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Ausgabe:

Januar/2022

Spalte:

123–124

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Grethlein, Christian

Titel/Untertitel:

Taufen.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2020. 142 S. m. 4 Tab. = Praktische Theologie konkret, 1. Kart. EUR 18,00. ISBN 9783525634059.

Rezensent:

Franziska Beetschen

Christian Grethlein war bis 2020 Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Münster und befasst sich seit über drei Jahrzehnten aus praktisch-theologischer Perspektive mit dem Thema »Taufe(n)«. Seine Forschung und Veröffentlichungen prägen den wissenschaftlichen Austausch.
Mit seiner Betrachtung gegenwärtiger Taufforschung und -praxis eröffnet G. die Reihe Praktische Theologie konkret, die von H.-M. Lübking und B. Schröder herausgegeben wird. Die Reihe erscheint zweimal im Jahr zu Themen der kirchlichen Praxis. Experten fassen darin wissenschaftliche Erkenntnisse kompakt zusammen und bieten praxisorientierte Akzente für »Mitarbeitende in Kirche und Gemeinde« (7) als Ergänzung zu ihren Ausbildungswegen an.
G. eröffnet seinen Taufband mit einem historischen Überblick bis hin zu aktuellen Veränderungen der Taufpraxis. Er hebt dabei die Offenheit der Taufe gegenüber allen Menschen, den schöpfungstheologischen Bezug und die Bedeutung der leiblichen Beziehungsaufnahme als Perspektiven, »die verbreiteten Trends entgegenstehen« (21), hervor.
In Kapitel 2 bindet er die Taufe in das praktisch-theologische Paradigma der Kommunikation des Evangeliums ein: »Taufen um­fasst gleichermaßen die Dimensionen des Lehrens und Lernens, des gemeinschaftlichen Feierns und des Helfens zum Leben.« (25) Daraus schließt G., dass »gemeindepädagogische und diakonische Be­mühungen ebenso zur Taufpraxis wie die liturgische Gestaltung« (25) gehören. Für die elementaren Bestandteile der Taufe und ihre Gestaltungsmöglichkeiten blickt er in das Neue Testament und entdeckt anhand der Reformatoren den Prozesscharakter der Taufe, der auf die »über den liturgischen Akt hinausreichenden Bedeutung aufmerksam« (38) macht.
Im Anschluss zeichnet G. im 3. Kapitel die entscheidendsten praktisch-theologischen Erkenntnisse der letzten 30 Jahre nach und stellt zusammenfassend fest: »Taufe wird zunehmend – wie-der – zu einem Akt der Entscheidung für die christliche Lebensform.« (88) Dies wirke sich auch auf die Gestaltung der Taufe aus, für die im 4. Kapitel Ideen entwickelt werden. Dabei bieten Ort und Zeit ebenso wie die klassischen Symbole der Taufe (Kreuz, Namensnennung, Wasser, Handauflegung, Kerze) Möglichkeiten, die Taufe mit den Taufbegehrenden gemeinsam zu entdecken und zu ge­stalten. Für diesen gemeinsamen Weg zur Taufe schlägt G. eine »sym metrische Kommunikation [… vor], in der nicht eine Partei die andere dominiert« (85), und bietet im Anhang praxisnahe Materialien zu den Taufsymbolen (ab 129) an.
Seine Einsichten fasst G. in handlichen »Goldenen Regeln« im 5. Kapitel (91 f.) zusammen, bevor er in Kapitel 6 auf besondere Herausforderungen in der Taufpraxis eingeht. Mit Blick auf die Kirchenmitgliedschaft möglicher Paten stellt G. anschließend »die Frage nach dem Zusammenhang von Taufe und Kirchenmitgliedschaft« (96). Denn mit Ende des 19. Jh.s wurde die Taufe zum »einzige[n] Bezugspunkt für Kirchenmitgliedschaft […] und als Rechtsakt verstanden« (119). Er fordert nun, dies zu überdenken: »Demnach gewinnt eine – ergebnisoffene – Hinführung zur Taufe, wie sie das altkirchliche Katechumenat darstellte, an Bedeutung. Es kann also nicht darum gehen, die Taufe eher in den Hintergrund treten zu lassen. Vielmehr gilt es, sie einladend, aber frei von jedem Zwang und Druck zu feiern.« (120) Im Anschluss charakterisiert G. kirchenrechtliche und -strukturelle Konsequenzen, anhand derer er abschließend feststellt: Die Taufe »ist und bleibt […] ein theologisch begründetes Reformprojekt, an dem das Selbstverständnis von Kirche zum Ausdruck kommt« (124).
G. legt mit Taufen ein Opus summum in zugänglicher Sprache und mit klarem Aufbau vor. Er schafft es, 30 Jahre praktisch-theologischer Taufforschung (inklusive neuer Erkenntnisse aus den letzten fünf Jahren) verständlich zu bündeln, und zeigt ein feines Gespür für gesellschaftliche Veränderungen (15–21). Aktuelle Herausforderungen wie Taufe von Geflüchteten aus islamischen Herkunftsländern nimmt er ebenso anschaulich in den Blick wie die Konsequenzen einer kirchenrechtlichen Öffnung der Taufe für die Organisationsform Kirche.
G. stellt sich damit uneitel in den Dienst der Herausgeber. Seine einfache Darstellung entspricht dem klaren Layout der Buchreihe. Schlagwörter am Seitenrand geben neben den Überschriften eine schnelle Orientierung. Besondere Praxisimpulse sind mit einem grauen Balken markiert. Daneben ist das Buch mit ausreichendem Notizrand gesetzt.
Mit diesem Zusammenspiel aus Layout und Inhalt ist Taufen für alle in der Kirche Mitarbeitenden verwendbar. Egal, ob Pfarrerin, Diakon, Prädikantin oder Kirchgemeinderat: Dieses Kompaktwerk bietet neueste Erkenntnisse und konkrete Impulse für alle, die sich für Taufe(n) interessieren.