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Ausgabe:

Dezember/2015

Spalte:

1450–1451

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Munsonius, Hendrik

Titel/Untertitel:

Evangelisches Kirchenrecht. Grundlagen und Grundzüge.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2014. XXI, 210 S. Kart. EUR 29,00. ISBN 978-3-16-153607-6.

Rezensent:

Thomas Schüller

Hendrik Munsonius, seit 2006 Mitarbeiter am Kirchenrechtlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland, legt mit seinem »Kirchenrechtsbüchlein« (V) die schriftliche Abfassung seiner, an der Georg-August-Universität Göttingen gehaltenen, Vorlesungen zur Einführung in das evangelische Kirchenrecht vor. Adressaten des Buches wie der Lehrveranstaltungen sind Juristen und Theologen.
In fünf Kapiteln (Grundlagen, Gegenstände, Akteure, Organisationen, Vollzüge) begegnet der Leser den verschiedenen Bereichen des evangelischen Kirchenrechts. Dabei gelingt es M. vorzüglich, die sich wechselseitig bedingenden theologischen und kirchenrechtlichen Bezüge der verschiedenen Objekte des evangelischen Kirchenrechts darzustellen und aufeinander zu beziehen. Die theologischen Grundprinzipien, die an vielen Stellen dieser Einführung immer wieder aufscheinen, sind zum einen die ekklesialen Grundvollzüge der Verkündigung des Evangeliums sowie der Feier der Sakramente (Taufe und Abendmahl) und zum anderen die Zwei-Regimenten-Lehre, also das geistliche Regiment (Glaubensleben ohne Gewaltmittel) zur Rechten und das weltliche Regiment (Sicherheit, äußerer Frieden mit dem legitimen Mittel des Rechts) zur Linken (19). Hinzu treten Schrift und Bekenntnis, denen M. Normativität zuspricht, aber nicht im Sinne eines römisch-katholisch verstandenen ius divinum, sondern als »elementare Strukturmerkmale der Kirche« (34), denen Orientierungsfunktion für die Strukturierung des Kirchenrechts zukommt. M. wird im Verlauf seiner Darstellung nicht müde, trotz aller offenkundigen Parallelen des evangelischen Kirchenrechts zum staatlichen Recht gerade in der Bekenntnisgebundenheit das Proprium des evangelischen Kirchenrechts zu identifizieren: »Die Bekenntnisgebundenheit des Kirchenrechts macht seine Eigengeartetheit aus.« (35) Das erkennbare Bemühen, die theologisch begründete Eigenart des evangelischen Kirchenrechts aufzuweisen, zeigt auch die Beschäftigung mit den Synoden. Deren Strukturen auf verschiedenen Ebenen der kirchlichen Verfassung und ihr Aufeinanderverwiesen-Sein folge nicht dem »Demokratieprinzip« (142), sondern sei »Ausdruck dessen, dass jede Konkretion der Kirche die ganze Kirche repräsentiert und darum ein Zusammenwirken der Konkretionen erforderlich ist« (ebd.).
An vielen Stellen der Darstellung nimmt der katholische Kirchenrechtler erfreut zur Kenntnis, dass M. kenntnisreich Parallelen, aber auch Unterschiede zum katholischen Kirchenrecht aufgreift und ökumenisch sensibel darstellt (z. B. 25.32.59.68.106.178). Zum Beispiel identifiziert M. das Corpus Iuris Canonici als »subsidiäre Rechtsquelle« (25) des evangelischen Kirchenrechts und kann im weiteren Fortgang aufzeigen, wie stark das staatliche, rationale Recht in Europa durch Prinzipien des kanonischen Rechts geprägt ist. Positiv ist auch die differenzierte Ausgewogenheit in der Darstellung innerevangelischer Unterschiede im jeweiligen Rechts-system der einzelnen Landeskirchen zu betonen, wenn M. zum Beispiel die verschiedenen Modelle landeskirchlicher Leitung (147–149) vorstellt, die zwischen Einheitsmodell (Evangelische Kirche im Rheinland) und Trennungsmodell (Evangelisch-Lutherische Kirche Bayern) changieren und verschiedene, weitere Abstufungen aufweisen.
Formal besticht die Arbeit, es sind nur wenige Druckfehler (47.51) zu finden. Hilfreich sind weiterhin die Literaturhinweise vor jedem Kapitel, die aufwändige Fußnoten vermeiden und die Lesefreundlichkeit erhöhen. Hinzu kommen ein Literaturverzeichnis, dem bei einer Neuauflage sicher das ebenfalls 2015 erschienene Buch von Christian Grethlein zum evangelischen Kirchenrecht angefügt werden könnte, ein Verzeichnis der zitierten Rechtsquellen und ein umfangreiches Register.
Man kann diese Einführung in das evangelische Kirchenrecht nur uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen und ihr weite Verbreitung wünschen.