter Machinist. Insbesondere der These einer josianischen Redaktion im Jesajabuch setzt er den Rückgang assyrischer Macht und Ideologie entgegen. Demnach würden die einer josianischen Redaktion zugeschriebenen Texte auf eine assyrische Ideologie reagieren, die in der Zeit Josias überhaupt nicht mehr von Einfluss war.

Demgegenüber leitet Aster aus den Unterschieden zwischen assyrischer und babylonischer Herrscherlegitimation (assyrische Herrschaft rühmt sich der Ausweitung in die Breite, babylonische Herrschaft rühmt sich der Bauwerke in ihrer Erstreckung in die Höhe) und dem daraus erkennbaren weitgehenden assyrischen Einfluss nicht nur auf Einzelmotive, sondern auf umfassende literarische Einheiten und deren Rhetorik ab, dass die Entstehung eines großen Anteils der Texte von Jes 1–39 in die Zeit Jesajas zu datieren ist. Da jedoch die unterschiedlichen assyrischen Könige jeweils spezifische Schwerpunkte in ihrer Herrschaft und Propaganda zeigen, lassen sich die darauf reagierenden Jesajatexte mit ihrem jeweiligen Assyrienbild in entsprechende Perioden einteilen.

Nach seinen methodischen Vorbemerkungen und der lesenswerten Skizze zu Entwicklungen im assyrischen Raum und der engen Verflechtung von der assyrischen Gottheit Assur und dem assyrischen König in der assyrischen Königsideologie, ordnet er die folgenden Kapitel entsprechend den jeweiligen Perioden und ordnet diesen die Jesajatexte zu. Gegenüber anderen Positionen besonders auffällig ist die Zuschreibung in die Jesajazeit z. B. bei Jes 19,19–25 (früheste Periode zur Zeit Tiglat-Pilesers; 744–727), bei Jes 14,4–21 (Zeit zwischen Sargon’s Tod in 705 und Sanherib’s Belagerung von Jerusalem in 701 v. Chr.), zur jetzigen Gestalt von Jes 1,2–20 (nach 701) sowie zu Jes 2,2–4 (zu Texten gehörig, die eine Erwähnung direkter historischer Ereignisse vermeiden, aber auf assyrische Motive Bezug nehmen und sie untergraben (»subvert«).

Es ließen sich an vielen Textbeispielen eindrücklich die Stärken und Schwächen im Vorgehen Asters illustrieren (vgl. bes. zu Jes 2,2–4 und Jes 6). Man findet in großer Zahl erhellendes ikonographisches und epigraphisches Vergleichsmaterial, plastische Darstellungen zum Eindruck assyrischer Propaganda in den Palastreliefs auf die Emissäre, die jährlich die Tributzahlungen überbrachten und deren Niederschlag in den Motiven der Botschaft Jesajas. Doch ist der ausschließliche Blick in die assyrischen Kontexte nicht ausreichend. An mehreren Stellen behindert oder verstellt die Suche nach Vergleichbarem den Blick für die jesajanischen Texte selbst.

So ist der Vergleich von Jes 6 mit den Reliefs im Thronsaal Assurnasipal’s II. in Bezug auf den Saum und die geflügelten Wesen als Begleiterscheinung erhellend, während die Schlangengestalt in den assyrischen Reliefs weniger prominent ist und sich eher aus den vielen Vorkommen von Schlangenmotiven im Juda des 8. Jh. erklärt. Die Ambivalenz in der Vision in Jes 6 wird überhaupt nicht wahrgenommen (der Rauch, das Beben der Schwellen etc.), und die Interpretation des Verstockungsauftrags ist gänzlich abwegig und kaum nachvollziehbar: hier wird so viel so mehrfach verspottet und subversiv umgestaltet, dass am Ende nicht mehr klar ist, wer eigentlich wie zu wem reden soll.

Sodann wären traditionsgeschichtliche Zusammenhänge und wohl auch andere religionsgeschichtliche Parallelen stärker wahrzunehmen. Vor allem aber kommen buchübergreifende Perspektiven zu kurz und die »Gegenprobe«, wie diese sich auf Verständnis und Entstehungsthesen der Jesajatexte auswirken (können). Wenn gerade in der Rhetorik der literarischen Einheiten umfassendere rhetorische Zusammenhänge erkennbar werden, stellt sich die Frage neu, ob zentrale rhetorische Funktionen assyrischer Motive bei gleichzeitigen übergreifenden Zusammenhängen auf frühe Datierung all dieser Texte verweist oder umgekehrt die vielfachen literarischen Zusammenhänge bei maßgeblicher Einbindung früher assyrischer Motive auf vielgestaltige Entstehungsprozesse deuten. Dass der assyrische Hintergrund viel mehr Beachtung verdient, kann die Studie von Aster sehr gut zeigen. Dass dabei aber redaktionsgeschichtliche und/oder traditionsgeschichtliche Erwägungen und die Erprobung buchübergreifender Zusammenhänge ebenso wenig vernachlässigt werden können, wird ebenso eindrücklich deutlich.

Zumindest erwähnt werden soll hier die von Christopher A. Rollston hg. Aufsatzsammlung »Enemies and Friends of the State«.38 In diesem Band über das Verhältnis der Prophetie zum Staat ist zwar nur ein kleiner Aufsatz explizit Jesaja (und Micha) gewidmet (J. J. M. Roberts: Enemies and Friends of the State: First Isaiah and Micah). Allerdings erhält der Band mehrere hilfreiche Überblicke zu Prophetie in Ägypten, Assyrien, Syrien und Transjordanien, die als Kontexte der alttestamentlichen Propheten überhaupt und für Jesaja relevant sind.

Eine Reihe anregender Studien finden sich in dem von Reinhard Gregor Kratz und Joachim Schaper hg. Aufsatzband »Imperial Visions«39 Dieser geht auf das fünfte Treffen vom Aberdeen (früher: Edinburgh) Prophecy Network zurück, das am Lichtenberg-Kolleg der Universität Göttingen vom 18. bis 21. Oktober 2015 stattfand und im Wesentlichen die Kompositionsgeschichte des Jesajabuches bzw. bestimmter Teile davon in ihrem Verhältnis zur politischen und kulturellen Geschichte der verschiedenen Großreiche diskutiert, in deren Zeit die jeweiligen Teile des Jesajabuches entstanden sind. Die enthaltenen Aufsätze behandeln Beziehungen zum assyrischen Großreich (Teil I), zu den babylonischen und persischen Großreichen sowie zur hellenistischen Zeit (Teil II). Wenngleich nicht in allen Aufsätzen die im Titel des Aufsatzbandes implizierte Auseinandersetzung des Jesajabuches mit imperialen Bildern, Ansprüchen und Gegenbildern im Vordergrund steht, bringen sie je für sich bedenkenswerte Aspekte für die Interpretation des Jesajabuches ein. Mit sehr unterschiedlichen entstehungsgeschichtlichen Thesen tragen Hugh Williamson (zum Jesajabuch) und Reinhard Müller (zu Jes 10,5–15) zur Differenzierung des Assyrienbildes bei. Gleich drei Aufsätze widmen sich den Erzählungen von Jesaja, Hiskia und der Belagerung Jerusalems von sehr unterschiedlichen Blickwinkeln. Jacob Stromberg argumentiert für eine strategische Anordnung der Erzählungen in Jes 7 (Ahab) und Jes 36–39 (Hiskia), die einem spezifischen historiographischen Prinzip folgt, mit dem die (exilischen) Adressaten der Verlässlichkeit und Berechenbarkeit von Geschichte vergewissert werden sollen. Ronnie Goldstein votiert dafür, dass sich in der biblischen Erzählung von der Belagerung Jerusalems eine historische Erinnerung an die Rede des Rabschake erhalten hat und gründet diese These auf eine Neubestimmung der Bedeutung des Verbs ברע im Hitpa‛el (»become my auxiliary force«) und die Annahme einer Beziehung zwischen dem Hebräischen Wort בֶרֶע und dem Akkadischen urbī (»Söldnertruppe«) in den Sanherib-Inschriften. Graeme Auld geht auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen 2Chr 32, 2Kön 18–19 und Jes 36–38 ein und zieht Schlussfolgerungen für die frühere Version, auf die 2Chr zurückgeht, die späte Integration der Version in 2Kön bzw. Jes.

In Teil II präsentiert Uwe Becker nach einer Skizze aktueller Forschungsbeiträge zu Jes 24–27 eine knappe redaktionsgeschichtliche Rekonstruktion zur Entstehung dieser Kapitel. Anja Klein votiert für die Abhängigkeit von Jes 13 von Jer 4–6 und Jer 50–51. Mit bedenkenswerten Überlegungen zum Verhältnis von Verweis auf historische Hintergründe und deren Datierung diskutiert Reinhard G. Kratz persische Einflüsse (neben einigen assyrischen und babylonischen) in Bezug auf Kyrus, Schöpfung, Monotheismus, Universalismus und Dualismus in Jes 40–66 und zieht Konsequenzen für die Entstehung dieser Kapitel. Mit der Frage nach Trito-Jesaja als Widerstandsliteratur und der damit verknüpften postkolonialen Hermeneutik bringt Joachim Schaper eine interessante, ergänzende Perspektive mit ein. Alison Salvesen geht der Frage nach, inwiefern in der Septuaginta-Übersetzung des Jesajabuches aktualisierende historische Anspielungen enthalten sind.

Wie sich Beachtung unterschiedlicher methodischer Ansätze, insbesondere einer rhetorischen Analyse von Jes 6,1–11 und religionsgeschichtlicher Aspekte, die zwischen Gestalt und Inhalt vergleichbarer Texte im avo. Kontext (Assyrien, westsemitische »Bileam-Inschrift« von Tell-Dēr-Allā) differenzieren, für die historische Exegese auswirken, zeigt beispielhaft der Beitrag von Matthijs J. de Jong (Assyria and the Beginnings of the Book of Isaiah. Isaiah 6+8 and 28–31 Revisited). Er argumentiert für eine erhebliche Veränderung in seiner Rekonstruktion der Entstehung der Jesajatexte in assyrischer Zeit gegenüber seiner 2007 veröffentlichten Dissertation (»Revisited«!). Darin kommen insbesondere eine andere Sicht auf die literarische und rhetorische Gestalt von Jes 6,1–11 und das Verhältnis der Unheilsansagen in Jes 28–31 zum assyrischen Kontext zum Tragen. Demzufolge stellen die Ansagen des Unheils in Jes 28–31 nicht (erst) eine Reflexion nach dem Untergang Judas in exilischer Zeit dar, sondern deuten die katastrophalen Entwicklungen von 701 v. Chr. als Strafe für die kollektiven Vergehen in Juda, wie auch in anderen Texten des alten Vorderen Orients Unheil und kollektive Katastrophen auf göttlichen Zorn in Reaktion auf die Vergehen der Menschen zurückgeführt wurden. Auf dieser ersten nach 701 v. Chr. verschriftlichten Zusammenstellung der Botschaft Jesajas in Jes 28–31* basieren die Texte von Jes 6+8*, die schließlich festhalten, dass die Strafe durch den prophetischen Dienst des Jesaja vollzogen wird. An einer Überarbeitung der Jesajaworte in der Zeit Josias hält de Jong hingegen fest und stellt innerhalb des Aufsatzbandes damit auch ein spannendes Gegenüber zu Hugh Williamsons Beitrag dar, der gegen eine solche Redaktion im 7. Jh. v. Chr. argumentiert.

Kürzlich ist mit Jacob Stromberg/J.Todd Hibbard (Hg.), The History of Isaiah. The Formation of the Book and Its Presentation of the Past (FAT 150), Tübingen 2021 schließlich ein Aufsatzband erschienen, der in seiner grundsätzlichen Bedeutung einer umfassenden, eigenen Besprechung bedarf und hier nicht weiter berücksichtigt werden kann.

IV Studien zur Entstehungsgeschichte von Teilabschnitten in Jesaja 1–39



1. Jesaja 1–12 sowie die sogenannte »Denkschrift Jesajas« (Jes 6,1–9,6)



Ein bleibender Bezugspunkt für jegliche Rekonstruktion der Literaturgeschichte des Jesajabuches bleibt Jes 8,16 mit seiner Notiz der Verschriftlichung des prophetischen Zeugnisses. Auf Karl Budde geht die These von einer »Denkschrift Jesajas« im Umfang von Jes 6,1–9,6 zurück, wonach Jesaja seinen Anhängern (»Jüngern«) in schriftlicher Form seine Botschaft anvertraut hat.40 Bei aller bleibenden Klärungsbedürftigkeit über wörtliche oder metaphorische Bedeutung von Jes 8,16, dem Wechsel zwischen »Ich-Bericht« (Jes 6+8) und »Er-Bericht« (Jes 7), dem literargeschichtlichen Verhältnis zwischen Jes 7 und Jes 36–39, der genauen Abgrenzung nach hinten (auf welcher literarischen Ebene?) usw. werden immer wieder Studien zur »Denkschrift« vorgelegt bzw. diese als geeigneter Bezugsrahmen angesehen.

Thomas Wagner, Gottes Herrschaft. Eine Analyse der Denkschrift (Jes 6,1–9,6) (VT.S 108), Leiden; Boston 2006 (siehe auch ThLZ 2007, 639–640), untersucht in seiner Dissertation (Kirchliche Hochschule Wuppertal) die »Denkschrift« unter dem theologischen Aspekt der »Herrschaft Gottes«, was sich aus seinem Überblick zur Forschungsgeschichte und der These von Siegfried Kreuzer zur ursprünglich traditionsgeschichtlichen Trennung von Königtum und Herrschaft Gottes erschließt. Allerdings liegt die Fragestellung angesichts des schon zum damaligen Zeitpunkt problematischen Gebrauchs des Begriffes »Denkschrift« wie auch eines wesentlich umfassender zu verstehenden »Königtums Gottes«, das als basale Metapher – mit einer ganzen Reihe dazugehöriger Bildmotive wie dem Thron, dem Angesicht etc. – aufzufassen ist, nicht unbedingt nahe. Wagner stellt zunächst Übersetzung, Gliederung und literarische Schichtung von Jes 6,1–9,6 dar (Kap. 2), legt jeweils die Grundschicht der Denkschrift in Jes 6 (Kap. 3), Jes 7,1–8,15 (Kap. 4) und Jes 9,1–6 (Kap. 5) aus, charakterisiert die jeweiligen Erweiterungen (Kap. 6) und fasst im abschließenden Kapitel seine Ergebnisse zusammen (Kap. 7). Vielfach überzeugend und gewinnbringend sind vor allem die vielen Einzelbeobachtungen und Interpretationen unter traditionsgeschichtlicher Perspektive und mit intensiver Berücksichtigung von Parallelen, Berührungen mit und Hintergründen im avo. Kontext (z. B. zu den Seraphen, zur Verstockung, zu Jes 9,1–6 u. a.). Weniger überzeugen die literarischen und literargeschichtlichen Ausführungen.

Zur sprachlichen Gestaltung und Gliederung von Jes 6,1–9,6 würde man ausführlichere Diskussionen zu strukturellen Aspekten des Aufbaus sowie eine Auseinandersetzung mit Vorschlägen zum konzentrischen Aufbau von Jes 6–8 oder zum Verhältnis zwischen Jes 7 und Jes 8 (Hinweise auf parallele Anordnung) erwarten. Anzufragen ist, nach welchen Kriterien mehrdeutige Formulierungen durch Annahme von Ergänzungsprozessen auf eine ursprüngliche Eindeutigkeit getrimmt werden können/sollten (insbesondere in Jes 7,10–25), um darin Ergänzungsprozesse zu postulieren. Schließlich leidet die Überzeugungskraft des Nachweises von redaktionellen Ergänzungen der Denkschrift, wenn ausgeblendet bleibt, wo und wie die dazu in Beziehung stehenden Texte an anderen Stellen des Jesajabuches (W. verweist auf Jes 5,1–7; 19,19–22; 30,26; 17,12–14 u. a. m.) vorlagen.

Der »Denkschrift« widmet sich auch Kay Weißflog in seiner Leipziger Dissertation zu den Prophetentexten Hos 1–3 und Jes 7–8, in denen Kinder der Propheten und ihre Namen eine zentrale Rolle spielen: Kay Weißflog, Zeichen und Sinnbilder. Die Kinder der Propheten Jesaja und Hosea (ABG 36), Leipzig 2011 (siehe auch ThLZ 2012, 1337–1339). Darin möchte er den »literarischen Charakter der Texte« dadurch ernst nehmen und würdigen, dass er ihre Aussage- und Wirkabsicht bestimmt, und traditionsgeschichtliche Aspekte der Prophetie erhellt. Dabei geht er in großer Nähe zum kommunikationstheoretischen Textmodell von Christoph Hardmeier vor. Inwiefern Weißflogs These einer literarischen Beziehung zwischen Jes 7–8 und Hos 1–3 überzeugt, wonach Hos 1–3 (als Erweiterung des ursprünglichen Textes Hos 2,4–15) in Abhängigkeit von Jes 7–8 entstanden ist, um eine Leerstelle (die Frage nach den religiösen Ursachen für den in Jes 7–8 enthaltenen Untergang des Nordreiches) zu füllen, muss an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden. Hinsichtlich der Interpretation von Jes 7–8 hingegen eignet sich die Arbeit wegen des reflektierten Textverständnisses, der transparenten Methodik und insbesondere der gründlichen Textauslegung gut als Ausgangspunkt und Prüfstein für jegliche weitere detaillierte Arbeit an Jes 7–8. Sehr gut vermag Weißflog pragmatische Aspekte zu berücksichtigen und die gelegentlich intendierte Mehrdeutigkeit zu erschließen. Man vermisst jedoch weiterführende Ausführungen zum Aufbau von Jes 7–8 (sowie ihr Verhältnis zu Jes 6). Damit zusammenhängend ist die Verwendung des Begriffes »Denkschrift« als formaler Bezeichnung zum einen inkonsequent, wenn Weißflog sich weitgehend auf Jes 7–8 beschränkt, und zum anderen schlicht ungeeignet angesichts der mehrdeutigen Abgrenzung insbesondere nach hinten (warum nicht bis einschließlich Jes 9,6?). Jedenfalls sind die knappen Ausführungen dazu unzureichend und widersprüchlich.

In der 2015 veröffentlichten Dissertation (Aberdeen) Alexander V. Prokhorov, The Isaianic Denkschrift and a Socio-Cultural Crisis in Yehud. A Rereading of Isaiah 6:1–9:6[7] (FRLANT 261), Göttingen 2015 (siehe auch ThLZ 2016, 1351–1354) stellt Prokhorov die These auf, dass die »Denkschrift« in dem gesamten Umfang von Jes 6,1–9,6 in frühnachexilischer Zeit verfasst wurde, um ein konsistentes und kohärentes ideologisches Programm angesichts der Herausforderungen in der persischen Provinz Jehud zu entwerfen. Beachtenswert sind die Bezüge, die er innerhalb von Jes 6,1–9,6 herausstellt und die Beobachtungen, die unter der Fragestellung des enthaltenen »ideologischen Programms« und der damit verbunden Wirkabsicht gemacht werden. Wegen unzureichender Berücksichtigung religionsgeschichtlicher (neu-assyrischer, hethitischer) und traditionsgeschichtlicher (z. B. Ziontradition, JHWH-Königspsalmen) Hintergründe und einer Reihe exegetischer Anfragen vermag die Grundthese jedoch wenig zu überzeugen.

Christof Hardmeier hat durch verschiedene Werke vielfältige Impulse für die Prophetenauslegung überhaupt und zu Jesaja im Besonderen gegeben. In seinem 2013 erschienenen Buch »Geschichtsdivinatorik in der vorexilischen Schriftprophetie«41 fasst er verschiedene, teilweise vorher gekürzt bereits veröffentlichte Studien zu Jesaja, Zefanja und Jeremia unter der These zusammen, die alttestamentliche Schriftprophetie sei eine einzigartige Form der »Divinatorik«, d. h. der zukunftsheuristischen Praxis, mit der »schicksalsbestimmende Zeichen der Götter ermittelt« werden (46). Von der Umwelt und ihrer »technischen Divination«, bei der aus Konfigurationen in der Sach- und Objektwelt auf die gegenwärtige Lage und unmittelbare Zukunft geschlossen wird, unterscheidet sich die alttestamentliche Prophetie, dass der primäre Gegenstand ihrer Beobachtung »Geschichtsverläufe der Zeitgeschichte in Korrelation zu den Verhaltensweisen der politisch verantwortlichen Führungseliten in Gegenwart und Vergangenheit« (48) waren. Diese Beobachtungen setzten die Propheten ins Verhältnis zu dem als personales Gegenüber verstandenen »Geschichtsfaktor« JHWH (vgl. 48). Diese »in religions- und kulturgeschichtlicher Hinsicht […] innovative Transformation zeitgenössischer Divinatorik, die ohne Analogie ist« (S.47), bezeichnet Hardmeier als »Geschichtsdivination«. Die »Schriftlichkeit« sieht Hardmeier als eine konstitutive Form dieser Geschichtsdivinatorik an.

Das Buch enthält 5 Studien, die sich mit Primärstufen und jeweiligen Ergänzungen in Jes 1–11, Jes 22,1–14, Zef 1,1–3,8, Jer 2–6 und Jer 21–23 befassen. Mit enthalten ist der Artikel zu »Totenklage« für das Wissenschaftliche Bibellexikon sowie ein Aufsatz zum biblischen Monotheismus in Auseinandersetzung mit Jan Assmann’s These zur »mosaischen Unterscheidung«. Die Einführung gibt einen Überblick zu den jeweiligen Studien bzw. Aufsätzen und skizziert deren methodischen Ansatz (kommunikationspragmatischer und lesehermeneutischer Methodenansatz) sowie den kulturwissenschaftlichen Theoriehintergrund.

In Bezug auf Jes 1–11 modifiziert Hardmeier die These von Blum: In Jes 1–11* sind drei zunächst unabhängige Primärdiskurse (der »Tag-JHWH-Diskurs«: Jes 1,21–26+2,12–16+3,1–5.12–17.25–26+5,1–6.8–12.18–23 +10,1–4a.28–34+11,1–5; das »Vermächtnis Jesajas«: Jes 6,1–11+7,2–9*.10–14*.16+8,1–8a.11–18; der Diskurs über JHWHs Zorn in der Geschichte: Jes 9,7–10,19*) enthalten, die im Zuge einer »frühjoschijanischen« Bearbeitung zusammengeführt und ergänzt wurden (Jes 1–11*). Die These von der Schriftprophetie als »Geschichtsdivinatorik« versucht H. insbesondere in Bezug auf den Primärdiskurs in Jes 9–10* und die Neubearbeitung in Jes 1–11* in der Zeit Josias zu plausibilisieren. In Jes 22,1–14 sieht H. einen weiteren »Jesaja-Diskurs«, dessen Argumentationsstruktur und textpragmatische Züge er herausarbeitet und die darin erkennbaren Bezüge zur historischen Kommunikationssituation – der Jubelfeier zur Inthronisation Manasses (696 v. Chr.) und der Kritik Jesajas daran – zur Skizze eines historischen Gesamtbildes der Zeit vor und nach 701 v. Chr. heranzieht.

Trotz der nicht leicht zugänglichen Terminologie und Argumentation verdient diese Studie wegen ihrer methodenkritischen Reflexionen, der Beachtung der pragmatischen Aspekte von Sprache und Kommunikation und dem kulturwissenschaftlichen Plausibilisierungsversuch der Gerichtsankündigung Jesajas auch über den Tod des Verfassers hinaus Beachtung.

2. Jesaja 13–23 (Die sogenannten »Fremdvölkersprüche«)



Der Abschnitt, der in der Jesajaforschung meist nur in Kommentaren ausführlicher diskutiert wird, hat in jüngerer Zeit erhöhte Aufmerksamkeit erhalten und dürfte auch in den kommenden Jahren ein spannendes Feld weiterer Forschung werden – die im Deutschen meist als »Fremdvölkersprüche« bezeichneten Worte in Bezug auf andere Völker in Jes 13–23.

Wenigstens hier erwähnt werden soll die Aufsatzsammlung von Else K. Holt, Hyun Chul Paul Kim und Andrew Mein hg. Aufsatzsammlung »Concerning the Nations«.42 Die darin enthaltenen Beiträge gehen auf gemeinsame Sitzungen der jeweiligen Study groups zu Jesaja und Jeremia der Society of Biblical Literature zurück. Weitere Beiträge zu den Fremdvölkersprüchen aus der entsprechenden Ezechiel-Gruppe wurden mit hinzugenommen.

Zu Jes 13–23 findet man gewichtige, methodisch sehr unterschiedlich ausgerichtete Detailstudien zu Jes 22 (Huyn Chul Paul Kim), verschiedene Aspekte der Poetik von Jes 15–16 (J. Blake Couey), zu Jes 19,15 (J. Todd Hibbard) und den Untergang Babels in Jes 13–14 und Jer 50–51 (Willem A. M. Beuken).

Hier soll aber das Augenmerk auf einige hermeneutische Sensibilisierungen in dem Vorwort der Herausgeber, dem einführenden Aufsatz von Marvin Sweeney und dem abschließenden Aufsatz von Steed Davidson gerichtet werden. Zum einen machen Herausgeberin und Herausgeber auf den Anstoß von Marvin Sweeney aufmerksam, im Englischen statt der verbreiteten Formulierung »oracles against the nations« vielmehr von »oracles about / concerning the nations« zu sprechen, um so dem breiteren Spektrum der Texte gerecht zu werden, die keineswegs ausschließlich von einem negativen Ergehen (»against«) der anderen Völker sprechen. Marvin Sweeney identifiziert sodann v.a. zwei Gründe für das meist geringe Interesse an den Fremdvölkersprüchen: 1. deren Inhalte lassen sich nur schwer mit bekannten historischen Ereignissen zu Lebzeiten der Propheten in Verbindung bringen; 2. genaueres Studieren der Verurteilung der Völker ist zurückgetreten hinter das Hauptaugenmerk vor allem bei protestantischen Auslegern auf der Verurteilung Israels in der vorexilischen Zeit, die ein Auftakt zur Inklusion der Völker in den Bund bedeutete. Demgegenüber plädiert Sweeney dafür, dass es in ihnen um JHWH als Souverän geht, der durch die Völker handelt – nicht um ein eschatologisches Desaster – und weist auf die moralischen Herausforderungen ihrer Theologie hin (»In a post-Shoah world, can we truly say that YHWH employs nations to bring punishment against Israel – or anyone else, for that matter?«, S. XX). Steed Davidson schließlich weist auf den Zusammenhang zwischen dem aufkommenden Nationalismus des späten 19. Jahrhunderts und der Wahrnehmung als und Interpretation der oracles against the nations hin und zeigt darin, wie stark historisch-kritische Exegese auch unbewusst von den Bedingungen ihrer jeweiligen Zeit bestimmt ist.

Im Folgenden sollen kurz einige Monographien zu den Fremdvölkersprüchen besprochen werden. Marta Høyland Lavik, A People Tall and Smooth-Skinned, möchte in dieser Dissertation (Oslo)43 anhand einer rhetorischen Analyse von Jes 18 die Einheitlichkeit des Kapitels erweisen. Methodisch kombiniert sie die beiden Verständnisse von Rhetorik als Kunst der Komposition und Kunst des Überzeugens. Dafür analysiert sie in den jeweils identifizierten Strophen von Jes 18 die Textgestalt und einzelne Motive daraufhin, wie sie zum kunstvollen Überzeugen der Adressaten beitragen. Die Hauptthese von L. besteht darin, dass durch eine rhetorische Falle (»rhetorical entrapment«) das Volk JHWHs durch Jes 18 das Gericht angesagt wird, wenn sie in Koalitionen ihr Heil suchen, statt auf JHWH zu vertrauen. Zentral ist dafür eine Motivanalyse zu »Wein und Weinberg« und das daraus folgende Verständnis von Jes 18,5–6: Da sonst der Weinberg auf das Volk JHWHs angewandt ist, muss die metaphorische Sprache in Jes 18,5–6 verstanden werden als Ankündigung des Gerichts gegen Juda, da Juda bei Menschen und nicht JHWH Hilfe sucht (18,1–2). – L. vermag zu zeigen, wie Beob-achtungen zur sprachlichen Gestalt (Rhetorik als Kunst der Komposition) beitragen, den Text als Mittel des Überzeugens wahrzunehmen, und ist damit ein Beitrag zur »Rhetorical Analysis«. Mit der bewussten Ausblendung historischer Aspekte bleibt sie aber hinter dem Stand rhetorischer Analyse prophetischer Texte auch um die Jahrtausendwende zurück, und es zeigt sich bei der Analyse der Motive, dass der Verzicht auf jegliche traditionsgeschichtliche Differenzierung problematisch ist.

Eine entstehungsgeschichtliche Studie zu Jes 18–20 liegt mit der von Hugh Williamson betreuten Dissertation (Oxford) von Paul M. Cook, A Sign and a Wonder. The Redactional Formation of Isaiah 18–20 (VT.S 147), Leiden; Bosten 2011, vor (siehe auch ThLZ 2012, 664–665). Darin widmet er sich der Redaktionsgeschichte von Jes 13–23, wobei das Hauptaugenmerk auf Jes 18–20 liegt. Bei aller thematischen Konzentration auf Kusch und Ägypten bietet sich dieser Abschnitt wegen seines diversen Materials mit Wehe-Wort, Erzählung und einem Spruch mit »massa-Titel« an. Er ist ein »microcosm« der Fremdvölkersprüche. Von dieser Studie gehen eine Reihe wichtiger Impulse aus, sowohl (1) für die redaktionsgeschichtliche Arbeit am Jesajabuch insgesamt als auch (2) für die Diskussion um Umfang und Charakteristika der auf den Propheten Jesaja zurückgehenden Worte und Texte: (1) In Bezug auf die Redaktionsgeschichte (i.) widerlegt Cook überzeugend die These, alle Sprüche, die »massa« im Titel tragen, stellten eine geschlossene Sammlung dar und seien, als entscheidende Phase in der Entstehung von Jes 13–23, zugleich in das Jesajabuch eingefügt worden. Demgegenüber zeigt Cook, dass der »massa-Titel« in Jes 14,28 original ist und der Philistäa-Spruch Ausgangspunkt aller weiteren hinzugefügten Fremdvölkersprüche darstellt, während in Jes 15,1; 17,1; 19,1 der »massa-Titel« sekundär im Zuge der Zusammenstellung hinzugefügt wurde. Es sind also diese Texte stufenweise entstanden und haben ins werdende Jesajabuch Eingang gefunden. (ii.) Ebenso sind bei den Fremdvölkersprüchen ohne »massa-Titel« verschiedene Zeiten der Entstehung wahrscheinlich, von denen einige auf das 8. Jh. v. Chr. zurückgehen. (iii.) In Bezug auf die detaillierte Rekonstruktion zu Jes 18–20, der sich der Hauptteil der Arbeit widmet, argumentiert Cook für zwei unterschiedliche Redaktionsschichten in exilischer Zeit, die die ursprünglichen Sprüche in einen Zusammenhang gebracht bzw. überarbeitet haben und an einzelnen Punkten später weiter ergänzt wurden. (2) In Bezug auf die Protojesajaforschung sind damit auch die Fremdvölkersprüche als Teil vorexilischer Verschriftlichung der Jesajaworte mit zu berücksichtigen.

Im selben Jahr erschien eine ebenfalls auf Jes 18–20 sich konzentrierende entstehungsgeschichtlich ausgerichtete Dissertation (Kampen) von Csaba Balogh »The Stele of YHWH in Egypt«,44 die neben redaktionsgeschichtlichen Gesichtspunkten noch stärker Berührungen mit avo. Kontexten berücksichtigt. B. möchte die Entstehung von Jes 18–20 von ihrem ursprünglichen Kontext bis zur gegenwärtigen Gestalt nachzeichnen und erhofft so zu erhellen, welche Rolle Jes 18–20 für die Entstehung von Jes 13–23 spielt. Durchgehend teilt er die Forschungsfragen auf in literarische, theologische und historische Fragen. Kapitel 2–3 widmen sich dem breiteren literarischen und theologischen Kontext der Fremdvölkersprüche (Kap. 2: Fremdvölkersprüche in anderen Prophetenbüchern; Kap. 3: eine knappe Analyse der einzelnen Prophetien in Jes 13–17 und Jes 21–23). Kapitel 4–6 bieten jeweils detaillierte Studien zu Jes 18–20. Kapitel 7 fasst die Ergebnisse zusammen. – Nach B. ist Jes 13–23 als »Stele JHWHs« zu lesen: In ihrer Anordnung folgten die Redaktoren der vorderorientalischen Gattung der Königsinschriften. Dafür verweist er auf eine Reihe von Motiven, die Jes 13–23 und mesopotamische Königsinschriften bzw. Stelen-Literatur verbinden (sie können aus Platzgründen hier nicht näher ausgeführt werden, verdienen aber unbedingt Beachtung). Für deren Einfluss erwägt er zwei mögliche Szenarien: Entweder kommen die Züge von Jes 13–23, die den Königsinschriften nachempfunden sind, von einer späteren »Tag-JHWHs-Redaktion« der Fremdvölkersprüche, oder eine vorliegende Edition, die an assyrische Inschriften angelehnt war und aus dem 7. Jh. stammte, war denen bekannt, die das Buch im 6. Jh. auf der Basis des Tag-JHWH-Themas geformt haben.

Mit seiner gründlichen Studie vermag B. in seinen Erwägungen zu historischen Kontexten vielfach neue Anstöße zu geben und weithin geteilte Annahmen zu hinterfragen (demnach sind in nahezu allen Kapiteln in Jes 13–23 Anfänge aus dem 8. Jh. v. Chr. erwägenswert – auch in Jes 13 und Jes 19,18–25 –, die dann schrittweise erweitert wurden) sowie viele Motive schlüssig zu erklären. Übergreifende Zusammenhänge insbesondere zu anderen Teilen in Jes 1–39 vermag B. auf der Ebene einzelner Motive oft überzeugend darzustellen, während literarische und kompositorische Zusammenhänge weniger detailliert und entsprechend redaktionsgeschichtliche Thesen stärker zu hinterfragen sind.

In ihrer unterschiedlichen Ausrichtung bieten sich die Arbeiten von Cook und Balogh als höchst anregende Gesprächspartner an, wobei in ihrer umfassenden Berücksichtigung der avo. Kontexte (Ikonographie und Texttraditionen) Baloghs Beitrag über die Studie von Paul Cook hinausgeht. Beide zeigen, wie wichtig eine (kaum anders als arbeitsteilig zu verwirklichende) Korrelation von literarischen, rhetorischen, traditions- und religionsgeschichtlichen Analysen ist.

Eine weitere redaktionsgeschichtlich orientierte Dissertation zu den Fremdvölkersprüchen unter der Betreuung von Hugh Williamson liegt von Jongkyung Lee45 vor. Lee argumentiert für eine durchgehende redaktionelle Überarbeitung vorexilischer Fremdvölkersprüche in Jes 13–23, die von dem Autor oder Autorenkreis von Jes 40–55 vorgenommen wurde, um insbesondere die Worte, die ursprünglich Gericht angesagt hatten, auf die neue Situation in spätexilischer Zeit anzupassen. Die auf eine Redaktion zurückgehenden Ergänzungen umfassen: Jes 14,1–2; 14,26–27; 14,32b; 16,1–4a; 18,7; 19,16–17; 23,8–9.11. Bemerkenswert ist, dass sowohl Texte, die anderen Völkern die Möglichkeit der Teilhabe am Heil JHWHs für sein Volk ansagen (Jes 14,1–2; 14,32b; 16,1–4a; 18,7), darin enthalten sind, wie auch Texte, die bestimmten Völkern JHWHs Gericht ansagen (Jes 14,26–27; 19,16–17; 23,8–9.11). Nach Lee ist die Unterteilung des jeweiligen Ergehens davon bestimmt, welchen Status die jeweiligen Völker zur Zeit dieser Redaktion haben. Die kleinen Völker, die nicht mehr die frühere Bedeutung haben und selbst bereits Gericht erfuhren (Philistäa, Moab, Kusch), erhalten demnach die Möglichkeit, an dem in Zion eröffneten Heil teilzuhaben und Gottes Erbarmen zu empfangen, während mächtigen Völkern (Babel, Ägypten, Tyrus) Gericht angesagt wird. Paradigmatisch dafür ist Lees Analyse von Jes 14. Die zwei Seiten des Verhältnisses zu den anderen Völkern nimmt Lee auch in Jes 40–55 wahr, weshalb diese Redaktion letztlich auf einer Ebene mit der Entstehung von Jes 40–55 steht. Er fasst diese als Einheit, Vorschläge zu deren redaktionsgeschichtlicher Differenzierung gerade auch hinsichtlich der Völkertheologie diskutiert er leider nicht intensiver.

Die Arbeit von Lee ist ein Beitrag zur Völkertheologie in Jes 13–23; 40–55 und den Möglichkeiten ihrer konzeptionellen Geschlossenheit. In Bezug auf Umfang und Theologie der vorexilischen Fremdvölkersprüche in Jes 13–23 sieht er in Jes 14,4b–25 (gegen Assyrien), Jes 14,28–32*, Jes 15–16*, in Jes 18*, in Jes 19* und in Jes 23* (die phönizische Stadt Sidon) die Botschaft, dass JHWH die Völker, die in vorexilischer Zeit zur beständigen Bedrohung Judas wurden, richten wird.

3. Jesaja 24–27 (Die sogenannte »Jesaja-Apokalypse«)



Wie durch ein Brennglas lässt sich die Ausdifferenzierung sowohl der methodischen Ansätze als auch der Entstehungshypothesen zur Entstehung von Jes 1–39 an Studien zu Jes 24–27 ablesen. In der auf eine Greifswalder Dissertation zurückgehenden Arbeit von Reinhard Scholl, Die Elenden in Gottes Thronrat. Stilistisch-kompositorische Untersuchungen zu Jes 24–27 (BZAW 274), Berlin; New York 2000 (siehe auch ThLZ 2001, 1140–1142), werden die Kapitel 24–27 auf ihren redaktionsgeschichtlichen Ort im Jesajabuch hin untersucht, vor allem literarisch-stilistische Aspekte im Nachweis ihrer Einheitlichkeit herangezogen und mit traditionsgeschichtlichen und gelegentlich religionsgeschichtlichen Argumenten auf der Basis von Leitworten der Nachweis versucht, Jes 24–27 im Rahmen der Schlussredaktion des Jesajabuches zu verorten. Stefan Ark Nitsche, Jesaja 24–27: ein dramatischer Text. Die Frage nach den Genres prophetischer Literatur des Alten Testaments und die Textgraphik der großen Jesajarolle aus Qumran (BWANT 166), Stuttgart 2006 (siehe auch ThLZ 2009, 45–47), greift den Ansatz der Prophetenliteratur als dramatischem Text in seiner spezifischen Ausprägung der Arbeiten von Klaus Baltzer46 und Helmut Utzschneider47 auf und entwickelt diesen in Bezug auf Jes 24–27 weiter, wobei ein besonderes Spezifikum die intensive Einbeziehung der großen Jesajarolle von Qumran als empirischer Beweis einer Anordnung nach dramatischen Gesichtspunkten – das heißt bei Nitsche vor allem hinsichtlich der Sprecherwechsel – ist. Lesenswert ist diese Arbeit allein schon deshalb, weil sie einen literaturwissenschaftlichen Ansatz nicht als Alternative zu historisch-kritischen (v. a. traditions- und redaktionsgeschichtlichen) Methoden positioniert, sondern die Verknüpfungsmöglichkeiten andeutet sowie stärker Fragen des öffentlichen Vortrags von Prophetentexten in den Blick nimmt. Mit der Lektüre der Kapitel 24–27 in dem zeitlichen Horizont der »Schauung des Jesaja« von Jes 1,1 her ergeben sich immer wieder spannende Interpretationen zu Einzelaspekten von Jes 24–27. Mögliche Konsequenzen für die Datierung dieser Kapitel und ihren Beitrag zur Entstehung des Jesajabuches berührt Nitsche hingegen nicht.

Besonders zwei Studien befassen sich mit Fragen der Intertextualität von Jes 24–27 und illustrieren zugleich die enorme Bandbreite allein dieses Ansatzes. Während Donald C. Polaski »Authorizing an End«48 stärker ein weites bzw. »globales Konzept« von Intertextualität für seine Untersuchung aufgreift, folgt J. Todd Hibbard »Intertextuality in Isaiah 24–27«49 stärker einem begrenzten bzw. »lokalen Konzept« von Intertextualität50 und untersucht die identifizierten intertextuellen Beziehungen auch nach deren möglicher Richtung der Beeinflussung.

Polaski möchte die sozialen und textlichen Bedingungen für die Entwicklung jüdischer Apokalyptik untersuchen, im Speziellen Jes 24–27 als »proto-apokalyptischer Literatur« aus der Zeit der »Restauration« zwischen 6. Jh. und drittem Viertel des 5. Jh. v. Chr. Für sein Anliegen, den Gegensatz von formaler Eigenständigkeit eines Textes und seiner historischen und sozialen Kontextualisierung zu überwinden, zieht er einen intertextuellen Ansatz heran, mit dem er in den weiteren Kapiteln die Unterabschnitte von Jes 24–27 untersucht. Maßgeblich für ihn ist, dass sich zu (diesen) Texten nicht einfach soziale Kontexte hinter ihnen finden lassen (gegen Paul Hanson und Stephen Cook), sondern dass jeder Text selbst soziale Kontexte schafft, der »as an active participant in the intertextual web of early Restoration Judaism […] intervened in society« (S.360). Er stellt eine soziale und intellektuelle Kraft dar in einer Kultur, die aus beständiger Interaktion zwischen Texten, Institutionen, Ideologien und sozialen Klassen bestand.

Todd Hibbard positioniert sich (demgegenüber) in seiner Dissertation (Notre Dame) im weiten Feld intertextueller Studien in größerer Nähe zur traditionellen Bibelwissenschaft und ihrer Rückfrage nach der Entstehung von Texten. Er identifiziert drei wesentliche Fragestellungen für seine Studie: die Identifikation von Intertexten (Methode der Intertextualität; dafür werden hilfreiche Kriterien aufgestellt), die Funktion der Einbeziehung im neuen literarischen Zusammenhang (literarische Funktion) und die Bedeutung der intertextuellen Bezüge für den Gesamtzusammenhang von Jes 24–27 (Kap. 1) und geht ihnen zu den einzelnen Abschnitten in gut nachvollziehbarer und meist überzeugender Argumentation nach (Kap. 2–5). Im abschließenden Kapitel werden wichtige Kriterien, die jeweiligen identifizierten Intertexte, deren literarische Funktion und thematische Ausrichtung zusammengefasst und weitere Implikationen benannt. Hibbard schlussfolgert, dass Jes 24–27 zu den spätesten Stufen der Entstehung des Jesajabuches zu zählen ist und sieht Hinweise auf eine zutage tretende Jesajatradition, in der das anwachsende Buch je neu ausgelegt wird. Damit trägt gerade das Buch von Hibbard mit einigen neuen methodischen Ansätzen einige neue Perspektiven zur Diskussion um die Entstehung von Jes 1–39 und des Jesajabuches bei.

Obwohl vorrangig der Frage nach der Interpretation metaphorischer Rede gewidmet, zeigen sich einige komplexe Herausforderungen für die Datierung prophetischer und speziell poetischer Texte u. a. in der Studie von Brian Doyle, The Apocalypse of Isaiah Metaphorically Speaking. A Study of the Use, Function and Significance of Metaphors in Isaiah 24-27 (BEThL 151), Leuven 2000 (siehe auch ThLZ 2002, 1279–1282), in der u. a. erkennbar wird, wie Deutung der Texte zur Überwindung des Todes (bei Doyle: metaphorisch) und deren Datierung (bei Doyle dann 6. Jh. v. Chr. denkbar) sich wechselseitig bedingen.

Noch kräftiger rütteln an Grundfesten einer recht breit akzeptierten späten Datierung von Jes 24–27 die beiden Arbeiten William D. Barker, Isaiah’s Kingship Polemic. An Exegetical Study of Isaiah 24–27 (FAT II/70), Tübingen 2014 (siehe ThLZ 2016, 339–340) und Christopher B. Hays, The Origins of Isaiah 24–27. Josiah’s Festival Scroll for the Fall of Assyria, Cambridge 2019 (siehe ThLZ 2022, 191–193). Hays argumentiert für eine sehr konkrete historische Situation als Hintergrund für die Entstehung und spezifische Funktion des Grundbestandes von Jes 24–27: Demnach feiern diese Kapitel den Niedergang des Assyrischen Reiches als Akt der Befreiung durch JHWH und rufen das Nordreich zur Wiedervereinigung mit Juda unter dem König Josia im 7. Jh. v. Chr. auf. Demgegenüber votiert William Baker aufgrund eines einzigartigen ugaritischen Hintergrundes für Jes 24–27 sogar für eine Entstehung im 8. Jh. v. Chr., und damit in der Zeit Jesajas.

Eine detailliertere Darstellung und Kritik dieser Arbeiten kann hier nicht erfolgen. Es zeigt sich gerade auch mit den stetig besser erschlossenen und zugänglichen Vergleichstexten und -bildern der avo. Kontexte, dass im Wesentlichen auf das jeweilige Buch begrenzte literarkritische und redaktionsgeschichtliche Vorschläge ebenso unzureichend sind, wie andererseits mit den Arbeiten von Hays und Barker deutlich wird, dass bei allen Ungewissheiten im Einzelnen, auf traditionsgeschichtliche Differenzierungen und historisch auszuwertende intertextuelle Beziehungen (siehe im Vergleich insbesondere Todd Hibbard!) ebensowenig verzichtet werden kann.51

4. Jesaja 36–39 (Die »Hiskia-Jesaja-Erzählungen«)



Ungebrochen ist das Interesse an der Erforschung der historischen Hintergründe um 701 v. Chr. und der Belagerung (?) Jerusalems durch den assyrischen König Sanherib sowie deren theologischer Deutungen in der Hebräischen Bibel. Im deutschen Sprachraum sind dazu insbesondere die Studien von Erasmus Gaß, Im Strudel der assyrischen Krise (2Kön 18–19),52 und Lida Leonie Panov, Hiskijas Geschick und Jesajas Beistand. Heilstheologische Verarbeitungen der Jesajaüberlieferung in den Hiskija-Jesaja-Erzählungen (AThANT 110), Zürich 2019, zu nennen. Gaß bietet in seiner zweiteiligen Studie eine umfangreiche Diskussion der geschichtlichen Entwicklungen unter Hiskia (153 S.!), auf deren Hintergrund er eine pointierte Interpretation der Jesaja-Hiskia-Erzählung in 2Kön 18–19 vorstellt. Für jegliche Fragen der Chronologie, der Innen-, Außen- und Religionspolitik (Kultreformen) Hiskias stellt der erste Teil mit seiner umfangreichen Zusammenstellung und Gewichtung der entsprechenden relevanten Quellen und Sekundärliteratur einen außerordentlich hilfreichen Ausgangspunkt dar. In Bezug auf die Ereignisse um 701 v. Chr. zeichnet Gaß die durchaus nachvollziehbaren Gründe für den Aufstand Hiskias gegen Sanherib nach, sieht den Hauptschwerpunkt der militärischen Strafaktion gegen Juda in der Schefela (Lachisch), während das Bergland von geringerer Bedeutung war und sich der assyrische König hier auf eine Blockade (nicht Belagerung) Jerusalems beschränkt hat. Gaß erwägt verschiedene Gründe für den Abbruch der Blockade (am ehesten weil sie sowieso zeitlich begrenzt war und vor allem abschrecken sollte; evtl. auch eine Seuche), doch haben die Strafmaßnahmen letztlich zur Rückkehr Hiskias in die assyrische Vasallität geführt, die mit erheblichen Gebietsverlusten, hohen Tributzahlungen und umfangreichen Deportationen verbunden war. Gaß hebt jedoch auch hervor, dass Juda sich sehr schnell wieder »erholt« hat und von einem »Kleinstkönigtum« keineswegs die Rede sein kann. Das ist für seine Hauptthese zur Interpretation von 2Kön 18–19 nicht unerheblich. Nach Gaß ist die ursprüngliche Fassung ein Dokument einer »ausgeprägten Zionstheologie« von der Unbezwingbarkeit des Zion, die »aufgrund des schnellen wirtschaftlichen Aufblühens Judas« (184) schon in der Manassezeit Geltung erlangt haben kann und dezidiert die Botschaft Jesajas kritisiert.

Maßgeblich dafür sind die Reden des Rabschake und die darin vielfach bemerkten wörtlichen Bezüge zur Botschaft Jesajas in anderen Kapiteln des Jesajabuches: Da im Munde des Rabschake Jesajas Kritik am falschen Vertrauen auf Ägypten (in der ersten Rede) und an einer bedingungslosen Ziontheologie (zweite Rede) wiederklingt, und die Ereignisse um Jerusalem all‘ dies als falsch erwiesen haben, geht es in 2Kön 18–19 gegen die Kritik Jesajas gerade um eine Stärkung der Zionstheologie proägyptischer, antiassyrischer Kreise im 7. Jh. v. Chr.

Methodisch und für die historische Kontextualisierung bedeutsam sind die vielen Berührungen mit assyrischen Quellen, die Gaß in den Reden des Rabschake erhellt. Fraglich bleibt hingegen die Interpretation der Hiskia-Jesaja-Erzählung als »bedingungslose Zionstheologie« und Kritik an Jesaja. Da sie nur verständlich wäre bei Zugang zu entsprechenden Jesaja-Worten, wäre genau dieser mit zu thematisieren. Im einzigen bekannten literarischen Zusammenhang (Jes 1–39) stellt sich das Verhältnis demgegenüber wesentlich komplexer dar, nicht zuletzt unter Einbeziehung von Jes 10,5–19 und Jes 14,4–21.

Wesentlich umfassender angelegt ist die Studie von Panov (siehe auch ThLZ 2021, 697–699). Die historischen Hintergründe, für die sie sich auch auf die Studie von Gaß bezieht, werden neben einer Wahrnehmung der synchronen Textgestalt von 2Kön 18–19 und Jes 36–39 bereits in dem einleitenden Abschnitt (A.) als »Annäherung« in den Blick genommen (beschränken sich aber auf die Ereignisse um 701 v. Chr.). In den weiteren Abschnitten diskutiert Panov die unterschiedlichen Textüberlieferungen für beide Textbereiche (B.), deren jeweilige Position im Jesajabuch bzw. den Königebüchern (C.) und stellt die literarischen Bezüge innerhalb des Jesajabuches (D.) und schließlich zu anderen Prophetenbüchern und dem Deuteronomium heraus (E.). Die Ergebnisse werden in einem Schlussabschnitt (F.) umfangreich zusammengestellt. Wesentlich für die literargeschichtlichen Schlussfolgerungen sind die literarischen Verbindungen zwischen Jes 36–39 und dem übrigen Jesajabuch (D.) und das Verhältnis zu Jeremia und Ezechiel (E.). Daraus schlussfolgert sie, dass die »erste Hiskija-Jesaja-Erzählung« (Jes 36–37) mehrfach redaktionell überarbeitet wurde, ihr Grundbestand ursprünglich in der zweiten Hälfte des 7. Jh. v. Chr. verfasst wurde und für sich gestanden hat. Diese Grunderzählung ist stufenweise um den Bericht der zweiten assyrischen Gesandtschaft (Jes 37,9b–14), das Jesajagebet (Jes 37,15–20) und das Spottlied (Jes 37,22b–35) sowie um die »zweite« (Jes 38) und »dritte« (Jes 39) Hiskija-Jesaja-Erzählung ergänzt worden. Eine Integration der anwachsenden Hiskija-Jesaja-Erzählung bot sich sowohl im anwachsenden Jesaja- als auch den Königebüchern an und brachte ihrem theologischen Profil entsprechend jeweils einige weitere individuelle Ergänzungen (Prolog und Epilog in 2Kön; Hiskia-Psalm in Jes 38) mit sich.

In der ausführlichen Beachtung sowohl der verschiedenen literarischen Kontexte für beide Versionen unter Beachtung der synchronen Textgestalten als auch der textkritischen Fragen mit ihrer Relevanz für die literargeschichtlichen Hypothesen stellt die Arbeit von Panov mit ihrem transparenten und vorsichtig abwägenden Vorgehen für jegliche weitere Arbeit an Jes 36–39par den maßgeblichen Referenzpunkt dar. Doch sind die Datierungsannahmen mit weiteren avo. Quellen zu vergleichen (siehe unten zu D. Kahn) und ist die ausschließliche »heilstheologische« Interpretation differenzierungsbedürftig. Gerade die Darstellung Hiskias in Jes 39 kommt zu kurz, und es stellen sich erhebliche Fragen bei einer eher Hiskia-kritischen Interpretation. So wird leider gar nicht diskutiert, inwieweit die Darstellung Hiskias in Jes 39 eher kritisch ist, und was dies für die Rezeption von Jes 36–39 insgesamt bedeutet. Und berücksichtigt man die teleskopische Verlängerung von JHWHs Gerichtshandeln in Jes 6,11–13, scheint die von Jesaja in Jes 29–31 angekündigte Umkehrung der Verstockung sich doch nicht so ungebrochen in Jes 36–39 zu realisieren, wie Panov das annimmt.

Neben weiteren Werken von Lester Grabbe,53 Peter Dubovský54 und Nazek Khalid Matty55 sei zumindest noch hingewiesen auf Dan’el Kahns Arbeit »Sennacherib’s Campaign against Judah«,56 in der die gewachsene Bedeutung der gründlichen Wahrnehmung der Geschichte, Archäologie, Text- und Bildzeugnisse der avo. Kontexte gut sichtbar wird. Kahn argumentiert zum einen auf der Basis literarkritischer Beobachtungen zu Brüchen und Spannungen für zwei verschiedene zugrundeliegende Quellen sowie einer redaktionellen Überarbeitung in Jes 36–37 und schließt auf der Basis jeweils darin erkennbarer Bezüge zu weiteren avo. Daten auf ihre Datierung in die Zeit Sanheribs (Quelle BI), die Periode zwischen 683–671 v. Chr. (Quelle BII) und die Zeit der Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar II. (Schicht BIII). Kahn argumentiert anschließend für eine Priorität von Jes 36–37 gegenüber 2. Kön 18–19 und reflektiert über den Ort von Jes 36–37 innerhalb von Jes 36–39 sowie innerhalb des Jesajabuches.

V Kommentare zu Jesaja 1–39



Die Umbrüche in der Jesajaforschung spiegeln sich zunehmend auch in den Kommentaren wider, die in den letzten gut 25 Jahren erschienen sind. Dies kann durchaus auch für die Verwendung lange etablierter Methoden gelten. So zieht Marvin Sweeney, Isaiah 1–39 (FOTL), Grand Rapids: Eerdmans 1996 (siehe auch ThLZ 1997, 545–546), die Formkritik nicht für die Rekonstruktion authentischer Prophetenworte heran, sondern macht sie für die rhetorische Analyse größerer Textabschnitte fruchtbar. Unter Einbezug historischer Hintergründe kommt er damit einerseits zu einem recht umfangreichen Bestand von Texten, die auf Jesaja zurückgehen, und hat andererseits maßgeblich zur Revitalisierung der These einer josianischen Redaktion beigetragen.57,

Um die Jahrtausendwende sind, der gestiegenen Aufmerksamkeit auf der Endgestalt des Jesajabuches folgend, einige Kommentare mit theologischem Schwerpunkt zum gesamten Jesajabuch von profilierten Theologen des Alten Testaments erschienen: Walter Brueggemann, Isaiah 1–39; ders., Isaiah 40–66;58 Brevard S. Childs, Isaiah (OTL), Louisville 2001 (siehe auch ThLZ 2002, 1159–1161); John Goldingay, Isaiah (NIBC)59. Trotz ihrer Konzentration auf die kanonische Endgestalt blendet keiner dieser Kommentare Fragen der Entstehungsgeschichte aus. Sie folgen vor allem der etablierten Grobeinordnung in vorexilische (Jes 1–39*), exilische (Jes 40–55) und nachexilische (Jes 24–27; 56–66) Entstehung, konzentrieren sich sonst vor allem auf die buchübergreifenden Zusammenhänge. Childs geht in der jeweiligen Einführung zu den Unterabschnitten am intensivsten auf Fragen des historischen Hintergrunds und der Entstehung der jeweiligen Abschnitte ein und profiliert damit am Jesajabuch »seinen« kanonischen Ansatz. Brueggemann bezieht sich auf den kanonischen Endtext, um die Vielstimmigkeit der Rhetorik der jeweiligen literarischen Abschnitte zu erschließen und darin das befreiungstheologische Potential zu betonen. Die besondere Nuance in Goldingay’s Kommentar besteht in der intensiveren Beachtung struktureller, rhetorischer und poetischer Merkmale. Damit zeigen sich in diesen drei Kommentaren recht unterschiedliche Ziele in der Konzentration auf die »Endgestalt« bzw. »final form« des Jesajabuches. Brueggemann möchte vor allem die distinkte Stimme bzw. Stimmen des Jesajabuches selbst herausarbeiten. Stärker gesamtbiblisch orientiert sind die Kommentare von Childs und Goldingay. Vielfach diskutieren sie Bezüge auch zum Neuen Testament und versuchen dabei die historische (so stärker Childs) bzw. rhetorische und literarische Kontextualisierung (so v. a. Goldingay) hermeneutisch sensibel einzubeziehen und zu reflektieren.

In etwa zeitgleich veröffentlicht, aber gerade in Bezug auf umfassende, buchübergreifende Zusammenhänge im Jesajabuch wesentlich skeptischer ist der Kommentar von Joseph Blenkinsopp, Isaiah 1–39 (Anchor Bible Commentary 19), New York u. a. 2000 (siehe auch ThLZ 2002, 275–277; zu Isaiah 40–55, 2000 siehe ThLZ 2003, 379–381; zu Isaiah 56–66, 2003 siehe ThLZ 2004, 370–372). Zu Jes 1–39 hebt Blenkinsopp die großen Unterschiede besonders in der Darstellung des Propheten Jesaja zwischen seinen Worten (v.a. Unheilsansage) und den Erzählungen über Jesaja (Heilsprophet) hervor. In der Tendenz folgt Blenkinsopp konventionellen Modellen der Entstehung von Jes 1–39; im Detail weicht er gelegentlich mit bedenkenswerten Gründen ab. Er rechnet mit umfangreichen Jesajaworten aus der Zeit des syrisch-ephraimitischen Krieges, der Zeit des Aschdod-Aufstandes unter Sargon II. und der Zeit um 705–701, die möglicherweise Jesaja selbst in Reflexion auf die (ausbleibende) Reaktion seiner Hörer verschriftet hat. Über Jahrhunderte kam es zu weiteren Ergänzungen und Aktualisierungen. Dabei mag auch zur Zeit Josias eine Überarbeitung stattgefunden haben, doch weist Blenkinsopp kritisch auf das enge Zeitfenster und die keineswegs so positive Erwartungshaltung in der Zeit Josias hin. Wesentlich waren hingegen die schrittweisen Ergänzungen in der Zeit der babylonischen und persischen Herrschaft. Zur Zusammenschließung mit dem anwachsenden Korpus von Jes 40–66 ist es recht spät gekommen. Abgeschlossen liegt des Jesajabuch in der Zeit zwischen Alexander dem Großen und Antiochus IV. Epiphanes vor. Die Stärken des Kommentars liegen vor allem in der philologischen Arbeit und Vorschlägen zu Detaillösungen.

In diesem Zuge bietet es sich an, auf den Aufsatzband von Joseph Blenkinsopp »Essays on the Book of Isaiah«60 hinzuweisen. Er versammelt verschiedene frühere sowie fünf bis dahin unveröffentlichte Aufsätze zur Interpretation unterschiedlicher Teile, Themen und historischer Fragen des Jesajabuchs. Ein Schwergewicht bilden Beiträge zu Deuterojesaja: dessen babylonischer Hintergrund, für den Blenkinsopp sich stark macht, religionsgeschichtliche Gesichtspunkte unter Bezug auf Ahura Mazda (persisch) und Marduk (babylonisch), theologische Themen und mehrere Beiträge zum Gottesknecht als prophetischer Gestalt und deren Anhänger. Die Beiträge, die in Bezug auf Protojesaja und dessen Einbettung im Jesajabuch relevant sind, umfassen zum einen Einzelfragen (Rekonstruktion der Entstehung von Jes 2,6–22; Interpretation des »Bundes mit dem Tod« in Jes 28,14–22 vor allem auf dem Hintergrund von Ugarit und dem chtonischen Gott Mot; Vorschlag zur Interpretation des Lehrers in Jes 30,20 als einer prophetischen Gestalt in deren Anhängerkreis) und stellen zum anderen vor allem den »unversöhnlichen« Gegensatz zwischen dem Jesaja der Reden als Künder von Gottes Gericht und dem Jesaja der Erzählungen als Heilsprophet heraus. In einem Aufsatz zu den verschiedenen Versionen über die babylonische Delegation bei Hiskia (2Kön 19; Jes 39; 2Chr 32,31) zeichnet Blenkinsopp ein zu Jesaja korrespondierendes widersprüchliches Hiskia-Bild im Jesajabuch. Gerade diese Vielschichtigkeit in dem diversen Material des über Jahrhunderte gewachsenen Jesajabuches dient Blenkinsopp im einleitenden Aufsatz als Vergleich für den Kanon der Hebräischen Bibel und für die Notwendigkeit historisch-kritischer Exegese. Eine gezieltere Einführung in den Aufsatzband findet man leider nicht, was gerade auch für die undurchsichtige Logik der Aufsatzanordnung hilfreich gewesen wäre.

Einer der bedeutendsten Beiträge zur alttestamentlichen Wissenschaft in jüngerer Zeit – nicht nur im deutschen Sprachraum, aber dort besonders – muss in der Entwicklung und Etablierung der Kommentarreihe »Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament« durch Erich Zenger gesehen werden. Programmatisch soll diachrone und synchrone Auslegung zusammengehalten und in der Interpretation die weitere Wirkungsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung des jüdisch-christlichen Dialogs einbezogen werden. Nahezu alle Beiträge in der Reihe haben sich zu Standardwerken entwickelt. Das gilt auch für die inzwischen vollständige Kommentierung des Jesajabuches durch Willem Beuken (Jes 1–39 in 3 Bänden) und Ulrich Berges (Jes 40–66 in 3 Bänden). 2003 ist der erste Band von Willem Beuken zu Jes 1–12 erschienen.61 Wie nur wenige vermag Willem Beuken in seinem Kommentar zu Jes 1–12 diachrone und synchrone Herangehensweisen zu verbinden. Man findet insbesondere im Bereich der Forschung zu Jes 1–39 nur wenige, die so intensiv die synchrone Gestalt untersuchen und beschreiben, wie Willem Beuken in seinen Kommentaren zu Jes 1–39 (zu seinen Kommentaren zu Jes 13–27 und Jes 28–39, siehe ThLZ 2008, 1072–1073 und ThLZ 2011, 1164-1165), und noch weniger, die dies zusammenbringen mit einer überschaubaren, aber viele Aspekte berücksichtigenden redaktionsgeschichtlichen Rekonstruktion ihrer Entstehung. Hier etwas vereinfacht, rekonstruiert Beuken die Entstehung von Jes 1–39 wie folgt: die drei großen Abschnitte Jes 1–12; 13–27 und 28–39 gehen auf drei Sammlungen von Jesaja-Worten zurück, die zunächst unabhängig voneinander entstanden sind und schrittweise erweitert und ergänzt wurden: die »Immanuel-Schrift« (Jes 6,1–8,18*), Worte über andere Völker (14,28–32; 17–19*; 20; 22) und fünf Wehe-Worte aus der Zeit zwischen 705–701 v. Chr. (Jes 28–31*+32,9–14). Zunächst wurden die »Immanuel-Schrift« durch einen Prolog (Jes 5,1–7) und Epilog (8,23–9,6) und die Wehe-Worte um die Verheißung einer gerechten Regierung (Jes 32,1–8) sowie der vorherige Abschluss mit dem Aufruf zur Klage durch eine Verheißung des Geistes (Jes 32,15–20) in der Zeit Josias (»Assur- oder Josia-Redaktion«) ergänzt. Die weiteren Textergänzungen zur erweiterten Immanuelschrift verliefen kleinschrittiger, zunächst um Jes 5,8–30 und Jes 9,7–10,4 und dann in weiteren Etappen. Im Exil wurden unter Ergänzungen Jes 1–12* und Jes 28–32* zu einer Gesamtschrift zusammengeführt, während die Fremdvölkersprüche für sich weitertradiert und um die Babylonsprüche ergänzt wurden. Sowohl Jes 36–39 als auch Jes 24–27 sind zunächst unabhängig von der Jesajaschrift entstanden und in unterschiedlichen Prozessen ins Jesajabuch integriert worden. Eine besondere Rolle spielt Jes 33, das nach Beuken im Kontext des Großjesajabuches verfasst wurde und sowohl Bezüge zu Jes 1–32 als auch zu Jes 40–66 enthält. Mit der intensiven Einbeziehung weiterer Sekundärliteratur, der fairen Darstellung verschiedener Interpretationen mit ausgewogenen und vorsichtigen, eigenen Urteilen, mit den enthaltenen Abbildungen avo. Ikonographie und der sensiblen Synthese in den zusammenfassenden Interpretationen zu jedem Abschnitt ist der Kommentar von Willem Beuken (zu Jes 1–12 und insgesamt zu Jes 1–39) die Referenz der Jesajaauslegung und bietet einen bedeutenden Gesamtentwurf zur Entstehung von Jes 1–39.

Die andere Referenz – bisher zumindest zu Jes 1–12 – mit gegenüber Beuken markant gegensätzlichen Positionierungen zu entscheidenden Eckpunkten der Jesajaauslegung stellt der Kommentar von Hugh Williamson dar, eine Neubearbeitung in der stark philologisch ausgerichteten Reihe »International Critical Commentary«. Bisher sind zwei Bände zu Jes 1–12 mit einem Umfang von 1120 Seiten erschienen (der dritte Band zu Jes 13–27 ist in Arbeit): Hugh G. M. Williamson, A Critical and Exegetical Commentary on Isaiah 1–27. Vol. 1: Isaiah 1–5 (ICC), New York; London 2006 (siehe auch ThLZ 2007, 1065–1067), und ders., A Critical and Exegetical Commentary on Isaiah 1–27. Vol. 2: Isaiah 6–12 (ICC), London u. a. 2018 (siehe auch ThLZ 2019, 754–757). Jeder Abschnitt wird in 4 Teilen bearbeitet: (1) Übersetzung; (2) versweise Erklärungen zu textkritischen und philologischen Problemen; (3) Anmerkungen zum jeweiligen gesamten Abschnitt: (a) seine Position im Jesajabuch, (b) poetische Gestaltung; (c) Form bzw. Gattung; (d) Kompositionsgeschichte des Abschnittes; (4) exegetische Erklärungen. (Erst) der zweite Band bietet in einer knappen Einführung sowohl eine kleine Zusammenfassung dessen, wie Williamson Jes 1–12 auf der Ebene der Endgestalt des Jesajabuches liest, als auch eine knappe Skizze dessen, wie er sich die Entstehungsgeschichte hinter Jes 6–12 vorstellt, die er dann gegen wichtige andere Vorschläge detailliert wieder zu jedem Abschnitt und Unterabschnitt begründet. Zu einigen wesentlichen Positionen von Williamson zu (1) Aufbau, (2) Entstehung und (3) Hermeneutik der Entstehungshypothesen: 1) In Bezug auf den Aufbau wendet sich Williamson gegen Vorschläge einer konzentrischen Struktur von Jes 1–12 und führt u. a. Parallelen und Kontraste zwischen Jes 2–5 (bestimmt durch bevorstehendes Gericht) und Jes 6–11 (von Jes 6,6–7 her Nebeneinander von Gericht und Heil) an. 2) Für die Rekonstruktion der Entstehung des Jesajabuches ist streng zwischen punktuellen Fortschreibungen und buchumgreifenden Redaktionen zu unterscheiden. Er hält es für legitim, mit Entwicklungen in der Theologie und Verkündigung Jesajas zu rechnen und argumentiert für die Sammlung recht umfangreichen jesajanischen Materials in zeitlicher Nähe zu Jesaja. Eine Redaktion von Jesajaworten oder einer bereits bestehenden Sammlung in der Zeit Josias, d.h. eine »Assur-Redaktion« bzw. »Josianische Redaktion«, hält Williamson für unwahrscheinlich. Die weitere Entwicklung kristallisiert sich in drei weiteren Zeitabschnitten: i) Unter dem Eindruck der babylonischen Invasion wurde die jesajanische Sammlung durch einzelne Ergänzungen in exilischer Zeit aktualisiert. ii) Dann sieht Williamson die erste umfangreiche Redaktion im Zuge der Integration der vorexilischen jesajanischen Sammlung (mit den exilischen kleinen Ergänzungen und Fortschreibungen) im Zuge der Entstehung von Jes 40–55, die Jes 2–55* erstellt hat (in Fortführung seiner These der deuterojesajanischen Redaktion von Jes 2–55* in: The Book Called Isaiah, Oxford 1994). iii) Die zweite bedeutsame Redaktion steht im Zusammenhang mit der Entstehung der Schlusskapitel des Jesajabuches und hat in Jes 6–12 nur gering eingegriffen; in Jes 1–5 ist sie hingegen recht umfangreich.

Etwas detaillierter, wenngleich immer noch vereinfachend, lässt sich für Jes 1–12 folgendes Bild der Entstehung nach Williamson zeichnen: Es lassen sich in Jes 1; 2–3; 5; 6; 8; 9–11 Worte von Jesaja finden, dessen Wirksamkeit und Theologie in verschiedene Phasen einteilbar ist (so z. B. Jes 1,11–18; 5,1–7 in erster Phase, während Jes 5,8 ff. eher zur zweiten Phase gehören). Die früheste Sammlung ist nach Williamson in Jes 6,1–11.13a+Isa 8,1–4+5–8a+11–17 zu finden – als Niederschrift im Zuge eines zeitweiligen Rückzugs angesichts der Ablehnung seiner Hoffnungsbotschaft während der syrisch-ephraimi- tischen Krise, auf die hin Gott mit Gericht durch die Assyrer antworten wird.

Jes 7* ist (wie Jes 20 und Jes 36–39) im 7. Jh. unter Einbeziehung jesajanischer Traditionen unabhängig entstanden. Die bestehende Sammlung von Jesajaworten ist nach dem Untergang Jerusalems an einzelnen Stellen fortgeschrieben und ergänzt worden.

In spätexilischer Zeit wurde dieses Material umfangreich ergänzt (als Einführung Jes 2,1–4 unter Aufnahme des exilischen Wortes Jes 2,2–4; sodann: 2,8b.9.19; 3,8–9; 5,14.17; die Umstellung von Jes 5,25–29 an jetzigen Ort zusammen mit Ergänzung um Jes 5,30; 8,21–23a; 11,11–16; Jes 12) im Zuge der redaktionellen Arbeit an dem von Deuterojesaja konzipierten »exilischen Jesajabuch«, Jes 2–55*.

In nachexilischer Zeit hat es weitere Ergänzungen (umfangreicher in Jes 2–5; kaum in Jes 6–11) und die Komposition von Jes 1 im Zuge der Schlussredaktion des Jesajabuches gegeben.

Ein wichtiger Beitrag besteht nicht zuletzt in der hermeneutischen Reflexion und Plausibilisierung der Entstehungshypothesen: Eine der wesentlichen (hermeneutischen) Herausforderungen besteht darin zu erklären, wie inhaltlich deutlich auf die Zeit Jesajas bezogene Worte entstehungsgeschichtlich einzuordnen sind, wenn sie in einem seiner Kompositionsgeschichte nach als spät einzustufenden Text vorkommen. Paradigmatisch dafür ist Williamson’s Vorgehen zu Jes 1, bewährt sich aber auch zu anderen Texten (z. B. Jes 3; 5). Seine Lösung besteht im Vorschlag von »Umstellungen«: ursprünglich an anderen Stellen platzierte Texte wurden bei einer späteren Redaktion in einen anderen Zusammenhang eingeordnet (Bsp.: Jes 1,2b–3 stand ursprünglich zwischen Jes 30,8 und 30,9). Was also kompositionsgeschichtlich als spät identifiziert wird (Zusammenhang in Jes 1), ist für Einzelteile dennoch literargeschichtlich plausibel in anderen Textzusammenhängen als früher entstanden denkbar.

Wie alle Arbeiten von Hugh Williamson markieren auch seine Kommentare in ihrer detaillierten und gründlichen Argumentation einen der zentralen Bezugspunkte in jeglicher Beschäftigung mit der Exegese und Theologie des Jesajabuches.

Weit weniger umfangreich und doch höchst informativ (vor allem in der Einleitung sowie in der Kommentierung bis einschließlich Jes 9,1–6 + Jes 11) ist der Kommentar von Konrad Schmid zu Jesaja 1–23.62 Eine der großen Stärken von Konrad Schmid besteht darin, dass er knapp die wesentlichen Positionen in der Forschung gerade auch im Blick auf ihre Unterschiede darstellen und zusammenfassen kann und darin eine gute Orientierung gibt. Dies ist auch in dem Kommentar zu Jes 1–23 zu fassen. Dabei verzichtet Schmid nicht auf eine eigene Skizze zur Entstehung des Jesajabuches. Meist ist die Einzelauslegung so dargestellt, dass die eigene Position erkennbar wird (Schmid datiert häufiger als z. B. Beuken oder Williamson einen Text eher ins 6. Jh. v. Chr.), der jeweilige Text aber auch in anderen historischen Kontexten (8. Jh. v. Chr.) verstehbar ist.

Es ist (noch) kein umfassendes Bild der Entstehungsgeschichte des Jesajabuches – insbesondere von Jes 1–39* – bei Schmid erkennbar. Seinem Doktorvater O.H. Steck folgend, rechnet Schmid mit einem späten Zusammenschluss von Jes 1–39* und Jes 40–62* durch den Brückentext Jes 35 in hellenistischer Zeit. Er skizziert die wesentlichen politischen Entwicklungen der fünf Jahrhunderte, in denen das Jesajabuch entstanden ist und ordnet einige Texte den jeweiligen Epochen zu (In assyrischer Zeit war Jesaja zunächst Heilsprophet für die davidische Dynastie, insbesondere Jes 7,1–9. Nach dem Untergang des Nordreiches kommt der Gedanke des Schuld-Strafe-Zusammenhangs mit nach Süden; in diesem Zuge gibt es Einflüsse auf die Symbolnamen der Prophetenkinder [Jes 7,3; 8,1–4 von Hosea] und das Kehrversgedicht in Jes 9,7–10,15 [von Amos]. Eine erste Niederschrift ist in der Zeit Manasses anzunehmen – bei Schmid eher heilstheologisch ausgerichtet. Diese wird in der Zeit Josias u. a. mit Ergänzung durch Jes 9,1–6 als erfüllt angesehen. Die babylonische Herrschaft und der damit verbundene Untergang Jerusalems wird unheilstheologisch gedeutet – und entsprechend Ergänzungen eingebracht. Ausdrücklich erwähnt wird Babylon in Jes 13–14; 39; 47. Implizit sind aber auch Texte wie Jes 1,4–9.10–17; 2,6–22; 3,1–11; 5,1–7 darauf zu beziehen. Für die persische Zeit identifiziert Schmid zunächst nur wenige explizite Verweise in Jes 45,1; 48,20–21 und 47; um 445 v. Chr. entstehen Texte wie Jes 56–59 sowie Jes 4,3–6; 10,20–22; in die hellenistische Zeit datiert er Jes 34,2–4; Jes 35; Jes 63–66). Der These einer eigenständigen »Denkschrift Jesajas« scheint Schmid eher skeptisch gegenüberzustehen. Ihm zufolge ist eher mit einer größeren (Ring-)Komposition von Jes 1–11* aus der Zeit Manasses zu rechnen, in der älteres (jesajanisches) Material enthalten ist. Davon zunächst unabhängig könnte es eine Sammlung von Fremdvölkersprüchen gegeben haben (Jes 14,4b–19; 17*; 18–20*), die in babylonischer Zeit umfangreich überarbeitet wurde (Jes 13). Leider wird im vorliegenden Kommentar nicht erkennbar, wie Jes 28–32 in die Entstehungsgeschichte eingebunden ist.63 Gerade aber von der Bewertung dieser Kapitel und ihrer Entstehungsgeschichte dürfte viel abhängen, wie die »Unheilsverkündigung« in Jes 1–11* zu bewerten ist: Schmid lässt ohne Berücksichtigung von Jes 28–31* offen, ob Jes 8,5–8 aus der Zeit um 701 v. Chr. oder nach 587 v. Chr. (er scheint dies zu bevorzugen) stammt; dies hat wiederum erhebliche Auswirkungen darauf, in welchem Umfang und mit welchem theologischen Profil der Grundbestand von Jes 1–11* eingeschätzt wird. Die These von einer Josia-Redaktion hingegen nimmt Schmid auf – mit dem Zentraltext Jes 9,1–6 und Veränderungen im Assur-Bild z. B. in Jes 10.

Vor allem mit der Einleitung und dem Kommentarteil zu Jes 1–12 kann der Kommentar von Schmid eine gute, erste Anlaufstelle sein, mit der man einführend über wichtige historische Hintergründe, wesentliche Herausforderungen und Alternativen der Auslegung sowie einige theologische Schwerpunkte informiert wird. Gelegentlich sind das Verständnis erhellende Abbildungen aus weiteren avo. Kulturen einbezogen. Nach Jes 13 bleibt die Kommentierung dann jedoch sehr knapp.

Auf weitere Kommentare kann hier nur kurz verwiesen werden:

Patricia K. Tull64 legt Jes 1–39 weitgehend den Kapiteleinteilungen entsprechend aus, berücksichtigt einerseits die unterschiedlichen historischen Kontexte von der Zeit Jesajas bis weit in die Zeit des Zweiten Tempels, in denen die Texte entstanden und neu interpretiert wurden, andererseits die diversen Kontexte unterschiedlicher Religions- und Interpretationsgemeinschaften in der gegenwärtigen Zeit, um über die Möglichkeiten der Anwendung der historisch kontextualisierten Botschaft in der Gegenwart zu reflektieren.

Eine gelungene kompakte Gesamtauslegung des Jesajabuches findet man bei Hyun Chul Paul Kim.65 Das Ziel der Kommentarreihe umfassend erfüllend, greift Kimeklektisch verschiedene Interpretationsansätze auf, wo sie besonders geeignet sind, den jeweiligen Text auszulegen. Beobachtungen zu Struktur, poetischen Stilmitteln, zur Gattung, zu intertextuellen Bezügen, historischen Hintergründen, Parallelen zu weiteren avo. Kontexten, gelegentlich rhetorische Überlegungen und theologische Reflexionen werden je dann eingebracht, wo es für die Interpretation angemessen ist. Der Vorteil eines solchen eklektischen Vorgehens wird im Kommentar von Paul Kim auf jeder Seite erkennbar: er vermag auf engstem Raum so viele Aspekte einzubringen, wie nötig sind. Hinsichtlich der Struktur des Jesajabuches nimmt Kim eine konzentrische Anordnung an, die er auch für viele Unterabschnitte ausmacht. Als maßgebliche historische Hintergründe hebt er den Syrisch-Ephraimitischen Krieg, Sanherib’s Invasion und die Einnahme Babylons durch Kyros II. hervor, zu denen er jeweils auch assyrische und babylonische Inschriften (zitiert nach Context of Scripture I–III) anführt. Er führt hilfreich in die Debatten um Ausmaß und Auswirkungen des Exils ein – sowohl für die Gruppe der Exulanten als auch die im Land Verbliebenen – und nimmt dafür auch Studien zur »Traumaliteratur« auf. Im Blick auf die Theologie des Jesajabuches hebt er fünf dialogische Spannungen hervor (Gerechte vs. Frevler; Licht vs. Finsternis; menschliches Königtum vs. Königtum Gottes; Universalismus vs. Partikularismus; Zion-Jerusalem vs. Jakob-Israel) und vermag dabei besonders das Zusammenspiel von Form und Inhalt herauszustellen. Es ist bei aller Kürze ein höchst informativer Kommentar, der keine neuen Entwicklungen zur Entstehung von Jes 1–39 bzw. des Jesajabuches anstoßen will, die entscheidenden Eckpunkte in der Interpretation aber beachtet, dabei umfangreich auch jüngste Sekundärliteratur verarbeitet hat und so ein wertvoller und guter Startpunkt für eine intensivere Beschäftigung mit dem Jesajabuch darstellt.

Auch der Kommentar von J. J. M. Roberts zu Jes 1–3966 kann hier nur kurz angezeigt werden, da er nur schwer auf aktuelle Entwicklungen zu beziehen ist (und das auch gar nicht will; siehe unten). In seinem Kommentar geht Roberts in vielerlei Hinsicht eigene Wege. Er hat seinen Schwerpunkt in der Auslegung von Einzelsprüchen, die vor allem in ihrem Verhältnis zur Ziontradition (wie Roberts sie versteht bzw. rekonstruiert) und unter Beachtung avo. Kontexte ausgelegt werden. Er hat keine Bedenken, erhebliche Teile von Jes 1–39 dem Wirken Jesajas selbst zuzuschreiben. Lediglich Jes 13; 24–27; 34–35 und 36–39 sind aus einer späteren Zeit als Jesaja, während mit wenigen kleineren und größeren Ergänzungen Jes 1–23; 28–33 auf Jesaja selbst zurückgehen. Nach Roberts verweisen die identifizierbaren Einzelsprüche deutlich auf bestimmte historische Ereignisse, was er als ausreichend für die Entstehung der Texte und ihre Interpretation ansieht. Durch ihre Beziehungen zu etablierten Traditionen (v. a. Ziontradition und deuteronomische Bundestheologie) und zu Parallelen in avo. Kontexten können die Einzelsprüche vielfach auf die Zeit Jesajas zurückgeführt werden. Demgegenüber beschäftigt sich Roberts wenig mit übergreifenden Redaktionsprozessen über das gesamte Jesajabuch hinweg, da seine Interpretation auf Jes 1–39 begrenzt ist und er die generelle Entwicklung hin zur redaktionsgeschichtlichen Erforschung kritisch sieht; diese Prozesse seien kaum rekonstruierbar. Auch literarische Strukturen und Kompositionen größerer Abschnitte finden keine Beachtung.

So wird man in diesem Kommentar vor allem eine markante Position zum Profil der Ziontradition sowie zu Einzelaspekten der Auslegung gelegentliche bedenkenswerte Vorschläge insbesondere für Berührungen mit Texten und Motiven in weiteren avo. Kontexten finden (einige Beispiele: für die Wortbedeutung von »Bier« in 5,11–13 diskutiert Roberts die mögliche Herleitung aus dem Akkadischen oder Ägyptischen; das Baal-Epos wird für 5,14 herangezogen, Inschriften von Sargon II. und Sanherib für Jes 10,5–15, zu Jes 11 Parallelen in Ägypten und Assyrien zur Erwartung einer gerechten Regierung und Sorge um marginalisierte Gruppen; Jes 14,4–21 verknüpft Roberts mit dem Tod von Sargon II., erklärt Jes 19 auf dem Hintergrund ägyptischer und assyrischer Quellen, übernimmt zu Jes 28 die These von C. Hays zum ägyptischen Hintergrund, vergleicht Jes 29,15–16 mit der Prophetie von Mari, erwägt zu Jes 30,1–5 Parallelen in den Inschriften von Assurbanipal und Bezüge zu ägyptischen Prinzen usw.).

VI Einleitungen und Handbücher zu Jesaja



Schließlich sind in den vergangenen Jahren eine Reihe von Einführungen, Handbüchern und Gesamtdarstellungen zum Jesajabuch erschienen, worin sich nicht zuletzt die Bedeutung und die Fülle an Herausforderungen zur Interpretation des Jesajabuches widerspiegeln.

Bereits in der Reihe »Biblische Gestalten« hat Ulrich Berges eine ansprechende Einführung zu Jesaja und sein Buch, dessen historische Hintergründe und Entstehungsgeschichte sowie dessen Wirkungsgeschichte vorgestellt: Ulrich Berges, Jesaja. Das Buch und der Prophet (Biblische Gestalten 22), Leipzig 2010 (siehe auch ThLZ 2011, 873-875). Darin zeichnete sich deutlicher der auch in seinen Kommentaren zu Jes 40–54 angedeutete Lektürevorschlag ab, das gesamte Jesajabuch als einen dramatischen Text zu lesen.

Zusammen mit Willem Beuken hat Ulrich Berges dann 2016 eine noch stärker auf die Endgestalt des Jesajabuches und deren Theologie konzentrierte Einführung verfasst: Ulrich Berges/Willem A. M. Beuken, Jesaja. Eine Einführung (UTB 4647), Göttingen 2016 (siehe auch ThLZ 2018, 474–476). Die beiden über viele Jahrzehnte zusammenarbeitenden Verfasser der nun vollständig vorliegenden Kommentierung des Jesajabuches in der Reihe »Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament« bieten mit dieser Einführung vor allem eine Möglichkeit, die großen Linien des Jesajabuches in den Blick zu nehmen, die in ihren ausführlichen Kommentaren im Detail studiert werden können.

Berges und Beuken teilen das Jesajabuch in 7 Teilkompositionen (I. Jes 1–12; II. Jes 13–27; III. Jes 28–35; IV. Jes 36–39; V. Jes 40–48; VI. Jes 49–54; VII. Jes 55–66), die jeweils in Akte und Szenen unterteilt sind. Nach einer kurzen Einführung zur Forschungsgeschichte zum Jesajabuch bieten sie im Hauptteil zur jeweiligen Teilkomposition eine Anleitung zu deren (synchroner) Lektüre, in die gelegentlich, aber zurückhaltend »diachron reflektiert«, vor allem ihr eigenes Verständnis der Entstehungsprozesse einfließt. Jeder dieser Abschnitte zu den Teilkompositionen mündet in eine lesens- und berücksichtigenswerte Zusammenfassung zu ihren wesentlichen theologischen Inhalten. Gerade letztere theologische Profilierung der einzelnen Abschnitte stellt eine willkommene eigenständige Ergänzung dar, die man sonst selten findet. Insbesondere für Studierende und Leser mit weniger Spezialwissen zum Jesajabuch bietet sich hier eine enorm hilfreiche Anleitung, das Jesajabuch in seiner Endgestalt intensiver kennenzulernen, und denen, die mit den umfangreichen Kommentaren von Beuken und Berges arbeiten, auch den Wald vor lauter Bäumen noch zu sehen.

Ebenfalls als Einführung in die Lektüre der Endgestalt des Jesajabuches bietet sich das Buch von Andrew Abernethy an.67 Darin stellt er die wesentlichen Texte zum Königtum Gottes im Jesajabuch zunächst in den jeweiligen Hauptteilen (1. Jes 1–39; 2. Jes 40–55; 3. Jes 56–66) vor und mit welchen theologischen Themen sie jeweils verknüpft sind. In den beiden abschließenden Teilen skizziert Abernethy dann die menschliche Vermittlung der Königsherrschaft Gottes (durch den davidischen Herrscher in Jes 1–39, den Gottesknecht in Jes 40–55 sowie dem Gottesboten in Jes 56–66) und die Bereiche, in denen die Königsherrschaft Gottes zur Wirkung kommt (der Kosmos und Zion sowie das Volk Gottes). Überlegungen zur differenzierten Entstehung des Jesajabuches sind nicht im Fokus dieses Buches; für erste Berührungen mit seinen verschiedenen theologischen Inhalten und deren sinnvoller Gewichtung kann es eine gute Anleitung sein.68

In der zügig sich etablierenden »Oxford Handbook«-Reihe hat Lena-Sofia Tiemeyer eine klug konzipierte Einführung zu wesentlichen Aspekten der Auslegung des Jesajabuches herausgegeben69 und für die 36 Beiträge jeweils Spezialistinnen und Spezialisten in ihrem Feld gewinnen können.

Unterteilt ist das Handbuch in 8 Teile: (I) Lediglich zwei Aufsätze befassen sich (zu knapp) mit Fragen zur Entstehungsgeschichte des Jesajabuches. (II) Leider ohne eigenen Beitrag zu Jes 1–12 führen fünf Beiträge zu einzelnen Teilen des Jesajabuches ein. (III) Drei Aufsätze skizzieren den neu-assyrischen, babylonischen und persisch-hellenistischen Kontext als »Welt hinter dem Text«. (IV) Zu Themen und literarischen Motiven, die sich durch das Jesajabuch ziehen, finden sich neun Einträge (Charakter Gottes; Monotheismus; Sünde und Strafe; Jerusalem/Tochter Zion; Davidisches Königtum; Exil; Knecht/Knechte; Weisheit; Eschatologie). Man vermisst darunter aber so wesentliche Themen wie Recht und Gerechtigkeit, Verstockung, die anderen Völker oder den Tag JHWHs. (V) Zum literarischen Charakter des Jesajabuches sind zwei Beiträge zu poetischen Aspekten70 und ein Beitrag zum Gebrauch von Metaphern enthalten. (VI) Die wesentlichen Text- und Übersetzungstraditionen zum Jesajabuch werden in jeweils eigenen Aufsätzen (Qumran, griechische, aramäische, lateinische Übersetzungen) behandelt. Unterschiedliche Interpretationsgemeinschaften kommen mit Teil VII (fünf Beiträge zu Jesaja in Religiösen Traditionen: jüdische Auslegungstraditionen; Jesaja im Neuen Testament; Post-Schoa-Lektüren; kanonische bzw. gesamtbiblische Interpretation; Jesaja in Kunst und Musik) und VIII (fünf Beiträge zu kontextuellen bzw. ideologischen Interpreta-tionen: feministische, postkoloniale, befreiungstheologische, afrikanische und asiatische Interpretationskontexte) in den Blick.

Für einen ersten Einstieg in den Inhalt des Jesajabuches sind viele Beiträge zu spezifisch und fokussiert. Wer aber in die unterschiedlichen Aspekte wissenschaftlicher Interpretation des Jesajabuches eine solide Einführung sucht, findet mit diesem Handbuch eine hervorragende Basis.

VII Ausblick



Wenngleich viele der Fragen, die vor 25 Jahren bereits virulent waren oder besonders intensiv angestoßen wurden, weiter diskutiert werden und sich nicht einfach erledigt haben, so schaut man auf diese Fragen und entsprechende Lösungsvorschläge vielfach anders. Gewichtungen haben sich verändert, hermeneutische Sensibilisierungen haben zugenommen, empirische Daten sind hinzugetreten, einfache Lösungen scheiden aus.

1. Buchübergreifende Themen und Motive und die Frage nach den Methoden



Die Zahl der Untersuchungen zu buchübergreifenden Themen und Motiven hat weiter zugenommen, das Maß der Verknüpfungen zwischen den Buchteilen weiter zutage gefördert und dafür eine Ausdifferenzierung methodischer Ansätze beigetragen. Es zeigt sich dabei, dass allein der Aufweis der Verbindungen unzureichend ist. Einen Beitrag leisten solche Studien vor allem dann, wenn sie methodisch reflektiert aufweisen, wie die Themen und Motive sowohl in ihren unmittelbaren literarischen Kontext als auch das Gesamtbuch integriert sind (oder eben auch nicht), zur Argumentationsstruktur bzw. kommunikativen Strategie (»Rhe- torische Analyse«) beitragen und dabei die konzeptionellen Differenzierungen nicht nivellieren, sondern nuancieren. Gerade deshalb gewinnen entsprechende Untersuchungen umso mehr, je entschlossener sie ihre Analysen angesichts literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Arbeiten bewähren, die ihrem Ansatz nach auf genau diese Differenzen ausgerichtet sind (und nach wie vor beispielhaft in den Arbeiten von O. H. Steck zu finden sind).

2. Zur Entstehung von Jesaja 1–39 und der Frage der Methoden



Neben der bleibenden Frage nach dem Verhältnis der Entstehung von Jes 1–39 und Jes 40–66 mit entsprechenden Auswirkungen auf die textgenetische Rekonstruktion von Jes 1–39 sind es v.a. drei Fragekomplexe, die nicht nur einfach andauern, sondern sich in ihrem Wechselverhältnis mit ergänzten methodischen Ansätzen und in methodenkritischer Reflexion mit neuer Vehemenz stellen. Sie betreffen 1) die Gestalt und inhaltlichen Konturen der Erstverschriftlichung der Jesajaprophetie in neu-assyrischer Zeit, 2) die Plausibilität und Rekonstruktion des Ursprungs der Unheils- bzw. Gerichtsankündigung gegen das Volk Gottes und den Einfluss der Ereignisse von 722/720 v. Chr. (Untergang des Nordreiches) bzw. von 587/6 v. Chr. (Untergang Judas) darauf sowie 3) das Für (Sweeney, Barthel, Eidevall, Hartenstein, Hays, de Jong) und Wider (Becker, Williamson, Aster, Berges) einer Redaktion in josianischer Zeit.

Eine (rein) literargeschichtliche Herangehensweise, wie sie vor 25 Jahren in der Blüte der redaktionsgeschichtlichen (Propheten-)Exegese unter heftiger Abgrenzung gegen die Formkritik dominierte, hat sich als unzureichend erwiesen. Dagegen wirken sich auf alle drei Fragekomplexe die intensivierte traditionsgeschichtliche Erforschung, vor allem aber der Einbezug der Texttraditionen und Ikonographie der avo. Kontexte sowie weitere archäologische, linguistische und rhetorische Forschung aus. Bedürfen diese in jedem Einzelfall der gründlichen Prüfung, stellt sich grundsätzlicher die Frage nach dem Verhältnis von historischer Kontextualisierung von Einzelmotiven, Rhetorik größerer literarischer Einheiten und Schlussfolgerungen auf die Kompositionsgeschichte: Der Nachweis des Bezugs auf assyrische Propaganda in der Rhetorik einer größeren literarischen Einheit ist in sich kein Erweis für deren Entstehung im 8. Jh. v. Chr., zumal wenn dabei buchübergreifende Verbindungen oder traditionsgeschichtlich wahrscheinlich später entwickelte Motive in der entsprechenden Texteinheit ausgeblendet werden. Doch ebensowenig ist für alle Inhalte einer Passage eine späte Entstehung ausgemacht, wenn sie insgesamt kompositionsgeschichtlich spät entstanden ist (wie z. B. in Jes 1).

Mit der Plausibilisierung von »Umstellungen« (siehe bes. Sweeney, Williamson) lassen sich hier Differenzierungen wahrscheinlich machen. Gleichzeitig könnten weitere Erkenntnisse aus der empirischen Forschung von Verschriftlichungs-, Editions- und Schreibprozessen Konturen für die Gestalt und Umfang von Prophetenwortsammlungen beitragen, die nicht einfach in die Prophetenbücher eingingen, aber unter deren Verwendung letztere entstanden sind.71 In dieser Hinsicht ist auch die Debatte um die Arbeit von Benjamin Ziemer zu den begrenzten Möglichkeiten der Rekonstruktion von literarischen Vorstufen anhand nur eines vorliegenden Textes mit zu berücksichtigen.72 In all diesen unterschiedlichen Entwicklungen zeichnet sich auch ab, dass eine »Dissoziation von Tendenzkritik und Literarkritik« (Schmid) nicht ohne Weiteres übergangen werden kann.

3. Der Hermeneutische Zirkel –



Zur Notwendigkeit der Verknüpfung verschiedener Methoden



Versteht man den hermeneutischen Zirkel nicht als Legitimation für zirkulare Argumentation, sondern als Prozess der kritischen Prüfung der für das Verstehen unerlässlichen Vorannahmen,73 wird man die Umbrüche in der Jesajaforschung in den vergangenen 25 Jahren nicht als Krisensymptom auffassen müssen. Sie haben Teil an der notwendigen Sensibilisierung und bleibenden Aufgabe zu erschließen, wie stark Auslegungstraditionen (von Religionsgemeinschaften) und geistesgeschichtliche Kontexte die Methodik und den Rahmen gerade auch der historisch-kritischen Exegese bestimmen. So bleibt es z. B. kritisch zu prüfen, ob bzw. wie die christliche Eschatologie Einfluss auf die Bestimmung von Jes 24–27 als protoapokalyptische, und damit späte, Texte hat (so kritisch v. a. Marvin Sweeney und Christopher Hays) oder wie nachhaltig geistesgeschichtliche Kontexte des 19. Jahrhunderts auf die Exegese der »Fremdvölkersprüche« einwirken (so z. B. Steed Davidson).

Des Weiteren ist zwar das häufige Nebeneinander von synchronen und diachronen Studien eine pragmatisch verständliche Arbeitsteilung, doch wäre deren wechselseitige Beeinflussung noch konsequenter zu berücksichtigen und zu reflektieren – bis hinein in mögliche Auswirkungen auf die jeweilige Methodologie. Zumal dort, wo synchrone Exegese auf transparenter Methodik aufbaut (z. B. Rhetorische Analyse), können diachrone Studien von den so erarbeiteten literarischen Charakteristika nicht absehen. Gleich- falls profitieren synchrone Studien von den Nuancierungsgraden in diachronen Studien und müssen traditions- und religionsgeschichtliche Differenzierungen auch innerhalb einer literarischen Einheit integrieren.

In diesem Literaturüberblick zeigt sich, wie in den zurückliegenden 25 Jahren Literatursoziologie, Redaktions-, Theologie- und Religionsgeschichte stärker miteinander kombiniert wurden, sich wechselseitig beeinflusst haben und welche fruchtbringenden Perspektiven dies auf entscheidende Fragen der Interpretation von Jes 1–39 erbracht hat. Und es deutet sich an, dass gerade auch die historische Profilierung der Auslegung von Jes 1–39 im Rahmen des ganzen Jesajabuches weiter gewinnt, wenn die historisch orientierten Fragestellungen noch konsequenter mit den ästhetischen nach der Funktion von Metaphern und der Argumentationspräsentation bzw. Umsetzung kommunikativen Handelns (»Rhetorische Analyse«) verknüpft werden (wie etwa der Beitrag von M. de Jong in Schaper/Kratz 2018 zeigt).

So manche der Fragen von vor 25 Jahren halten sich durch, aber sie stellen sich inzwischen anders. Angesichts der langen Rezep- tionsgeschichte des Jesajabuches74 bildet sich in diesem Literaturüberblick nur ein marginaler Ausschnitt ab. Aber wie diese gibt er Zeugnis von der Lebendigkeit des hermeneutischen Zirkels in der Interpretation dieses gewichtigen wie faszinierenden Ausschnittes der biblischen Tradition und von der lohnenden Aufgabe der Überprüfung der eigenen Vorannahmen in der Interpretation der Botschaft des Propheten Jesaja.

Fussnoten:

1) Vgl. demgegenüber den Literaturbericht vor ca. 35 Jahren bei Christof Hardmeier, Jesajaforschung im Umbruch, VuF 31 (1986), 3–31.

2)Berges, Ulrich:Das Buch Jesaja. Komposition und Endgestalt. Freiburg i. Br., Basel u. a.: Herder 1998. 591 S. = Herders Biblische Studien, 16. Geb. ISBN 9783451265921.

3) Vgl. seine Kommentare zu Jes 40–48; 49–54; 55–66 in HThK.AT sowie seine Einführung (siehe unten).

4) Blum. Erhard: Jesajas prophetisches Testament. Beobachtungen zu Jes 1–11. Berlin: De Gruyter. ZAW 108 (1996) 4, 547–565.

5) Im Einzelnen zählt Blum, ZAW 1996, 550, Anm. 16, dazu: Jes 1,21–26; 2,7. 10.12–17; 3,1–7*12–15.16-24 (3,25–4,1?); 5,l–7.8–12.18–24a.24b–29;6,1–11; *7,1–8,18; 9,*7–20; 10,l–4.*5–15.27b*–34;11,1–5. Die hier wie im Original fettgedruckten Abschnitte sind nach Blum für die Komposition des »Testament Jesajas« neu verfasst, während die anderen Stücke auf vorherige mündliche Worte und schon verschriftlichte Sammlungen zurückgehen können.

6)Melugin, Roy F., and Marvin Alan Sweeney [Eds.]: New Visions of Isaiah. Sheffield: Continuum International Publishing Group 1996. 323 S. = Journal for the Study of the Old Testament, 214. Geb. ISBN 9781850755845.

7) Diese Aufteilung begegnet in dieser Begrifflichkeit in der Einführung der Herausgeber (S.21), hat sich inzwischen aber besonders in Bezug auf »postmodern« als unzureichend erwiesen. Einerseits wird eher von »Spätmoderne« gesprochen und andererseits sind die stark divergierenden, oft ideologiekritischen, Ansätze kaum mit dem undifferenzierten und unspezifischen Begriff der Postmoderne angemessen repräsentiert.

8)Evans, Craig A., and Craig C.Broyles [Hgg.]:Writing and Reading the Scroll of Isaiah. 2 Vol. Leiden: Brill 1997. 474 S. = Vetus Testamentum, Supplements, 70/1 u. 70/2. EUR 472,92. ISBN 9789004110274. u. ISBN 9789004109360.

9) Vgl. Claire Mathews McGinnis/Patricia K. Tull: »As Those Who Are Taught«. The Interpretation of Isaiah from the LXX to the SBL (SBL.SS 27), Atlanta 2006 (s. ThLZ 2008, 507–509); A. Everson u. a. (Hg.), The Desert Will Bloom: Poetic Visions in Isaiah, Atlanta: 2009; J. Todd Hibbard/Huyn Chul Paul Kim (Hg.), Formation and Intertextuality in Isaiah 24–27 (Ancient Israel and Its Literature 17), Atlanta 2013.

10) Vgl. Hendrik Jan Bosman/Harm van Grol (Hg.), Studies in Isaiah 24–27 / The Isaiah Workshop – De Jesaja Werkplaats (OTS 43), Leiden 2000; Archibald L. H. M. van Wieringen (Hg.), «Enlarge the site of your tent«: the City As Unifying Theme in Isaiah; the Isaiah Workshop - De Jesaja werkplaats (OTS 58), Leiden 2011.

11) Vgl. z. B. R. Cohen (Hg.), Isaiah’s Vision of Peace in Biblical and Modern International Relations: Swords Into Plowshares, New York 2008; Michaël N. van der Meer (Hg.), Isaiah in Context: Studies in Honour of Arie van der Kooij On the Occasion of His Sixty-Fifth Birthday (VT.S 138), Leiden 2010.

12)Firth, David G., and Hugh G. M. Williamson [Eds.]: Interpreting Isaiah. Issues and Approaches. Nottingham, Downers Grove: Apollos/IVP Academic 2009. 288 S. Kart. ISBN 9780830837038.

13)Bautch, Richard J., and J. Todd Hibbard [Eds.]:The Book of Isaiah. Enduring Questions Answered Anew. Essays Honoring Joseph Blenkinsopp and His Contributions to the Study of Isaiah. Grand Rapids u. a.: Wm. B. Eerdmans 2014. 242 S. Kart. US$ 35,00. ISBN 9780802867735.

14) Block, Daniel I., and Richard L.Schultz [Eds.]:Bind Up the Testimony. Explorations in the Genesis of the Book of Isaiah. Peabody: Hendrickson 2015. Kart. XVIII, 354 S. US$ 33,99. ISBN 9781619705999.

15)Müller, Reinhard:Ausgebliebene Einsicht. Jesajas Verstockungsauftrag (Jes 6,9-11) und die judäische Politik am Ende des 8. Jahrhunderts. Neukirchen-Vluyn: Neukirchner Verlag 2012. 128 S. = Biblisch-Theologische Studien, 124. Kart. EUR 25,00. ISBN 9783788725631.

16)Köhler, Wolfgang: Die Verstocktheit Israels im Jesajabuch. Studie eines theologischen Motivs. Berlin: Lit Verlag 2019. 328 S. = Bibelstudien, 25. Kart. ISBN 9783643144904.

17) Leider nicht näher verfolgt werden kann das enorm schnell anwachsende Feld der Forschungen zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte Jesajas inklusive der gewichtigen Studien zur Septuaginta.

18) Siehe besonders O.H. Steck, Bereitete Heimkehr. Jesaja 35 als redaktionelle Brücke zwischen dem Ersten und dem Zweiten Jesaja (SBS 121), Stuttgart 1985; ders., Die Prophetenbücher und ihr theologisches Zeugnis, Tübingen 1996.

19) Hugh G. M. Williamson, The Book Called Isaiah: Deutero-Isaiah’s Role in Composition and Redaction, Oxford 1994.

20)Williamson, Hugh G. M.: Variations on a Theme. King, Messiah and Servant in the Book of Isaiah. Carlisle: Authentic Media 1998. 242 S. Kart. EUR 57,00. ISBN 9780853648703.

21) Vgl. dazu des Weiteren Thomas L. Leclerc, Yahweh Is Exalted in Justice. Solidarity and Conflict in Isaiah, Minneapolis 2001; Mark Gray, Rhetoric and Social Justice in Isaiah (LHBOTS 432), London 2006.

22) Zur Thematik des «Messias” bzw. der Herrschererwartung im Jesajabuch vgl. auch Ernst-Joachim Waschke, Der Gesalbte. Studien zur Theologie des Alten Testaments (BZAW 306), Berlin; New York 2001 (siehe ThLZ 2002, 507–511); Konrad Schmid (Hg.), Prophetische Heils- und Herrschererwartungen (SBS 194), Stutt-gart 2005 sowie Randall Heskett, Messianism Within the Scriptural Scroll of Isaiah (LHBOT 456), London 2007.

23) Ma, Wonsuk: Until the Spirit Comes (Journal for the Study of the Old Testament, Suppl. 271) Sheffield Academic Press, Sheffield 1999.

24)Eidevall, Goeran:Prophecy and Propaganda. Images of Enemies in the Book of Isaiah. Winona Lake: Eisenbrauns 2009. 232 S. = Coniectanea Biblica Old Testament Series, 56. Kart. ISBN 9781575068060.

25) Vgl. z. B. Ulrike Sals, Die Biographie der »Hure Babylon«. Studien zur Intertextualität der Babylon-Texte in der Bibel (FAT II/6), Tübingen 2004 (siehe ThLZ 2006, 715–717); Ingrid Hjelm, Jerusalem's Rise to Sovereignty: Zion and Gerizim in Competition (JSOT.S 404), London 2004; Sharon Moughtin-Mumby, Sexual and Marital Metaphors in Hosea, Jeremiah, Isaiah, and Ezekiel, Oxford 2008; Christl M. Maier, Daughter Zion, Mother Zion: Gender, Space, and the Sacred in Ancient Israel, Minneapolis 2008 (siehe ThLZ 2010, 34–36).

26)Kim, Brittany:»Lengthen Your Tent-Cords«. The Metaphorical World of Israel's Household in the Book of Isaiah. Winona Lake: Eisenbrauns 2018. 264 S. = Siphrut, 23. Geb. US$ 69,95. ISBN 9781575067780.

27)Abernethy, Andrew T.: Eating in Isaiah. Approaching the Role of Food and Drink in Isaiah’s Structure and Message. Leiden u. a.: Brill 2014. XV, 234 S. = Biblical Interpretation Series, 131. Geb. EUR 116,55. ISBN 9789004270374.

28)Poulsen, Frederik:The Black Hole in Isaiah. A Study of Exile as a Literary Theme. Tübingen: Mohr Siebeck 2019. XIV, 475 S. = Forschungen zum Alten Testament, 125. Lw. EUR 129,00. ISBN 9783161568626.

29)Bäckersten, Olof:Isaiah’s Political Message. An Appraisal of His Alleged Social Critique. Tübingen: Mohr Siebeck 2008. VIII, 231 S. = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 29. Kart. EUR 64,00. ISBN 97831614937d0.

30) Etwa zum Weinberglied in Jes 5,1–7, wenn die Bedeutung »successful wars« für ṣedeq [!] in einer Konstruktus-Verbindung [!] in Ps 45,5 [!] angeführt wird, um die Bedeutung »Gerechtigkeit« von ṣedāqah zu entkräften; vgl. S.162.

31) Peter Machinist, Assyria and Its Image in the First Isaiah, JAOS 103 (1983), 719–737.

32)Hartenstein, Friedhelm:Das Archiv des verborgenen Gottes. Studien zur Unheilsprophetie Jesajas und zur Zionstheologie der Psalmen in assyrischer Zeit. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgesellschaft 2011. 176 S. = Biblisch-Theologische Studien, 74. ISBN 9783788721398.

33)Hays, Christopher B.:Death in the Iron Age II and in First Isaiah. Tübingen: Mohr Siebeck 2011. XVIII, 445 S. m. Abb. = Forschungen zum Alten Testament, 79. EUR 159,00. ISBN 9783161517518.

34)Gordon, Robert P., and Hans Barstad [Eds.]: »Thus Speaks Ishtar of Arbela«. Prophecy in Israel, Assyria, and Egypt in the Neo-Assyrian Period. Winona Lake: Eisenbrauns 2013: 336 S. Geb. EUR 52,95. ISBN 9781575062822.

35)Abernethy, Andrew T.,Brett, Mark G.,Bulkeley, Tim, and TimMea-dowcroft [Eds.]:Isaiah and Imperial Context. The Book of Isaiah in the Times of Empire. Eugene: Pickwick Publications 2013. XII, 250 S. Kart. US$ 29,00. ISBN 9781620326237.

36)Schmid, Konrad:Die Anfänge des Jesajabuches. In: C. Maier [Hg.]: Congress Volume Munich 2013. Leiden: Brill 2014. 463 S. (426–453) = Vetus Testamentum Supplements, 163. Geb. EUR 200,09. ISBN 9789004278233.

37Aster, Shawn Zelig:Reflections of Empire in Isaiah 1–39. Responses to Assyrian Ideology. Atlanta: SBL Press 2017. 382 S. = Ancient Near East Monographs, 19. Kart. EUR 66,98. ISBN 9781628372014.

38)Rollston, Christopher A. [Ed.]:Enemies and Friends of the State. Ancient Prophecy in Context. University Park: Eisenbrauns 2018. 624 S. Geb. US$ 106,95. ISBN 9781575067643.

39)Schaper, Joachim, and Reinhard GregorKratz [Hgg.]: Imperial Vi-sions. The Prophet and the Book of Isaiah in an Age of Empires. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2020. 202 S. = Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, 277. Geb. EUR 70,00. ISBN 9783525560358.

40) Vgl. Karl Budde, Jesaja’s Erleben: Eine gemeinverständliche Auslegung der Denkschrift des Propheten (Kap. 6,1-9,6), Gotha: Leopold Klotz Verlag, 1928 sowie schon ders., Zwei Beobachtungen zum alten Eingang des Buches Jesaja, ZAW 38 (1919–1920), 58, und ders., Über die Schranken, die Jesajas prophetischer Botschaft zu setzen sind, ZAW 41 (1923), 154–203 (173).

41)Hardmeier, Christof: Geschichtsdivinatorik in der vorexilischen Schriftprophetie. Studien zu den Primärschriften in Jesaja, Zefanja und Jeremia. Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2013. 298 S. = Textpragmatische Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte der Hebräischen Bibel, 5. Kart. EUR 41,50. ISBN 9783290176761.

42)Mein, Andrew,Holt, Else K., and Hyun Chul PaulKim [Eds.]:Concerning the Nations. Essays on the Oracles Against the Nations in Isaiah, Jeremiah and Ezekiel. London u. a.: Bloomsbury T & T Clark 2016. 304 S. = The Library of Hebrew Bible/Old Testament Studies, 612. Kart. £ 32,99. ISBN 9780567669186.

43)Lavik, Marta Høyland:A People Tall and Smooth-Skinned. The Rhetoric of Isaiah 18. Leiden/Boston: Brill 2007. 278 S. = Vetus Testamentum, Supplements, 112. Geb. EUR 182,97. ISBN 9789004154346.

44)Balogh, Csaba:The Stele of YHWH in Egypt. The Prophecies of Isaiah 18–20 concerning Egypt and Kush. Leiden u. a.: Brill 2011. XVIII, 394 S. = Oudtestamentische Studiën, 60. Geb. EUR 163,80. ISBN 9789004211575.

45)Lee, Jongkyung:A Redactional Study of the Book of Isaiah 13–23. Oxford u. a.: Oxford University Press 2018. 240 S. = Oxford Theology and Religion Monographs. Geb. US$ 93,00. ISBN 9780198816768.

46) Vgl. Klaus Baltzer, Deutero-Jesaja (KAT 10,2), Gütersloh 1999.

47) Vgl. z. B. Helmut Utzschneider, Michas Reise in die Zeit. Studien zum Drama als Genre der prophetischen Literatur des Alten Testaments (SBS 180), Stuttgart 1999; ders., Micha (ZBK.AT 24,1), Zürich 2005.

48)Polaski, Donald C.:Authorizing an End. The Isaiah Apocalypse and Intertextuality. Leiden: Brill 2000. 415 S. = Biblical Interpretation Series, 50. Geb. EUR 253,59. ISBN 9789004116078.

49)Hibbard, J. Todd:Intertextuality in Isaiah 24–27. The Reuse and Evocation of Earlier Texts and Traditions. Tübingen: Mohr Siebeck 2006. IX, 248 S. = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 16. EUR 74,00. ISBN 9783161490279.

50) Zu dieser Unterscheidung zwischen »globaler/unbegrenzter« Konzeption bzw. »lokaler/limitierter« Konzeption von Intertextualität, vgl. z. B. Manfred Pfister, Konzepte der Intertextualität, in: Ulrich Broich/Manfred Pfister, Intertextualität: Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, Tübingen 1985, 1–30, 25; Henning Tegtmeyer, Der Begriff der Intertextualität und seine Fassungen – Eine Kritik der Intertextualitätskonzepte Julia Kristevas und Susanne Holthuis, in: Josef Klein/Ulla Fix (Hgg.), Textbeziehungen: Linguistische und literaturwissenschaftliche Beiträge zur Intertextualität, Tübingen 1997 49–51; es wird für die Bibelwissenschaften aufgegriffen z. B. von Stefan Alkier, New Testament Studies on the Basis of Categorial Semiotics, in: Richard B. Hays/Stefan Alkier/Leroy A. Huizenga (Hg.), Reading the Bible Intertextually, Waco 2009, 223–248, 242.

51) Christopher Hays hat inzwischen in weiteren Vorträgen und Aufsätzen seine These zur Entstehung von Jes 24–27 in der Zeit von König Josia intertextuell weiter zu begründen versucht, mit Hinweisen insbesondere auf die große Nähe zu Zefanja.

52)Gaß, Erasmus:Im Strudel der assyrischen Krise (2. Könige 18–19). Ein Beispiel biblischer Geschichtsdeutung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (Neukirchener Theologie) 2016. 320 S. = Biblisch-Theologische Studien, 166. Kart. EUR 50,00. ISBN 9783788730727.

53) Vgl. Lester Grabbe (Hg.), ›Like a Bird in a Cage‹. The Invasion of Sennacherib in 701 BCE (JSOT.S 363), London 2003.

54) Peter Dubovský, Hezekiah and the Assyrian Spies. Reconstruction of the Neo-Assyrian Intelligence Services and Its Significance For 2 Kings 18–19 (Biblica et orientalia 49), Rom: Pontificio Istituto Biblico, 2006.

55) Nazek Khalid Matty, Sennacherib’s Campaign Against Judah and Jerusalem in 701 B.C.: a Historical Reconstruction (BZAW 487), Berlin; Boston 2016.

56)Kahn, Dan’el:Sennacherib’s Campaign against Judah. A Source Analysis of Isaiah 36–37. Cambridge: Cambridge University Press 2020. 379 S. = Society for Old Testament Study Monograph Series. Geb. GB£ 94,99. ISBN 9781108495943.

57) Siehe auch z. B. Marvin A. Sweeney, King Josiah of Judah. The Lost Messiah of Israel, Oxford: Oxford University Press, 2001.

58)Brueggemann, Walter: Isaiah 1–39. Louisville: John Knox Press 1998. 312 S. = Westminster Bible Companion. Kart. EUR 38,95. ISBN 9780664255244.

Brueggemann, Walter:Isaiah 40–66. Louisville: John Knox Press 1998. 280 S. = Westminster Bible Companion. Kart. EUR 35,15. ISBN 9780664257910.

59) Goldingay, John: Isaiah. Peabody: Hendrickson Pub 2001. 397 S. = New International Biblical Commentary. Kart. ISBN 9781565632233.

60)Blenkinsopp, Josef:Essays on the Book of Isaiah. Tübingen: Mohr Siebeck 0/2019. ca. 260 S. = Forschungen zum Alten Testament, 128. Lw. ca. EUR 120,00. ISBN 9783161564826.

61)Beuken, Willem A. M.:Jesaja 1–12. Freiburg i. Br.: Herder 2003. 372 S. = Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament. Geb. EUR 85,00. ISBN 9783451268342.

62)Schmid, Konrad: Jesaja, Band I: Jes 1–23. Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2011. 164 S. m. Abb. = Zürcher Bibelkommentare AT, 19. EUR 48,00. ISBN 9783290176051.

63) Auch in Schmid’s Beitrag zum Jesajabuch in J.Chr. Gertz (Hg.), Grundinformation Altes Testament (UTB 2745), Göttingen 2016, S. 334, findet sich nur der mögliche Bezug nicht weiter bestimmter Worte Jesajas auf die philistäischen Aufstände in 711 oder die Invasion Sanheribs um 701.

64)Tull, Patricia K.:Isaiah 1–39. Macon: Smyth & Helwys 2011. 605 S. = Smyth & Helwys Bible Commentary, 14a. Geb. US$ 65,00. ISBN 9781573120715.

65)Kim, Hyun Chul Paul: Reading Isaiah: A Literary and Theological Commentary. Macon: Smyth & Helwys 2016. XVIII, 328 S. = Reading the Old Testament. Kart. US$ 34,00. ISBN 9781573129251.

66)Roberts, J. J. M.:First Isaiah. Minneapolis: Fortress Press 2015. 554 S. = Hermeneia. Geb. US$ 69,00. ISBN 9780800660802.

67)Abernethy, Andrew T.:The Book of Isaiah and God’s Kingdom. A Thematic-Theological Approach. Downers Grove: IVP Academic 2016. 250 S. = New Studies in Biblical Theology, 40. Kart. EUR 25,00. ISBN 9780830826414.

68) Vgl. schließlich auch John Goldingay, The Theology of the Book of Isaiah, Downers Growe 2014 (siehe ThLZ 2017, 495–500).

69)Tiemeyer, Lena-Sofia [Ed.]:The Oxford Handbook of Isaiah. Oxford u. a.: Oxford University Press 2020. 712 S. = Oxford Handbooks. Geb. £ 97,00. ISBN 9780190669249.

70) Vgl. dazu auch ausführlicher die hier nicht näher beschriebene Monographie von J. Blake Couey, Reading the Poetry of First Isaiah. The Most Perfect Model of the Prophetic Poetry, Oxford 2015 (siehe ThLZ 2017, 1021–1024).

71) Unter Aufnahme der Forschungen von William Schniedewind (vgl. insbesondere W. Schniedewind, The Finger of the Scribe. How Scribes Learned to Write the Bible, New York 2019) hat Todd Hibbard in einem Vortrag bei dem Annual Meeting der Society of Biblical Literature in Denver, November 2022, auf die Konventionen von Listen bei der Schreiberausbildung hingewiesen und eine entsprechende listenähnliche Sammlung von jesajanischen Worten als Grundlage für die redaktionell weiter ausgebauten »Wehe-Orakel« in Jes 28–31* erwogen.

72 Vgl. Benjamin Ziemer, Kritik des Wachstumsmodells. Die Grenzen alttestamentlicher Redaktionsgeschichte im Lichte empirischer Evidenz (VT.S 182), Leiden; Boston 2019.

73) Vgl. z. B. Anthony Thiselton, Hermeneutics: An Introduction, Grand Rapids 2009, 1–17; Jean Grondin, What is the hermeneutical circle?, in: N. Keane and C. Lawn (Hg.), The Blackwell Companion to Hermeneutics, Oxford 2016, 299–305; Ingolf U. Dalferth, Die Kunst des Verstehens: Grundzüge einer Hermeneutik der Kommunikation durch Texte, Tübingen 2018, 138–142.

74) Die weiter anwachsende Zahl rezeptionsgeschichtlicher Studien zum Jesajabuch konnte hier leider nicht mit berücksichtigt werden; vgl. John F. A. Sawyer, Isaiah Through the Centuries (Wiley Blackwell Bible Commentaries), Hoboken 2018, sowie schon seine frühere Studie, John F.A. Sawyer, The Fifth Gospel: Isaiah in the History of Christianity, Cambridge u. a. 1996 und z. B. Brevard S. Childs, The Struggle to Understand Isaiah as Christian Scripture, Grand Rapids 2004; Joseph Blenkinsopp, Opening the Sealed Book: Interpretations of the Book of Isaiah in Late Antiquity, Grand Rapids 2006; Ulrich Berges, Jesaja: der Prophet und sein Buch (Biblische Gestalten 22), Leipzig 2010 (Teil C).