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Ausgabe:

April/2021

Spalte:

281-282

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Wright, Dale S.

Titel/Untertitel:

Buddhism. What Everyone Needs to Know®.

Verlag:

Oxford u. a.: Oxford University Press 2020. X, 222 S. Kart. US$ 16,95. ISBN 9780190843663.

Rezensent:

Stefan S. Jäger

Dale S. Wright, Professor emeritus am Occidental College in Los Angeles/Kalifornien, hatte von 1980 bis 2018 den Lehrstuhl für Religious Studies inne. Wie auch seine bisherigen Veröffentlichungen – vorwiegend zum japanischen Zen – dokumentieren, bildet der Buddhismus einen seiner Forschungsschwerpunkte. Der hier anzuzeigende Band erschien in der Reihe What everyone needs to know der Oxford University Press Academics, die sich in allgemeinverständlicher Diktion und ohne wissenschaftlichen Apparat an eine breitere Leserschaft wendet.
In der Einleitung nennt W. als Motive für die Beschäftigung mit den Grundlagen des Buddhismus dessen Zugehörigkeit zur kulturellen Umwelt auch im individuellen Nahbereich westlicher Gesellschaften sowie die Notwendigkeit wechselseitigen Verstehens für ein produktives und friedliches Miteinander. Vor allem aber habe der Buddhismus auch etwas anzubieten, von dem man lernen könne. Insbesondere die Achtsamkeitsmeditation sei mittlerweile ein einflussreicher Beitrag zur globalen Kultur. Die Darstellung ist in fünf Kapitel gegliedert: Origins and Early History, Buddhist Diversity, Buddhist Teachings, Buddhist Practices und Contemporary Global Buddhism. Jedes dieser Kapitel ist unterteilt in 16 bis 24 Fragen, die in prägnant formulierten Abschnitten beantwortet werden. Die Fragen sind so formuliert, dass sie u. a. von interessierten Nicht-Buddhisten gestellt worden sein könnten, häufig sind es auch Fragen von Studierenden aus W. s Lehrveranstaltungen. Das zeigt sich z. B. besonders an Fragen wie »3.1. Do Buddhists believe in God?«, »4.8. Is prayer an important practice in Buddhism?« oder »4.20. Do Buddhists try to win converts?« Auch ethische Fragen wie »5.17. How does Buddhism deal with controversial issues like divorce, abortion, and suicide?« sind aufgenommen. Dass insbesondere der nordamerikanische Kontext berücksichtigt wird, zeigt sich u. a. an den interessanten Ausführungen zur Geschichte des Buddhismus in den USA., die bereits Mitte des 19. Jh.s mit der Einwanderung chinesischer und japanischer Arbeiter begann. Und auch Bemerkungen wie z. B. »Few Buddhists have felt compelled to mount a harsh criticism of evolution« (169) kann man den religiösen-kulturellen Kontext entnehmen. So gibt der Band auch Aufschluss über die Buddhismus-Rezeption in den USA. W. lenkt dabei jedoch immer wieder auf Fragen hin, die sachgemäß zu stellen wären, um den Buddhismus besser verstehen zu können. Insgesamt zeigt sich hier, dass eine allgemeinverständliche Erstinformation zu einer so anders konzipierten und komplexen Religion in ihrer starken Ausdifferenzierung immer auch an Bekanntes anknüpfen muss, um von da aus sich einem buddhistischen Verständnis anzunähern. Solche Anknüpfungen und Vergleiche sind immer eine Gratwanderung, die W. jedoch gelingt. Zudem weist er regelmäßig auf Differenzen und die Vielfalt buddhistischer Ausprägungen hin. Letztlich können diese Anknüpfungen nur Brü-cken sein, die man oft genug hinter sich abbrechen muss, wenn sie einmal überschritten sind (ganz im Sinn der buddhistischen Hermeneutik der Geschickten Mittel, skr. upāya). Das prominenteste Beispiel dafür dürfte die Lehre von Anatman (Nicht-Selbst) sein, die einerseits nach W. »perhaps the signature doctrine of Bud­dhism« (81) darstellt. Sie ist aber auch für Buddhisten nur »useful as a strategy of spiritual diagnosis and therapeutic healing but not worthy of becoming a new point of intellecutal attachment« (83).
Bei einer grundsätzlichen Haltung der Sympathie werden bei W. auch kritische Aspekte nicht ausgespart. So fehlt nicht der Hinweis darauf, wie auch Buddhisten trotz des grundsätzlichen Gebots des Nicht-Verletzens an politisch und/oder religiös motivierter Gewalt beteiligt waren und sind. Als Beispiele dafür werden das imperialistische Japan bis 1945, Thailand, Sri Lanka oder ganz aktuell die Vertreibung der mehrheitlich muslimischen Rohingyas in Myanmar genannt. In dem von Thich Nhat Hanh während des Vietnamkrieges wesentlich mit initiierten sozial engagierten Bud­dhismus, der die lange Tradition politischer Konformität durchbricht, sieht W. daher die vielleicht bedeutsamste Veränderung im gegenwärtigen Buddhismus. Aber auch andere aktuelle Entwicklungen wie z. B. Green Buddhism bzw. ecoBuddhism werden behandelt. Weiterführende Lektürehinweise zu den einzelnen Hauptthemen sowie ein Index mit den wichtigsten Namen und Begriffen schließen den Band ab. In der inhaltlichen Ausrichtung mit dem Achtergewicht auf Tendenzen im globalen Buddhismus der Gegenwart entspricht vorliegende Darstellung der Konzeption der Encyclopedia of Buddhism, die 2007 von Damien Keown (ein wichtiger Gewährsmann für W.) und Charles S. Prebish veröffentlicht wurde. Wer bei W. auf den Geschmack gekommen ist und noch mehr wissen möchte, findet hier vertiefende Anschlusslektüre. Ein in Ansatz und Umfang von W.s Einführung vergleichbares Format hat auch der 2019 bei C. H. Beck erschienene Band von Michael von Brück »Buddhismus – Die 101 wichtigsten Fragen«, wobei die Ak­zente zum Teil etwas anders gesetzt werden.
Da W. nicht nur etwas über den Buddhismus erfahren, sondern auch von ihm kritisch reflektiert lernen will, darf er als Vertreter einer engagierten Religionswissenschaft gelten. So kann der Band auch als Beitrag zu interreligiöser Begegnung gelesen werden. Summa summarum bietet W. eine knappe und zuverlässige Einführung, die sich sowohl für einen ersten Überblick als auch für das schnelle Nachschlagen einzelner Themen gut eignet.