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Ausgabe:

Juli/August/2016

Spalte:

784–786

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Sakvarelidze, Nino

Titel/Untertitel:

Liturgie als Symbol und Mysterium. Die Himmelsliturgie des Dionysios Areopagites und ihre altgeorgische Rezeption.

Verlag:

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2014. S. VII–XXV, 1, 403 S. m. Abb. u. 1 Tab. = Orientalia Biblica et Christiana, 20. Geb. EUR 89,00. ISBN 978-3-447-10133-2.

Rezensent:

Wiebke-Marie Stock

Die Monographie von Nino Sakvarelidze setzt sich mit dem Liturgieverständnis des Dionysios Areopagita und seiner altgeorgischen Rezeption auseinander. Sie basiert auf einer theologischen Dissertation (Institut für Orthodoxe Theologie, Universität München) aus dem Jahre 2009.
Die Arbeit hat drei Teile: I. Das Dionysios-Bild im Lichte der internationalen Forschung. II. Das Dionysios-Bild im Lichte der areopagitischen Schau der Liturgie. III. Das Dionysios-Bild im Lichte der altgeorgischen Rezeption.
Teil I (13–114) enthält eine Darstellung der Forschungsgeschichte. S. zeichnet in diesen Kapiteln einen Überblick über die Forschung in ihren wichtigsten Strömungen und Tendenzen. Dieser Überblick widmet sich der Dionysios-Forschung im Allgemeinen und der Dionysios-Rezeption (insbesondere im Osten) in verschiedenen Sprach- und Kulturräumen sowie dem Liturgieverständnis. Zusätzlich zu den in der westlichen Forschung bekannten Auto-ren wie Stiglmayr, Koch, Brons, Völker, Puech, Vanneste, Lossky, Roques, de Andia, Suchla, Ritter, Rorem und vielen anderen mehr stellt S. georgische Autoren vor, die sich mit Dionysios und seiner georgischen Rezeption befasst haben. Dieser Teil der Dionysios-Forschung ist – aufgrund der Sprachbarriere – vielen Dionysios-Forschern nicht bekannt und es ist daher das Verdienst S.s, ihn einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. Der größte Teil dieser Forschungsgeschichte legt die Forschungspositionen dar und ordnet sie zum Teil in verschiedene Strömungen oder Forschungstendenzen ein: Ist Dionysios Neuplatoniker oder Christ? Philosoph oder Theologe? In der Zusammenfassung dieses Teils wird dann auch angedeutet, wo sich S. selbst verortet. Sie spricht von einer »dritte[n] vermittelnden[n] Sichtweise, die keinen Widerspruch zu erkennen vermag zwischen der neuplatonisch-philosophischen Gestaltung und dem wahrhaft christlichen Inhalt der liturgischen Theologie des Areopagites, zwischen der Mysteriensprache des Dionysios und der überlieferten christlichen Tradition der sakramentalen Mystik.« (113) Auf dieser Position basiere auch die altgeorgische Rezeption, der der dritte Teil der Monographie gewidmet ist.
Teil II (115–166) widmet sich dem Liturgieverständnis des Dionysios. S. sieht die Kirchliche Hierarchie als »das Herzstück und den Mittelpunkt des gesamten Corpus« (123) an. S. stellt kurz die Schriften des Corpus Dionysiacum vor und erläutert den Hierarchiebegriff. Dann legt sie die Teile der Kirchlichen Hierarchie kurz dar, um zum Schluss das Kapitel zur Eucharistie genauer zu präsentieren. Neuere Literatur zu Dionysios’ Kirchlicher Hierarchie wird zum Teil berücksichtigt. In der Zusammenfassung stellt S. die Bedeutung der Eucharistie heraus, aber es wird nicht ganz klar, weshalb sie sich für eine intensive Darlegung dieses Kapitels entschieden hat, während die anderen Kapitel der Kirchlichen Hierarchie nur erwähnt werden.
Teil III (167–317) widmet sich der altgeorgischen Rezeption des Dionysios. Zunächst gibt S. einen Überblick über die Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der georgischen Dionysios-Übersetzung und -Rezeption. Sie beruft sich hier zum Teil auf eine georgische Monographie, die so der westlichen Forschung zugänglich gemacht wird. Im Zentrum steht der Übersetzer Ep’rem Mc’ire, der das Corpus Dionysiacum im 11. Jh. ins Georgische übersetzt hat und »die sog. Postathonitisch-Hellenophile Periode« einleitete (174). Sie stellt Ep’rem Mc’ire als Hellenophilen dar, der philosophisches Gedankengut in das Georgische überträgt, vor allem durch seine Übersetzungen des Corpus Dionysiacum, aber auch durch die der Dialektik des Johannes von Damaskus. Der zweite Abschnitt dieses Kapitels widmet sich der dionysischen Terminologie und ihrer georgischen Übersetzung. S. liefert eine sehr sorgfältige Zusammenstellung zentraler Passagen aus dem Corpus Dionysiacum. Sie kombiniert jeweils das griechische Original mit der georgischen Übersetzung, einer Umschrift des Georgischen und einer deutschen Übersetzung des Georgischen. Thematischer Schwerpunkt sind »Symbolon« und »Mysterion«. Während einige georgische Übersetzungen wörtlich sind, gibt es auch Fälle, wo die Übersetzung eine Interpretation zu erkennen gibt, z. B. die Übersetzung von symbolikê theologia als »mit Analogien arbeitende[], die Gegensätze zusammenführende[] Theologie« (211). Leider wird die sich in diesen Übersetzungen abzeichnende georgische Interpretation nicht herausgearbeitet, und die Zusammenfassung dieses Teils geht nur auf das Eucharistieverständnis des Dionysios ein, nicht auf die georgische Rezeption. Doch enthält dieser Teil interessantes Material für eine intensivere Diskussion der georgischen Rezeption.
Eine umfangreiche Bibliographie, ein Altgriechisch-Altgeorgisches Glossar sowie ein Register (u. a. Ortsnamen, Personennamen, Handschriften) schließen das Buch ab.
Es handelt sich um eine sehr belesene Studie, die vielsprachige Bibliographie ist umfangreich. Die ausführlichen Fußnoten geben detaillierte bibliographische Hinweise und zum Teil weitere Informationen zu den im Haupttext dargelegten Themen. Was die Zitierweise angeht, wäre es jedoch hilfreich, wenn sich S. an die Konvention gehalten hätte, neben der Seiten- und Zeilenangabe der Kritischen Ausgabe auch die Paginierung der Patrologia Graeca anzugeben. Dies hätte zudem den Umfang der Fußnoten reduzieren können. Aufmerksamkeit verdient insbesondere die Darstellung ostkirchlicher, insbesondere georgischer Autoren, da diese in der westlichen Forschung selten berücksichtigt werden. Als um­fangreicher Überblick über den Forschungsstand ist der erste Teil sehr nützlich, aber eine Analyse und eigenständige Darstellung fehlen. Auch werden neuere philosophische Deutungen der Kirchlichen Hierarchie kaum behandelt. Im dritten Teil fehlt eine Analyse und Diskussion des sehr sorgfältig zusammengestellten Materials. Dieser Teil enthält aber minutiös aufbereitetes Material für weitere Studien, die sich genauer mit der georgischen Rezeption befassen könnten. Ferner wird der Leser in dieser Monographie mit einer Rezeption bekannt gemacht, die vielen Dionysios-Forschern nicht vertraut ist.