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Ausgabe:

Januar/2020

Spalte:

75–77

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Bracht, Katharina [Ed.]

Titel/Untertitel:

Methodius of Olympus. State of the Art and New Perspectives.

Verlag:

Berlin u. a.: De Gruyter 2017. X, 320 S. m. 10 Abb. = Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, 178. Geb. EUR 129,95. ISBN 978-3-11-044109-3.

Rezensent:

Ulrich Volp

»Εtwas über alle Maßen Großartiges, Wunderbares und Ehrenvolles ist doch die Jungfräulichkeit! Der Nährboden der Kirche, ihre Blüte und Erstlingsfrucht ist einzig diese beste und schönste Lebensweise […] Es bedarf gefestigter und edler Naturen, welche […] die Unsterblichkeit schauen, wie sie dem unbefleckten Busen des Allmächtigen entspringt. Diesen Saft zu erzeugen, war die Erde nicht imstande, allein der Himmel weiß ihn hervorsprudeln zu lassen.«
Diese bildgewaltigen Worte werden einer von zehn heiligen Jungfrauen in einem paradiesischen Garten in den Mund gelegt. Sie finden sich im Symposion, dem einzigen vollständig im griechischen Original erhaltenen Werk des Methodius von Olympus († um 311). Es handelt sich dabei um einen in Form, Sprache und Metaphorik an Platons gleichnamigem Werk orientierten Dialog eines der we­nigen bedeutenden christlichen griechischsprachigen Autoren der Zeit zwischen Origenes († um 254) und der sogenannten Konstantinischen Wende. Von bis zu 14 weiteren Werken wissen wir, die in kirchenslawischer Übersetzung, in griechischen, armenischen oder syrischen Fragmenten oder auch nur durch die Erwähnung des Titels durch Hieronymus oder Methodius selbst bekannt sind: De autexusio, De resurrectione, Adversus Porphyrium, De lepra, De creaturis u. a. In ihnen tritt ein christlicher Platoniker zutage, der sowohl gegen Neuplatoniker als auch gegen Origenes und Origenisten opponierte.
Vor gut 100 Jahren erschien mit der Berliner Akademieausgabe in der Reihe der »Griechischen christlichen Schriftsteller« (GCS 27, Berlin 1917) die erste moderne kritische Edition von Gottlieb Na­thanael Bonwetsch, die allerdings – unter anderem wegen seines Umgangs mit der kirchenslawischen Überlieferung – nicht mehr den heutigen Standards entspricht, ebenso wie die noch auf dem Mignetext basierende Übersetzung des Symposions in der »Bibliothek der Kirchenväter«. Trotz einer späteren Neuedition (nur) des Symposions (SC 95, Paris 1963) scheint die Erforschung dieses streit baren Antiorigenisten erst in den letzten 20 Jahren so recht in Schwung gekommen zu sein. Der hier zu besprechende Band enthält Beiträge von 14 Methodiusforscherinnen und -forschern, die sich in Jena zu einer Tagung anlässlich des Zentenariums der Bonwetschen Edition versammelt hatten und ihre Erkenntnisse nun dankenswerterweise in diesem TU-Ergänzungsband zu den GCS-Editionen der Fachöffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Die Herausgeberin Katharina Bracht stellt dem Band einen kurzen, sehr hilfreichen Blick auf Editionen, Publikationen und Forschungsdesiderate voran. Es folgen Zeugnisse der, wie diese Publikation eindrücklich vorführt, aktuell schon recht spezialisierten Methodiusforschung: Dawn LaValle Norman (Coming Late to the Table, 18–37), Katharina Bracht (Eros as Chastity, 38–62), Mirosław Mejzner (Methodius: Millenarist or Anti-Millenarist?, 63–84), Amy Brown Hughes (Agency, Restraint, and Desire, 85–102) und Janina Sieber (Methodius’ Symposium from a Philological Perspective, 198–206) widmen sich einzelnen historischen, theologischen, philologischen und literarischen Aspekten des Symposions. Von Sieber stammt übrigens auch die als Münchner und Zürcher Dissertationsschrift abgeschlossene Neuedition und Neuübersetzung, an der sich auch das einleitende Methodiuszitat dieser Rezension orientierte (Diss. München 2017).
Der nur kirchenslawisch und in griechischen Fragmenten er­haltene Traktat De resurrectione wird von Jon F. Dechow (Methodius’ Conceptual World in His Treatise De resurrectione, 125–148), Selene Zorzi (Bilder und Vorstellungen des Todes in Methodius’ Schrift De resurrectione, 149–165) und Nikolai Kiel (Die Rezeption von Ps-Justins Auferstehungsschrift bei Methodius von Olympus, 254–270) diskutiert. Um die Willensfreiheit und De autexusio kümmern sich Roberta Franchi (Where Does the Impulse to Evil Come from?, 166–197), Yannis Kakridis (Die argumentative Form von Methodios’ De autexusio in der slavischen Übersetzung, 236–253) und Susanne Zeilfelder (Zum Problem der Willensfreiheit bei Eznik von Kołb und Methodius von Olympus, 271–283). Auch die seltener zur Kenntnis genommenen Fragmente aus De lepra erfahren Beachtung (Anna Jouravel, Beobachtungen zu Methodius’ Schrift De lepra, 207–235). Noch wenig erforscht ist seine Bedeutung für die armenische Christenheit, die einen armenischen Propheten, Bischof, großen Kirchenlehrer und Märtyrer namens Methodius kennt. Immerhin liegen einige Fragmente und zwei spätere, aber unter dem Namen des Methodius überlieferte Texte auf Armenisch vor. Armenuhi Drost-Abgarjan weist auf einen – alles in allem freilich recht schmalen und ernüchternden – Befund in den armenischen liturgischen Texten hin (Die Rezeption des Methodius von Patara in der armenischen liturgischen Literatur, 284–292).
Dieser letzte Beitrag macht stellvertretend deutlich, dass die Methodiusforschung noch zahlreiche Lücken zu schließen hat. Es ist aber bereits, auch das wird hier transparent, schon sehr viel mehr als nur ein wertvoller Anfang gemacht. Nützliche Stellen-, Sach- und Namenregister schließen den Band ab.