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Ausgabe:

September/2018

Spalte:

915–917

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Neß, Dietmar

Titel/Untertitel:

Schlesisches Pfarrerbuch. Hrsg. v. Verein f. Schlesische Kirchengeschichte.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2015–2018. Bd. 5: Oberschlesien, Ostoberschlesien, Ostschlesien, 2015. 556 S. u. 1 Kt. Geb. EUR 88,00. ISBN 978-3-374-04030-8. Bd. 6: Regierungsbezirk Liegnitz, Teil I: Die Kirchenkreise Bolkenhain, Bunzlau I u. II, [Fraustadt], Freystadt, Glogau, Goldberg, Grünberg. 2016. 499 S. u. 1 Kt. Geb. EUR 78,00. ISBN 978-3-374-04286-9. Bd. 7: Regierungsbezirk Liegnitz, Teil II: Die Kirchenkreise Haynau, Hirschberg, Jauer, Landeshut, Liegnitz, Löwenberg I u. II. 2016. 534 S. Geb. EUR 78,00. ISBN 978-3-374-04287-6. Bd. 8: Regierungsbezirk Liegnitz, Teil III: Die Kirchenkreise Lüben, Parchwitz, Sagan, Schönau, [Schwiebus], Sprottau. 2016. 421 S. Geb. EUR 78,00. ISBN 978-3-374-04288-3. Bd. 9: Schlesische Oberlausitz: Die Kirchenkreise Görlitz I / Görlitz, Görlitz II / Reichenbach, Görlitz III, Hoyerswerda / Ruhland, Lauban, Rothenburg I / Niesky, Rothenburg II / Weißwasser, Die schlesische Kirche 1945/1951–2003. 2016. 732 S. u. 1 Kt. Geb. EUR 94,00. ISBN 978-3-374-04531-0. Bd. 10: Bildband. 2018. 343 S. m. 1121 Abb. Geb. EUR 88,00. ISBN 978-3-374-05074-1. Bd. 11: Diakonie, Militärseelsorge, Schlesien nach 1945, Brüdergemeine und Altlutheraner, Berichtigungen und Nachträge, Gesamtregister. 2018. 497 S. Geb. EUR 78,00. ISBN 978-3-374-05082-6.

Rezensent:

Albrecht Beutel

Ein guter Wunsch hat sich erfüllt! Als vor wenigen Jahren die 2014 erschienenen ersten vier Bände des »Schlesische[n] Pfarrerbuch[s]« angezeigt werden konnten (vgl. ThLZ 140, 2015, 823 f.), schloss der Rezensent mit der Bemerkung, es möge »dem Gesamtprojekt ein zügiger, gedeihlicher Fortgang und seinem Betreuer nicht erlahmende Arbeitsfreude beschieden sein«. Nun ist das große, elf Bände umfassende Unternehmen tatsächlich schon nach vier Jahren zu erfolgreichem Abschluss gelangt. Dieser Leistung gebührt hohe, respektvolle Anerkennung, die sich am besten durch eine intensive Benutzung des vorliegenden Standardwerks ausdrücken lässt.
Was bei der Erstanzeige zur Besonderheit und zum Strukturprinzip dieser Ausgabe festgestellt wurde, bedarf keiner Wiederholung. Fraglos bewährt hat sich die Entscheidung des Bearbeiters, das Pfarrerbuch an der parochialen Struktur Schlesiens zu orientieren und deshalb die ca. 17.000 Pfarrer, die dort bis zur Mitte des 20. Jh.s gewirkt haben, den etwa 1.400 evangelischen Kirchengemeinden des Territoriums zuzuordnen sowie jeden Band mit einem Register der Ortsnamen bzw. der Kirchengemeinden auszustatten.
Bd. 5 dokumentiert den Regierungsbezirk Oppeln bzw. die Provinz Oberschlesien, dazu die sich damit überschneidenden Kirchengemeinden der erst 1918 entstandenen »Unierten evangelischen Kirche in Polnisch-Oberschlesien« sowie Ostschlesien mit seinen Herzogtümern Jägerndorf, Teschen und Troppau. In diesen Bereichen hatte die Gegenreformation große, teilweise sogar flächendeckende Erfolge errungen, weshalb der Bearbeiter ausdrücklich darauf verweist, dass der im Untergrund mancherorts weiterlebende, jedoch pastoral nicht mehr versorgte »Geheimprotestantismus« (7) im Pfarrerbuch naturgemäß nicht ausweisbar ist. Eine sorgfältig erstellte farbige Karte orientiert in höchst differenzierter Anschaulichkeit über das einstige evangelische Leben in Ober- und Ostschlesien.
Die Erfassung des sehr umfangreichen Regierungsbezirks Liegnitz erstreckt sich auf die Bde. 6 bis 8. Dabei werden die 21 dort angesiedelten Kirchenbezirke in alphabetischer Reihenfolge vorgeführt, wobei jedesmal eine Liste der zugehörigen Orts- und Kirchengemeinden vorangestellt ist. Die in Bd. 6 beigegebene, wiederum höchst differenziert gestaltete Karte verzeichnet das evangelische Leben im gesamten Regierungsbezirk Liegnitz und ist darum für die Bde. 7 und 8 ebenfalls von Belang.
Die in Bd. 9 für die Schlesische Oberlausitz gebotene series pastorum stellt insofern einen Sonderfall dar, als hier die Darstellung nicht, wie in den anderen Bänden, mit den dramatischen Um­bruchsjahren 1945/46 insgesamt abbricht, sondern für die westlich der Neiße gelegenen Teile, die 1949 in das Hoheitsgebiet der DDR eingingen und 1990 Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland geworden sind, bis an die Grenze zur Gegenwart fortgeführt werden konnte. Mit der politischen und kirchlichen Geschichte, welche die westliche Oberlausitz nach 1945 durchlebte, macht ein kleiner, dichter, teilweise tabellarisch gestalteter Artikel vertraut (717–728). Dem Band ist wiederum eine sehr hilfreiche Übersichtskarte beigegeben, die das evangelische Leben in der schlesischen Oberlausitz klar und anschaulich vor Augen führt.
Mit Bd. 9 konnte Dietmar Neß das Schlesische Pfarrerbuch um eine in dieser Gattung sonst nicht vorkommende kostbare Be-sonderheit anreichern, indem er auf Hochglanzpapier weit über 1.000 Personalporträts schlesischer Pfarrer zusammenführte. Den Grundstock der Sammlung legte der aus Schlesien stammende Pfarrer Johannes Grünewald (1919–2003), dessen etwa 300 Bilder umfassende Sammlung vom Bearbeiter mehr als verdreifacht werden konnte; eine noch viel umfangreichere, seit 1934 im »Evangelischen Centralarchiv für die Kirchenprovinz Schlesien« angelegte Pastoralgalerie muss seit 1945 als unwiederbringlich verloren gelten. Nur sehr dezent beklagt der Bearbeiter die Hindernisse, die ihm den Zugriff auf etliche erhaltene Pfarrerporträts verwehrten oder unsinnig erschwerten. Einige der von ihm präsentierten Abbildungen sind im Anhang mit vertiefenden Erläuterungen versehen. Dieses einmalige Bilder-Buch ist über das Namenregister mühelos zu erschließen, und die Bitte des Bearbeiters, ihn beim weiteren Sammeln von einschlägigem Bildmaterial zu unterstützen, soll an dieser Stelle nachdrücklich wiederholt sein.
Anders als auf dem Buchdeckel und -rücken annonciert, bietet Bd. 11 erheblich mehr als nur die Register. So präsentiert er präzise Übersichten zu den diakonischen Anstalten und zur Militärseelsorge in Schlesien, ferner zum deutschen evangelischen Leben in den nach 1945 polnisch gewordenen Landesteilen, dazu Verzeichnisse der Prediger, die in den schlesischen Brüdergemeinen, sowie der altlutherischen Geistlichen, die im einst preußischen Schlesien Dienst taten. Berichtigungen und Nachträge zu den Bänden 1 bis 9 treten außerdem noch hinzu. Die Register offerieren dann ihrerseits Fundgruben von besonderer Art: Sie verzeichnen nicht allein die Kirch- und Pfarrorte sowie die Namen aller erfassten schlesischen Pfarrer, sondern dazu aparterweise auch, nun freilich in deutlich kleinerem Schriftsatz, die schlesischen Pfarrfrauen und, soweit nachweisbar, die außerschlesischen Geburts- und Dienstorte des in der gesamten Ausgabe aufgerufenen Personals.
Man wird die archivalische Mühe und historiographische Sorgfalt, die den elf Bänden zugrunde liegen, gewiss nicht dankbar genug würdigen und den reichen multidisziplinären Nutzwert des Unternehmens kaum hoch genug einschätzen können. Dass die Inhaltsverzeichnisse mancher Bände in vereinzelten Fällen lückenhaft sind oder von den in der Durchführung gewählten Überschriften abweichen, kann als ein lässlicher Schönheitsfehler ge­trost auf sich beruhen bleiben und tangiert die bleibend hohe Bedeutung dieses Standardwerks in keiner Weise.
Da in diesem Fall der eingangs erinnerte gute Wunsch alsbald in Erfüllung ging, sei er abermals variierend gewagt: Möge der treu ausdauernde Bearbeiter Dietmar Neß, der mit dem Abschluss dieses Großprojekts sich selbst das schönste Geschenk zu seinem 80. Geburtstag gemacht hat, noch viele Jahre Gelegenheit finden, sich daran zu erfreuen!