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Ausgabe:

April/2023

Spalte:

412

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Tamcke, Martin (Hg.)

Titel/Untertitel:

Frauen in den christlich-orientalischen Kulturen. Beiträge aus einem Intensivseminar der Orientalischen Kirchengeschichte in Göttingen am 16.04.2021.

Verlag:

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2022. 120 S. = Göttinger Orientforschungen. I. Reihe: Syriaca, 63. Kart. EUR 39,00. ISBN 9783447118293.

Rezensent:

Bertram Schmitz

Dieser Band enthält acht thematisch sehr unterschiedliche Artikel sowie die Dokumentation »We Choose Abundant Life« der orientalischen Christen zu ihrem aktuellen Selbstverständnis.

Cornelia Schlarb untersucht die Ämter, die Frauen in der östlichen alten Kirche ausfüllen konnten, soweit sie nicht in Beziehung zu einem Mann lebten. Frauen seien »in kirchlichen und Kirchen leitenden Ämtern bis ins 9. Jh. nachweisbar.« Kai Merten stellt die Bedeutung von Helena für das vor allem in Äthiopien gefeierte Fest des von ihr aufgefundenen Kreuzes Jesu dar. Diradur Sardaryan zeigt in seiner aufgeschlossenen Haltung, dass einer Priesterordination für Frauen aus Sicht der Kirchenleitung nichts im Wege stehe. Renate Kreile gibt eine sehr differenzierte gesellschaftliche und politische Analyse der religionspolitischen und interreligiösen Situation im ausgehenden in sich zerfallenden komplexen Osmanischen Reich, das nach einer möglichst einfachen, genormten Identität suchte. Diesem Prozess stellt sie die gegenwärtige Situation im Nahen Osten gegenüber, in der von Neuem nach religiöser und sozialer Identität gefragt wird. In ihrer Darstellung fokussiert sie sich auf die Rolle christlicher Kirchen mit ihren aktuellen Idealen etwa der Gleichberechtigung, wobei Frauen die Verantwortung der Identitätssicherung zugedacht wird. Andreas Pflitsch analysiert die Auseinandersetzungen der Schriftstellerin und Kosmopolitin Etel Adnan mit Kirche und Religion. Sally Azar erwähnt die Möglichkeit der Frauenordination in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Dabei hebt sie die Bedeutung des Lutherischen Weltbundes hervor, der mit seinen Statements zu solchen Möglichkeiten ermutigt. Viola Raheb schreibt ihren biographisch engagierten Beitrag aus lutherischer Perspektive und zeigt die Rolle bedeutender gegenwärtiger und historischer Frauen in der Region für die Kirche. Der abschließende Artikel von Dagmar Heller behandelt pointiert die Pro- und Contra-Diskussion zur Frage der Frauenordination in den orthodoxen Kirchen, die verdeutlicht, dass das – vor allem von Diasporatheologen und -theologinnen forcierte – Thema der Orthodoxie selbst inhärent ist und keines der Gegenargumente wirklich überzeugen muss.