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Ausgabe:

Dezember/1999

Spalte:

1292 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Dressler, Bernhard, u. Michael Meyer-Blanck [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Religion zeigen. Religionspädagogik und Semiotik.

Verlag:

Münster: LIT 1998. 324 S. 8 = Grundlegungen, 4. ISBN 3-8258-3724-6.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der im Umkreis des Religionspädagogischen Instituts Loccum entstandene Sammelband mit "Werkstattcharakter" (8) will die Fruchtbarkeit der Semiotik auch für religionspädagogische Theorie und Praxis erweisen: "Generell kann die Semiotik die Aufmerksamkeit für die didaktischen Strukturen von Lernprozessen als Aneignungsprozessen schärfen, ohne daraus in einer einlinig gedachten Beziehung zwischen lernenden Subjekten und Lerngegenständen einen abstrakten Gegensatz zu Vermittlungsprozessen zu konstruieren" (6). Konzeptionell soll eine kritische Revision der Symboldidaktik versucht werden, der - in ihrer bisherigen Form - eine verfehlte Ontologisierung vorgeworfen wird.

Die allgemeine theoretische Grundlage der Beiträge stellt das semiotische Konzept Ecos dar, den konkreten religionspädagogischen Rahmen geben Überlegungen Meyer-Blancks, der mit zwei - bereits auch anderweitig veröffentlichten - Beiträgen vertreten ist. Er betont auf dem Hintergrund einer "Hermeneutik der Aneignung" u. a. die Affinität von didaktischem und semiotischem Dreieck und folgert daraus die Forderung, religiöse Lernprozesse semiotisch zu analysieren und zu initiieren. Gegenüber dem hier tragenden Zeichenbegriff wird der Symbolbegriff als mit "Resten von Ontologisierungen" (14) behaftet zurückgewiesen.

Den Hauptteil des Buchs nehmen Beiträge ein, die Stoffe des Religionsunterrichts semiotisch reflektieren und die daraus folgenden Erkenntnisse bis in konkrete Unterrichtsvorschläge ausarbeiten. Am umfangreichsten präsentiert dies A. Mertin auf sechzig Seiten mit einer Analyse und dem Vorschlag eines Unterrichtsmodells zu Madonnas Video-Clip "Like a prayer". Inhaltlich liegt ein gewisser Schwerpunkt auf der Frage nach einem angemessenen Verständnis der neutestamentlichen Wunderberichte. Dieser Frage ist ein grundsätzlicher exegetischer Beitrag (S. Alkier: Jenseits von Entmythologisierung und Rehistorisierung. Skizzen zu einer Semiotik des Wunderbaren) und ein Unterrichtsentwurf zu Mk 4,35-41 (S. Alkier, B. Dressler: Wundergeschichten als fremde Welten lesen lernen) gewidmet.

Abschließend kommentiert W. Engemann die verschiedenen Aufsätze in einem (in Bologna verfaßten) Nachwort: "Und die habt zum Zeichen ...". Spezifische Gesichtspunkte der Semiotik Umberto Ecos in praktisch-theologischer Engführung. Nachdrücklich weist er auf die von Eco postulierte "radikale Diskontinuität zwischen Wirklichkeit und Zeichengebilden, zwischen ontologischen Gegebenheiten und semantischen Systemen, zwischen Ereignis und Interpretation" (317) hin. Dem Leser stellt sich dabei die Frage: Werden hier - jetzt unter dem Vorzeichen der Hinwendung zum kommunizierenden Subjekt- alte theologische Modelle der Diastase, die den Eigenwert der Wirklichkeit (theologisch: der Schöpfung) ausblendeten, wieder repristiniert?