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Ausgabe:

Juni/2016

Spalte:

600-601

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hackett, Jo Ann, and Walter E. Aufrecht [Eds.]

Titel/Untertitel:

»An Eye for Form«. Epigraphic Essays in Honor of Frank Moore Cross.

Verlag:

Winona Lake: Eisenbrauns 2014. XL, 383 S. Geb. US$ 59,50. ISBN 978-1-57506-303-4.

Rezensent:

Udo Rüterswörden

Der Sammelband, in einer ursprünglichen Fassung dem Jubilar zum 80. Geburtstag im Jahre 2001 überreicht, hat nun den Charakter einer Gedenkschrift. Sie besticht durch ihre thematische Geschlossenheit, denn es handelt sich um ein Handbuch zur nordwestsemitischen Epigraphik, das streng auf die Schriftformen und Schriftentwicklung konzentriert ist. Der Titel ist ein Zitat aus Cross’ Lehrveranstaltungen und charakterisiert dessen Arbeitsweise:
»Throughout his work […] Cross was guided by a historian’s conviction that every phenomenon, institution, or idea has a preexisting context or contexts from which it develops, organically in certain patterned ways. The search for these patterns is a search for how types of phenomena develop sequentially; indeed, typology was arguably the major intellectual and methodological leitmotiv in his scholarship.« (P. Machinist, An Appreciation of Frank Moore Cross, XV)
Man wird nicht fehlgehen, hierin eine Übernahme der morphologischen Methode in der Biologie zu sehen, die sich auf Goethe zu­rückführen lässt und ihren platonischen Hintergrund offenbart.
Die einzelnen Themen sind: Die Geschichte der Nordwestsemitischen Epigraphik (A. Lemaire), die bis in die Mittelbronzezeit zurückreichenden frühen Alphabetschriften (G. J. Hamilton), die Alphabetschrift aus Ugarit (J. L. Ellison), die phönizische Schrift der Eisenzeit (C. A. Rollston), die altaramäischen und ammonitischen Inschriften auf Stein (W. A. Aufrecht), die eisenzeitlichen moabi-tischen, hebräischen und edomitischen Inschriften auf Stein (D. S. Vanderhooft), die phönizische Schrift auf Siegeln (P. C. Schmitz), aramäische und ammonitische Schriften auf Siegeln (L. G. Herr), hebräische, moabitische und edomitische Schriften auf Siegeln (L. G. Herr), nordwestsemitische kursive Schriften der Eisen II Zeit (C. A. Rollston), Schriften der nach-eisenzeitlichen Ära auf Inschriften und Ostraka (A. Lemaire), Texte und Schriften der persischen Zeit in althebräischer Schrift (G. J. Hamilton), die Schriften der aramäischen Papyri (R. Byrne), punische Schriften (M. G. Amadasi Guzzo), die Paläographie der semitischen Texte aus Qumran und der Umgebung (E. Eshel), die nordwestsemitischen Schriften auf Münzen (J. W. Betylon).
Der Stand der Forschung wird durch die reichhaltigen Bibliographien, die den einzelnen Artikeln beigegeben werden, erschlossen. Wie nicht anders bei einem Werk mit diesem Thema zu erwarten, sind zahlreiche Umzeichnungen von Inschriften und Zeichentabellen beigegeben, allerdings keine Photographien. Hier richtet sich die Hoffnung auf die digitale Erfassung des Materials, die bessere Möglichkeiten bietet als Abbildungen (A. Lemaire, 16; J. L. Ellison, 59–61).
Bemerkenswert ist der Beitrag von P. Bordreuil, On the Authenticity of Iron Age Northwest Semitic Inscribed Seals (127–140). Nur 25 althebräische Siegel sind bei regulären Ausgrabungen gefunden worden, das sind 5 % der Gesamtzahl. Sie lässt sich erhöhen, wenn man die Publikation der Siloam-Inschrift als Wendepunkt nimmt, denn ab der Publikation der Umzeichnung war es Fälschern möglich, die Schrift kunstgerecht zu verwenden. Damit erhöht sich die Zahl auf 46, ungefähr 10 % der 410 bekannten Exemplare. Ähnliche Kalkulationen stellt Bordreuil auch für phönizische, aramäische, ammonitische, moabitische, und edomitische Siegel auf. Siegel, die nicht bei Ausgrabungen gefunden wurden, können ihre Echtheit nur durch eine Material- oder mikroskopische Analyse bestätigt bekommen.