Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

März/2021

Spalte:

150-151

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hollis, Susan T.

Titel/Untertitel:

Five Egyptian Goddesses. Their Possible Beginnings, Actions, and Relationships in the Third Millennium BCE.

Verlag:

London u. a.: Bloomsbury Academic 2019. XV, 216 S. m. 30 Abb. = Bloomsbury Egyptology. Geb. £ 85,00. ISBN 9781474234252.

Rezensent:

Stefan Bojowald

Die hier zu besprechende Publikation von Susan T. Hollis trägt Daten und Fakten zum frühesten Auftreten und den Funktionen der ägyptischen Göttinnen Neith, Hathor, Nut, Isis und Nephthys zusammen. Die Studie greift auf materielle und epigraphische Zeugnisse zurück. In der Einleitung werden einige Vorinforma-tionen abgeklärt: Die Göttinnen Neith und Hathor sind aus der genannten Gruppe am frühesten in sicher datiertem Kontext zu beobachten (2). Die Göttinnen Nut, Isis und Nephthys tauchen zuerst in den Pyramidentexten auf (2).
Im ersten Kapitel wird über Neith gehandelt. Die Göttin wurde in theophore Königinnennamen der 1. Dynastie eingebaut (8). Die frühesten Anfänge der Göttin reichen in die proto- und frühdynas-tische Zeit herab (8). Das typische Göttersymbol der Neith aus zwei gekreuzten Pfeilen ist bereits in der Nagade II-Zeit dokumentiert (9). Die Verbindung der Neith mit dem Königtum setzte während der proto-/prädynastische Zeit ein (13). Die frühe Identifikation der Neith mit der Roten Krone ist skeptisch zu beurteilen (19). Die früheste Beziehung der Neith mit anderen Göttern ist zu Anubis vor der 4. Dynastie zu finden (25).
Das zweite Kapitel geht näher auf Hathor ein. Der Beiname »Herrin des Himmels« leitet sich laut der Vfn. vom Himmel des Falkengottes Horus ab (33), was absolut nicht überzeugt. Der früheste Beleg der Hathor ist vielleicht an das Ende der 3. oder den Beginn der 4. Dynastie zu datieren (35). Die ältesten Anzeichen für einen Hathorkult sind in der 4. Dynastie attestiert (40). Der angebliche Wandel einer ursprünglichen Lokalität zur späteren Göttin Hathor (40) leuchtet nicht richtig ein. In der 5. Dynastie wurde Hathor eng mit dem Sonnengott Re verbunden (42). Die Triaden des Mykerinos weisen auf die anthropomorphe Form der Hathor und deren spezielles Verhältnis zum König hin (43). Die angebliche Heilige Hochzeit zwischen dem Gott Atum (!) und der lebenden Königin (46) beruht auf einem Lapsus: In Wahrheit wird der göttliche Partner durch Amun gebildet. Die Eigenschaft der Hathor als »Herrin von Byblos« bleibt im Alten Reich eher zweifelhaft (51). Die frühesten Hinweise für die Reise der Hathor ins Ausland stammen aus der 6. Dynastie (53). Die Rinderkopfembleme mit gekrümmten Hörnern, wie sie z. B. auf der berühmten Narmer-Palette prangen, haben sehr wahrscheinlich nicht zur Göttin Hathor, sondern zur Göttin Bat gehört (54–62).
Im dritten Kapitel wird Nut betrachtet. Die Bezeichnung der Nut als »Totengöttin« (71) ruft einen nicht besonders glücklichen Eindruck hervor. Die angebliche Verbindung der Nut zu Natron (81) ist abzulehnen. Die Göttin hat sich am häufigsten in anthropomorpher Form gezeigt (84). Die angebliche Geiergestalt der Nut (85) müsste noch besser abgesichert werden. Die Kultorte der Göttin lassen sich nur schwer verifizieren (85). Der Übersetzungsvorschlag »one in On«/»Heliopolitan one« für »niw.t« (86) scheidet philologisch aus. Der Zuständigkeitsbereich der Nut schloss Himmel und Sarg ein (90).
Das vierte Kapitel setzt sich mit Isis und Nephthys auseinander. Die beiden Göttinnen kommen frühestens am Ende der 5. Dynastie vor (91). Die Einbindung in eine mythologische Erzählung ist hier von allen fünf Fällen zum ersten Mal zu erkennen (91). Das Totengeleit durch die beiden Göttinnen auf dem Wasserweg führte zu deren Bezeichnung als »Landepflock«, was mit dem Euphemismus »landen« für »sterben« zusammenhängt (101). Die Mutterrolle der Isis ist besonders hervorzuheben (109–111).
Das letzte Kapitel bietet eine Zusammenfassung der Ergebnisse, danach folgen ein Abkürzungsverzeichnis (119–123) und Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln (125–178), die benutzerfreundlicher auf der jeweiligen Seite unten aufgehoben gewesen wären. Bibliographie (179–202) und Index (203–216) beschließen den Band.
Als Fazit möchte der Rezensent positiv hervorheben, dass das Buch manches interessante Detail zu bieten hat. Allerdings weist der Text auch Redundanzen auf, z. B. bei der mehrfach betonten mündlichen Überlieferung der Pyramidentexte (3–5), dem gemeinsamen Agieren von Isis und Nephthys (92–93.109) und der vermeintlich ephemeren Rolle der Nephthys (105–106.111). Unabhängig davon sei dem Leser der Band empfohlen.