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Ausgabe:

Januar/2000

Spalte:

33–35

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ritter, André

Titel/Untertitel:

Der Monotheismus als ökumenisches Problem. Eine Studie zum trinitarischen Denken und Reden von Gott im Kontext des christlich-muslimischen Dialogs.

Verlag:

Hamburg: E.B.-Verlag 1998. 365 S. 8 = Studien zum interreligiösen Dialog, 2. Kart. DM 45,-. ISBN 3-930826-39-9.

Rezensent:

Andreas Feldtkeller

Im Dialog zwischen Christen und Muslimen - ähnlich wie auch im christlich-jüdischen Dialog - erscheint das Bekenntnis zum Monotheismus als eine Gemeinsamkeit, auf der sich ein Konsens zwischen diesen Religionen aufbauen lässt, während die christliche Lehre von der göttlichen Natur Jesu Christi und die Trinitätslehre schärfste Kritik seitens des Islam hervorgerufen haben und dadurch immer wieder einer gegenseitigen Verständigung im Weg stehen. Ein Dialog auf dem Weg des geringsten Widerstands steht hier in der Versuchung, Gemeinsamkeiten hervorzuheben und Anstößiges unter den Tisch fallen zu lassen. So ist immer wieder zu beobachten, dass Christen im Gespräch mit dem Islam ihre Christologie derjenigen ihrer Dialogpartner angleichen und mehr von Jesus als dem Lehrer und Propheten des Einen Gottes sprechen als von Christus, dem Sohn Gottes und der zweiten Person der Trinität.

Die Studie von André Ritter erweist mit großer Sorgfalt eine solche stromlinienförmige Dialoghaltung als theologisch kurzsichtig nicht zuletzt im Hinblick auf den interreligiösen Dialog selbst, denn wenn die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen leichtfertig fallengelassen wird, verliert die christliche Theologie ihr wertvollstes Instrument, um mit der Relation von Einheit, Vielfalt und Wahrheit umgehen zu können und sich damit nicht zuletzt auch dem Problem der religiösen Pluralität stellen zu können.

Mit Jürgen Moltmann verweist R. darauf, dass Versuche, durch Preisgabe der Gottessohnschaft Jesu und der Trinitätslehre einen allgemein konsensfähigen Monotheismus des ,deus semper major’ zu erreichen, an den Eigenarten und an den Differenzen des Judentums, des Christentums und des Islams gleichermaßen scheitern (192). So bestimmt R. die zentrale Aufgabe seiner Ausführungen darin, trinitarisches Denken und Reden von Gott christlicherseits gleichsam als ,Dialogregel’ in den ökumenischen Kontext einzuführen: Gott ist gerade deshalb allem unendlich nahe, weil er seine schöpferische, rettende und vollendende Differenz nicht nur zu jedem, sondern auch zum Ganzen niemals aufgibt (191).

Das Attribut "ökumenisch" wird in dem Buch durchgehend in einem doppelten Sinne gebraucht: bezogen auf die Ökumene der christlichen Konfessionen untereinander, aber auch den Blick darüber hinaus ausweitend auf die "Ökumene" der ganzen Menschheit. Das erste, engere Verständnis von Ökumene äußert sich in der Materialauswahl dadurch, dass der Weg des christlich-muslimischen Dialogs verfolgt wird, insoweit er vom Ökumenischen Rat der Kirchen verantwortet wurde. Das erste Kapitel dokumentiert hier die Reihe einschlägiger Konferenzen von Cartigny 1969 bis Nyon 1993 (40-92). Auf der anderen Seite aber wird im Sinne des weiteren Ökumene-Begriffs auch die Beziehung zwischen Christentum und Islam als eine "ökumenische" aufgefasst. Dies hat zwar die ursprüngliche Wortbedeutung von "Oikumene" und eine breite Strömung der gegenwärtigen ökumenischen Theologie für sich, führt aber zu einer gewissen Unschärfe des Ausdrucks. An vielen Stellen des Buches ist auf diese Weise nicht mehr deutlich, ob mit "ökumenisch" gerade ein interkonfessioneller oder ein interreligiöser Horizont gemeint ist. Hier lässt sich fragen, ob nicht im Zusammenhang mit der vorgetragenen Kritik an oberflächlicher Konsenssuche im interreligiösen Dialog auch die im ÖRK vor allem während der 70-er Jahre entwickelte Vision noch kritischer hätte hinterfragt werden müssen, wonach die Einheit in Vielfalt unter den Kirchen auch als ein Modell für die Einheit der Religionen zu taugen schien (vgl. 142 ff.).

In der zweiten Hälfte spannt die theologische Diskussion um Monotheismus und Trinitätslehre einen weiten und kenntnisreichen Bogen; u. a. stellt sie die neuzeitliche Rede von "Monotheismus" seit Henry More in eine kritische Beziehung zum biblischen Zeugnis und zur Kritik des Koran an der ihm zeitgenössischen christologischen Diskussion. Verschiedene Konzepte des Monotheismus und der Trinitätslehre in der Theologie des 20. Jh.s werden diskutiert, namentlich diejenigen von Richard Niebuhr, Karl Rahner, Wolfhart Pannenberg, Ingolf U. Dalferth und Dietrich Ritschl (207-245).

Mit dem Buch liegt die leicht überarbeitete Fassung einer Dissertation vor, die 1997 an der kirchlichen Hochschule Wuppertal angenommen wurde. Der Veröffentlichung gingen zehn Jahre an Vorarbeiten voraus, ihr liegen eigene Erfahrungen aus dem interreligiösen Dialog auf internationaler Ebene ebenso wie auf lokaler Ebene in Bonn und im Rheinland zugrunde, Forschungen in den Archiven des ÖRK und eine Lehrtätigkeit als Studieninspektor eines theologischen Studienhauses.