Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juni/2020

Spalte:

493–508

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Stefan Michel

Titel/Untertitel:

Kurfürst Johann von Sachsen (1468–1532) und die von Wittenberg ausgehende Reformation. Neue Beobachtungen zur Fürstenreformation

Kurfürst Johann, der Beständige, wie Martin Luthers zwischen 1525 und 1532 regierender Landesherr genannt wird, fristet gegenüber seinem älteren Bruder, Friedrich dem Weisen (1463–1525), ein historiographisches Schattendasein. Denn die reformatorischen Erfolge in der Frühphase der Reformation in Kursachsen werden zumeist mit Friedrich in Zusammenhang gebracht, obwohl dieser bereits mitten im Bauernkrieg starb und die Reformation eher zuließ als sie aktiv förderte. Jedoch gelangen erste wegweisende organisatorische Veränderungen und institutionelle Verfestigungen der Reformation in Kursachsen unter Johanns Einfluss. Durch die Beschäftigung mit ihm geraten somit bisher übersehene Aspekte der frühen Reformation in den Blick. Von diesem Befund aus muss zu­gleich das unscharfe Paradigma der Fürstenreformation neu durchdacht werden.


I Historiographische Schatten

Die Erinnerung an Kurfürst Johann von Sachsen ist verblasst, weil vor allem durch die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts die Verdienste Friedrichs des Weisen, aber auch von Johanns Sohn, Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554), deutlich intensiver gewürdigt wurden. Friedrich betrieb demnach eine aktive Lutherschutzpolitik1 und Johann Friedrich kämpfte mit dem Schmalkaldischen Bund für den Bestand der Reformation. An diesem historiographischen Rahmen änderten auch die reformationsgeschichtlichen Forschungen im 20. Jahrhundert nichts, die vorrangig um Martin Luther kreisten. Dabei wurde nach dem Verhältnis des Reformators zu den Fürsten gefragt, aber nicht nach dem Verhältnis der Fürsten zu Luther.2 Eine Biographie Johanns fehlt nach wie vor, während für Friedrich und Johann Friedrich auf entsprechende Darstellungen verwiesen werden kann.3 Obwohl Johann von Sachsen im 20. Jahrhundert von der Forschung kaum beachtet wurde, enthält die Theologische Realenzyklopädie einen ausgewogenen Artikel über ihn.4 Hingegen überwand eine neue Monographie die alten Deutungsmuster nicht.5

Erschwerend für eine angemessene Beurteilung der Haltung Johanns zur Reformation kam hinzu, dass sowohl die marxistischen Forschungen zur frühbürgerlichen Revolution6 als auch die kirchenhistorischen Forschungen der alten Bundesrepublik die Rolle der Fürsten im Reformationsprozess zumeist negativ oder zumindest ambivalent beurteilten. Dafür wurde im Gegenüber zur spontan aufgefassten Gemeindereformation, aber auch zur (reichs)städtischen Reformation, der – nicht immer scharf umrissene – Begriff der Fürstenreformation geprägt.7 Hier wäre unter anderem an Alfred Meusel (1896–1960)8 einerseits und Heiko A. Oberman (1930–2001)9 anderseits zu erinnern. Nach einer Phase der freien Ausbreitung reformatorischer Gedanken – gern auch als Volks- oder Gemeindereformation10 bezeichnet – bemächtigten sich die Fürsten dieser Bewegung, so das zu Recht seit Längerem angezweifelte Diktum.

Bereits 1996 forderte Luise Schorn-Schütte dazu auf, die Verwendung des Begriffs »Fürstenreformation« neu zu durchdenken, indem »eine einheitliche ›Kultur der Reformation‹ angenommen« werde, »in der Elemente des Gemeindechristentums stets mit solchen einer obrigkeitlichen Steuerung verbunden sind.«11 Es müssten das Verhältnis der vorherrschenden Komponenten dieser beiden Größen und die Gründe für ihr Verhältnis näher beschrieben werden. Darin würde eine klare Chance zur Erfassung verschiedener Varianten der Reformation liegen. Die Analyse des Re­gierungshandelns von Kurfürst Johann wird der Forderung Schorn-Schüttes exemplarisch Rechnung tragen. Dabei kann auf neue Forschungsansätze und -perspektiven zu Kurfürst Johann zurückgegriffen werden, die sich inzwischen durch das laufende Leipziger Editionsprojekt zur Kirchenpolitik Friedrichs und Johanns gewinnen lassen.12

II Biographische Orientierungen


Dass Johann einmal größeren Einfluss auf die Politik des Kurfürstentums Sachsen ausüben würde, war bei seiner Geburt nicht absehbar, da er drei gesunde ältere Brüder hatte. Friedrich war 1463 geboren worden, 1464 und 1467 folgten Ernst (1464–1513) und Adalbert (1467–1484), die später Karriere als Geistliche machten. Testamentarisch wünschte Kurfürst Ernst von Sachsen (1441–1486), dass seine Söhne Friedrich und Johann sein Erbe gemeinsam antreten.13 Diesem Wunsch entsprachen Friedrich und Johann, als ihr Vater 1486 überraschend starb. Während Friedrich die Kurwürde übernahm, unterstützte ihn Johann vor allem in den 1490er Jahren in der Regierung, als sich Friedrich am kaiserlichen Hof befand. Dazu war Johann durch seine Ausbildung beispielsweise am Hof Kaiser Friedrichs III. (1415–1493) befähigt, die ihn mit den Aufgaben eines Fürsten vertraut gemacht hatte. Er kannte zudem die Funktions weisen des Reichs, weil er auf den Reichstagen 1487 und 1491 in Nürnberg, 1505 in Köln sowie 1521 in Worms anwesend war.

Einschneidend für Johanns weitere Entwicklung als eigenständiger Politiker war die Verwaltungsteilung, die sogenannte Mutschierung, die Friedrich 1513 wünschte. Sie wurde im Sommer 1513 in Weimar mündlich zwischen den Brüdern vereinbart und hatte eine Aufteilung der Verwaltungsaufgaben und territorialen Zu­ständigkeitsbereiche bei Beibehaltung des Gesamtbesitzes zur Folge.14 Die Mutschierung stellte die seit 1486 eingeübte Regierungspraxis auf ein rechtliches Fundament und führte dazu, dass Johann seine Hofhaltung in Weimar ausbaute,15 während sich Friedrich bevorzugt in Torgau und Wittenberg als seinen Hauptresidenzen aufhielt.16 Johann verwaltete ab 1514 Thüringen, das Vogtland und die Pflege Coburg. Er war nicht nur für die Finanzverwaltung dieses Teilterritoriums, sondern beispielsweise auch für die Beziehungen zu der kurmainzischen Exklave Erfurt zuständig, wofür er auf erfahrende Verwaltungseliten zurückgreifen konnte, die, wie der Gothaer Amtmann Burkhardt Hund († um 1544), später auch in der beginnenden Reformation eine Rolle spielten. Friedrich hingegen behielt sich neben der Verwaltung seines Landesteils reichspolitische Aufgaben vor. In allen Details stimmten sich die Brüder durch einen nahezu täglichen Briefaustausch ab, aus dem hervorgeht, dass Johanns Meinungen in zunehmendem Maße an Gewicht gewannen. So kann Johann als Vermittler neuer Ideen gegenüber seinem älteren Bruder angesehen werden.

Johann pflegte wie Friedrich eine intensive spätmittelalterliche Frömmigkeit. So zog er sich beispielsweise vor Ostern 1513 für drei Tage in das Weimarer Franziskanerkloster zurück, um sich angemessen auf das Hochfest vorzubereiten.17 Ein Andachtsbuch Jo­hanns aus der Zeit um 1515 bietet zwölf Gebete zur Meditation der Passion Jesu, wovon zehn auf den Kirchenvater Augustin zurückgehen.18 Ebenso ganz der spätmittelalterlichen Frömmigkeit verhaftet ist Johanns Testament aus dem Jahr 1516.19 Darin bittet er zunächst eindringlich zahlreiche Heilige – allen voran seinen Lieblingsheiligen Jakobus – um ihren Beistand. Für sein Seelenheil er­richtete er eine Reihe von Stiftungen, darunter je 200 Gulden für die Stifte in Meißen und Altenburg. 45 Klöster im ernestinischen Territorium wurden mit kleineren Stiftungen zu seiner Memoria bedacht. Als Kurfürst Friedrich knapp ein Jahr später sein Testament erneuerte, folgte er dem Vorbild seines Bruders.20

III Herzog Johann und die frühe Reformation in Thüringen bis 1525


Als Johann im Mai 1525 nach dem Tod seines Bruders die sächsische Kurwürde übernahm, gehörte er bereits zu den Befürwortern der Reformation. Doch wann und wie öffnete er sich für reformatorische Anliegen? Am leichtesten lässt sich diese Frage beim gegenwärtigen Forschungsstand an seinem Verhältnis zu Martin Luther beantworten. Der bislang früheste Beleg für Johanns Interesse an Luther stammt vom 12. November 1519, als der Herzog seinem Bruder zwei Rosenkränze übersandte und ihn fragte, ob Lucas Cranach ihm ein Bild des Wittenberger Theologen anfertigen könne.21 Zu diesem Zeitpunkt besaß Johann Friedrich von Sachsen bereits einige Bücher Luthers.22 Von nun an entwickelte sich das Verhältnis zwischen dem Herzog und dem Reformator. Auf Anraten Georg Spalatins (1484–1545) widmete Luther im März 1520 Johann seinen Sermon von den guten Werken.23 In diesem umfangreichen Traktat begründete Luther ausgehend von den Zehn Geboten eine neue christliche Ethik, die als rechtfertigungstheologisch einzig in Betracht kommendes »Werk« eines Christen den Glauben herausstellte, der wiederum von Gott geschenkt werde. Dieser Neuansatz bestärkte Johann in seiner Abkehr von der spätmittelalterlichen Frömmigkeit, die die Leistung guter Werke in Form von Stiftungen oder Almosen einschloss. Anders als bei Friedrich dem Weisen führten für Johann die Auseinandersetzung mit Luthers Gedanken und der Einfluss lutherfreundlicher Räte aus seinem Umfeld zu einer allmählichen Öffnung gegenüber den neuen theologischen Ge­danken, die ihm möglicherweise als konsequente Weiterentwicklung seiner bisherigen Frömmigkeit erschienen. Johann stand mit dieser Haltung singulär unter den Fürsten seiner Generation.

Luthers Theologie gewann bald größere Bedeutung für die kirchenpolitische Ausrichtung des Weimarer Hofes. Der Reformator wirkte hier durch seine Schriften sowie seine persönliche Anwesenheit. Am bedeutendsten waren dabei Luthers vier Weimarer Predigten, in denen er zwischen dem 24. und 26. Oktober 1522 vor Johann die Rolle der Obrigkeit und die Bedeutung der Sakramente entfaltete. In der Schlosskirche sprach er über das geistliche und das weltliche Regiment. Auf Drängen des Hofpredigers Wolfgang Stein († 1553) arbeitete er diese Predigten zu seiner 1523 erschienenen Schrift Von weltlicher Obrigkeit aus.24 Diese Begründung der Lehre von den zwei Reichen widmete er wiederum Herzog Johann, der sich fortan danach richtete. Er sah sich als Vertreter einer von Gott eingesetzten christlichen Obrigkeit, die den Rahmen für die geistlichen Angelegenheiten zu sichern hat. So könnte man sagen, dass Fürstenreformation in dieser frühen Phase für Johann das Zulassen und die Ausbreitung der Gemeindereformation, als die Umsetzung reformatorischer Gedanken auf Gemeindeebene, bedeutete. Diese Gedanken konnten von Luther stammen, wurden aber von Predigern individuell interpretiert. Trotzdem förderte Johann die evangelische Predigt aktiv in seinem Einflussgebiet, indem er reformatorische Prediger wie Friedrich Myconius (1490–1546) in Gotha protegierte. An Kurfürst Friedrich schrieb Johann beispielsweise am 15. Februar 1524, nachdem ihn dieser über Diskussionen auf dem Nürnberger Reichstag über ein neuerliches Mandat gegen Luther informiert hatte:

»Aber ich habe keinen Zweifel, Gott wird es nicht zulassen, so hoffe ich und hab keine Sorge, Euer Liebden und die andern jetzt zu Nürnberg Versammelten werden Kaiserlicher Majestät so eine christliche Antwort geben, dass sich Kaiserliche Majestät und jedermann daran genügen lassen muss, zumal Euer Liebden und jeder Kluge weiß, dass man der Obrigkeit nicht schuldig ist zu gehorchen, was wider das Wort Gottes ist. Aber in andern Dingen soll man der Obrigkeit gehorsam sein, als Euer Liebden und die andern Versammelten wohl zu tun wissen. Euer Liebden lasse sich des Antragens wegen nicht beschweren, denn Euer Liebden wurden nun von der Gnade Gottes so weit getragen. Das Wort Gottes kann weder Papst, Kaiser, Bischof, der Teufel oder die ganze Welt umstoßen. Gott sei gelobet in Ewigkeit.«25

Ab dem Jahr 1523 verdichten sich die Zeugnisse für eine theologische Neuorientierung Johanns, wozu das Unterlassen der Fronleichnamsprozession in Weimar im Jahr 1523 gehört, deren Abschaffung der Herzog gegenüber seinem Bruder damit begründete, dass sich diese Frömmigkeitsübungen von selbst erübrigt hätten.26 Auch ließ Johann Auseinandersetzungen zwischen seinem Hofprediger Wolfgang Stein und dem Eisenacher Prediger Jakob Strauß (ca. 1480–1533)27 mit den Franziskanern in Weimar zu. Dabei ging es um die Bedeutung des Abendmahls. Man nahm in Weimar aktiv an den Auseinandersetzungen um die Reformation teil und interpretierte sie in eigenständiger Weise. Allerdings bemühte sich Johann, der sich sehr für diese Themen interessierte, bis 1525 darum, nicht zu offen für die Belange der Reformation einzutreten, sondern überließ seinem Sohn Johann Friedrich sowie seinen Hofräten und Amtleuten die aktive Förderung.28 Dieses typische Verhalten lässt sich auch bei Friedrich dem Weisen beobachten. Zahlreiche antireformatorischen Eingaben an den Hof mit Klagen über die Amtleute – wie auf dem Altenburger Landtag von 1523 – wurden in der Regel mit dem Hinweis beantwortet, man wolle den Sachverhalt prüfen, wenn weitere konkrete Belege für die Klage eingebracht würden, ohne dass dadurch eine Abstellung der Beschwerdegründe herbeigeführt worden wäre. 29 Durch das Gewährenlassen der Gemeinden und die Verfolgung lediglich konkreter Vergehen durch die Administration Johanns, wie die gute Ordnung störenden tätlichen Übergriffen auf Geistliche, kam es bereits vor 1525 zu einer deutlichen Ausbreitung der Reformation, so dass hauptsächlich im Einflussbereich Johanns eine Vielfalt reformatorischer Ansätze entstand, die einmalig für das Alte Reich war. Hierzu zählen beispielsweise, um nur die prominenten Vertreter zu nennen, die Reformationsversuche von Thomas Müntzer (1489–1525) in Allstedt und Mühlhausen, von Jakob Strauß in Eisenach oder von Andreas Bodenstein aus Karlstadt (1486–1541) in Orlamünde. In Wittenberg wäre diese Vielfalt durch Luthers Einfluss nicht möglich gewesen, hingegen in Johanns Territorium. Während Luther mit seinen Invokavitpredigten 1522 die weitere Richtung für die Wittenberger Reformation vorgab, ließ sich diese Vorgabe nicht in dieser Konsequenz für den Regierungsbereich Johanns umsetzen. Vor 1525 bildete hier das Evangelium allgemein den Rahmen der Reformation. Wie dieses Evangelium genau be­stimmt wurde, war dabei durchaus offen. So beklagte sich Kurprinz Johann Friedrich im Juni 1524 bei Luther, dass Herzog Johann zu viele »Schwärmer« in Thüringen zulasse, denen Luther eine Grenze setzen müsse.30 In den Augen seines Sohnes, der sich voll an Luthers Autorität orientierte, zeigte sich Johann zu offen für Reformationsansätze, die anders als der Wittenberger gelagert waren. Tatsächlich stand zu diesem Zeitpunkt nicht fest, was Reformation be­deutete.

Bis ins Jahr 1524 hatte sich die religiöse Situation im Herrschaftsbereich Johanns im Vergleich zum Spätmittelalter deutlich verändert. Am 17. Juli 1524 berichtete Johann seinem Bruder über einen Besuch des kaiserlichen Rats Johann Hannart in Weimar. Dieser hatte gefragt, ob man in Weimar eine Messe besuchen könne. Darauf hatte ihm der Weimarer Amtmann Friedrich Thun (um 1450–1535) erklärt: »Man hielte Messe, aber anders, als man vor Zeiten gehalten hatte, man würde aber predigen. Ob er dazu gehen wollte?« Hannart wünschte jedoch eine Messe zu besuchen, wie er sie gewohnt war, und kritisierte, dass die sächsischen Fürsten kirchliche Neuerungen aufkommen ließen. Thun erwiderte darauf, dass er in Weimar keinen Priester finden werde, der ihm eine Messe lesen würde, wie er sie kenne, »denn die Priester hätten öffentlichen durch den Prediger auf dem Predigtstuhl protestieren lassen, dass sie hinforder keine Messe wollten halten.« Als Thun diese Begebenheit seinem Landesherrn Herzog Johann berichtete, sagte dieser: »Lieber Herr Friedrich, man muss Gott mehr als den Menschen gehorchen und eben auch [mehr als] dem Hannart.«31

IV Kurfürst Johann von Sachsen als Förderer der Reformation in Kursachsen bis 1532


Die aus Apg 5,29 stammende Maxime »Man muss Gott mehr ge-horchen als den Menschen!« prägte fortan das Handeln Herzog Johanns. Als nach dem Bauernkrieg Herzog Georg von Sachsen (1471–1539) hoffte, seinen Vetter auf seine Seite ziehen und für eine Bekämpfung der Reformation gewinnen zu können, verweigerte sich Johann.32 Auf die Frage, ob in Kursachsen aus den Klöstern entlaufene Mönche und Nonnen bestraft werden, ließ Johann Ende November 1525 antworten:

»Weil wir dann nichts anderes wissen oder verstehen, als dass der eheliche Stand um Vermeidung willen von Hurerei und besonderer Unzucht von Gott eingesetzt und in der Heiligen Schrift zugelassen sei und sonder Zweifel sich keine Nonne aus ihrem Kloster wird führen lassen, wenn sie nicht empfindet, dass sie die Gnade der Keuschheit nicht habe und deshalb mehr geneigt sei, den ehelichen Stand anzunehmen, statt außerhalb desselben Laster der fleischlichen Begierde zu üben, so können wir nicht bedenken, dass wir es vor Gott verantworten möchten, dass wir wider das, welches von Gott auf berührten Fall zugelassen, Strafe anwenden sollen«.33

Johann übernahm hier die Argumentation Luthers, die er zur schöpfungstheologischen Rechtfertigung des Ehestandes entwi-ckelt hatte.34 Deshalb konnte der Fürst nicht gegen Gottes offensichtliches Gebot verstoßen, der den Ehestand in der Schöpfung angelegt hatte. Das vergebliche Streben nach Keuschheit und die Geringschätzung der Ehe gaben demnach Anlass zum Sündigen. Johann musste also die Bitte seines Vetters Georg ablehnen. Da der Kurfürst ab diesem Zeitpunkt auf zahlreiche Anfragen des Albertiners ähnlich reagierte, wurde das Verhältnis zu seinem Dresdener Verwandten stark belastet. Bei anstehenden Problemen, die bisher gemeinsam für beide Linien der Wettiner gelöst worden waren, konnte kaum mehr vermittelt werden. Erst als nach längeren Verhandlungen 1531 durch den Grimmaer Machtspruch wenigstens der Dissens in den Münz- und Bergwerksangelegenheiten entspannt wurde, kam es wieder zur Regelung hausinterner Fragen. Diese Einigung in Grimma war nur durch die Ausklammerung der Religionsfrage möglich geworden. Während Georg stärker in den Bahnen des spätmittelalterlichen Kirchenregiments wandelte,35 schloss sich Johann der Argumentation Luthers an und entwickelte so eine eigenständige Form der Fürstenreformation. Beide fanden so einen Weg zu einer stärkeren herrschaftlichen Durchdringung ihres jeweiligen Territoriums.

Weiterhin ließen Johanns innenpolitische Maßnahmen seit der Regierungsübernahme über Kursachsen im Mai 1525 keinen Zweifel an seinem kirchenpolitischen Kurs zugunsten der Reformation aufkommen.36 Ihm waren die vielfältigen Gebrechen in seinem Herrschaftsgebiet durch die Landtage in Jena 1518 und Altenburg 1523 bestens bekannt. Neben der Universität verlangten das Hofgericht, die Verwaltung der Ämter, eine neue Hofordnung und Münzstreitigkeiten seine Aufmerksamkeit. Vor allem die Reform des Allerheiligenstifts in Wittenberg zeigt, dass Johann entschieden für reformatorische Anliegen eintrat, indem er alle Personen im Stift entfernte, die nicht für die Lehre an der Leucorea notwendig waren. Außerdem wurde der Gottesdienst im Sinne der Reformation geregelt.37 Ähnlich versuchte er, mit dem Georgenstift in Altenburg umzugehen. Zeitgleich mehrten sich die Anfragen und Eingaben aus nahezu allen Klöstern und Gemeinden des Kurfürstentums, die über reformatorische Maßnahmen berichteten und auf Entscheidungen drängten. Diese Problemfelder markieren ein kirchenpolitisches Machtvakuum, da die Bischöfe als Entscheidungsträger keine Anerkennung mehr fanden. Im Sinne von Luthers Obrigkeitslehre versuchte Johann, alle anstehenden kirchlichen Probleme zu regulieren.

Einen Versuch, reformatorische Anliegen in die Praxis zu überführen, unternahm Johann am 17. August 1525 in Weimar. Dazu berief er alle Pfarrer des Amtes Weimar in die Residenzstadt, um zwei Predigten von Wolfgang Stein und Johann Grau (1483–1559) anzuhören. Danach wurde ihnen im Beisein von Herzog Johann Friedrich und Kanzler Gregor Brück (1484–1557) ein kurfürstlicher Befehl durch den Weimarer Amtmann Friedrich von Thun verlesen, der ihnen gebot, zukünftig nur noch das Wort Gottes zu predigen und einen angemessenen Lebenswandel zu pflegen. Sie sollten ausschließlich das heilige Evangelium »lauter, rein und klar« ohne menschliche Zusätze verkündigen. Wem unklar sei, wie man die neue Lehre predigte, sollte sich in Weimar oder Erfurt danach erkundigen.38 So sollte mit dem Amt Weimar ein reformatorisches Vorbild für den thüringischen Teil des Kurfürstentums geschaffen werden. Möglicherweise hoffte Johann zu diesem Zeitpunkt, dass sich die Reformation in den Gemeinden weiter ausbreiten werde. Er schuf also als christliche Obrigkeit einen Rahmen, in dem sich in den Gemeinden reformatorische Gedanken ausbreiten konnten.

Eine zweite Maßnahme flankierte diesen Befehl: In Weimar wurde die kirchliche Struktur juristisch neu geregelt, indem die Rechte zur Besetzung der Pfarrstelle am 24. August 1525 nach vorausgegangenen Beratungen im April dem Deutschen Orden abgenommen und an die Stadt übertragen wurden. Der städtische Rat hatte fortan alle Pfründen zu verwalten und damit für die Finanzierung der Stellen des Pfarrers und des Lehrers, den baulichen Erhalt der Stadtkirche sowie den Unterhalt der Schule zu sorgen.39 Damit wurde eine neue Organisation geschaffen, die es so bisher nicht gegeben hatte. Alle Vermögensstöcke sollten im Gemeinen Kasten gesammelt werden, um daraus alle nötigen Ausgaben zu bestreiten. Die Umgestaltung der kirchlichen Rechte in Weimar führte bereits im Sommer 1525 vor, was in den nächsten Jahren die Regel in Kursachsen und vielen protestantischen Gebieten werden sollte. Die bisherige kirchliche Hierarchie, die sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Kursachsen durchsetzen konnte, wurde damit umgangen und Johann trat mit seiner Verwaltung ordnend an ihre Stelle.

Nachdem im Herbst 1525 Luther eine Form der Messe in Deutsch entwickelt und erprobt hatte, erschien zu Beginn des Jahres 1526 seine Deutsche Messe in Wittenberg bei Michael Lotter.40 Johann, der Luther zur Abfassung dieser Messform aufgefordert hatte, bat den Verleger Lucas Cranach, ihm mehrere Exemplare zuzusenden. Im Juni verschickte der Kurfürst an alle Adligen und Amtleute seines Territoriums die Deutsche Messe, die ihre Pfarrer vorladen und ihnen die Bücher zur Benutzung übergeben sollten. Auf diese Weise erhoffte er, eine Gleichförmigkeit in den Zeremonien herstellen zu können. Johann nutzte somit seine Weisungsbefugnis gegenüber seinen Amtleuten geschickt, um reformatorische Veränderungen im Gottesdienst anzustoßen, wiewohl er als weltlicher Fürst zu derartigen Maßnahmen eigentlich keine Vollmacht besaß. Reformation in den Gemeinden und obrigkeitliche Steuerung griffen bei dieser Maßnahme ineinander, da Johann so gemeindlichen Anliegen nachkam. Beispielsweise hatte Nikolaus Hausmann, Pfarrer in Zwickau, Luther seit 1523 zu so einem Schritt gedrängt.41

Der Befehl, das Evangelium überall zu predigen, und die Versendung der Deutschen Messe Luthers an die Amtleute reichten offenbar nicht aus, um der Reformation im ganzen Kurfürstentum gleichmäßig zum Durchbruch zu verhelfen. So wurde Kurfürst Johann seit 1524 von Nikolaus Hausmann, Kurprinz Johann Friedrich und schließlich auch von Luther wiederholt zu einer landesweiten Visitation der Kirchen aufgefordert. Die Reformation auf Gemeindeebene hatte zu einer unübersehbaren Vielfalt reformatorischer Gedanken geführt,42 die durch die Obrigkeit wieder zusammengeführt werden mussten, um die gute Ordnung aufrechtzuerhalten und weiterem Aufruhr zu wehren. Die Visitation zielte nicht nur auf die Vereinheitlichung der Lehre, sondern auch auf die Sicherung der Versorgung der Pfarrer, denen keine Abgaben mehr entrichtet oder Kirchengut entwendet wurden. Die Visitationen vom Frühjahr 1525 in den Ämtern Eisenach und Hausbreitenbach unter Jakob Strauß und dem Gothaer Amtmann Burkhardt Hund sowie im Frühjahr 1526 in den Ämtern Borna und Tenneberg können lediglich als lokal begrenzte Versuche zur Behebung konkreter Missstände gewertet werden. Auch hier standen den Geistlichen – Georg Spalatin und Friedrich Myconius – erfahrene weltliche Verwaltungsbeamte – Michael von der Straßen († 1531) und Dietzmann Goldacker († 1528) – zur Seite. Zeitgleich zu den Visitationen in den Ämtern Borna und Tenneberg bereisten im Frühjahr 1526 die Räte Nikel vom Ende († nach 1533) und Hans von Gräfendorf einige thüringische Klöster zwischen Jena und Eisenach, um deren wirtschaftliche Verhältnisse und aktuelle Zustände nach dem Bauernkrieg zu prüfen und eine Entwendung des Kirchenguts zu verhindern.43 Johann setzte also noch im Frühjahr 1526 seine Kirchenpolitik einer Regulierung der Gemeindereformation fort.

Da diese vereinzelten Maßnahmen die Reformation im ganzen Kurfürstentum nicht gleichmäßig durchsetzen konnten, kam Ende 1526 der Plan zu einer landesweiten Visitation auf. Dieses Vorhaben, das ein deutlicheres Eingreifen des Landesherrn zu Folge hatte, wurde in erster Linie durch den Speyrer Reichstagsabschied vom Sommer 1526 befördert, wonach die Reichsstände so leben, regieren und sich verhalten sollten, »wie ein jeder solches gegen Gott, und Kaiserliche Majestät hoffet und vertraut zu verantworten«.44 Getreu seiner Maxime, mehr auf Gott als die Menschen zu hören, ließ Johann eine landesweite Visitation zur Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse vorbereiten. Dabei konnte die kurfürstliche Verwaltung auf die Erfahrungen der Visitationsversuche der Jahre 1525 und 1526 zurückgreifen.45 Nach ersten Absprachen und Anfragen durch den kurfürstlichen Hof bestimmte die Universität Wittenberg Anfang Dezember 1526 den Juristen Hieronymus Schurff (1481–1554) und Philipp Melanchthon (1497–1560) als Visitatoren. Der Kurfürst stellte ihnen den erfahrenen Grimmaer Amtmann Christoph von der Planitz († 1535) und den Rat Asmus von Haubitz (1465–1532) zur Seite. Widerstand der Bischöfe von Mainz und Naumburg war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten, so dass die Visitation endlich im Sommer 1527 beginnen konnte. Die kurfürstliche Instruktion vom 16. Juni 1527 räumte den Vi-sitatoren umfängliche Vollmachten ein. Von Weida ausgehend führte die Visitation dann über den Orlagau in das nahe gelegene Saaletal, wo die Visitatoren auf Anhänger Karlstadts trafen. Jede Gemeinde hatte nahezu ihr eigenes Problem, das gelöst werden musste. Die einen gingen nicht mehr zum Abendmahl, die nächsten ließen ihre Kinder nicht taufen und die anderen verweigerten alle Abgaben an die Kirche, weil sie Freiheit anders verstanden, als Luther sie gemeint hatte. Dementsprechend stellte die Reformation eine riesige politische und juristische Herausforderung dar, da ein neuer Ordnungsrahmen gefunden werden musste. Ordnung konnte aber nur die Obrigkeit garantieren, die die Aufgabe hatte, diese Pluralisierungsprozesse zu steuern und zusammenzuführen. Die im Sommer 1527 gemachten Erfahrungen legten die gewaltige Herausforderung offen. Deshalb schufen Theologen, Juristen und kurfürstliche Verwaltungseliten gemeinsam eine Handreichung für die Geistlichen in den Gemeinden, den Unterricht der Visitatoren, der nach längeren Diskussionen mit Luther im Frühjahr 1528 gedruckt vorlag.46

Mit Hilfe dieses Handbuchs und der kurfürstlichen Instruktion wurden zwischen 1528 und 1531 alle Pfarrer im Kurfürstentum in Visitationen über die reformatorische Lehrweise aufgeklärt. Das alte bischöfliche Recht der Visitation war damit auf die weltliche Obrigkeit übergegangen, die fortan nicht nur die kirchliche Aufsicht wahrnahm, sondern aus der Visitation ein Instrument der Disziplinierung machte, um reformatorische Prozesse in den Ge­meinden im Sinne der Wittenberger Reformation zu regulieren. Den Bischöfen wurde das Recht zur Visitation abgesprochen, weil sie es hatten verfallen lassen. Durch diese Maßnahmen begann der planvolle Aufbau eines reformatorischen landesherrlichen Kirchenregiments, das an spätmittelalterliche Rechte und Gepflogenheiten anknüpfte.

Mit dem Eintreten Johanns für die Wittenberger Reformation ging ab 1527 eine Abwehr anderer theologischer Optionen einher, die sich der Herstellung einer einheitlichen reformatorischen Ordnung widersetzten: Dies ist an Johanns Vorgehen gegen Andreas Bodenstein aus Karlstadt oder seiner Abwehr der Täufer zu beobachten. Beide gefährdeten durch ihre abweichenden theologischen und sozialen Ansichten die gesellschaftliche Ordnung und brachten Johann den reichspolitisch gefährlichen Ruf ein, Aufrührer in Kursachsen zu dulden.47

V Kurfürst Johanns Einsatz für die Reformation auf Reichsebene


Zu den reformationsfreundlichen Maßnahmen Johanns in Kursachsen traten ab dem Sommer 1525 solche hinzu, die durch den Schluss eines Bündnisses auf reichspolitischer Ebene gegen die Diskreditierung der Reformation eintraten. So verabredeten im Herbst 1525 Kursachsen, Hessen und Brandenburg-Kulmbach als Reaktion auf die Entstehung des von Herzog Georg von Sachsen initiierten antireformatorischen Dessauer Bundes ein Schutzbündnis. Im Februar 1526 wurde in Gotha eine hessisch-sächsische Defensivallianz geschlossen, die im Mai in Torgau ratifiziert und im Juni in Magdeburg zum Magdeburger Bündnis erweitert wurde. Für den weiteren Verlauf der Reformation im Reich war die Bündnisbildung von entscheidender Bedeutung, weil so eine einheitlichere Politik auf den Reichstagen leichter forciert werden konnte.48 Auf diese Weise führte Johann nicht nur die Lutherschutzpolitik Friedrichs des Weisen fort, sondern entwickelte sie eigenständig und gezielt weiter, um den Bestand der Wittenberger Reformation zu sichern. Dass dabei die oberdeutsche und Schweizer Reformation seit 1530 in Gefahr geriet, wurde von ihm offenbar billigend in Kauf genommen. Für Johann war das Bekenntnis zur Wittenberger Reformation, insbesondere zu Luthers Theologie, wichtiger als der Schulterschluss mit den oberdeutschen Reformatoren. Diese Linie führte Kurfürst Johann Friedrich ab 1532 weiter.

Ferdinand, der Bruder Karls. V., verfolgte auf dem Speyrer Reichstag 1529 den Kurs, den Reichstagsabschied von 1526 zurückzunehmen und damit die Geltung des Wormser Edikts wieder einzuschärfen.49 Alle Reformmaßnahmen in Kursachen und den anderen evangelischen Territorien hätten damit rückgängig ge­macht werden müssen, weil sie gegen das Reichsrecht verstießen. Als die Mehrheit der versammelten Reichsstände im Reichstagsabschied den Vorstellungen Ferdinands folgen wollte, legten Kursachsen, Hessen, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Lüneburg und Anhalt dagegen ein Rechtsmittel ein, eine Protestation, der sich später vierzehn Reichsstädte anschlossen. Sie verwahrten sich damit gegen den Mehrheitsbeschluss. Zur Vorbereitung des nächsten Reichstages begann man in Kursachsen rasch, an einer Verteidigungsschrift zu arbeiten, aus der die Confessio Augustana er­wuchs. Dies bedeutete zugleich eine herbe Bewährungsprobe für das Bündnis mit Hessen. Während der Landgraf eine Integration der oberdeutschen und Schweizer Reformation wünschte,50 be­trachtete Johann mit Luther deren Vertreter als Sakramentierer.

Unter dem Eindruck des Speyrer Reichstages setzte Johann am 25. August 1529 ein neues Testament auf, das sein Testament von 1516 ablöste. Der Vergleich beider Testamente verdeutlicht eindrücklich den Wandel, den Johann inzwischen vollzogen hatte. Während der Text von 1516 noch unter den Vorzeichen spätmittelalterlicher Frömmigkeit aufgesetzt wurde, ist davon 1529 nichts mehr zu merken. Johann präsentiert sich als ein Anhänger Luthers, worauf Zitate aus dessen Bibelübersetzung, aber auch Anklänge an theologische Schriften des Reformators verweisen. Eindringlich belehrt er darin seine Kinder und lässt sein neues Amtsverständnis erkennen:

»Wir ermahnen und bitten, befehlen dazu unsern lieben Kindern, dass sie vor allen Dingen, Gott fürchten und lieben, und sein heiliges Wort und Evangelium mit dem rechten Gottesdienst fördern und in ihren Landen, so viel sie mit Gottes Hilfe und Gnade können, handhaben und sich nicht davon abbringen lassen, noch schrecken, weder mit Drohen noch Gewalt, sei es in Konzilien, auf Reichstagen oder sonst, so man wider das Evangelium und heilsame Wort Gottes etwas setzen oder verordnen wird. Diesen unsern Befehl sind wir nicht allein aus väterlicher Liebe, sondern auch aus Gehorsam gegenüber den göttlichen Geboten zu tun schuldig.«51

Diese Haltung konnte Johann auf dem Augsburger Reichstag 1530 unter Beweis stellen, als er sich gegen Philipp von Hessen mit der Abfassung eines Bekenntnisses durchsetzte, das die Schweizer und Oberdeutschen ausschloss. Johann bewertete – nicht zuletzt unter dem Einfluss Luthers – die in seinen Augen richtige theologische Grundlage höher als die Folgen einer politischen Fragmentierung der Reformation. An Johanns Haltung konnte auch Kaiser Karl V. nichts ändern, der seine Belehnung mit der ihm zustehenden Kurwürde verweigerte.

Die Wittenberger Theologen hatten sich gemeinsam mit den kursächsischen Räten und Juristen gut auf den Reichstag vorbereitet. Vor der Abfassung ihrer Verteidigungsschrift, der Confessio Augustana, hatten sie sich intensiv mit Luther beraten. Mit der Confessio Augustana wollten sie ihren Standpunkt darlegen und für die Reformation werben. Jedoch wurde dieses Anliegen nicht er­füllt. In dieser Situation setzten bereits im Dezember 1530 Verhandlungen ein, die ein neues Bündnis zum Ziel hatten, das deutlich der Verteidigung der Reformation diente. So entstand 1531 der Schmalkaldische Bund, der von Johann von Sachsen und Philipp von Hessen angeführt wurde.52

Kurz vor seinem Tod erlebte Johann noch, wie sein Sohn am 23. Juli 1532 den Nürnberger Anstand unterzeichnete. Dieser Vertrag über eine Friedenszusicherung, den die Kurfürsten Ludwig von der Pfalz (1478–1544) und Kardinal Albrecht von Mainz (1490–1545) vorangetrieben hatten, zeigte, dass das Reich über Mechanismen verfügte, Frieden zu sichern. Bis zu einem Konzil sollte das Wormser Edikt ausgesetzt werden und der Status der Protestanten bestehen bleiben. Damit war die Gefahr gebannt, dass die Drohung des Kaisers von 1530, alle Veränderungen in der Religion als Landfriedens bruch zu werten, zu einem Krieg führte. Dem Kaiser wurde im Gegenzug Unterstützung für seinen Kampf gegen die Osmanen zugesichert. Damit hatte auch Johann einen bedeutenden reichspolitischen Erfolg erzielt. Nach kurzer Krankheit starb er am 16. August 1532 in Schloss Schweinitz. Sein Leichnam wurde nach Wittenberg überführt und dort in der Schlosskirche beigesetzt. Luther hielt wie bei der Beisetzung Friedrichs des Weisen eine Predigt auf seinen verstorbenen Landesherrn. In verschiedenen Tischreden erinnerte er sich fortan anerkennend an den Herzog.53

VI Die wachsende Bedeutung Luthers für die kursächsische Reformationspolitik ab 1525


Aus politischem Kalkül, mit dem unbedingt auch bei Johann von Sachsen gerechnet werden muss, änderte sich ab Herbst 1525 Johanns Einstellung zur Reformation. Nach seiner Regierungsübernahme über das ganze Kurfürstentum wurde Martin Luther sein wichtigster theologischer Berater.54 Hatten bis zum Sommer 1525 noch der Weimarer Hofprediger Wolfgang Stein und der Eisenacher Prediger Jakob Strauß großen Einfluss auf Johann, so änderte sich sein Verhältnis zu ihnen nach seiner Regierungsübernahme. Luther wurde freilich durch andere Theologen, die seine Position grundsätzlich teilten, unterstützt.55 Johann musste nun die reformatorische Vielfalt in einen regierbaren Ordnungsrahmen überführen.

Damit änderte sich für Luther aber auch das Kommunikationsverhalten: Musste er 1518 seine Anliegen noch über Georg Spalatin an Kurfürst Friedrich gelangen lassen, so konnte er sich nun direkt an Johann wenden. Wenn es einen Vermittler zwischen kurfürstlichem Hof und Luther gab, dann nahm wohl eher Gregor Brück diese Rolle wahr.

Luther riet Kurfürst Johann 1528 in den Packschen Händeln von einem Präventivkrieg ab. Als herauskam, dass der albertinische Rat Otto von Pack (um 1480–1537) das Breslauer Bündnis, das Erzherzog Ferdinand von Österreich, Herzog Georg von Sachsen und andere altgläubige Stände zur Beseitigung der Reformation geschlossen haben sollten, erfunden hatte, war Johann froh, dem Ratschlag Luthers gefolgt zu sein. Seine Erfahrungen in dieser Angelegenheit dürften ihn darin bestärkt haben, sich nicht zu stark an seinen Bündnispartner Philipp von Hessen anzulehnen,56 sondern einen eigenen Kurs zu verfolgen. 1528 stand ein Krieg im Reich kurz bevor, auch weil Johann die Fakten ungenügend geprüft hatte. Ebenfalls war Luthers Rat gefragt, als die Gründung des Schmalkaldischen Bundes erwogen wurde, weil es dabei vor allem um die Frage nach dem Widerstandsrecht gegen den Kaiser ging. Allerdings mussten zunächst die Juristen Luther von der Notwendigkeit dieser politischen Initiative überzeugen.57

Trotz der herausgehobenen Stellung Luthers folgte der kursächsische Hof nicht allen Vorschlägen des Wittenberger Reformators, sondern behielt sich Entscheidungsspielräume vor, die juristisch abgesichert sein mussten. Dies ließe sich beispielsweise am Entstehungsprozess des Unterrichts der Visitatoren zeigen, in dem sich Theologen und Juristen zweimal, im September und November 1527, in Torgau zu gemeinsamen Beratungen einfinden mussten, zu denen Johann ihre Anwesenheit wünschte. Bei Pfarrstellenbesetzungen war hingegen klar, dass man Luthers Vorschlägen folgte, in den politisch relevanten Fragen jedoch nicht. Dies wäre ein Feld, das aufgrund des neuen Blicks auf Johann von Sachsen näher untersucht werden müsste.

VII Resümee: Kurfürst Johann von Sachsen

als Garant der Reformation


Johann von Sachsen war ein Reformationsfürst mit eigenem Profil, der sich seit 1519 von Luther beeinflussen ließ und der ab 1523, bestärkt durch Luthers Obrigkeitslehre, die Reformation förderte.58 Er verfolgte mit seinen reformatorischen Maßnahmen ordnungsstiftende Intentionen. Daraus entstand eine Verbindung von obrigkeitlicher Steuerung und gemeindereformatorischen Forderungen, die verschiedene Phasen durchschritt.

Zahlreiche Quellen der 1520er Jahre deuten darauf hin, dass Johann der Lehre Luthers zustimmte. Nach einer Phase des Suchens und der Beeinflussung durch andere reformatorische Theologen wie Jakob Strauß oder Wolfgang Stein vor 1525 – etwas entschiedener als sein Bruder Friedrich –, erhob er nach den Erfahrungen des Bauernkriegs die Wittenberger Theologie zu seinem Bekenntnis. Doch beließ er es nicht bei dieser persönlichen Haltung. Vielmehr sorgte er bereits vor 1525 durch das Zulassen gemeindereformatorischer Maßnahmen einerseits und durch eine Protektion evangelischer Prediger anderseits für eine Verbreitung der Reformation.

Ab 1527 führten die von Johann angeordneten Visitationen zur Durchsetzung einer vereinheitlichten Reformation im ganzen Kurfürstentum Sachsen. In vielen Fällen folgte er nach dem Bauernkrieg den Vorschlägen Luthers, die jedoch juristisch von kursächsischen Räten wie Gregor Brück abgesichert sein mussten. Damit steht Johann für einen Reformationsfürsten,59 der in Ab­sprache mit seinen führenden Theologen für eine Transformation spätmittelalterlicher Strukturen hin zu einem reformatorischen landesherrlichen Kirchenregiment sorgte. Er achtete dabei auf den von den Wittenberger Theologen diskutierten theologischen Rahmen, der fortan seine eigene Frömmigkeit prägte. Ohne sein um­sichtiges politisches Eintreten hätte die Reformation, wie sie sich vor dem Bauernkrieg ausgebreitet hatte, keinen Bestand gehabt. Doch bereits vor 1525 griff er lenkend in den Reformationsprozess ein.

Ohne Frage ist der gegenwärtige Bedeutungsgehalt des Paradigmas der Fürstenreformation zu Recht umstritten, weil es dem kirchenpolitischen Handeln der Reichsfürsten im Reformationsprozess durch seine zumeist negative Prägung nur ungenügend gerecht wird, wie vor allem das vorgestellte Beispiel zeigt. »Die« Fürstenreformation gab es nicht, was bei den territorialen Unterschieden der Einführung der Reformation im Reich sowie den reichspolitischen Zielen der einzelnen Fürsten auch wenig verwundern dürfte. Von Fürstenreformation lässt sich insofern sprechen, als mehrere Fürsten die Reformation sicherten, indem sie in ihren Territorien jeweilige Ordnungsrahmen schufen und sich auch für eine reichsweite Reformation engagierten.

Die Maßnahmen der verschiedenen Fürsten unterschieden sich notwendigerweise von Territorium zu Territorium, da jedes Territorium seine spezifischen Problemlagen und seine verwaltungsrechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Eigenheiten besaß. Die Reformation wurde durch das Eingreifen der Fürsten nicht homogen, sondern blieb auf Reichsebene heterogen. Die Umsetzung der Reformation in Kursachsen erfolgte darum anders und prägte andere Organisationsformen und Spezifika aus, als beispielsweise in Hessen oder Brandenburg-Kulmbach. Für die reformatorische Entwicklung Kursachsens war die frühe Hinwendung Johanns zur Reformation entscheidend, weil sie die späteren Handlungsoptionen seines Nachfolgers, Herzog Johann Friedrich, beeinflusste. Somit konnte sich die Wittenberger Reformation gleichmäßiger entfalten und wurde schließlich durch obrigkeitliche Lenkung im ganzen Territorium eingeführt. In seinem Einflussgebiet griffen spontane Elemente der Gemeindereformation und die Lenkung durch die Fürstenreformation bereits vor 1525 ineinander. Dies macht Johann von Sachsen für die Reformationsgeschichte einzigartig.

Abstract


Elector Johann of Saxony (1468–1532) is almost unknown for re­search on the history of the Reformation. New source finds prove that he had been intensely interested in Martin Luther and his ideas since 1520. Johann also influenced his brother Friedrich the Wise (1463–1525). Even before 1525, Thuringia, Johann’s dominion, had a Reformation landscape characterised by diversity. The article not only describes Johann’s commitment to the Reformation, but also attempts to describe his political measures and theological convictions in the tension between the Reformation being led by the authorities and being determined by the congregation. Thus the term »Fürstenreformation« is filled positively.

Fussnoten:

1) Vgl. Armin Kohnle, Reichstag und Reformation. Kaiserliche und ständische Religionspolitik von den Anfängen der Causa Lutheri bis zum Nürnberger Religionsfrieden, Gütersloh 2001, 22–44.
2) Besonders deutlich macht dies der Titel der Torgauer Ausstellung »Luther und die Fürsten«, vgl. Luther und die Fürsten, hrsg. von Dirk Syndram, Yvonne Wirth u. Iris Yvonne Wagner, Dresden 2015.
3) Vgl. z. B. Ingetraut Ludolphy, Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen (1463–1525), Göttingen 1984 (ND Leipzig 2006); Georg Mentz, Johann Friedrich der Grossmütige 1503–1554, 3 Bde., Jena 1903–1908.
4) Vgl. Helmar Junghans, Johann von Sachsen (1468–1532), in: TRE 17 (1988), 103–106.
5) Vgl. Doreen von Oertzen Becker, Kurfürst Johann der Beständige und die Reformation (1513–1532). Kirchenpolitik zwischen Friedrich dem Weisen und Johann Friedrich dem Großmütigen, Köln u. a. 2017; dazu meine Besprechung in: ThLZ 143 (2018), 1039–1041.
6) Vgl. Günter Vogler, Das Konzept »deutsche frühbürgerliche Revolution«. Genese – Aspekte – kritische Bilanz, in: Ders., Signaturen einer Epoche. Beiträge zur Geschichte der frühen Neuzeit, hrsg. von Marion Dammaschke, Berlin 2012, 59–88; Joachim Bauer, Max Steinmetz und die These von der Frühbürgerlichen Revolution, in: Luther denken. Die Reformation im Werk Jenaer Gelehrter, hrsg. von Christopher Spehr, Leipzig 2019, 263–288.
7) Vgl. Ernst Schubert, Fürstenreformation. Die Realität hinter einem Vereinbarungsbegriff, in: Glaube und Macht. Theologie, Politik und Kunst im Jahrhundert der Reformation, hrsg. von Enno Bünz, Stefan Rhein u. Günther Wartenberg, Leipzig 2005, 23–47.
8) Vgl. Alfred Meusel, Thomas Müntzer und seine Zeit, Berlin 1952, besonders 41–118.
9) Heiko A. Oberman, Stadtreformation und Fürstenreformation, in: Humanismus und Reformation als kulturelle Kräfte in der deutschen Geschichte, hrsg. von Lewis William Spitz, Berlin u. a. 1981, 80–103.
10) Vgl. Dieses Konzept wurde in den 1980er Jahren von Peter Blickle herausgearbeitet, vgl. Ders., Gemeindereformation. Die Menschen des 16. Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil, München 1987. Jedoch benutzte Blickle vor allem oberdeutsche Quellen. Seine Fokussierung auf den »gemeinen Mann« hatte zur Folge, dass es nur um reformatorische Ideen im Allgemeinen, aber nicht um die Martin Luthers ging. Für den kursächsischen Raum ist der Einfluss Luthers allerdings ungleich höher einzuschätzen.
11) Luise Schorn-Schütte, Die Reformation. Vorgeschichte – Verlauf – Wirkung, München 42006, 72.
12) Vgl. Briefe und Akten zur Kirchenpolitik Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen 1513 bis 1532. Bd. 1: 1513 bis 1517, hrsg. von Armin Kohnle u. Manfred Rudersdorf, bearb. von Stefan Michel, Beate Kusche u. Ulrike Ludwig, Leipzig 2017 (abgekürzt als: BAKFJ 1); im Internet einsehbar: http://bakfj.saw-leipzig.de/ [10.9.2019].
13) Vgl. LATh – HStA Weimar, EGA, Urkunde 673, Bl. 2v: »Zum dritten orden, schaffen und wollen wir, das alle unnser lannd und leute und was wir von recht gehapt haben und verlassen an die hochgebornnen fursten hrn Friderichen und hrn Johansen, gebruder, hertzogen zu Sachssenn etc., unnser lieben söne komen und gefallen sollen, wie das einem yden zurecht zu steen soll.«
14) Vgl. BAKFJ 1, 90–93, Nr. 38; 93–94, Nr. 39; 95, Nr. 40; 95 f., Nr. 41; 97, Nr. 44; 98, Nr. 45; 98, Nr. 46; 98 f., Nr. 47; 99, Nr. 48. Auch wenn die folgenden Deutungen der Mutschierung nur teilweise Anhalt am historischen Vorgang haben, sind noch immer zu vergleichen: Ernst Müller, Die Mutschierung von 1513 im ernestinischen Sachsen, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 14 (1987), 173–182; Jörg Rogge, Herrschaftsweitergabe, Konfliktregelung und Familienorganisation im fürstlichen Hochadel. Das Beispiel der Wettiner von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 2002, 291–301.
15) Vgl. Dagmar Blaha, Die Struktur des Weimarer Hofes unter Herzog Johann von Sachsen, in: Weimar und die Reformation. Luthers Obrigkeitslehre und ihre Wirkungen, hrsg. von Christopher Spehr, Michael Haspel u. Wolfgang Holler, Leipzig 2016, 44–58.
16) Vgl. Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen. Politik, Kultur und Reformation, hrsg. von Armin Kohnle u. Uwe Schirmer, Stuttgart 2015.
17) Vgl. LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. Bb 95, Bl. 141v.
18) Vgl. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Codex Nr. 355: http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz367444976 [10.09.2019]; Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Das Gebetbuch des Kurfürsten Johannes des Beständigen von Sachsen in der fürstlich Fürstenbergischen Sammlung zu Donaueschingen, in: Zeitschrift für Bücherfreunde 13 (1921), 73-78.
19) Vgl. LATh – HStA Weimar, EGA, Urkunde 678; ediert in: BAKFJ 1, 391–400, Nr. 452.
20) Vgl. BAKFJ 1, 512–519, Nr. 629.
21) Vgl. LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. C 962, Bl. 41r–42v.
22) Vgl. Mentz, Johann Friedrich der Grossmütige. Bd. 1 (wie Anm. 3), 95 f.
23) Vgl. WA 6, 196–276.
24) Vgl. WA 11, 245–281.
25) Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, 10004 Kopiale, Nr. 46, Bl. 99r. Den Hinweis verdanke ich meiner Kollegin Dr. Beate Kusche.
26) Theodor Kolde, Friedrich der Weise und die Anfänge der Reformation. Eine kirchenhistorische Skizze mit archivalischen Beilagen, Erlangen 1881, 51, Nr. X.
27) Vgl. die Beiträge in: Jakob Strauß und der reformatorische Wucherstreit. Die soziale Dimension der Reformation und ihre Wirkungen, hrsg. von Joachim Bauer u. Michael Haspel, Leipzig 2018.
28) Vgl. Ernst Müller, Martin Luther und Weimar, Weimar 1983, 24–34; Volker Graupner, Städtisches und kirchliches Leben in Weimar kurz vor und während der Frühreformation, in: Vor- und Frühreformation in thüringischen Städten (1470–1525/30), hrsg. von Joachim Emig, Volker Leppin u. Uwe Schirmer, Köln u. a. 2013, 377–401. Den trotz seiner Kürze besten Überblick bietet: Eike Wolgast, Die Einführung der Reformation und das Schicksal der Klöster im Reich und in Europa, Gütersloh 2014, 26–39.
29) Vgl. Ernestinische Landtagsakten. Bd. 1: Die Landtage von 1487–1532, bearb. von Carl August Hugo Burkhardt, Jena 1902, 155.
30) Vgl. WA Br 3, 309, Nr. 754.
31) LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. D 62 IV, Bl. 67r–68v+72v.
32) Vgl. Volker Graupner, Die ernestinischen Fürsten im Thüringer Bauernkrieg, in: Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald, hrsg. von Günter Vogler, Stuttgart 2008, 283–298.
33) LATh – HStA Weimar, EGA, Reg. A 236, Bl. 63v–64r.
34) Vgl. Christian Witt, Martin Luthers Reformation der Ehe. Sein theologisches Eheverständnis vor dessen augustinisch-mittelalterlichem Hintergrund, Tübingen 2017, besonders 250–285.
35) Vgl. Christoph Volkmar, Reform statt Reformation. Die Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen 1488–1525, Tübingen 2008.
36) Vgl. Ernst Müller, Zur Neuordnung des Kirchenwesens im Kurfürstentum Sachsen um 1525, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 11 (1984), 174–186; Joachim Bauer, Die »Weimarer Reformation« unter Johann dem Beständigen und ihre Bedeutung für die reformatorische und gesellschaftliche Neuordnung in Kursachsen, in: Weimar und die Reformation (wie Anm. 15), 59–82.
37) Vgl. die Instruktion Kurfürst Johanns für seine Räte Hans von Dolzig und Hans von Gräfendorf vom Oktober 1525, in: Urkundenbuch der Universität Wittenberg Teil 1 (1502–1611), bearb. von Walther Friedensburg, Magdeburg 1926, 138–141, Nr. 143.
38) Vgl. Wolfgang Kiesewetter, Das man das lauter rein Euangelion, on menschliche zusatzunge predigen soll, Fürstlicher befehl zu Weymar bescheen, Erfurt 1525 (VD16 K 1090).
39) Vgl. Dagmar Blaha, »Das man das lauter rein Euangelion on menschliche zusatzunge predigen sol …«. Reformation in Weimar, Jena 2018.
40) Vgl. WA 19, 44–113.
41) Vgl. WA Br 3, 373 f., Nr. 793, ebd., 582, Nr. 926.
42) Franz Lau (1907–1973) prägte dafür das Bild vom »Wildwuchs der Reformation«, vgl. Helmar Junghans, Plädoyer für »Wildwuchs der Reformation« als Metapher, in: Ders., Spätmittelalter, Luthers Reformation, Kirche in Sachsen, hrsg. von Michael Beyer u. Günther Wartenberg, Leipzig 2001, 261–267.
43) Vgl. Stefan Michel, Eine kursächsische Klostervisitation aus dem Jahr 1526, in: Reformation vor Ort. Zum Quellenwert von Visitationsprotokollen, hrsg. von Dagmar Blaha u. Christopher Spehr, Leipzig 2016, 107–119.
44) Vgl. zu den Hintergründen Walter Friedensburg, Der Reichstag zu Speier 1526 im Zusammenhang der politischen und kirchlichen Entwicklung Deutschlands im Reformationszeitalter, Berlin 1887 (ND Nieuwkoop 1970).
45) Vgl. Rudolf Herrmann, Die Kirchenvisitationen im Ernestinischen Thüringen vor 1528, in: BThKG 1 (1929–1931), 167–230, und 3 (1933–1935), 1–69; Joachim Bauer, Landesherrschaft und Reformation. Die ersten Visitationen im Saale-Orla-Raum, in: Der Altar von Lucas Cranach d. Ä. in Neustadt an der Orla und die Kirchenverhältnisse im Zeitalter der Reformation, hrsg. von Werner Greiling, Uwe Schirmer u. Ronny Schwalbe, Köln u. a. 2014, 219–232.
46) Vgl. Der »Unterricht der Visitatoren« und die Durchsetzung der Reformation in Kursachsen, hrsg. von Joachim Bauer u. Stefan Michel, Leipzig 2017.
47) Vgl. Karl Müller, Luther und Karlstadt. Stücke aus ihrem gemeinsamen Verhältnis, Tübingen 1907, besonders 233–240; Paul Wappler, Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526–1584, Jena 1913.
48) Vgl. Ekkehart Fabian, Die Entstehung des Schmalkaldischen Bundes und seiner Verfassung 1524/29–1531/35, Tübingen 21962.
49) Vgl. Johannes Kühn, Die Geschichte des Speyrer Reichstags 1529, Leipzig 1929.
50) Vgl. Gury Schneider-Ludorff, Der fürstliche Reformator. Theologische Aspekte im Wirken Philipps von Hessen von der Homberger Synode bis zum Interim, Leipzig 2006, 172–177.
51) Übertragene Fassung des Textes in: LATh – HStA Weimar, EGA, Urk. 679, Bl. 3r.
52) Vgl. Gabriele Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund 1530–1541/42. Eine Studie zu den genossenschaftlichen Strukturelementen der politischen Ordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Leinfelden-Echterdingen 2002.
53) Vgl. z. B. WA Tr 2, 576: »Des Kurfürsten zu Sachsen Johanns wundergroße Beständigkeit wird billig hoch gerühmt und gepreist, als derjenige der zu Augsburg auf dem Reichstag 1530 für seine Person beständig, steif und fest gehalten hat über der reinen Lehre des Evangeliums. Und da man ihm des Kaisers endliche Meinung und Willen mitteilte, soll er zu Augsburg gesagt haben: ›Es sind zwei Wege – entweder Gott verleugnen oder die Welt. Nun denke ein jeder, welcher der bessere ist.‹ Und es verdross ihn sehr und tat ihm wehe, dass ihm das Predigen verboten war zu Augsburg vom Kaiser, so dass er aufbrechen und davon ziehen wollte, so fest und beständig war er.«
54) Vgl. Karl Trüdinger, Luthers Briefe und Gutachten an weltliche Obrigkeiten zur Durchführung der Reformation, Münster 1975, besonders 68–91; Gerhard Müller, Luther und die evangelischen Fürsten, in: Luther und die politische Welt, hrsg. von Erwin Iserloh u. Gerhard Müller, Stuttgart 1984, (65–83) 66–69.
55) Vgl. Stefan Michel, Wer zählt zu den »Wittenberger Theologen« um 1525? Historische und historiographische Beobachtungen, in: Der »Unterricht der Visitatoren« (wie Anm. 46), 93–110.
56) Vgl. Jan Martin Lies, Zwischen Krieg und Frieden. Die politischen Beziehungen Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen zum Haus Habsburg 1534–1541, Göttingen 2013, 67–84.
57) Die Quellen sind leicht zugänglich in: Das Widerstandsrecht als Problem der deutschen Protestanten 1523–1546, hrsg. von Heinz Scheible, Gütersloh 1969, besonders 23–83.
58) Vgl. Stefan Michel, Torgauer und Weimarer Reformation. Die Reformationsansätze der Brüder Friedrich und Johann von Sachsen, in: Die Reformation. Fürsten – Höfe – Räume, hrsg. von Armin Kohnle u. Manfred Rudersdorf, Stuttgart 2017, 8–20.
59) Profile weiterer sogenannter Reformationsfürsten sind leicht zu ermitteln durch den Band: Herrschaft und Glaubenswechsel. Die Fürstenreformation im Reich und in Europa in 28 Biographien, hrsg. von Susan Richter u. Armin Kohnle, Heidelberg 2016.