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Ausgabe:

Mai/2021

Spalte:

486–500

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Thomas Schlag

Titel/Untertitel:

Berufsglück der Mehrdeutigkeit

Ein pastoraltheologischer Literatur- und Forschungsbericht
in synoptischer Perspektive

I Ausgangspunkte


Gegenwärtige pastoraltheologische Reflexion positioniert sich im Blick auf die Entwicklungen der evangelischen Kirche im deutschsprachigen Raum in einem enger werdenden Spannungsgeflecht. Dieses umfasst den Umbruch institutioneller Selbstverständlichkeiten, organisatorische Stabilisierungsversuche sowie die alltags- und normalitätssensible Durchdringung unterschiedlicher – kirchenleitender, persönlicher, gemeindlicher und öffentlicher – Erwartungshaltungen an das pastorale Amt und seine professionelle Ausübung. Durch eine Sondierung der in den letzten etwa zehn Jahren erschienenen Literatur soll in diesem Beitrag erörtert werden, welchen Anspruch eine Pastoraltheologie protestantischer Provenienz zur produktiven Analyse dieses Spannungsgeflechtes erheben und welche Orientierungskraft für das pastorale Handeln davon ausgehend geltend gemacht werden kann.1 In einem weiterreichenden Zusammenhang kommt die Frage in den Blick, welche Bedeutung eine »pastorale Synoptik«2 sowohl für die Reflexion des pastoralen Selbstverständnisses wie für die Ausgestaltung kirchlicher Leitungs- und Ausbildungspraxis gewinnen könnte.

Den »terminus a quo« des hier angezeigten Überblicks bilden die relevanten, in den letzten rund zehn Jahren erschienenen pas­toraltheologischen Einzelstudien und Sammelbände, die zumindest für den deutschsprachigen Raum vor dem Hintergrund der vielfach konstatierten Transformationskrise und der damit verbundenen Reformvorhaben in Weiterführung des EKD-Zukunftspapiers von 20063 zu wesentlichen Referenzgrößen – mindestens innerhalb des disziplinären Fachgesprächs – geworden sind.4
Im Blick auf die pastoraltheologische Literatur aus dem ge-nannten Zeitraum lassen sich vereinfachend empirische Analysen, thematisch auf einzelne Aspekte pastoraler Berufswirklichkeit konzentrierte sowie ausbildungs- und berufsbezogene Grundsatzüberlegungen identifizieren. In den einzelnen thematischen Fo­kussierungen bilden sich brennglasartig die zu Beginn genannten Spannungen in je besonderer Weise und doch mit mehr oder weniger gemeinsamem Duktus ab. Die Hintergrundfolie vieler dieser Abhandlungen bildet das nicht geringe Unbehagen angesichts so­wohl rollen- wie institutionsbezogener Unsicherheit. Zugleich sind mindestens »zwischen den Zeilen« bestimmte normativ ausgerichtete, zukunftsprognostische Orientierungsangebote erkennbar. Insofern spiegelt sich in den Studien zum einen die ekklesio-logisch relevante Beobachtung einer weitreichenden Umbruchs- und Transformationssituation, zum anderen das Profil der Pastoraltheologie als Krisenwissenschaft.5

II Erwartungen an den »Schlüsselberuf«


Dass trotz oder vielleicht gerade aufgrund der geringer werdenden Bindungen an die Kirche die Person der Pfarrerin bzw. des Pfarrers immer noch eine entscheidende Bezugsgröße für die öffentliche Präsenz und Überzeugungswirkung von Kirche darstellt, wird in den untersuchten Studien nach wie vor konsenshaft deutlich. Noch stärker als in früheren Jahrzehnten zeigt sich, dass die pastoraltheologischen Reflexionen nicht nur in einem komplexen »in­nerkirchlichen« Spannungsfeld, sondern in dynamischer und unübersichtlicher werdenden »äußeren« Bedingungs- und Beziehungsfeldern stehen. Dass man sich dabei vielfältig am Begriff des »Schlüsselberufs« und der Frage nach dem »Wesen« und »Eigentlichen« des Pfarramtes abarbeitet, führt in der Konsequenz zu immer ausdifferenzierteren Bestimmungen des pastoralen Profils inmitten höchst pluraler kirchlicher Handlungskontexte und vielstimmiger gemeindlicher Wirklichkeiten. Insofern wird zutreffend als pastoraltheologische Grundaufgabe benannt, »die sozialen und die theologischen Implikationen des Pfarrberufs aufeinander zu beziehen und so zu einem auftragsgerechten und persongerechten Be­rufsbild zu gelangen« bzw. »den instrumentellen Bezug der konkreten Ausgestaltung des Pfarrberufs zur kirchlichen Grundfunktion sicherzustellen.«6

Der Reichtum des Pfarrberufs und die Fülle der damit verbundenen Herausforderungen werden in verschiedenen Sammelbänden thematisch und aus akademischer, kirchenleitender sowie ausbildungsbezogener Sicht zu umfassen versucht. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang der im wahrsten Sinn des Wortes pastoralen Grundverortung die in den letzten Jahren erschienenen empirischen, biographiebezogenen und zugleich systematisierenden Reflexionen, nicht selten verbunden mit Überlegungen zu konkreten kirchlichen Pfarrbild-Prozessen. Die durch Fallanalysen und Interviews gewonnenen Einsichten werden zugleich häufig in einen weiterreichenden kirchentheoretischen Bezug gestellt.7

Als umfangreichste aktuelle Gesamtschau darf zweifellos die Dokumentation der im Mai 2019 stattgefundenen Hildesheimer Konsultation zur Gegenwart und Zukunft des Pfarrberufs gelten.8 Es macht die Attraktivität des Bandes aus, dass Wahrnehmungen und Zukunftsüberlegungen sowohl von Seiten der wissenschaftlichen Theologie, Kirchenleitungen, Ausbildung, sowie von in der pastoralen Praxis Tätigen in reicher Fülle ebenso versammelt sind wie ökumenische, interreligiöse und andere professionstheoretische Einsichten. Wer sich die Vielfalt gegenwärtiger Herausforderungen und möglicher Zukunftsperspektiven vor Augen führen will, wird um diesen Band schlechterdings nicht herumkommen. Über die vorgenommene bilanzierende Zusammenschau9 hinaus steht eine substanzielle pastoraltheologische Gesamtreflexion der dort versammelten Beiträge allerdings einstweilen noch aus.

Dies kann überhaupt als eine der Auffälligkeiten der jüngeren pastoraltheologischen Literatur benannt werden: Seismographische Einschätzungen, praktische Überlegungen und pragmatische Orientierungen für das »Tagesgeschäft« sind zwar häufig kundig versammelt. Allerdings wird ein darüber hinausreichender, die Zusammenhänge provozierend neu aufschließender Deutungshorizont pastoraler Vielfalt eher nur vage erkennbar. Die in vielen Sammelbänden angestellten Bilanzierungen stellen insofern auch eher summarische Zusammenfassungen als innovationsmutige Zukunftsperspektiven dar. So wertvoll die versammelten Einzelbeiträge auch sind, werden pastoraltheologische Zugriffe, von de­nen her die unterschiedlichen Herausforderungen systematisch und konsistent miteinander bedacht werden könnten, eher selten gewagt. So zeigt sich gegenwärtig gewissermaßen ein pastoraltheologischer »Pluralismus aus Prinzip«.

Gleichwohl liegt manchen gegenwärtigen Überlegungen zu­mindest der Versuch einer deutlicher identifizierbaren Grundausrichtung des Pfarrberufs zugrunde: Zum einen findet sich im Ge­genüber zu einer stärker professionstheoretischen und funktionalen Bestimmung die deutliche Priorisierung des geistlichen Amtes und seiner Grundaufgabe der Sakramentsverwaltung.10 Zum Zweiten haben Überlegungen zur theologischen Profilierung des Pfarrberufs deutlich zugenommen.11 So arbeitet etwa Jan Hermelink vom Plädoyer für eine »pluralitätstaugliche Theologie« aus ein differenziertes Aufgaben- und Anforderungsprofil »theologischer Kompetenz« heraus und verbindet dies mit der Leitperspektive, dass Pfarrerinnen und Pfarrer »in personam für den christlichen Glauben« einstehen.12 Für ein konsistentes pastoraltheologisches Zusammendenken ist die von U. Wagner-Rau stark gemachte Me­tapher der Schwelle immer noch überaus produktiv.13 Zugleich ist in der pastoraltheologischen Literatur der vergangenen zehn Jahre die Frage nach den Erwartungen an die pastorale Identität und Exis­tenz samt ihren Konsequenzen für die persönliche Lebensführung deutlich in den Mittelpunkt gerückt.14 Durch die genannten An­sätze ist unverkennbar eine wichtige Messlatte pastoraltheologischer Reflexion gesetzt. Gleichwohl verbleibt ein »elephant in the room«: Denn die einzelnen Profil- und Aufgabenbestimmungen sind ihrerseits höchst fluide, insofern sie am Ort der individuellen Pfarrperson, auf den Ebenen von Gemeinde und Kirchenleitungen sowie durch die weiter reichende Öffentlichkeit mit spannungsreichen Erwartungen verbunden sind.

III Spannungsbelastungen


So verwundert es nicht, dass sich die Hintergrundspannung zunehmender Belastungsfaktoren und -situationen wie ein roter Faden durch die pastoraltheologischen Erwägungen der jüngeren Zeit zieht. So eindrückliche wie besorgniserregende Einsichten liefern dazu eine Reihe von empirischen Studien. Vermutlich nicht zuletzt aus Gründen der zunehmenden psychischen Herausfor-derungen im Pfarramt haben sich pastoral- und arbeitspsycholo-gische Überlegungen – vor allem zu Aspekten der Berufsgesundheit –15 deutlich verstärkt.16 Dabei zeigt sich in einer Reihe von Studien eine auch empirisch ausgewiesene enge Verbindung von salutogenetischen und pastoraltheologischen Herausforderungen.17 Deutlich wird, dass erhebliche Belastungen dort entstehen, wo die eigene hohe Motivation zur Ausübung dieses Berufs auf eine äußere krisenhafte Rahmenstruktur trifft, die eine positive Motivationshaltung zu begrenzen oder gar zu unterminieren droht.18 Tatsächlich ist zu fragen, ob der Umgang mit Burnoutproblemen primär auf der individuellen Ebene spiritueller Resilienz zu fördern ist oder nicht die strukturellen Rahmenbedingungen kirchlicher Anspruchslogik einer viel umfassenderen kritischen Beleuchtung bedürfen. Das Faktum einer Dauerlegitimationskrise der Institution Kirche ist jedenfalls in seinem Energieentzugspotenzial für das pastorale Selbstverständnis kaum zu überschätzen.

Aber noch von einer ganz anderen Seite her werden diese Spannungen intensiv beleuchtet: An den neueren Darstellungen zum evangelischen Pfarrhaus spiegelt sich die Spannung von Privatheit, Individualität, Amtsverständnis und der veränderten öffentlichen Bedeutung der Volkskirche überhaupt deutlich wider. Während frühere Abhandlungen noch auf die kulturelle Bedeutung des Pfarrhauses als exemplarischer Keimzelle bürgerlichen Lebens abzielten und dies etwa an vielfältigen biographischen und literarischen Beispielen deutlich gemacht wurde,19 tritt die Ambivalenz dieses pastoralen Präsenzortes gegenwärtig deutlich zutage – nicht zuletzt mitbefördert durch die anhaltenden Diskussionen um die Residenz- bzw. Dienstwohnungspflicht sowie Überlegungen zu deren erweiterter oder gar alternativer Nutzung. Dies zeigt sich zum einen in einer deutlichen Unterscheidung zwischen dem Mythos und der Wirklichkeit des Pfarrhauses,20 den unübersehbaren Transforma-tionsprozessen dieses Ortes, der mit der Pluralisierung protestan-tischer Lebensformen unmittelbar zusammenhängt,21 den veränderten Geschlechterrollen an genau diesem Ort22 sowie den anhaltenden pastoraltheologischen und kirchenrechtlich relevanten De­batten über die althergebrachte »Lebensförmigkeit« bzw. die nicht zuletzt aufgrund zunehmender Teilzeitmodelle sich stärker nahelegende »Berufsförmigkeit« des Pfarramtes.23

Besonders anschaulich wird diese Spannung und womöglich die »Kränkung der pastoralen Identität«24 dort, wo die private Exis-tenz im wahrsten Sinn des Wortes neben das beruflich ausgeübte Amt tritt.25 Ob die öffentliche Wahrnehmung des Pfarrhauses als »Sinnbild für die Möglichkeit gelingender Alltagstauglichkeit des Glaubens«26 zukünftig noch behauptet werden kann, erscheint mindestens als offene Frage. Tröstlich mag hier sein, dass das Pfarrhaus jenseits seiner unmittelbar kirchlichen Verortung für literarische, filmische und biographische Verarbeitungen faszinierend bleibt.27 Dies berechtigt zweifellos zu der Einschätzung, dass die symbolisch-kulturelle Bedeutung des Pfarrhauses als »belebter Erinnerungs- und Erwartungsort«28 – möglicherweise über den Horizont unmittelbarer kirchlicher Bedeutungszuschreibungen hinaus – auch zukünftig von erheblichem pastoraltheologischem Interesse sein wird.

IV Konzeptionelle Vorschläge


Die Vorschläge, mit den identifizierten Spannungen umzugehen, lassen sich in eine Reihe unterschiedlicher Dimensionen auffächern, die im Folgenden im Rekurs auf die entsprechende Literatur kurz charakterisiert und eingeordnet werden.

1. Geistliche Leitung


Die aktuellen Pfarrleitbilddebatten weisen deutlich darauf hin, dass die starke Gewichtung auf die Managementfähigkeiten im Pfarramt sowohl im Kontext pastoraltheologischer Überlegungen wie innerhalb kirchlicher Strategieentwicklungen in jüngster Zeit deutlich zurückgetreten ist. Möglicherweise zeigt sich darin, dass es sich dabei um eine spezifische Phase in Folge des McKinsey-Paradigmas gehandelt hat, die wieder im Abklingen begriffen ist. Für den Zeitraum der letzten zehn Jahre sind folgerichtig keine systematischen pastoraltheologischen Studien zu verzeichnen, die diesen Ansatz zum ausdrücklichen oder prioritären Bezugspunkt machen. Die stärksten Bezüge zeigen sich innerhalb pastoraltheologischer Literatur dort, wo nochmals an die früheren Überlegungen eines spirituellen Gemeindemanagements angeknüpft wird und etwa für das geistliche Leiten eine »partizipatorisch-diako-nische«, »analytisch-theologische« und »zielorientiert-charismatische« Dimension unterschieden werden.29 Unter Aufnahme der kirchentheoretischen Trias von Kirche als Institution, Organisation und Bewegung sowie vom Bild dienender und kenotischer Führung und Leitung aus erfolgt eine dreifache Ausdifferenzierung des Pfarramtes als »Repräsentant des Christentums«, als »Manager« und als je individuelle »geistliche Existenz«.30 Unverkennbar ist bei dieser pastoraltheologischen Ausrichtung ein Bild des Pfarramtes, das entscheidend von der überwölbenden Aufgabe eines organisationsförmig gemanagten missionarischen Gemeindeaufbaus lebt, wobei allerdings die volkskirchlichen Bezugspunkte pastoralen Handelns der Tendenz nach in den Hintergrund zu geraten drohen.31

2. Neue Konstellationen


Die in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegene Möglichkeit des Teildienstes sowie die institutionalisierte Gewährleistung neuer Kollegialstrukturen werden jüngst verstärkt in Hinsicht auf die damit verbundenen Möglichkeiten ebenfalls empirisch sondiert und pastoraltheologisch reflektiert.32 Dabei wird sozusagen subkutan plausibel, dass das zukünftige Pfarrbild einerseits durch eine stärkere Durchdringung von Berufs- und Lebensalltag, andererseits durch Formen kollegialer Teamarbeit und Vernetzung von seinen »Allein-Stellungsmerkmalen« entlastet und neu bestimmt werden soll.

2.1 Das Zusammenspiel mit anderen Ämtern und Professionen und die Ordinationsfrage

Im Blick auf die Mitverantwortung anderer Ämter und Dienste in der Kirche stellt sich verstärkt die Frage nach der Schlüsselstellung und Exklusivität des Pfarramts. Bereits Klessmann plädiert dafür, die »Pastorenzentriertheit der Volkskirche aufzulockern«. Dementsprechend gelte es für die Pastoraltheologie, auch das Verhältnis »von Pfarramt und anderen haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitenden im Kontext gegenwärtiger Kirche, gegenwärtiger Gesellschaft und ihrer pluralen Religionsformen« zu reflektieren.33 Von hier aus legt es sich nahe, den Begriff des »Schlüsselberufs« auf seine partizipativen Gestaltungsmöglichkeiten hin auszuleuchten und zu konzipieren.

Tatsächlich sind kirchliche Ämter und Dienste vielfältig nicht nur längst mit erheblicher Expertise und unverzichtbarer Verantwortung verbunden, sondern dies wird von den verantwortlichen Akteurinnen und Akteuren auch zu Recht mit erheblichem Standesbewusstsein artikuliert. Die offene Frage nach beruflicher Teilhabegerechtigkeit und einem Equilibrium der verschiedenen Ämter und deren Kompetenz spiegelt sich brennpunktartig in der Frage nach der Ordination wider. Dabei ist erfreulicherweise die Frage nach der Frauenordination bis auf wenige evangelikale Minderheitsvoten längst unumstritten.34 Nicht nur in kirchlichen Stellungnahmen,35 Handreichungen und gesetzlichen Regelungen zur Ordination von Gemeinde- und Sozialdiakoninnen und -diakonen, sondern auch in einer Reihe von akademisch verantworteten Publikationen zeichnet sich eine deutliche Sensibilisierung für die mit Ordination und Beauftragung verbundenen professionsbezogenen Kompetenz-, Konkurrenz- und Machtfragen ab. Eine rein standesinteressenbezogene oder kirchengewohnheitsrechtliche Argumentation greift der Sache nach deutlich zu kurz und unterminiert die breit vorhandenen Kompetenzen pastoralen Handelns im Gesamtgefüge gemeindlicher Praxis. Dass sich pastoraltheologische Fragestellungen eng mit der gottesdienst- und liturgietheoretischen Bedeutung von Or­dination, Beauftragung und Einsegnung verbinden, wird jüngst eindrücklich herausgestellt.36 Dass dabei allerdings die weitergehende Frage nach der Pastoralmacht jedenfalls bisher eher nur am Rande im Blickfeld ist, muss angesichts der vielfältigen machtbezogenen Konflikte im Pfarramt zumindest erstaunen.37

In diesem Zusammenhang wird zukünftig verstärkt danach zu fragen sein, was den Pfarrberuf von anderen Berufen »seiner Sache« nach unterscheidet und wie sich dieser im Gesamtensemble kirchlicher Berufe spezifisch darstellt, positioniert und profiliert. So werden sinnvollerweise weitergehende professionstheoretische Überlegungen zur bisher kaum systematisch bedachten Inter- und Multiprofessionalität des Pfarrberufs anzustellen sein.38

2.2 Neue Bilder partizipativer Leitung im Licht des Priestertums aller Gläubigen

Unverkennbar hat sich sowohl aufgrund der Verengungen des kirchlichen Kernmilieus wie des expertisestarken Selbstbewusstseins von Kirchenmitgliedern und ehrenamtlich bzw. freiwillig Tä­tigen in den vergangenen Jahren die pastoraltheologische De­batte substanziell ausgeweitet. Dass neue Kompetenz(selbst)zuschreibungen und Beteiligungsformen das klassische Pfarramt nicht un­berührt lassen können, hat sich zumindest im akademischen Licht auf die pastorale Praxis längst etabliert.39 Problematisch wäre es allerdings, strukturelle Defizite der Organisation und Ressourceneinsparungen unter dem Vorwand der Gabennutzung und ehrenamtlichen Gemeindebeteiligung wiederum nur zu festigen, was die bereits angesprochene Diskrepanz von pastoraler Motivation und den faktischen Strukturproblemen nur weiter verstärken würde.

Inwiefern sich daraus neue netzwerkartige Gemeindekonstellationen in programmatischer Hinsicht als Plattformen christlicher Mündigkeit und Verantwortung weiterentwickeln werden, wird nicht zuletzt von der Bereitschaft zu professionell reflektierter (Auf)Gabenteilung abhängen. Von der bereits genannten Greifswalder Studie aus werden in kirchentheoretischer Ausrichtung konkrete Schlüsse für die Gesamtkonstellation Gemeinde gezogen, die mit der Forderung nach einer neuen Empowerment-Kultur verbunden werden.40 Dabei ist diese Studie aufgrund der kontextuellen und institutionellen Greifswalder Verortung besonders deutlich auf die Situation in »ländlich-peripheren Gemeinden« bezogen und richtet sich in ihren Folgerungen insofern konsequenterweise darauf aus. Selbst wenn das jeweilige Umfeld offenbar keinen statistisch signifikanten Einfluss auf berufsbedingte Belastungsstörungen hat, werden doch »kontextsensible Belastungsprofile« und damit »die Kernproblematik für die ganze kirchliche Organisation«41 erkennbar. Eindrücklich sind übrigens – auch im intergenerationellen Vergleich – solche biographischen Reflexionen, durch die die Relevanz der Vor-Ort-Kirche mindestens indirekt bestätigt wird.42

2.3 Öffentliche Reputation und Öffentlichkeitsauftrag des Pfarramts

Für die Frage der individuellen Berufszufriedenheit ist der Zusammenhang zur öffentlichen Reputation von Kirche kaum zu überschätzen.43 Ob und inwiefern die Feierlichkeiten der diversen Re­formationsjubiläen der vergangenen Jahre – man denke an das Calvin-Jahr und dann die lutherischen und reformierten Erinnerungsjahre 2017 ff. – auch pastoraltheologisch von Einfluss auf deren Reputation war, ist mindestens pastoraltheologisch bisher nicht aufgearbeitet oder reflektiert worden. Es deutet aber manches darauf hin, dass bestimmte damit verbundene Zentralisierungstendenzen auf Ebene der lokalen Kirchengemeinden und ihres Personals den eigenständigen Umgang mit dem gefeierten protestantischen Traditionsbestand eher unter einen ohnehin schon vorhandenen Reformstress gesetzt haben.44

Dass in diesem Zusammenhang Aspekte der öffentlichen politischen Rolle oder der prophetischen Dimension des Amtes nicht systematisch bedacht worden sind, erstaunt angesichts des immer wieder kirchlicherseits erhobenen Anspruchs auf sichtbare Relevanz. Hier hat die deutschsprachige Pastoraltheologie – übrigens im Unterschied zu einer deutlich öffentlichkeitsbewussteren ka­tholischen und internationalen Pastoraltheologie –45 fraglos den größten Klärungsbedarf. Jedenfalls ist der inzwischen fast mantraartig erfolgende Hinweis auf die »Sozialraumorientierung«46 des Pfarramtes noch im wahrsten Sinn des Wortes meilenweit entfernt von dem, was eine kontextsensible öffentliche Theologie immer in globaler Perspektive mitdenkt.47

Angesichts gegenwärtiger digitaler Kommunikationsformen wird die Herausforderung verständlicher, überzeugender und authentischer, Autorität verleihender Sprach- und Symbolisierungspräsenz mit Sicherheit in Zukunft weiter zunehmen.48 Die Kultur von (analogen und digitalen) Working-Spaces ist vermutlich angesichts der gegenwärtigen Pluralität viel angemessener für eine zukünftige Amtsbeschreibung als die Vorstellung der solipsistischen Einzelexistenz in der Amtsstube des Pfarrhauses.

Deutlich mitbeeinflusst von den gesellschaftlichen Debatten der vergangenen Jahre hat die Inklusionsthematik auch im Kontext pastoraltheologischer Reflexion inzwischen ihren festen Ort. Hier weist eine Reihe von jüngst erschienenen Bänden in eine zuvor eher unbeachtete Richtung pastoralen Selbstverständnisses.49 Dabei ist in Orientierung an einem weiten Inklusionsbegriff der Zielhorizont des Pfarramts innerhalb der religiösen Pluralität noch keineswegs umfassend abgeschritten. In dieser Hinsicht wirken die aktuellen pastoraltheologischen Entwürfe immer noch seltsam kirchlich und konfessionell enggeführt.50 Im Blick auf die öffentlichen ökumenischen und interreligiösen Herausforderungen des Pfarramtes stehen pastoraltheologische Klärungen, die über die einzelne Beleuchtung der Tätigkeiten in Spezialpfarrämtern etwa im Bereich der Krankenhaus- oder Gefängnisseelsorge oder des universitären Lebens hinausreichen,51 noch aus.

3. Universitäre Bildung und Ausbildung


Angesichts der sich weiter ausdifferenzierenden Anforderungen an die Profilierung und Ausgestaltung des Pfarrberufs ist in den letzten Jahren eine Reihe von konzeptionellen Überlegungen zu konstatieren, die insbesondere auf die Frage passgenauen Kompetenzerwerbs hin ausgerichtet sind.52 Dabei fällt allerdings der nach wie vor einigermaßen enggeführte Blick auf die Großinstitution und ein tendenziell auf Ausbildungsfragen verengtes Verständnis von theologischer Bildung ins Auge. Damit droht im Zweifelsfall die individuelle Entwicklung und Gestaltungsfreiheit pastoraler Identität nicht zu ihrem eigenen Recht zu kommen53 – abgesehen davon, dass ein durchstrukturiertes kompetenzorientiertes Ausbildungsmodell am Ende paradoxerweise genau das alte Generalis-ten-/Generalistinnenbild unter der Hand neu befördern könnte. Dass »theologische Kompetenz« eines der wesentlichen Elemente ist, durch das sich dieses ordinierte Amt auszeichnet, wirft somit die wesentliche Frage auf, was dieses theologische Profil sowohl in seinem Kern wie im Sinn pastoraler Grundhaltung überhaupt ausmacht. Dass in diesem Zusammenhang Möglichkeiten der Ausbildung spiritueller Kompetenz empirisch analysiert werden, kann für die weitere Ausgestaltung von Ausbildungscurricula nur be­grüßt werden.54 Im Blick auf die oben bereits angesprochene Di­mension der Multi- und Interprofessionalität bedeutet dies für alle Aus- und Weiterbildungsprogramme, nicht nur das »Postulat der Total-Inklusion zu überdenken«,55 sondern zugleich andere kirchliche (und exemplarisch außerkirchliche!) Berufsbilder zum konstitutiven Bestandteil pastoraler Synoptik zu machen.

V Pastoraltheologische Zwischenbilanzund Vorausschau


Für alle pastoraltheologischen Erwägungen stellt sich die Grundfrage, worauf Pfarrpersonen ihr Hauptaugenmerk angesichts der Vielfalt und Unübersichtlichkeit potenzieller kirchlicher Aufgaben sinnvollerweise richten sollen und können. Die Tatsache bleibend »blinder Flecken« hängt mit der faktisch grenzenlosen Pluralität pastoraler Handlungskontexte konstitutiv zusammen. Allerdings besteht ein Unterschied zwischen dem, was man nicht wahrnehmen kann, und dem, was man aus welchen Gründen auch immer – sei es die eigene milieubedingte Verhaftung oder die vertraute Atmosphäre der eigenen »comfort zone« – nicht wahrnehmen will. Welche kommunikativen Resonanzunterbrechungen man folglich riskieren will und muss, ist Gegenstand mutiger professioneller Pastoralreflexion mit möglichst weitem Blick.

Angesichts dieser spannungsvollen Aufgabenvielfalt stellt es deshalb eine pastoraltheologische Grundaufgabe dar, eine Kunst »pastoraler Synoptik« einzuüben und Orientierung zu deren Pflege zu ermöglichen. Denn pastoralenergetisches56 und überzeugungsstarkes Handeln bedarf zuallererst des geschärften Blicks auf die je eigene berufsbezogene und private Befindlichkeit und damit auf die motivationale Haltung pastoraler Existenz.57 Die für die Amtsausübung immer wieder betonte Integrationsaufgabe wird erhebliche narzisstische Störfeuer auslösen, wenn dem nicht eine reflektierte Selbst-Sicht und die Annahme der eigenen persönlichen Fähigkeiten und Grenzen vorausläuft. »Empathie für alle« geht ohne die Einsicht in die eigene Begrenztheit jedenfalls auf Dauer nicht gut.

Insofern kann Pastoraltheologie ohne das rechtfertigungstheologische Grund-»Wissen« um die Grenzen beruflicher Leistung schlechterdings nicht menschengemäß entfaltet werden. Nur eine solche theologische Grundlegung vermeidet Belastungen, die aus einer Überforderung kirchenreformerischer Allmachtsphantasien herrühren. Beruflichkeit hängt erheblich von der je eigenen persönlichen Haltung ab, d. h. die Selbstintegration, Selbstverpflichtung und Selbstverantwortung kann erst auf dem Boden einer mündig erworbenen Haltungsgewissheit ausgeübt werden. Hier ist an die Überlegungen zur Bedeutung personaler Kompetenz und die Ermahnung an Kirchenleitungen zu erinnern, prinzipielle Offenheit für ein »persönlichkeitsspezifisches Berufsbild«58 bzw. die produktive Grundspannung von »Individualisierung und Professionsethos«59 zu zeigen.

Natürlich sind Pfarrpersonen »qua Amt« intensiv in eine institutionsbezogene Geschichte und Gegenwart integriert. Deshalb aber sind sie nicht persönlich für die Legitimation und Ausfüllung ihrer Rolle und erst recht nicht für ein kirchliches »Wachsen gegen den Trend« verantwortlich oder – im Misslingensfall – dafür gar verantwortlich zu machen. Vorgeschlagene Leitbilder wie die des »Dirigenten« oder »Intendanten« dürften hingegen angesichts der weiteren Verflüssigung von Milieus und individuellen religiösen Praxisformen schlichtweg als Dauerüberforderung und Frustration empfunden werden.

Insofern kann von der Zumutung pastoraler Authentizität und Vorbildfunktion eigentlich nur noch so die Rede sein, dass diese Authentizität nicht ihrerseits als Funktion von Kirche verstanden wird, sondern als je individueller Ausdruck persönlich gelebter sowie beziehungs- und sinnstiftender Theologie. Inhaltlich bedeutet dies, dass die Kontingenz unterschiedlichster Erwartungen nicht aufgelöst werden kann, sondern »durch die Herausbildung eines je individuellen, auch in Stilkategorien zu beschreibenden Berufshabitus auszubalancieren« ist.60

Dies macht ein Leitungsverständnis erforderlich, bei dem die administrativen Aufgaben deutlich neu und anders als bisher zu verteilen sind. Parochiale Allzuständigkeit ist weder leistbar noch entspricht sie dem Bild der in den Gemeinden vorhandenen Gaben und Potenziale. Es ist insofern pastoraltheologisch weiter zu entfalten, dass und inwiefern nicht »die Person das Amt trägt«, sondern wie die jeweilige Pfarrperson je für sich dem zugeeigneten und zugemuteten Amt persönliches Profil zu verleihen vermag.

Und selbst wenn es paradox erscheint: Erst der synoptische Blick auf das Ganze ermöglicht es, sich mit guten Gründen wieder auf das zu fokussieren, was einem persönlich und im Blick auf die kirchliche Beauftragung überhaupt zu entsprechen vermag. Erst von einem professionellen barmherzigen Selbstblick aus eröffnen sich Möglichkeiten eines pastoralen Wahrnehmungs-, Übersetzungs- und Sprachgeschehens. Im besten Fall kann inmitten der kontextuellen Mehrdeutigkeiten ein solches Übersetzen – ohne Zwang zur Vereindeutigung –61 in pastoraltheologischem Sinn als Herausforderung und Glück empfunden werden.62

Der pastorale Blick muss aber, soll er scharf sein, überhaupt erst einmal scharf gestellt werden. Die Fähigkeit zum »Rundumblick« als synoptische Berufskunst und pastorale Grundhaltung ermöglicht überhaupt erst die Fokussierung auf das Mögliche und unbedingt Notwendige. Dies macht dann auch den Blick frei für die entlastende Unterscheidung zwischen den »Aufgaben des Berufs« und dem »Auftrag der Kirche«63 bzw. zwischen einem überfordernden Totalanspruch des Berufs und der theologischen Gesamtverantwortung, »für die anderen Akteure möglichst gute Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen und sie qualifizierend zu begleiten.«64

Eine solche pastoral-theologische Kunst des Sehens und Gesehen-Werdens – des theologischen »Wahr«-Nehmens und Schauens vor einem weiten Horizont – eröffnet kontextuell sensible Erkundungs- und Deutungspraktiken, die nicht sofort aktivistisch65 und funktionsbezogen auf passgenaue Umsetzung abzielen. Die Kunst dieser pastoralen Synoptik – im Sinn der Fähigkeit zur reflexiven Selbstthematisierung professioneller Beruflichkeit –66 braucht Zeit und Muße und fragt nicht sogleich nach Praktikabilität. Im Sinn einer weiter ausgreifenden Pastoral-»Ästhetik« als Hermeneutik pastoraler Grundhaltung können Kriterien für eine sinnvolle und wirklich lebbare Beruflichkeit entwickelt werden, die über die gegenwärtigen gesellschaftlich und ökonomisch sanktionierten, funktionalistischen Mindsets hinausreichen. Zugleich bleiben im Horizont einer solchen pastoralen Kunst die längst weit ausdifferenzierten Gestaltungsformen des »einen Berufs« vom klassischen Gemeindepfarramt bis zum Spezialpfarramt ihrer Sache und ihrem Anspruch nach eng miteinander verbunden.

Nur wenn bereits im Studium und dann auch im Beruf freier Zeitraum für die Selbstorientierung vorhanden ist, macht die altbekannte Aufforderung zum »tolle, lege« überhaupt Sinn. Die akademischen und kirchlichen Bildungszeiten eröffnen erhebliche Privilegien des Entdecken-Könnens, ohne dass sogleich alles auf institutionenlogische Umsetzungs- und Verzweckungsfragen hin ausgerichtet ist und bleibt.67

Dass diese Vielfalt gegenwärtiger Herausforderungen eine Bildung theologischer Kompetenz in ihrem weiten bildungstheoretischen und nicht nur funktionalen Sinn umso dringlicher macht,68 ist sowohl für die zukünftige wissenschaftliche Reflexion wie für die kirchliche Praxis unbedingt zu betonen.

Damit müssen sich pastoraltheologische und kirchentheoretische Zugangsweisen noch intensiver als bisher verbinden. Kirche sollte sich viel stärker als bisher als Ermöglichungskultur – und somit als fluidere Größe, die individuell verantwortliche Resonanzen ermöglicht – verstehen. Als flexible Kirche muss sie sich in ihrer Flexibilität als Ermöglichungsraum für das pastorale Personal ausgestalten lassen. Konkret gesprochen ist das Ordinationsgelübde bei aller Vorgegebenheit natürlich liturgisches Resonanzereignis der Übernahme individueller Verantwortung und nicht Ausdruck der klaglosen Einfügung in eine vorgegebene, gleichsam ontologisch gesicherte Superstruktur. Insofern sollte das Amt selbst in seinem breiten Ermöglichungsraum der Freiheit des beauftragten Christenmenschen verstanden werden. Dann dürfte es interessant sein, die immer noch vorhandenen bzw. mitlaufenden theologischen Geschmacksunterschiede zum Feld der weitblickenden produktiven Auseinandersetzung zu machen. Theologische Professionalität und Sprachfähigkeit zeigen sich jedenfalls im reflektierten Umgang mit der eigenen Religion wie im umsichtigen Umgang mit der Unterscheidung von Theologie und gelebter Religion.69 Erst dann gewinnt das Pfarramt als Ermöglichungsraum für die Ausübung des theologischen Berufs sein reformatorisch grundiertes Freiheitsprofil.70 Die entscheidende »pastoralsynoptische« Aufgabe besteht folglich darin, durch aufmerksame Wahrnehmung der Dialektik des Miteinanders und Gegenübers zur Gemeinde »als Dienstgemeinschaft«71 gabenorientierte Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen. Nur unter dieser Voraussetzung verbinden sich Konzeptionen neuer Netzwerkstrukturen und erweiterter lokaler Verantwortlichkeiten dann auch stimmig mit der Ausübung pastoraler Gesamtverantwortung.

Es ist ermutigend zu sehen, dass sich in vielen Publikationen inzwischen nicht nur akademische Vertreter versammeln, sondern die Reflexionsebene der Kirchenleitungen und Verantwortlichen in der kirchlichen Aus- und Weiterbildung nicht nur auftaucht, sondern durch sie ihrerseits wichtige pastoraltheologische Impulse gesetzt werden. Auch wenn es hier einer empirischen Verifikation bedürfte, so hat es den Anschein, als ob sich die unterschied-lichen Perspektiven auf den Pfarrberuf stärker miteinander verkoppeln, als dies noch bis vor wenigen Jahren der Fall war. Diese Dialogebene muss zukünftig deutlich weiter verstärkt werden, wenn sich nicht beide Akteursebenen auf unfruchtbare Weise voneinander abkoppeln sollen.

Damit eröffnen sich Perspektiven einer kontextuellen Pastoraltheologie, die nicht einfach nur die äußeren Bedingungen als Rahmen für das je eigene Handeln in den Blick nimmt, sondern diese zum konstitutiven Faktor der theoretischen Reflexion, reflektierten Selbstpositionierung und praktischen Handlungsorientierung macht. Notwendig wird zukünftig eine noch intensivere empirische Arbeit sein und dies mit verbindendem, praktisch-theolo-gischem Blick auf die unterschiedlichen kirchlichen Handlungsfelder.72

Dies bedeutet eine notwendigerweise sehr viel engere Verbindung mit den anderen theologischen Disziplinen: mit der Exegese– im Blick auf die Komplexitäten urchristlicher Pastoral- und Ge­meindebilder –, der Kirchengeschichte – im Blick auf die Einordnung gegenwärtiger Herausforderungen in eine lange Geschichte des Berufsprofils und seiner öffentlichen Wahrnehmung – und der Systematischen Theologie – im Blick auf dogmatisch-hermeneutische Aspekte theologischer Sprachfähigkeit und ethischer Verantwortung. Für die zukünftige sowohl akademische als auch kirchliche Bildung und Ausbildung dürfte die weitere Segregation und Versäulung einzelner praktisch-theologischer Teildisziplinen hingegen schlichtweg überholt sein. Angesichts der bestehenden Komplexitäten und spannungsvollen Bedingungsgeflechte wird man im enzyklopädisch-synoptischen Sinn sehr viel stärker systematisch vernetzt »schauen« und denken müssen.

Schließlich wird sich zukünftig die bisher reduzierte interdisziplinäre Beleuchtung des Pfarrberufs und seiner Herausforderungen erheblich verstärken müssen. Aufgrund der weiter zunehmenden und sich diversifizierenden digitalen Präsenzformen ist so­wohl akademische wie kirchliche Bildung dazu aufgerufen, vor allem medien- und kommunikationstheoretische Deutungsangebote digitaler Kultur sehr viel stärker wahrzunehmen – und diese reichen nota bene deutlich über technische Angebotskulturen hinaus und verursachen in den pastoralen Spannungsfeldern zusätzliche Energiezufuhr. Angesichts faktischer Konkurrenz- und Machtkonstellationen mit dem entsprechenden Konfliktpotenzial sind zudem organisationssoziologische und -psychologische Studien zur Frage personaler Authentizität und Autorität in Gruppen bzw. im jeweiligen Sozialraum bewusst zu rezipieren und in ihren Konsequenzen für das je persönliche Berufsverständnis zu reflektieren.

Hermeneutisch gesprochen stehen diese weiten Seh- und Wahrnehmungserfahrungen am Beginn aller pastoralen Reflexions-, Deutungs- und Kommunikationspraxis. Kirchenreformerische Zu­kunftsprognosen bleiben hingegen beim bloßen Blick auf Zahlenwerke eben Menschenwerk und das Starren auf absteigende Mitgliedschaftskurven verkrümmt den Blick ins Bodenlose. Die pastoraltheologische Vorausschau hat nicht ohne Grund eine eschatologische Perspektive. Denn was wäre »synoptische« pastorale Praxis ohne die Hoffnung auf ein mögliches Wirklichwerden der verheißungsvollen, verkündigten und immer neu zu verkündigenden Botschaft?

Fussnoten:

1) Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich pastoraltheologische Reflexionsliteratur natürlich keineswegs nur in Gestalt akademisch verorteter Monographien, Überblicksdarstellungen oder Sammelbände manifestiert. Sowohl in den einschlägigen praktisch-theologischen Zeitschriften, Berufsorganen wie dem Deutschen Pfarrerblatt sowie landeskirchlichen Strategiepapieren und Pfarrleitbildern finden sich ausführliche Beobachtungen und thematische Sondierungen. Daneben nehmen digitale Informationsformate, in denen Grundsituationen und Grundfragen des Pfarrberufs präsentiert und diskutiert werden, längst schon eine wesentliche Rolle ein. Es wäre daher höchst interessant, die jeweilige »Prägekraft« und den »Impact« dieser unterschiedlichen Zugänge sowohl für kirchenleitendes Handeln wie für die individuelle pastorale Reflexion zu analysieren. Insofern wäre für einen ausführlicheren Gesamtüberblick zu prüfen und zu diskutieren, inwiefern die Zuschreibung einer Gattung »pastoraltheologische Literatur« programmatisch über den akademischen Kontext hinaus auszuweiten ist.
2) Verwiesen sei hier auf den pastoraltheologischen Gang von Ralph Kunz durch das 20. Jh. mit bis in die Gegenwart hineinführenden Problemanzeigen und der entschiedenen Forderung nach einer pastoralen Synergetik, »die das Zusammenspiel der Dienstgemeinschaft kybernetisch und energetisch entfaltet und dafür plädiert, dass die Ausbildung der Pfarrer und aller kirchlichen Berufe vehementer auf die Bildung der Gemeinde ausgerichtet wird« (Ralph Kunz, »Auf diesem schmalen Felsgrat kann man nur gehen!« Pfarrberuf und Pfarramt im Wandel begriffen, in: ThLZ 143 [2018], 3–22). Im vorliegenden Beitrag wird im Modus eines Literaturberichts, konkret unter Einbezug thematisch fokussierter pastoraltheologischer Studien der jüngeren Zeit vor allem aus dem deutschsprachigen, aber auch angelsächsischen Raum, diese »Synergetik« im Blick auf den weiten kirchlichen und gesellschaftlichen Gestaltungsspielraum pastoralen Handelns und die damit verbundenen akademischen und kirchlichen Bildungsherausforderungen zum Plädoyer für eine theologisch kompetente, kontext- und pluralitätssensible, wahrnehmungsstarke pastorale »Synoptik« weitergeführt.
3) EKD (Hg.), Kirche der Freiheit. Perspektiven für die evangelische Kirche im 21. Jahrhundert. Ein Impulspapier des Rates der EKD, Hannover 2006. Natürlich finden sich in den anderen praktisch-theologischen Teildisziplinen und deren Studien in der Regel erhebliche, aber meist nur indirekt zum Vorschein kommende Zustandsbeschreibungen und Idealbilder pastoralen Handelns. Diese zu identifizieren, wäre einer eigenen Analyse wert, die allerdings im Rahmen dieses Beitrags nicht geleistet werden kann.
4) Michael Klessmann, Das Pfarramt. Einführung in Grundfragen der Pastoraltheologie, Neukirchen-Vluyn 2012; zu nennen sind hier – wie die mehrfachen Auflagen zeigen – in ihrer langfristigen Wirkung sicherlich auch noch Ulrike Wagner-Rau, Auf der Schwelle. Das Pfarramt im Prozess kirchlichen Wandels, Stuttgart 2009, 22011; Isolde Karle, Der Pfarrberuf als Profession. Eine Berufstheorie im Kontext der modernen Gesellschaft (PThK 3), Stuttgart 32011; Regina Sommer/Julia Koll (Hgg.), Schwellenkunde. Einsichten und Aussichten für den Pfarrberuf im 21. Jahrhundert. Ulrike Wagner-Rau zum 60. Geburtstag, Stuttgart 2012, sowie von kirchenleitender Seite aus Nikolaus Schneider/Volker A. Lehnert, Berufen – wozu? Zur gegenwärtigen Diskussion um das Pfarrbild in der Evangelischen Kirche, Neukirchen-Vluyn 22011.
5) Eine hilfreich orientierende kleine Studie zum Stand pastoraltheologischer Reflexion unter dem Stichwort der Krise – auch im Blick auf die mögliche disziplinäre Krisen(mit)produktion! – hat jüngst Johannes Greifenstein vorgelegt: Ders., Die Krise des Pfarrberufs und das pastoraltheologische Krisenmanagement, in: Pastoraltheologie 109 (2020/10), 484–504.
6) Reinhold Becker, Beruf Pfarrperson. Eine Untersuchung zu Berufsbild und Ausbildung (ARP 62), Göttingen 2016, 514 u. 524.
7) Bernhard Dressler/Andreas Feige/Dietlind Fischer/Dietrich Korsch/Albrecht Schöll, Innenansichten. Zum professionellen Umgang mit Religion im Pfarramt, Leipzig 2017; einen guten Überblick über jüngere empirische Studien liefert Manuel Kronast, Irritation und Vernetzung. Pastorale Kommunikation im Spiegel der Pfarrerbefragungen (Netzwerk Kirche 8), Berlin 2018.
8) Schröder, Bernd [Hg.]: Pfarrer oder Pfarrerin werden und sein. Herausforderungen für Beruf und theologische Bildung in Studium, Vikariat und Fortbildung, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2020. 592 S. = Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, 61. Geb. EUR 128,00. ISBN 9783374065806; gewisse Vorläufer dazu sind die dokumentierten Debatten: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.), Der Pfarrberuf. Profil und Zukunft (epd Dokumentation 30), Frankfurt a. M. 2019; Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.), Gesegnet und gesendet. Lebensweltliche und empirische Einsichten zur Zukunft des Pfarrberufs (epd Dokumentation 15/16), Frankfurt a. M. 2017.
9) Bernd Schröder, Ausblick und Aufgaben, in: Ders. (Hg.), Pfarrer (s. Anm. 8), 573–583.
10) Bernhard Rothen, Das Pfarramt. Ein gefährdeter Pfeiler europäischer Kultur, Münster 2009.
11) Ausgangspunkt für diese jüngere Profilbildung ist fraglos vor allem die Studie Christian Grethleins, Pfarrer – ein theologischer Beruf!, Frankfurt a. M. 2009. Eine frühe empirisch grundierte Zwischenbilanz findet sich bei Stefan Bölts/Wolfgang Nethöfel (Hgg.), Pfarrberuf heute. Befragungen und Studien zum Pfarrberuf (Netzwerk Kirche 5), Berlin 2010.
12) Jan Hermelink, Kirche leiten in Person. Beiträge zu einer evangelischen Pastoraltheologie, Leipzig 2014, vor allem 33–38; und in dieser Grundausrichtung besonders markant ausgeführt und für die akademische Ausbildung konkretisiert in seinem Beitrag Berufung zur Freiheit und berufliche Kompetenz, a. a. O., 220–238.
13) Regina Sommer /Julia Koll (Hgg.), Schwellenkunde (s. Anm. 4).
14) Hanns Kerner/Johannes Rehm/Hans-Martin Weiss (Hgg.), Das geistliche Amt im Wandel. Entwicklungen und Perspektiven, Leipzig 2017; Mikusch, Stephan, u. Alexander Proksch [Hgg.]: Identitäten im Pfarramt. Denkanstöße aus Theorie und Praxis. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2019. 216 S. m. zahlr. Abb. Kart. EUR 25,00. ISBN 9783374062041; mit theologischer Interdisziplinarität Markus Iff/Andreas Heiser (Hgg.), Berufen, beauftragt, gebildet – Pastorales Selbstverständnis im Gespräch. Interdisziplinäre und ökumenische Perspektiven (BTS 131), Neukirchen-Vluyn 2012; Bouillon, Christian, Heiser, Andreas, u. Markus Iff [Hgg.]: Person, Identität und theologische Bildung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2017. 201 S. Kart. EUR 32,00. ISBN 9783170322103, wobei die unter der Perspektive von Bildung als »lebenslangem und unabgeschlossenem Selbstbildungsprozess« (a. a. O., 192) firmierenden Beiträge im Blick auf ihren möglichen pastoraltheologischen Gesamtbezug nicht systematisch reflektiert werden.
15) Zu nennen ist insbesondere Benjamin Stahl/Anja Hanser/Michael Herbst (Hgg.), Stadt, Land, Frust? Eine Greifswalder Studie zur arbeitsbezogenen Gesundheit im Stadt- und Landpfarramt (Kirche im Aufbruch 26), Leipzig 2019.
16) Andreas von Heyl, Sie laufen und werden nicht müde … Betrachtungen zum pastoralen Dienst aus arbeitspsychologischer Perspektive, Leipzig 2014; Judith Winkelmann, »Weil wir nicht vollkommen sein müssen«. Zum Umgang mit Belastungen im Pfarramt, Stuttgart 2019.
17) Andreas Rohnke, Gesundheitsmanagement und Salutogenese im Pfarrberuf. Empirische Studie und Analyse von Gesundheitsressourcen und Belas-tungspotenzialen (Empirie und kirchliche Praxis 14), Frankfurt a. M. 2015; Andreas von Heyl/Konstanze Kemnitzer/Klaus Raschzok (Hgg.), Salutogenese im Raum der Kirche. Ein Handbuch, Leipzig 2015.
18) Die jüngeren Befragungen zum Pfarramt werden aufgeführt von Gunther Schendel, Pfarrpersonen unter Veränderungsdruck. Ein Gang durch die Befragungen zum Pfarramt, in: Ders. (Hg.), Zufrieden – gestresst – herausgefordert. Pfarrerinnen und Pfarrer unter Veränderungsdruck, Leipzig 2017, 51–93.
19) Martin Greiffenhagen (Hg.), Das evangelische Pfarrhaus. Eine Kultur- und Sozialgeschichte, Stuttgart 21991; Ders. (Hg.), Pfarrerskinder. Autobiographisches zu einem protestantischen Thema, Stuttgart 1982.
20) Thomas A. Seidel/Christopher Spehr (Hgg.), Das evangelische Pfarrhaus. Mythos und Wirklichkeit, Leipzig 2013; zum Mythos auch Christine Eichel, Das deutsche Pfarrhaus. Hort des Geistes und der Macht, Köln 2012.
21) Katrin Hildenbrand, Leben in Pfarrhäusern. Zur Transformation einer protestantischen Lebensform (PTh heute 141), Stuttgart 2016; als stärker historische und regional fokussierte Studie Jürgen Krüger/Hansmartin Schwarzmaier/Udo Wennemuth (Hgg.), Das evangelische Pfarrhaus im deutschsprachigen Südwesten (Oberrheinische Studien 32), Ostfildern 2014.
22) Sabine Scheuter, Das Pfarrhaus als sichtbarer Ort gelebten Christ-Seins? Lebensformen und Reglemente mit Genderblick betrachtet, in: Dies./Matthias Zeindler (Hgg.), Das reformierte Pfarrhaus. Auslauf- oder Zukunftsmodell?, Zürich 2013, 111–124; Simone Mantei/Regina Sommer/Ulrike Wagner-Rau (Hgg.), Geschlechterverhältnisse und Pfarrberuf im Wandel. Irritationen, Analysen und Forschungsperspektiven (PTh heute 128), Stuttgart 2013.
23) Uta Pohl-Patalong, Das Bild des Pfarrhauses in der neueren praktisch-theologischen Literatur, in: Christian Albrecht/Eberhard Hauschildt/Ursula Roth (Hgg.), Pfarrhausbilder. Literarische Reflexe auf eine evangelische Lebensform (PThGG 22), Tübingen 2017, 245–256, hier 255 f.
24) Jan Hermelink, Von der Vorderbühne zur Hinterbühne. Vermutungen über den Bedeutungswandel des pastoralen Wohnens (2009), in: Ders., Kirche leiten (s. Anm. 12), 145–150, hier 148.
25) Monika Clémençon/Brigitte Affolter (Hgg.), Pfarrbilderbuch und Bilderbuchpfarrer/in. Eine Momentaufnahme zwischen Chronos und Kairos, Bern 2007.
26) Christian Albrecht, Einleitung, in: Ders./Hauschildt/Roth (Hgg.), Pfarrhausbilder (s. Anm. 23), 1–9, hier 5.
27) Gerhard Isermann, Helden, Zweifler, Versager. Das Pfarrerbild in der Literatur, Hannover 2012; Bickelhaupt, Thomas: Was Pfarrer so treiben. Eine Spurensuche. Weimar: Wartburg Verlag 2016. 215 S. Kart. EUR 14,90. ISBN 9783861602743; Manfred Tiemann, Leben nach Luther. Das protestantische Pfarrhaus im populären Film und TV, Wiesbaden 2017; Klaus Fitschen, Pastors Kinder. Wie Pfarrhäuser die Gesellschaft prägen, Holzgerlingen 2014.
28) Michael Mente, Ein belebter Erinnerungs- und Erwartungsort. Zur Geschichte des reformierten Pfarrhauses in der Schweiz, in: Scheuter/Zeindler (Hgg.), Das reformierte Pfarrhaus (s. Anm. 22), 80–100.
29) Peter Böhlemann/Michael Herbst, Geistlich leiten. Ein Handbuch, Göttingen 2011.
30) Malte Detje, Servant Leadership. Ansätze zur Führung und Leitung in der Kirchengemeinde im 21. Jahrhundert (Beiträge zu Evangelisation und Gemeindeentwicklung 23), Göttingen 2017, 366.
31) Dies ist dort der Fall, wo eine »geistlich inspirierte, auf einen Kontext bezogene, missionarisch formatierte Weise des Kircheseins« bewusst von einer »volkskirchlichen Logik« unterschieden wird, vgl. Michael Herbst, »Trachtet zuerst« nach mündigen Gemeinden … Kirchentheoretische Reflexionen und Folgerungen aus der Greifswalder Studie, in: Stahl/Hanser/Herbst (Hgg.), Stadt (s. Anm. 15), 171–193, hier 189.
32) Gerhard Wild, Teildienst im Pfarrberuf. Seine Auswirkungen auf das pas-torale Berufsbild am Beispiel der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Leipzig 2012; Ricarda Schnelle, Gemeinsam autonom sein. Eine Untersuchung zu kollegialen Gruppen im Pfarrberuf (APTh 76), Leipzig 2019; Jantine Nierop, Eine Gemeinde, mehrere PfarrerInnen. Reflexionen auf das mehrstellige Pfarramt aus historischer, empirischer und akteurtheoretischer Perspektive (PTh heute 151), Stuttgart 2017.
33) Klessmann, Pfarramt (s. Anm. 4), 285 u. 140.
34) Auguste Zeiß-Horbach, Evangelische Kirche und Frauenordination. Der Beitrag der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur deutschlandweiten Diskussion im 20. Jahrhundert (Historisch-theologische Genderforschung 8), Leipzig 2017; Wilfried Härle, Von Christus beauftragt. Ein biblisches Plädoyer für Ordination und Priesterweihe von Frauen, Leipzig/Paderborn 2017.
35) Exemplarisch Michael Bünker/Martin Friedrich (Hgg.), Amt, Ordination, Episkopé und Ausbildung (Leuenberger Texte 13), Leipzig 2013.
36) Interessanterweise von einer katholischen Blickrichtung aus: Alexander Nawar, Ordinationsliturgie und Amtsverständnis zwischen Beauftragung und Sakrament. Zu den Gottesdiensttraditionen evangelisch-lutherischer Landeskirchen (Studien zur Pastoraltheologie 39), Regensburg 2014.
37) Dazu finden sich zumindest auf evangelischer Seite bisher nur wenige ausführlichere Reflexionen, vgl. Thomas Schlag, Konflikte um die Deutungsmacht. Eine pastoraltheologische Perspektive, in: Thomas Klie/Martina Kumlehn/Ralph Kunz/Ders. (Hgg.), Machtvergessenheit. Deutungsmachtkonflikte in praktisch-theologischer Perspektive (Praktische Theologie im Wissenschaftsdiskurs 25), Berlin/New York 2021, 201–218, sowie Traugott Jähnichen, »Was macht Kirche mit Macht – was macht Macht mit Kirche?«, in: Wege zum Menschen 63 (2011), 135–146.
38) Verwiesen werden kann hier auf die hilfreichen professionssoziologischen und zugleich reformatorisch-amtstheologischen Überlegungen in Orientierung am Topos »Vertrauen« sowohl im Blick auf die Beziehung zwischen Pfarrerin /Pfarrer und Gemeinde wie auch bezüglich der professionellen Arbeitsbeziehungen in der Gemeinde: Anke Wiedekind, Wertewandel im Pfarramt. Eine empirische Untersuchung über die Professionalität im Pfarramt (Netzwerk Kirche 6), Berlin 2015, 219 ff.
39) Ralph Kunz/Matthias Zeindler (Hgg.), Alle sind gefragt. Das Priestertum aller Gläubigen heute, Zürich 2018.
40) Stahl/Hanser/Herbst (Hgg.), Stadt (s. Anm. 15); vgl. dazu auch Sabrina Müller, Gelebte Theologie. Impulse für eine Pastoraltheologie des Empowerments, Zürich 2019.
41) Thomas Schlegel, Kommentar: Die Chiffre »Land«, in: Stahl/Hanser/Herbst (Hgg.), Stadt (s. Anm. 15), 251–260, hier 259 f.
42) Heymel, Michael [Hg.]: »Da verdient man ja nichts!«. Berufsbiographien von Pfarrerinnen und Pfarrern. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2017. 226 S. Kart. EUR 34,00. ISBN 9783374049202. Interessanterweise ist jüngst die Aufmerksamkeit auf die besonderen Bedingungen und Chancen von Landpfarrämtern bzw. die damit verbundenen Belastungen, Schwerpunktsetzungen und Freiräume im Kontext von Arbeitsverdichtung und Ausdehnung der Verantwortungsbereiche auch empirisch ausführlich herausgearbeitet worden: Kerstin Menzel, Kleine Zahlen, weiter Raum. Pfarrberuf in ländlichen Gemeinden Ostdeutschlands (PTh heute 155), Stuttgart 2019; Simone Ziermann, Landpfarramt. Eine sprachwissenschaftlich-pastoraltheologische Inventur, Leipzig 2018.
43) Urs Winter-Pfändler, Kirchenreputation. Forschungsergebnisse zum Ansehen der Kirchen in der Schweiz und Impulse zum Reputationsmanagement, Sankt Gallen 2015.
44) Siegfried Eckert, 2017 – Zweitausendsiebzehn. Reformation statt Reförmchen, Gütersloh 2014; Isolde Karle, Kirche im Reformstress, Gütersloh 2010.
45) Exemplarisch und aufschlussreich ist hier die Rede von »Pastor-theolo-gians« as »public intellectuals«: Kevin J. Vanhoozer/Owen Strachan, The Pastor as Public Theologian. Reclaiming a Lost Vision, Grand Rapids 2015, hier 186; überaus studierenswert auch in religiös-vergleichender Perspektive: Sharon Henderson Callahan (Ed.), Religious Leadership. A Reference Handbook, 2 vols., Thousand Oaks et al. 2013.
46) Ulrike Wagner-Rau, Pastoraltheologie, in: Kristian Fechtner/Jan Hermelink/Martina Kumlehn/Dies., Praktische Theologie. Ein Lehrbuch (Theologische Wissenschaft 15), Stuttgart 2017, 105–127, hier 126 f.
47) Eine besonders eindrückliche Zusammenstellung im Geist einer solchen kontextuell-öffentlichen Perspektive bietet Martin Percy (Ed.), The Study of Ministry. A Comprehensive Survey of Theory and Best Practice, London 2019, und hier auch die prägnante Charakterisierung von ministry as »public, valuable, vicarious and sacrifical« und zugleich den Hinweis auf die zukünftige wissenschaftliche Forschung: »the future study of ministry will, undoubtedly, have to pay due attention and regard to new landscapes and contexts in which ministers now function« (a. a. O., 641 f.). Zu verweisen ist auf weitere Einzelstudien aus dem angelsächsischen Raum, die genau diesen weiten Horizont aufspannen, etwa die pastoraltheologischen Beiträge zu »Religious Leadership« von Michael Jinkins und zu »Suffering« von Pamela Cooper-White, in: Bonnie J. Miller-McLemore (Ed.), The Wiley Blackwell Companion to Practical Theology, Oxford 2014. Diesen kontextsensiblen Ton schlagen u. a. an Pete Ward, Introducing Practical Theology. Mission, Ministry, and the Life of the Church, Grand Rapids 2017, und Andrew Root, The pastor in a secular age, Grand Rapids 2019.
48) Heidi A. Campbell, Digital Creatives and the Rethinking of Religious Authority, London 2021.
49) Oliver Merz, Vielfalt in der Kirche? Der schwere Weg der Inklusion von Menschen mit Behinderung im Pfarrberuf, Wien/Zürich 2017.
50) In eindrücklicher Weise verweist Günter Beck-Mathieu auf die systemischen Potenziale des Pfarramtes und greift weit über den Bildungsort schulischen Religionsunterrichts hinaus: Ders., Gemeindepfarrer als Religionslehrer. Empirische Studien zu Selbstverständnis, Handeln im System Schule und Nachbarschaft von Schule und Gemeinde (APTh 61), Leipzig 2015.
51) Etwa Kai Horstmann, Campus und Profession – Pfarrdienst in der Evangelischen Studierendengemeinde (PTh heute 118), Stuttgart 2012.
52) Thomas Schaufelberger/Juliane Hartmann (Hgg.), Perspektiven für das Pfarramt. Theologische Reflexionen und praktische Impulse zu Veränderungen in Berufsbild und Ausbildung, Zürich 2016.
53) Zur Diskussion um das Zürcher Kompetenzstrukturmodell vgl. das Themenheft »Der Zusammenhang von Pfarrberuf und Kirchenentwicklung«, Pastoraltheologie 106 (1/2017).
54) Sabine Hermisson, Spirituelle Kompetenz. Eine qualitativ-empirische Studie zu Spiritualität in der Ausbildung zum Pfarrberuf (Arbeiten zur Religionspädagogik 60), Göttingen 2016.
55) Wiedekind, Wertewandel (s. Anm. 38), 235.
56) S. zur von R. Kunz verwendeten Begrifflichkeit Anm. 2.
57) Es sollte der deutschsprachigen evangelischen Pastoraltheologie zu denken geben, dass programmatische Reflexionen aus angelsächsischer Feder häufig ein bestimmtes pragmatisch-euphorisches Pathos abstrahlen, das das mögliche Berufsglück sowohl in seinen biblischen, gegenwartsrelevanten, partizipatorischen wie in seinen existenziell-spirituellen Bezügen überaus deutlich machen, vgl. etwa Graham Tomlin, The Widening Circle. Priesthood as God’s way of blessing the world, London 2014; Samuel Wells, Incarnational Ministry. Being with the Church, London 2017; Margaret Whipp, SCM Study Guide to Pastoral Theol-ogy, London 2013; Ian Cowley, The Contemplative Minister. Learning to lead from the still centre, Abingdon 2015.
58) Klessmann, Pfarramt (s. Anm. 4), 183.
59) Isolde Karle, Praktische Theologie (LETh 7), Leipzig 2020, 152.
60) Bernhard Dressler, Personale Präsenz im Pfarramt. Professionstheoretische Überlegungen und Beobachtungen, in: Ders./Fischer/Korsch/Schöll, Innenansichten (s. Anm. 7), 189–211, hier 191; grundlegend dazu jetzt mit der Rede vom pastoralen »Beruf im Zwischenraum«, dessen Aufgabe nicht nur theologisch, sondern auch in ihren sozialpsychologischen Dimensionen zu reflektieren ist: Michael Klessmann, Theologie und Psychologie im Dialog. Einführung in die Pastoralpsychologie, Göttingen 2021, 155 f.
61) Thomas Bauer, Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt, Ditzingen 22018.
62) Paul Ricœur, Vom Übersetzen. Herausforderung und Glück des Übersetzens, Berlin 2016. Ganz richtig ist in diesem Zusammenhang der Verweis von Isolde Karle darauf, dass die sozusagen selbst-übersetzungsfähige Überschneidung von Person und Amt »auch eine Quelle des Glücks im Pfarrberuf« werden kann: Karle, Praktische Theologie (s. Anm. 59), 154.
63) Greifenstein, Krise (s. Anm. 5), 493.
64) Wagner-Rau, Pastoraltheologie (s. Anm. 46), 126.
65) Thomas Schlag/Ralph Kunz, Universitäre Bildung: Forschung, Lehre und Praxis, in: Dies. (Hgg.), Handbuch für Kirchen- und Gemeindeentwicklung, Neukirchen-Vluyn 2014, 522–530.
66) So Greifenstein, in Aufnahme von R. Stichweh, in: Ders., Krise (s. Anm. 5), 501.
67) Dass sich eine solche Ausrichtung des Studiums bestens mit den Motivationslagen von Theologiestudierenden verbindet, machen die jüngst erstmals systematisch vorgenommenen Erkundungen zu deren Erwartungen an das Theologiestudium im Blick auf den Gegenwartsbezug und die Relevanz für die eigene Religiosität deutlich: Baden, Maximilian: Warum studierst Du Theologie? Eine Untersuchung zur Motivation von Erstsemestern. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2020. 490 S. m. 110 Abb. = Arbeiten zur Praktischen Theologie, 83. Geb. EUR 58,00. ISBN 9783374067848, zusammenfassend 451–458.
68) Vgl. Thomas Schlag, Welche Ausbildung braucht das Pfarramt? Eine bildungstheoretische Vergewisserung in den Wellenbewegungen der Kompetenzorientierung, in: PTh 106 (1/2017), 50–58.
69) Dressler/Feige/Fischer/Korsch/Schöll, Innenansichten (s. Anm. 7).
70) Thomas Schlag, Praktische Theologie als öffentliche Freiheitslehre. Thesen zu ihrer Verortung und ihren Perspektiven, in: PThI 35 (2/2015), 89–96.
71) Kunz, Felsgrat (s. Anm. 2), 20.
72) Ilona Nord, Empirische Forschung in der Praktischen Theologie. Rekonstruktionen zu ihrer bisherigen Bedeutung und zukünftige Entwicklungen, in: Thomas Schlag/Bernd Schröder (Hgg.), Praktische Theologie und Religionspädagogik. Systematische, empirische und thematische Verhältnisbestimmungen (Veröffentlichungen der WGTh 60), Leipzig 2020, 321–342.