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Ausgabe:

Oktober/2016

Spalte:

1142–1143

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Geldhof, Joris [Ed.]

Titel/Untertitel:

Mediating Mysteries, Understanding Liturgies. On Bridging the Gap Between Liturgy and Systematic Theology.

Verlag:

Leuven u. a.: Peeters Publishers 2015, IX, 256 S. = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 278. Kart. EUR 78,00. ISBN 978-90-429-3285-2.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Band enthält die Beiträge des 9. Löwener Treffens in Systematischer Theologie im Oktober 2013. Nur wenige Wochen vor dem 50. Jahrestag von Sacrosanctum Concilium wurde hier ein spannender Dialog zwischen Liturgiewissenschaft und Systematischer Theologie initiiert. Damit sollte sowohl die Liturgie der Kirche gefördert als auch deren Bedeutung für die Theologie herausgestellt werden. Leitend waren dabei drei Problemstellungen: Es ging um eine (Neu-)Bestimmung des Begriffs Mysterium (»mystery«); es wurde der Spannung von Vollzug, Gestalt und Wesen der Liturgie nachgegangen; ein gegenseitiges Lernen von Liturgiewissenschaftlern und Systematischen Theologen sollte gefördert werden.
Eingangs wies Joris Geldhof auf das Potenzial des Verständnisses von Mysterium bei Odo Casel hin. Es folgten sechs Perspektiven, in denen dem Zusammenhang von Mysterium und Liturgie nachgegangen wurde.
Der erste Teil fokussiert auf die Erfahrung des Mysteriums, die sich in der Vermittlung von Christus und dem Evangelium in der Liturgie vollzieht. Der Lutheraner Gordon Lathrop gewinnt vor allem aus der Lektüre des Markus-Evangeliums hierzu wichtige Einsichten. Weiter geht der Pariser römisch-katholische Liturgiewissenschaftler Patrick Prétot dem Zusammenhang des Mysteriums Christi, der Kirche und der Sakramente nach, wobei er aus Odo Casels Theologie entscheidende Anregungen gewinnt.
Die beiden Beiträge des zweiten Teils konzentrieren sich auf die verbalen und nonverbalen Komponenten der Liturgie und deren Beitrag zur Vermittlung des Mysteriums. In einer Studie geht Susan Roll dabei von der Diskussion über die Übersetzung der 3.Editio typica des Missale Romanum ins Englische aus. Der syrisch-orthodoxe Theologe Baby Varghese richtet seine Aufmerksamkeit auf die nonverbalen Vollzüge und Handlungen wie Knien, Stehen oder auch Räuchern.
Das Verhältnis von Liturgiewissenschaften und Anthropologie wird in einem Beitrag bedacht, der zugleich den dritten Teil des Bandes bildet. Der Ritualtheoretiker Thomas Quartier spielt dazu empirische Einsichten, konkret zur liturgischen Partizipation von Mitfeiernden und Mönchen in einer Abtei, ein. Dabei wird die Attraktivität monastischer Liturgien – durchaus jenseits parochialer Gottesdienste – ernstgenommen.
Der vierte Teil greift den liturgischen Grundbegriff der »aktiven Partizipation« auf. Die römisch-katholische Dogmatikerin Julia Knop zeichnet ihn in einen systematisch-theologischen Gesamtzusammenhang ein und kommt dabei zu einem nachhaltigen Plädoyer für das Aufeinander-Verwiesensein von Liturgiewissenschaft und Systematischer Theologie. Martin Stuflesser rekurriert auf Sacrosanctum Concilium und weist auf die Verbindung von »aktiver«, »voller« und »bewusster« Partizipation hin.
Den Abschluss bilden zwei noch einmal neue Akzente setzende Beiträge. Andrea Grillo stellt heraus, dass das Zweite Vatikanische Konzil mit der Betonung des »Pastoralen« sowohl den rituellen als auch den theologischen Charakter der Liturgie unterstreicht. David Fagerberg betont die Bedeutung der Sakramente und arbeitet unter Rückgriff vor allem auf die Kirchenväter und Einsichten des östlichen Christentums deren den ganzen Menschen umfassenden Charakter heraus.
Insgesamt liegt so ein Band vor, der zum einen guten Einblick in die Grundlagendiskussion des Verhältnisses von Liturgiewissenschaften und Systematischer Theologie gibt und zum anderen in einen wichtigen Gesprächsgang der internationalen (vor allem) römisch-katholischen Liturgiewissenschaft einführt. Dass dabei Diskurse der deutschen evangelischen Liturgik – und Praktischen Theologie – keine Rolle spielen, macht nachdenklich.