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Ausgabe:

Dezember/2014

Spalte:

1404–1417

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Sebastian Grätz

Titel/Untertitel:

Geschichte Israels

Erwägungen zu einer historischen und theologischen Disziplin am Beispiel von Esra 1–6 und dem Bau des Zweiten Tempels in Jerusalem

I Geschichte Israels als historische und theologische Disziplin

Das Alte Testament ist zu großen Teilen ein Geschichtsbuch, das in einem weiten Bogen die Geschichte von der Welterschaffung über wichtige Stationen der Erwählung und Führung des Volkes Israel, den Untergang der Königreiche Juda und Israel bis hin zur Neukonstitution Judäas in der Zeit achämenidischer Herrschaft er­zählt. Insofern werfen die biblischen Erzählungen die Frage einer Geschichte Israels selbst auf. Diese Erzählungen sind in erster Linie von theologischen Interessen geleitet, die das Volk Israel stets in einem Verhältnis zu seinem Gott befindlich sehen. So überlagert das theologische Verständnis häufig das ethnische oder politische, wie bereits an dem Begriff »Israel« deutlich wird: Das »Israel« der Merenptah-Stele und der politische Begriff »Israel« für das eisenzeitliche Königtum, das seit Omri seine Hauptstadt in Samaria hatte und das 722 v. Chr. sein politisches Ende fand, sind nicht mit dem in der Bibel in vielfacher Weise theologisch definierten »Israel« identisch, das als Volk seinen Ursprung am Sinai nahm und auch noch sehr viel später in der Zeit der persischen Herrschaft diesen Namen trug (Esr 2,2.59; 6,17; 7,10 f. u. ö.).1 Gleichwohl hat sich die entsprechend unscharfe Bezeichnung »Geschichte Israels« als his­torische Disziplin etabliert, so dass der Begriff auch bei jüngeren Darstellungen noch häufig verwendet wird.2

Die Tatsache, dass das Alte Testament für seine theologische Darstellung die Form der Erzählung wählt, fordert nun einerseits dazu auf, diese Geschichte als Bestandteil der Heiligen Schrift an­eignend nachzuerzählen, aber andererseits auch dazu, sie kritisch zu prüfen. So ist die Geschichte Israels sowohl der Ausgangspunkt als auch das Ziel der Forschung. Denn es liegt auf der Hand, dass die theologischen Profile der Erzählung(en) und der in ihnen wirkenden Kausalitäten umso deutlicher hervortreten, je genauer sie untersucht werden – und diese Untersuchung muss im Blick auf erzählte Geschichte als Form der Vergegenwärtigung von Vergangenem selbstverständlich auch historisch orientiert sein. So zeigt etwa die deutliche Differenz zwischen der biblischen Version der Eroberung Jerichos und der historischen Erkenntnis, dass diese Stadt sehr wahrscheinlich nicht in der erzählten Zeit zerstört worden ist,3 dass die Autoren, die dies erzählten, vor allem ein theologisches Programm im Sinn hatten: Der Text von Jos 6 ist rückbezogen auf den Bericht des Exodus, der JHWH als Kämpfer für Israel porträtiert (Ex 14,13), und gleichzeitig an die deuteronomistische Landgabetheologie gekoppelt, die eine vollständige tabula rasa kanaanäischer Einflüsse vorsieht und so dazu dient, Israel die alleinige Schuld an seinem Untergang zu geben.4 Die Geschichte von Jerichos Zerstörung ist damit ein Sinnbild dafür, dass Israel seinen Aufenthalt im Lande allein Gott zu verdanken, dessen Verlust aber nur sich selbst zuzuschreiben hat. Sicher hielten die Autoren von Jos 6 ihre Erzählung für wahr; doch diese Wahrheit bezieht sich zunächst auf die theologische Erkenntnis, die die Erzählung vermittelt, nämlich die Bundestreue JHWHs und das Fehlverhalten Israels, das entsprechend bestraft wird und damit die vorfindliche Situation der Autoren in ihrem Gottesverhältnis hinreichend erklärt. Doch der biblische Text enthält auch historische Informationen, wie bereits das Beispiel des politischen Begriffs »Israel« zeigt: Dasjenige Israel, das in den Büchern der Könige als eigene politische Größe porträtiert wird, hat historisch sehr wahrscheinlich existiert – ebenso wie die Stadt Jericho mitsamt ihrem Untergang. Historisch-kritische Forschung fragt daher gezielt auch nach diesen Informationen: Welcher Art sind die Stoffe, die in den biblischen Texten verarbeitet wurden? Lassen sie sich einer Gattung zuordnen, die Aufschlüsse über die gesellschaftlichen Hintergründe der Autoren verrät? Wann arbeiteten die Autoren und was beabsichtigten sie mit ihrer Erzählung? Um nicht in direkte Zirkelschlüsse zu verfallen, werden an dieser Stelle die Altertumswissenschaften mit ihren unterschiedlichen Disziplinen (Archäologie, Epigraphik, Ikonographie, Philologien) hinzugezogen, um Informationen zu liefern, die mit dem erhobenen Befund des biblischen Berichts korreliert werden können. Erst diese historisch orientierte Rekonstruktion, die die überkommenen schriftlichen und materialen Informationen kausal einander zuordnet, untereinander abwägt und gegebenenfalls in größere kultur- oder sozialwissenschaftliche Modelle einträgt, kann als »Geschichte Israels« im wissenschaftlichen Sinne bezeichnet werden.

Seit den 80er Jahren des vergangenen Jh.s wird nun verstärkt eine Grundsatzdebatte geführt, die zum einen um den grundsätzlichen historischen Informationswert biblischer Geschichtsschreibung und zum anderen, damit eng verbunden, um die Rolle der Al­tertumswissenschaften für die Disziplin der Geschichte Israels kreist. So hat Nils Peter Lemche dafür plädiert, die Bibel als Quelle der frühen Geschichte Israels beiseite zu lassen: »I pro-pose that we decline to be led by the Biblical account and instead regard it, like other legendary materials, as essentially ahistorical, that is as a source which only exceptionally can be verified by other information.«5 In der Tat gestaltet sich die Auswertung der entsprechenden biblischen Berichte für die Rekonstruktion der frühen Geschichte Israels als schwierig. Zu deutlich tritt, wie angesprochen, das ge­schichtshermeneutische Interesse im Josuabuch hervor. Zudem birgt bereits der geschichtliche Aufriss der biblischen Erzählungen einige Probleme, die die Abfolge der erzählten Ereignisse betreffen. So werden die Zeiten der Landnahme (Josua), der Richter (Richter) und der Anfänge des Königtums (1. Samuel) als aufeinander folgende definierte Epochen erzählt, obwohl in historischer Perspektive kaum eine klare Abgrenzung der jeweiligen Herrschaftsform6 möglich und die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Herrschaftsformen sogar wahrscheinlich ist.7 Auch die innerbiblische Chronologie bietet hier Probleme: Der Bau des Salomonischen Tempels etwa wird im 480. Jahr nach dem Exodus in Angriff genommen (1Kön 6,1). Auch Regierungsdaten wie die jeweils 40 Jahre bei David (1Kön 2,11) und Salomo (1Kön 11,42) sowie als Ruhezeiten bei einigen »großen Richtern« (Ri 3,11; 5,31; 8,28) verunmöglichen im Grunde die seriöse Berechnung einer absoluten Chronologie aufgrund biblischer Angaben. Bereits der von Max Weber beeinflusste Albrecht Alt erarbeitete daher ein Modell der »Landnahme«, das sich weniger an den Berichten der Bibel, sondern vielmehr an soziologischen Beobachtungen vorderasiatischen Nomadentums des ausgehenden 19. und frühen 20. Jh.s (n. Chr.!) orientierte,8 und veränderte damit die Perspektive grundlegend: Es sind die aus Oberflächenforschung, historischer Landeskunde und Ar­chäologie zu erhebenden und zu verbindenden Daten, die den Maßstab für die Darstellung der Geschichte Israels liefern, wenn der biblische Bericht wie im Fall der Landnahmeerzählungen als wenig zuverlässig erscheint. So haben sich die einschlägigen Altertumswissenschaften, sicher auch durch den starken Anstieg relevanter Daten und Informationen in den vergangenen Jahrzehnten motiviert, von der Bibelwissenschaft emanzipiert und, wie bei Lemche zu erkennen, den Primat bei der Darstellung der Geschichte Israels eingefordert. Häufig wird den biblischen Berichten daher überhaupt keine »primary evidence«, die zeitgleich oder zeitnah zu den zu rekonstruierenden Ereignissen oder Abläufen wäre, zugemessen, sondern lediglich eine »secondary evidence«. Die Skepsis ge­genüber der historischen Validität biblischer Geschichtsdarstellung und der Vorrang von altertumswissenschaftlicher Empirie vor der biblischen Darstellung ergeben zusammengenommen die Methode des »minimalistic approach which means that everything which is not corroborated by evidence contemporary with the events to be reconstructed is dismissed«.9 Eine biblische Aussage muss demzufolge von außerbiblischen Funden bestätigt werden, um als historisch vertretbar zu gelten. Diese Prämisse ist prinzipiell nachvollziehbar, soll hier aber noch um drei Anmerkungen ergänzt werden.

Die historisch-kritische Exegese biblischer Texte, die die wissenschaftliche Grundlage der literarischen Auswertung biblischer Texte bildet, ist erstens selbstverständlich auch die Grundlage für eine historisch orientierte Auswertung dieser Texte.10 Es kann demzufolge nicht einfach um biblische Aussagen gehen, die quellenunkritisch direkt als Informationen für eine »Geschichte« Israels herangezogen und zusammengestellt werden, sondern um bereits auf wissenschaftlichem Wege erzielte Ergebnisse, die aus den zugrundeliegenden biblischen Texten gewonnen sind. Die historisch-kritische Exegese hat weiterhin gezeigt, dass pauschale Bewertungen biblischer Texte bezüglich ihres hohen oder geringen Alters beziehungsweise ihres zuverlässigen oder mythischen Inhalts zu kurz greifen.11 Jeder biblische Text verlangt eine eigene eingehende Untersuchung hinsichtlich seiner Entstehung, seiner Intention und gegebenenfalls auch hinsichtlich seiner historischen Validität.12

Gleiches gilt zweitens grundsätzlich auch für die Materialien der Altertumswissenschaften, die einer quellenkritischen Bewertung und Interpretation bedürfen. Auch eine »contemporary/primary evidence« ergibt sich nicht von selbst, sondern ist Ergebnis einer voraufgehenden wissenschaftlichen Untersuchung, die diese »evidence« zunächst methodisch sichert; und zwar hinsichtlich ihrer Bedeutung, ihrer Datierung und ihrer Verlässlichkeit. Und in diesem Interpretationsprozess erzielen die Altertumswissenschaf ten – wie andere Wissenschaften einschließlich der Bibelwissenschaft – durchaus unterschiedliche Ergebnisse: Fallen etwa die eisenzeitlichen Baumaßnahmen, die in Megiddo, Hazor und Gezer zu erheben sind, in die Zeit Salomos oder Omris?13 Die Antwort auf diese Frage, die sich, wie gesagt, nicht von selbst durch die archäologischen Funde, sondern erst durch ihre wissenschaftliche Interpretation und Kontextualisierung ergibt, ist für die Evaluation der biblischen Aussage aus 1Kön 9,15 nicht eben unwichtig.

Diese Problematik führt drittens zu dem in der Geschichtswissenschaft etablierten Kriterium der objektiven Möglichkeit, das »Quellenaussagen auf ihre Kohärenz mit gesichertem historischen Wissen« befragt.14 So kann Bob Becking zufolge das biblische Porträt Davids als Anführer einer Söldnertruppe (vgl. 1Sam 22; 27–29; vgl. 1Kön 11,23 ff.) durchaus als zu den einschlägigen archäologischen Rekonstruktionen der mutmaßlichen Zeit kohärent angesehen werden, ohne dass die biblische Perspektive direkt, etwa durch zeitgenössische inschriftliche Funde, bestätigt würde.15 Eine historische Rekonstruktion sollte demnach auch der Frage nach dem, was hätte sein können, in wissenschaftlich verantwortungsvoller Weise nachgehen16 – ansonsten dürften punktuelle in der Bibel erzählte Ereignisse, die mit den vorhandenen Informationen nicht direkt bestätigt werden können (David als Anführer einer Söldnertruppe), überhaupt keine Berücksichtigung finden. Gerade die Frage nach der objektiven Möglichkeit, die insbesondere nach den Kausalitäten fragt, die historische Zusammenhänge erst als solche sichtbar machen, geht dabei deutlich über das reine Erheben von Informationen (»evidence«) hinaus.

Die Rekonstruktion einer Geschichte Israels bedarf damit zunächst einer methodisch gesicherten Quellenkritik, die gleichermaßen sowohl die »primary« als auch die »secondary evidence« betrifft, womit zu fragen wäre, ob eine solche Unterscheidung nicht insgesamt zu holzschnittartig ausfällt. Becking formuliert daher: »The Old Testament supplies its readers with a diversity of traces of the past that are mirroring that past one way or another. The same holds for archaeological evidence and extra-biblical texts.«17 Ziel historischer Arbeit sei es nun, aus sämtlichen verfügbaren Hinweisen eine wissenschaftlich plausible und kohärente Neuinszenierung (»re-enactment«) der fraglichen Ereignisse zu erstellen. In dieser Perspektive sind für eine wissenschaftlich gesicherte Geschichte Israels beide Expertisen, die biblisch-historische und die altertumswissenschaftliche, unerlässlich und aufeinander angewiesen.

Im Folgenden soll hierfür ein ausführlicheres Beispiel gegeben werden, das die skizzierten Problemlagen zu illustrieren vermag: die Geschichtsschreibung im Esrabuch, das in Esr 1–6 unter anderem den Tempelbau in achämenidischer Zeit erzählt und dabei wie kein anderes biblisches Buch bemüht ist, seine Darstellung durch Dokumente zu untermauern – und daher zum quellenkritischen Vergleich geradezu einlädt.

II Der Bau des Zweiten Tempels von Jerusalem nach Esr 1–6


1 Die Darstellung von Geschichte im Esrabuch


Die persische Epoche ist die erzählte Zeit des Esrabuches: In Esr 1,1 wird das erste Jahr des Königs Kyros erwähnt (vgl. Esr 6,3), Esr 4,5.24; 5,5 ff.; 6,1 f. nennen einen König Darius; Esr 4,6 Xerxes und schließlich einen König Artaxerxes in Esr 4,7 ff.; 7,1 ff.; 8,1. Dass die Abfolge dieser Könige vor allem durch Esr 4 mit der vorzeitigen Nennung von Xerxes und Artaxerxes Probleme bereitet, scheint bereits in der Darstellung des apokryphen Buches 3. Esra korrigiert worden zu sein.18 Es fällt insgesamt auf, dass das zeitliche Gerüst der Darstellung durch die Nennung der achämenidischen Herrscher geprägt ist, auch wenn nicht ganz klar ist, welche Könige des Namens Darius und Artaxerxes jeweils gemeint sind. Die Forschung tendiert aus inneren und äußeren Gründen zu Darius I. und Artaxerxes I./II.19 Damit wäre der historische Zeitraum von 539 (Kyros II. in Babylon) bis spätestens 398 v. Chr. (Esr 7,7: 7. Jahr des Artaxerxes II.) im Blick, ein Zeitraum, der von der achämenidischen Eroberung des Vorderen Orients durch Kyros und Kambyses über die Konsolidierung des Großreichs durch Darius I. und die stetigen Unruhen seit Xerxes bis hin zum Verlust Ägyptens unter Artaxerxes II. reicht. Die biblische Darstellung fügt in diesen Rahmen nun wichtige Ereignisse der nachexilischen Restauration unter verschiedenen Protagonisten ein: Esr 1,1–4 zitiert ein Edikt des Königs Kyros, das die Rückkehr exilierter Judäer, eine Erlaubnis, den Tempel in Jerusalem wieder zu errichten, enthält, weiter wird die Rückgabe geraubter Tempelgeräte unter dem »Fürsten Judas«, Scheschbazzar, er­zählt. Esr 2 gibt eine Liste der Judäer wieder, die unter der Führung von Serubbabel und Jeschua von Babylonien nach Judäa gezogen sind, insgesamt 42.360 Personen – ohne Bedienstete (Ezr 2,64 f.).20 Esr 3 schildert die Aufnahme des Opferkultes und den Beginn des Tempelbaus unter der Leitung von wiederum Serubbabel und Jeschua. Esr 4 wirkt tatsächlich wie ein Einschub: Es wird mit Hilfe von im Wortlaut zitierten Briefen einerseits der Widersacher Judas und andererseits des Großkönigs beschrieben, wie der Tempelbau bis zum zweiten Jahr des Darius zum Erliegen kommt. Eine Besonderheit ist, dass von Esr 4,8 bis 6,18 die (biblisch-)aramäische Sprache verwendet wird. Esr 5–6 werden daher gern als »aramäische Chronik« bezeichnet: Der Abschnitt nennt redaktionell21 wiederum Serubbabel und Jeschua und die Propheten Haggai und Sacharja sowie die literarisch ursprünglichen »Ältesten«, wobei eine Inspektion seitens der persischen Behörden zu einem Brief- und Dokumentenverkehr mit Darius führt, der letztlich die Erlaubnis des Tempelbaus bestätigt. Die Vollendung des Baus wird abschließend in Esr 6,15 (6. Jahr des Darius) erzählt. Esr 7–10 berichten von den Taten des Schreibers/Schriftgelehrten Esra, der mit königlichen Vollmachten ausgestattet – das entsprechende Schreiben wird wiederum auf Aramäisch in Esr 7,12–26 wiedergegeben – mit Be­gleitern nach Jerusalem kommt und dort aus dem Volk die fremden Frauen und deren Kinder »gemäß der Tora« (Esr 10,3) entfernt. Insgesamt kreist die Darstellung um zwei große Themenbereiche, den Tempelbau (Esr 1–6) und die Tora (Esr 7–10), die anscheinend je­weils mit der persischen Epoche in Verbindung gebracht werden. Beide Themenbereiche werden als Besonderheit des Esrabuches jeweils mit im Wortlaut wiedergegebenen Dokumenten erschlossen. So bietet Esr 1,1–4 das Kyrosedikt, Esr 2 die Liste der Einwanderer und Esr 4–6 enthalten insgesamt nicht weniger als sechs kür-zere oder längere Briefe sowie das in Esr 6,3–5 wiedergegebene »Memorandum« ( הנורכד), das das Kyrosedikt in etwas veränderter Form enthält. Schließlich wird Esras Auftrag und Vollmacht mit dem bereits erwähnten Schreiben des Artaxerxes in Esr 7,12–26 beglaubigt. Das Esrabuch legt damit einen deutlichen Fokus auf die schriftliche Kommunikation zwischen der Zentrale (Großkönig) und den abhängigen Gebieten, die durch ihre mehr oder weniger offiziellen Vertreter22 bezeichnet sind.

Nach dieser inhaltlichen Skizze soll nun im Folgenden im Sinne der oben beschriebenen Vorgehensweise zunächst gefragt werden, inwieweit die im Esrabuch vorgestellte Kommunikation der persischen Zentrale mit ihren Provinzen formal und inhaltlich der uns bekannten Praxis aus persischer Zeit entspricht, welche theologischen Leitlinien das Esrabuch prägen und was sich schließlich historisch daraus über den Bau des Zweiten Tempels erheben lässt.

2 Schriftliche Kommunikation im Achämenidenreich – Elephantine als Modellfall


Herrscherbriefe der Achämeniden sind bislang ausschließlich aus der Bibel und der griechischen literarischen Tradition bekannt.23 Eine Ausnahme ist die in Briefform abgefasste Gadatas-Inschrift aus Magnesia am Mäander. Sie enthält Privilegien seitens Darius’ I. für ein Heiligtum des Apollon und ähnelt hierin den Briefen aus Esr 5 f.; 7.24 Hinsichtlich ihrer Herkunft aus einer achämenidischen Kanzlei muss die Inschrift, die in der gegenwärtigen Form aus der römischen Kaiserzeit stammt, jedoch sehr skeptisch betrachtet werden.25 Quellenkritisch völlig anders zu beurteilen ist das bei einer archäologischen Ausgrabung gefundene Jedanja-Archiv aus Elephantine, das in die Zeit Darius’ II. datierte umfängliche Korres­­pondenz unter anderem zum Wiederaufbau des JHW(H)-Tempels von Elephantine enthält und einen Einblick in die administrativen Vorgänge dieser Zeit erlaubt.26 Nach allem, was bekannt ist, handelt es sich hier wirklich um zeitgenössische Zeugnisse.

Einen Hinweis auf eine königliche Anweisung scheint dabei der »Passa-Papyrus« (TAD A 4.1) aus dem Jahre 419 v. Chr. zu enthalten. Z. 1–4 lauten folgendermaßen:

(1) [An meine Brüder, Y]edanyah und seine Genossen, die jüdi[sche Gar]nison, euer Bruder Hanan[yah]. Für das Wohlbefinden meiner Brüder [möge] der Gott [sorgen

(2) [zu jeder Zeit]. Und nun: In diesem Jahr, dem 5. Jahr des Königs Dareios, wurde von dem König eine Botschaft an 'Arscha[ma] geschickt [. . .] (3) [. . .] nun zählt ihr so vi [erzehn] (4) [Tage des Nisan und am 14. bei der Dämmerung fei]ert ihr [das Osterfest] und vom 15. Tag bis zum 21. Tag des [Nisan feiert ihr das Fest]27

Der Text ist stark zerstört und der Rekonstruktion bedürftig. Am schwierigsten ist dabei der Übergang von Z. 2 zu Z. 3, wo die Botschaft des Darius an den Satrapen Arschama/Arsamens durch eine 14 cm lange Lücke (ca. 30 Buchstaben) völlig verloren gegangen ist. Diese Botschaft war Teil eines Zitats, das der Mittels- oder Vertrauensmann Hanania,28 der sich wahrscheinlich am Sitz des Satrapen Arsamens befand, an seine »Genossen« in Elephantine im Rahmen des zitierten Briefs weitergab. Die Anredeform in Z. 3 ff. zeigt, dass sich hier Hanania selbst wieder an die Empfänger in Elephantine richtet. Was in der Lücke stand, dürfte in einem Verhältnis zum folgenden Inhalt gestanden haben, doch in welchem, ist unklar. Möglicherweise geht es um eine Erlaubnis seitens des Königs betreffs religiöser Feste, da es im Zusammenhang des Passafestes zu einem zweitägigen Ausfall des Militärdienstes kommen würde (Z. 5)29.30 Die konkreten Anweisungen, wie das Fest zu begehen sei, stammen jedenfalls nicht vom Großkönig, sondern von Hanania, der hier wiederum als Mittelsmann auftritt – dieses Mal aber nicht zwischen dem Satrapen/König und den Judäern von Elephantine, sondern wohl zwischen dem religiösen Zentrum Jerusalem und Elephantine. Die Stellung des Mittels- oder Vertrauensmanns am Hofe des Satrapen reflektiert auch das Protokoll TAD A 4.9 (undatiert, nach 407 v. Chr.), das als offizieller Bescheid, der Bitte der Judäer von Elephantine, ihren zerstörten Tempel wieder errichten zu dürfen (TAD A 4.7/8), stattzugeben, verstanden werden kann:

(1) Memorandum von Bagohi und Dalayah. Sie sprachen (2) zu mir: Möge (dies) wahrlich ein Memorandum für Dich sein, in Ägypten zu sprechen (3) vor 'Arschama über das Altarhaus des Gottes (4) des Himmels, das in der Fes­tung Yeb erbaut (5) war, früher, vor Kambyses, (6) das Widranga, jener schlechte Mensch, zerstörte (7) im 14. Jahr des Königs Dareios; (8) daß man es wieder auf seinem Platz aufbaue, genauso wie es früher war (9) und daß man Speiseopfer und Weihrauchopfer darbringe auf (10) jenem Altar, genauso wie es früher (11) Brauch war.31

Der nicht genannte Vertrauensmann vermittelt zwischen den offiziellen Vertretern Jerusalems und Samarias (Bagohi und Dalaya),32 dem Satrapen Arsamens, der für Ägypten zuständig war, und den Petenten aus Elephantine, indem er den positiven religionspolitischen Bescheid nun dem politischen Verantwortungsträger übermittelt. Auch die Verantwortlichen aus Elephantine verlassen sich nicht auf das Abwarten, sondern werden – letztlich erfolgreich –33 tätig. Denn TAD A 4.10 macht deutlich, dass nicht nur die Verfügung aus Jerusalem und Samaria entsprechend umgesetzt werden soll, sondern auch dass der Satrap zusätzlich mit einer großzügigen »Unterstützung« rechnen darf:

(1) Deine Knechte, einer namens Yedanyah, der Sohn des Gam[aryah], (2) [einer] namens Ma'uzi, der Sohn des Nathan, (3) einer namens Schamayah, der Sohn des Haggay, (4) einer namens Hoschea', der Sohn des Jathom, (5) einer namens Hoschea', der Sohn des Nattun; insgesamt fünf Männer, (6) Syenenser, [K]le[ru]chen in der Festung Yeb, (7) sprechen also: Wenn unser Herr [einen Brief sch]ickt (8) und der Tempel unseres Gottes Yahu wieder aufgebaut werden darf (9) in der Festung Yeb, genauso wie er frü[her er]baut war, (10) aber Schafe, Rinder und Ziege dürfen dort [n]icht als Brandopfer dargebracht werden, (11) sondern (nur) Weihrauchopfer und Speiseopfer [dürfen dort dargebracht werden] – (12) und unser Herr gib[t] einen positiven Bescheid [darüber, dann] (13) werden wir dem Haus unseres Herrn Si[lber . . . und sogar] (14) tause[nd] Scheffel Gerste liefern.34

Der Text zeigt, dass das Memorandum mit seinem grundsätzlich positiven Votum und seinen Einschränkungen hinsichtlich des Opferbetriebs bereits bekannt war und nur noch die Erlaubnis des Satrapen, der als »Herr« angeredet wird,35 fehlt. Weiterhin zeigen die hier kurz vorgestellten Schreiben, dass es einen Dienstweg gab, der strikt eingehalten wurde: Der König kommuniziert mit seinem Satrapen, der sich wiederum an entsprechende Interessenvertreter wendet, die die jeweiligen Ordres an ihre Landsleute weitergeben; und zwar nicht in Form offizieller Schreiben, sondern in Form von Auskünften, die als Protokolle oder Auszüge in den entsprechenden Schreiben der Mittelsmänner an ihre Landsleute weitergegeben werden.36

3 Der Blick auf die in Esr 5–6 wiedergegebenen Schreiben


Die in Esr 5–6 wiedergegebene Kommunikation zeigt nun einige Gemeinsamkeiten mit dem aus Elephantine erhobenen Verfahren: Zunächst dürfte die Schriftlichkeit des Verkehrs den Gepflogenheiten der erzählten Zeit entsprechen. Das Archiv von Elephantine dokumentiert dies auf eindrückliche Weise. Auch die Verwendung der aramäischen Sprache entspricht der Verwendung des Reichsaramäischen als Verwaltungssprache im Reich der Achämeniden.37 Schließlich reflektieren das Schreiben Tattenais, der als »Gouverneur« (החפ) bezeichnet wird, und die Antwort des Darius an ebendiesen Tattenai in Esr 5–6 das Einhalten des Dienstweges, wie es die Elephantinekorrespondenz bezeugt: Nur die offiziellen Vertreter des Großreichs, hier Tattenai und Darius, kommunizieren direkt miteinander, während die Betroffenen, hier die »Ältesten«, auf entsprechende Informationen angewiesen sind. Besonders evident erscheint in diesem Zusammenhang zudem die Parallele in Esr 6,(1.)2–5. Entsprechend TAD A 4.9 wird hier ein »Memorandum« ( ןורכד) zitiert:

Daraufhin erließ König Darius einen Befehl und man forschte in den Schatzhäusern nach, dort, wo in Babel die Urkunden aufbewahrt wurden.38 (2) In der Festung Ekbatana in der Provinz Medien fand man eine Schriftrolle, in der/auf die geschrieben war: Memorandum: (3) Im ersten Jahr des Königs Kyrus hat König Kyrus einen Befehl erlassen: »Gotteshaus in Jerusalem«: Das Haus soll wieder aufgebaut werden als Ort, an dem man Opfer darbringt. …39 Seine Höhe soll sechzig Ellen betragen und seine Breite zwanzig Ellen. (4) Auf drei Lagen Quadersteinen soll eine Lage Holz kommen. Die Kosten sollen vom königlichen Hof getragen werden. (5) Auch soll man die goldenen und silbernen Geräte des Gotteshauses zurückgeben, die Nebukadnezzar aus dem Tempel von Jerusalem genommen und nach Babel gebracht hat, und (alles) soll wieder an seinen Platz in den Tempel von Jerusalem kommen, und du sollst (es) im Gotteshaus deponieren.40

Der Text dieses Memorandums ähnelt zunächst stark demjenigen, das aus Elephantine bekannt ist: In beiden Fällen geht es um die Wiedererrichtung eines zerstörten Heiligtums. Das Memorandum, also das Protokoll einer andernorts niedergelegten admi-nistrativen Ordre, enthält stichpunktartig deren wesentlichen Inhalt. V. 5 bietet indes ein Problem: Der Übergang in die zweite grammatische Person könnte darauf hinweisen, dass der Inhalt aus Esr 5,15 entnommen wurde, wo diese zweite grammatische Person (angeredet ist dort Scheschbazzar) ebenfalls in einschlägigem Zu­sammenhang begegnet.41 Insofern könnte V. 5 ein Nachtrag sein – auch in Esr 1,2–4 enthält der eigentliche Kyroserlass nicht die Rückgabe der Tempelgeräte. Hierüber wird erst, ebenfalls in Zusammenhang mit Scheschbazzar, in Esr 1,7–11 berichtet. Weiterhin fällt auf, dass Esr 6,2 davon ausgeht, das Protokoll sei auf einer Schriftrolle (הלגמ) niedergelegt worden, wobei die Inhaltsangabe »Memorandum« möglicherweise auf der nach außen weisenden verso-Seite vorgestellt ist. Diese Praxis lässt sich jedoch für die Verwaltung in der Zeit des Kyros und seiner Nachfolger im genannten geographischen Raum nicht belegen: Es ist zwar richtig, dass Dokumente in Schatzhäusern aufbewahrt wurden, jedoch nicht in Form von Schriftrollen aus Papyrus oder Pergament, sondern in Form von Tontafeln, auf die keilschriftlich geschrieben wurde.42 Weiterhin wäre nach der aus den Belegen von Elephantine erhellenden Praxis zu erwarten gewesen, dass das »Memorandum« in Jerusalem selbst aufbewahrt worden wäre. Denn auch das »Memorandum« als Protokoll des Vertrauensmanns findet sich im Archiv der Begünstigten, während der originale Erlass wahrscheinlich in den Archiven der Gouverneure von Samaria und Judäa bzw. des Satrapen von Ägypten aufbewahrt wurde. Es fällt zudem auf, dass die Petenten aus Elephantine dem Satrapen in TAD A 4.10 eine freundliche Spende anbieten, damit er den Bau überhaupt genehmigt, während in Esr 6,4, genau entgegengesetzt, der königliche Hof die gesamten Baukosten von sich aus trägt. Schließlich fällt ins Gewicht, dass das Memorandum entsprechend Esr 1,1 das wahrscheinlich theologisch motivierte »erste Jahr des Königs Kyros« nennt, das den Beginn einer neuen heilsgeschichtlichen Epoche markiert.43

So kann zusammengefasst werden, dass das »Memorandum« und mit ihm auch die anderen in Esr 5–6 wiedergegebenen Briefe44 zwar Züge achämenidischer Kommunikationspraxis tragen, aber keine originalen Dokumente aus offiziellen Archiven sind. Vielmehr wird eine achämenidische Verwaltungspraxis nachgeahmt, um letztlich ein das Esrabuch prägendes theologisches Konzept herauszuarbeiten: die Bewahrheitung der bleibenden Erwählung einer definierten religiös-politischen Gemeinschaft (»Israel«), die an der Loyalität der achämenidischen Herrscher zugunsten des Tempels (Esr 1–6; 7) und der Tora bzw. ihrer Anwendung (Esr 7–10) festgemacht wird.45 Die Bedeutung der gottgegebenen Herrschaft des Kyros wird dabei bereits eingangs des Buches im sogenannten Kyrosedikt (Esr 1,[1.]2–4) unter Rückgriff auf die Verkündigung Deuterojesajas (Jes 44,24–28; 45,1–7) betont: Die persischen Herrscher handeln in göttlichem Auftrag im Wesentlichen zum Wohle der aus dem Exil heimkehrenden Judäer.46 Es ist interessant, dass ein vergleichbarer Text mit dem Kyros-Zylinder auch für den Marduk-Kult in Babylon von entsprechenden Interessengruppen verfasst worden ist.47 Der entscheidende Unterschied zu der Darstellung im Esrabuch ist jedoch, dass dessen Autoren anscheinend nicht zeitgenössisch gearbeitet haben, sondern deutlich später: D. Schwiderski hat für die Briefe, die in Esr 4; 5–6 zitiert werden, nachgewiesen, dass das verwendete Formular Gepflogenheiten aufweist, die nicht für die achämenidische, sondern für die hellenistische Zeit typisch sind.48 Aus exegetischer Sicht folgt aus der Summe der Beobachtungen, dass das Esrabuch Geschichtstheologie im vollen Sinne schreibt: Geschichte wird als Ort der Bewahrheitung der göttlichen Zusagen an Israel verstanden. Das leitende Interesse ist keine historische Darstellung, sondern eine theologische. Hierbei wird jedoch historisches Kolorit eingetragen, indem achämenidische Herrscher genannt werden und eine auf Schriftlichkeit beruhende Verwaltung porträtiert wird. Es wird dabei kaum Zufall sein, dass schriftliche Dokumente als verlässliche Medien (Esr 6,1–2) erscheinen, geht es doch in Esr 7–10; Neh 8 letztlich um die schriftliche und verbindliche Tora, die der Gemeinde präsentiert wird.49

Die kurze Untersuchung hat ergeben, dass Esr 1–6 für die Erhebung einer Geschichte Israels in achämenidischer Zeit nicht allzu viel beizutragen vermag. Die externen epigraphischen Zeugnisse aus Elephantine können zwar bestätigen, dass der aramäischsprachige Briefverkehr ein Kennzeichen der achämenidischen Verwaltung war und dass dabei auch die in Esr 6,2 ff. vorliegende Gattung »Memorandum« verwendet wurde, doch haben sich gerade bezüglich des »Memorandums« signifikante Unterschiede zu den Dokumenten aus Elephantine ergeben, die der Erklärung bedürfen. Diese fällt am plausibelsten aus, wenn sie in der nachweisbar theologisch geprägten Geschichtssicht des Esrabuches gesucht wird.

4 Historische Skizze: der Bau des Zweiten Tempels von Jerusalem


Die erzielten Ergebnisse können nun unter Hinzunahme einiger weiterer Erwägungen für eine historische Skizze des Tempelbauverfahrens angewendet werden.

4.1 Die in Esr 1–6 verarbeiteten »Dokumente« ahmen den Schriftverkehr nach, der zur Zeit der achämenidischen Herrschaft üblich war. Insofern ist es plausibel anzunehmen, dass der Tempelbau in Jerusalem einer schriftlichen Genehmigung seitens der persischen Zentrale bedurfte. Für den Tempelbau in Elephantine war als letzte Instanz anscheinend der Satrap zuständig, dessen ausdrückliche Genehmigung nicht überliefert ist. Das Genehmigungsverfahren in Elephantine beginnt mit einer Petition der Betroffenen, einen zerstörten, gleichwohl aber legitimen Tempel wieder errichten zu dürfen. In Esr 1 geht die Initiative dagegen von Kyros aus. Das fügt sich zu dem, was auch der Kyros-Zylinder berichtet: Kyros stellt sich hier als Initiator verschiedener restaurativer Maßnahmen dar (Z. 30 ff.). Doch hierbei handelt es sich auch um einen Topos, der den Regierungsantritt auch anderer Herrscher, vor allem Fremdherrscher in Babylon, begleitet.50 Die in Esr 6,3–5 gewählte Form des »Memorandums« spielt dagegen lediglich auf einen Verwaltungsakt (»Befehl« des Kyros) an, der offen lässt, von wem die Initiative letztlich ausgegangen ist. Laut der prophetischen Überlieferung im Haggai- und Sacharjabuch (1–8)51 ist nicht unbedingt von einer Initiative der Perser auszugehen,52 doch konnte der Tempel als fiskalisches Zentrum der Provinz Jehud dienen – und damit ein Machtinstrument persischer Politik sein: »Concerning those taxes which the temples collected for and passed on to the Persian king and his administration, it must be stressed that the sanctuaries – amongst them the Jerusalem temple – merely acted as outlets of the imperial ›Inland Revenue‹.«53 Vor diesem Hintergrund be­trachtet, dürfte einer Genehmigung eines entsprechenden Gesuchs seitens der am Tempelbau interessierten Gruppen wenig im Wege gestanden haben.

4.2 Das oben angeführte Schreiben TAD 4.10 legt nahe, dass die Judäer von Elephantine ihren Tempelbau selbst finanzieren mussten und zudem noch Gelder an den Satrapen abzuführen bereit waren, um überhaupt Gehör zu finden. Esr 6,4.8 f. spricht dagegen davon, dass der königliche Hof für die Bau- und Unterhaltskosten des Tempels in Jerusalem aufkommen wird. Angesichts andernorts belegter restriktiver Maßnahmen bezüglich der finanziellen Un­terstützung von Tempeln54 und der achämenidischen Tributpraxis55 wären diese Zuwendungen jedoch eine Ausnahme mit wenig historischer Wahrscheinlichkeit: »What is extremely unlikely is that the Persian government would have funded the costs of any rebuilding.«56 So musste der Tempelbau wahrscheinlich selbst finanziert werden. Der Hinweis auf die freiwilligen Abgaben (בדנ hitpael) in Esr 1,6 könnte diese Vermutung stützen. Denn anscheinend war die Geldspende an ein Heiligtum nicht unüblich, wie die zahlreichen Weihinschriften auf dem Garizim zeigen: Die hier regelmäßig verwendete aramäische Wurzel ברק bezeichnet sehr wahrscheinlich eine finanzielle Zuwendung.57

4.3 Schließlich wird der Tempelbau unter einem König Darius datiert. Da die Abfolge der persischen Herrscher in Esr 1–6 Kyros – Darius – Xerxes – Artaxerxes – Darius aufgrund einer Kontinuität des Personals unter dem erst- und dem letztgenannten Darius (Esr 2 f.; 5 f.) etwas verwirrend ist, wird in der Forschung sowohl von Darius I. als auch von Darius II. ausgegangen.58 Nimmt man jedoch die Artaxerxes-Korrespondenz aus ihrem gegenwärtigen Zusammenhang als eine Einfügung, die nicht den Tempel-, sondern in erster Linie den Stadtbau im Blick hat,59 heraus, dann wird deutlich, dass das Esrabuch (entsprechend den Daten in Hag; Sach 1–7) wohl Darius I. mit dem Tempelbau verbindet. Sollte bereits unter Kyros eine Genehmigung des Baus erteilt worden sein, dann stellt sich die Frage, warum der Tempel erst unter Darius I. errichtet wurde. Hier könnten wiederum finanzielle Gründe die entscheidende Rolle gespielt haben: Vor allem zu Beginn der persischen Herrschaft war die Provinz Jehud anscheinend von knappen personellen und materiellen Ressourcen geprägt,60 die ein größeres Bauvorhaben möglicherweise zunächst nicht erlaubten. In diesem Licht kann die Botschaft aus Hag 1 durchaus als Plädoyer dafür verstanden werden, diese knappen Ressourcen nun endlich für den Tempelbau zu bündeln.61

III Zusammenfassung


Die Disziplin der Geschichte Israels erfüllt eine doppelte Aufgabe: eine historische und eine theologische. Die historische Aufgabe der Geschichte Israels besteht darin, möglichst viele Informationen, die das historische Geschehen in einem zu definierenden Raum »Israel« betreffen, zu sammeln, zu interpretieren und zu bewerten. Es versteht sich von selbst, dass diese Aufgabe nur zu bewältigen ist, wenn die Ergebnisse der Bibelwissenschaft mit denjenigen der entsprechenden Kultur- und Altertumswissenschaften korreliert werden und das Vorgehen auf die vorhandenen Informationen und deren wissenschaftliche Bewertung abgestimmt wird. So erscheint es angeraten, die in Esr 5–6 wiedergegebene Korrespondenz vor dem Hintergrund des Jedanja-Archivs von Elephantine zu interpretieren, da hier formal und inhaltlich eine vergleichbare Materie behandelt wird, deren verlässliche Herkunft zudem aus einer do­kumentierten Grabung gesichert ist. Da über die Bauumstände des Zweiten Tempels, um den es in Esr 5–6 ja geht, außerbiblisch direkt nichts berichtet wird, muss nun aufgrund archäologischer und historischer Erkenntnisse aus dem politischen und kulturellen Zu­sammenhang dieser Baumaßnahme ein kohärentes historisches Bild konstruiert werden.

Neben dem wissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Wert einer Geschichte Israels gibt es auch einen theologischen Ertrag dieser Disziplin. Er besteht darin, mit Hilfe geeigneter Methodik das Geschichtsverständnis der biblischen Aussagen selbst zu erarbeiten. Ein historisch erhobener Maßstab kann ein entsprechendes Gefälle zwischen der biblischen Darstellung und der historischen Rekonstruktion anzeigen und die biblischen Aussagen in ihren literarischen Zusammenhängen zu verstehen helfen. Damit wird vor allem die intentio auctoris starkgemacht: Welches Bild von Geschichte verfolgten die Autoren bei der Abfassung ihres Textes? Das bekannte Beispiel der Eroberung Jerichos zeigt, dass diese un­historische Geschichte letztlich eine apologetische Funktion er­füllt, wenn der Untergang Israels und Judas bei ihrer theologischen Gestaltung vorauszusetzen ist: Es hat nicht an den göttlichen ge­schaffenen Voraussetzungen gelegen, dass Israel und Juda dieses Land schließlich wieder verloren. Auch die um eine scheinbar nah an Realitäten konstruierte Geschichte um Heimkehr und Tempelbau in Esr 1–6 verfolgt primär ein theologisches Interesse, wenn diese Ereignisse für die Perspektive der bleibenden Erwählung Israels in Dienst genommen werden. Für beide Aufgaben der Geschichte Israels gilt jedoch, dass der zu erwartende Fortgang der Bibel-, Kultur- und Altertumswissenschaften die bisherigen Er­kenntnisse immer weiter verfeinern und verbessern oder aber in Frage stellen kann.

Abstract


According to the article, the task of the scholarly discipline »History of Ancient Israel« is twofold: historical and theological. On the one hand, the historical task is to collect and to evaluate as much information as possible concerning a defined geographical region »Israel«. Resources needed to achieve sustainable results are provid­ed by biblical, classical, and ancient studies. As an example, the ar-ticle focuses on the evaluation of the correspondence in Ezr 1–6 against the background of the evidence of the Elephantine-papyri. The output of that short enquiry is used to sketch the circum-stances of the building of the Second Temple in historical view. On the other hand, the theological task of the discipline »History of Ancient Israel« is to carve out and to determine the concepts of history displayed in Biblical texts. For example, the historical as­sumption that the destruction of Jericho by Joshua and the Israelites is unlikely leads to the further theological question why this story is told.

Fussnoten:

1) Vgl. R. G. Kratz, Historisches und biblisches Israel. Drei Überblicke zum Alten Testament, Tübingen 2013, XV ff.
2) Gesamtentwürfe seit der Jahrtausendwende sind u. a.: D. Noël, Histoire d’Israël, 3 Bde., Paris 1997–2002; M. Coogan (Hrsg.), The Oxford History of the Biblical World, Oxford 2001; D. Kinet, Geschichte Israels, NEB Ergänzungsbd. AT 2; Würzburg 2001; J. P. Miranda, Kleine Einführung in die Geschichte Israels, Stuttgart 2002 (32012); I. Finkelstein/N. A. Silberman, The Bible Unearthed. Archaeology’s New Vision of Ancient Israel and the Origin of Sacred Texts, New York 2002 (dt.: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel, München 62011); M. Liverani, Oltre la Bibbia: Storia Antica di Israele, Rom/Bari 2003 (engl.: Israel’s History and the History of Israel, London 2005); R. Kessler, Sozialgeschichte des alten Israel. Eine Einführung, Darmstadt 2006 (22008); B. Schmitz, Geschichte Israels. Grundwissen Theologie, Paderborn 2011; M. B. Moore/B. E. Kelle, Biblical History and Israel’s Past. The Changing Study of the Bible and History, Grand Rapids 2011.

Vgl. auch H.-C. Schmitt, Arbeitsbuch zum Alten Testament. Grundzüge der Geschichte Israels und der alttestamentlichen Schriften, Göttingen 2005 (32011), 13–148; A. Berlejung, Geschichte und Religionsgeschichte des antiken Israel, in: J. C. Gertz (Hrsg.), Grundinformation Altes Testament. Eine Einführung in Literatur, Religion und Geschichte des Alten Testaments, Göttingen 2006 (42010), 55–186; L. L. Grabbe, Ancient Israel. What Do We Know and How Do We Know It?, New York 2007; C. Frevel, Grundriss der Geschichte Israels, in: E. Zenger u. a., Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart 72008 (82012), 587–731; R. G. Kratz, Geschichte Israels und Judas, in: G. A. Lehmann/H. Schmidt-Glintzer (Hrsg.), WBG Weltgeschichte. Eine globale Geschichte von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert 2: antike Welten und neue Reiche: 1200 v. Chr. bis 600 n. Chr., Darmstadt 2009, 68–91 (vgl. ders., Israel, 1–78).

Summarisch zu nennen ist schließlich die Biblische Enzyklopädie, hrsg. v. W. Dietrich/W. Stegemann, in zwölf Bänden (Stuttgart 1996 ff.), deren erste neun Bände sich mit der Geschichte Israels von ihrer Vorgeschichte (N. P. Lemche 1996) bis zum hellenistischen Zeitalter (E. Haag 2004) befassen, sowie die Reihe Library of Ancient Israel, hrsg. v. D. A. Knight, Louisville 1996 ff., die sich mit ausgewählten Themen der antiken israelitischen Geschichte befasst.
3) Vgl. K. Bieberstein, Josua – Jordan – Jericho. Archäologie, Geschichte und Theologie der Landnahmeerzählungen Josua 1–6, OBO 143, Freiburg (Schweiz), Göttingen 1995, 26 ff.
4) Vgl. z. B. G. Baumann, Gottesbilder der Gewalt im Alten Testament verstehen, Darmstadt 2006, 98 f.
5) N. P. Lemche, Early Israel. Anthropological and Historical Studies on the Israelite Society before the Monarchy, SVT 37, Leiden 1985, 415.
6) Vgl. die Sachlage zusammenfassend Frevel, Grundriss, 738 ff.
7) Vgl. Kratz, Israel, 15.
8) Vgl. A. Alt, Erwägungen über die Landnahme der Israeliten in Palästina, PJ 35 (1939), 8–63: 25 ff.
9) E. A. Knauf, King Solomon’s Copper Supply, in: E. Lipiński (Hrsg.), Phoenicia and the Bible. Studia Phoenicia XI, OLA 44, Leuven 1991, 166–186: 171.
10) Vgl. J. Schaper, Auf der Suche nach dem Alten Israel I, ZAW 2006, 17 f.
11) Zu einer Kritik an Davies und der »Copenhagen School« um Lemche und Thompson vgl. I. Finkelstein, Digging for the Truth. Archaeology and the Bible, in: B. B. Schmidt (Hrsg.), The Quest for the Historical Israel. Debating Archae-ology and the History of Early Israel, SBL Archaeology and Biblical Studies 17, Leiden/Boston 2007, 9–20: 12 ff.
12) Von hier aus bezweifelt etwa Schaper, Suche, 17 ff., das Monopol der Archäologie auf Primärquellen, indem er hinter 2Kön 23 eine zeitgenössische Quelle, also »contemporary evidence« vermutet.
13) Zur sehr komplexen Diskussion, die auch den in 1Kön 9,16 berichteten Feldzug eines nicht namentlich genannten ägyptischen Herrschers betrifft, vgl. B. Schipper, Israel und Ägypten in der Königszeit. Die kulturellen Kontakte von Salomo bis zum Fall Jerusalems, OBO 170, Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1999, 119 ff.; I. Finkelstein, King Solomon’s Golden Age: History or Myth?, in: Schmidt (Hrsg.), Quest, 107–116: 110 ff., der aufgrund von Vergleichen monumentaler Bauwerke in Megiddo und Samaria, der keramischen Evidenz und Ergebnissen, die mit der C 14-Methode erzielt wurden, die »Bauwerke Salomos« in die Zeit Omris datiert. R. Kletter, Chronology and United Monarchy. A Methodological Review, ZDPV 120 (2004), 13–54, hält die von Finkelstein erarbeitete »low chronology« zwar für möglich, aber nicht für ausreichend begründet, um die etablierte Chronologie als wissenschaftliches Paradigma abzulösen und entsprechende historische Schlüsse zu ziehen. Auf die hier berührte Debatte einer absoluten Chronologie, die allein auf archäologischen und naturwissenschaftlichen (C 14-Datierung, Dendrochronologie, Thermoluminiszenzverfahren) Ergebnissen und deren Korrelation beruht, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
14) Vgl. J. Rüsen, Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft, Köln/Weimar/Wien 2013, 180 f.
15) Vgl. Becking, David, 29.
16) Vgl. M. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 71988 (Neudr. der 6. Aufl.), 266 ff.
17) B. Becking, David between Ideology and Evidence, in: B. Becking/L. L. Grabbe (Hrsg.), Between Evidence and Ideology. Essays on the History of Ancient Israel read at the Joint Meeting of the Society for Old Testament Study and the Oud Testamentisch Werkgezelschap Lincoln, July 2009, OT 59, Leiden/Boston 2011, 1–30: 3.
18) Die Diskussion, ob das 3. Esrabuch die ursprüngliche Abfolge des Stoffes bewahrt hat, ist vor allem durch die Arbeit von D. Böhler, Die heilige Stadt in Esdras α und Esra-Nehemia. Zwei Konzeptionen der Wiederherstellung Israels, OBO 158, Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1997, wieder angeregt worden. Die gegenwärtige Forschung tendiert indes zu einer Priorität der masoretischen Version. Vgl. die Beiträge in: L. Fried (Hrsg.), Was 1 Esdras First? An Investigation into the Priority and Nature of 1 Esdras, Ancient Israel and Its Literature 7, Atlanta 2011.
19) Vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Frevel, Grundriss, 818 f. S. u. im Folgenden.
20) Zu dieser Angabe s. u. II 4., Anm. 60.
21) Vgl. A. H. J. Gunneweg, Esra, KAT 19,1, Gütersloh 1985, 95; R. G. Kratz, Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten Testaments. Grundwissen der Bibelkritik, Göttingen 2000, 59 f.
22) So lassen sich die zahlreichen Absender in Esr 4,7–10 historisch kaum fassen. Vgl. D. Schwiderski, Handbuch des nordwestsemitischen Briefformulars. Ein Beitrag zur Echtheitsfrage der aramäischen Briefe im Esrabuch, BZAW 295, Berlin/New York 2000, 345 ff. Es ist aber zu erkennen, dass die Absender mit dem Gebiet Samarias in Verbindung gebracht werden sollen. Immerhin scheint ein Tattenai aus Esr 5,3 ff. epigraphisch als »Gouverneur von Ebirnari« zur Zeit der Regentschaft Darius’ I. belegt zu sein. Vgl. M. Jursa/M. W. Stolper, From the Tattanu Archive Fragment, WZKM 97 (2007), 243–281.
23) Vgl. den Überblick bei J. D. Gauger, Authentizität und Methode. Untersuchungen zum Wert des persisch-griechischen Herrscherbriefs in literarischer Tradition, Studien zur Geschichtsschreibung des Altertums 6, Hamburg 2000, 41ff.
24) Vgl. bereits E. Meyer, Die Entstehung des Judenthums, Eine historische Untersuchung, Halle 1896, 12 ff.
25) Vgl. u. a. Gauger, Authentizität, 205 ff.
26) Einen Überblick zu den Texten und den Grabungsbefunden gibt Kratz, Der Zweite Tempel zu Jeb und zu Jerusalem, in: Ders. (Hrsg.), Das Judentum im Zeitalter des Zweiten Tempels, FAT 42, Tübingen 2004, 60–78, sowie ders., Israel, 186 ff.
27) TUAT I,3, 253.
28) Vgl. auch I. Kottsieper, Die Religionspolitik der Achämeniden und die Juden von Elephantine, in: R. G. Kratz (Hrsg.), Religion und Religionskontakte im Zeitalter der Achämeniden, VWGTh 22, Gütersloh 2002, 150–178: 156 f.
29) So zumindest in den meisten Rekonstruktionen des stark zerstörten Texts am Ende von Z. 5 gemäß Ex 12,16; Lev 23,7 f.; Dtn 16,8.
30) Vgl. J. Wiesehöfer, ›Reichsgesetz‹ oder ›Einzelfallgerechtigkeit‹? Bemerkungen zu P. Freis These von der achaimenidischen ›Reichsautorisation‹, ZAR 1 (1995), 36–45: 41 f.
31) TUAT I,3, 258.
32) Vgl. TAD A 4.7/8, Z. 1, 29 bzw. 1, 27 f.
33) Der Tempel ist wieder errichtet worden, wie der archäologische Befund zeigt. Vgl. Kratz, Tempel, 63.
34) TUAT I,3, 256 f.
35) Vgl. Kottsieper, Religionspolitik, 170.
36) Dieser Dienstweg lässt sich in ptolemäischer Zeit gut belegen. Vgl. E. Bi-ckermann, Beiträge zur antiken Urkundengeschichte III: Ἔντευξις und ὑπόμνημα, AFP 9 (1930), 155–182: 177 f. Die Urkunden des Jedania-Archives legen nahe, dass diese Praxis bereits in achämenidischer Zeit gepflegt wurde.
37) Vgl. den Überblick bei H. Gzella, Tempus, Aspekt und Modalität im Reichsaramäischen, VOK 48, Wiesbaden 2004, 36 ff.
38) Vgl. App. BHS.
39) Txt. crrp. Vgl. Ges18, s. v. שא* (aram.).
40) Die gängige Textänderung von V. 5bβ in die dritte Pers. Sg. ist eine Textglättung. S. im Folgenden.
41) Vgl. Gunneweg, Esra, 108.
42) Vgl. G. G. Cameron, Persepolis Treasury Tablets, OIP 65, Chicago 1948; H. Koch, Verwaltung und Wirtschaft im persischen Kernland zur Zeit der Achämeniden, BTAVO B 89, Wiesbaden 1990, 217 f.
43) Vgl. T. Willi, Juda – Jehud – Israel. Studien zum Selbstverständnis Judas in persischer Zeit, FAT 12, Tübingen 1995, 47 ff. S. auch im Folgenden.
44) Vgl. S. Grätz, Die aramäische Chronik des Esrabuches und die Rolle der Ältesten in Esr 5–6, ZAW 118 (2006), 405–422.
45) Vgl. S. Grätz, Bund und Erwählung in Esra-Nehemia, in: Nathan Mac Donald (Hrsg.), Bund und Erwählung in nachexilischer Zeit (im Druck).
46) Vgl. Willi, Juda, 54 ff.
47) Nach P. R. Berger, Der Kyros-Zylinder mit dem Zusatzfragment BIN II Nr. 32 und die akkadischen Personennamen im Danielbuch, ZA 64 (1975), 192–232: 218, schildert der Text des Kyros-Zylinders »die Vorgänge aus dem nationalistischen Blickwinkel der Babylonier.«
48) Vgl. Schwiderski, Handbuch, 245 ff.360 ff. Da das Briefformular in Esr 4–6 Hinweise auf einen hellenistischen Hintergrund liefert, wäre nun weiterhin zu untersuchen, inwieweit auch die Inhalte der Schreiben mit denjenigen der hellenistischen Epoche in Einklang zu bringen sind, so dass der historische Interpretationsrahmen der Texte neu gesteckt werden müsste. Vgl. hierzu Rüsen, Historik, 180.
49) Vgl. T. Hieke, Die Bücher Esra und Nehemia, NSK 9,2, Stuttgart 2005, 185.
50) Vgl. J. Harmatta, Les modèles littéraires de l’édit babylonien de Cyrus, in: J. Duchesne-Guillemin (Hrsg.), Commemoration Cyrus. Actes du congrès de Shiraz 1971 et autres études rédigées à l’occasion du 2500e anniversaire de la fondation de l’empire Perse 1. Acta Iranica 1, Leiden 1974, 29–44: 33 ff.
51) Zur ursprünglichen Botschaft von Hag; Sach 1–8 in Bezug auf Stadt- und Tempelbau vgl. M. Hallaschka, Haggai und Sacharja 1–8. Eine redaktionsgeschichtliche Untersuchung, BZAW 411, Berlin/New York 2011.
52) Nach P. R. Bedford, Temple Restoration in Early Achaemenid Judah, JSJ.S 65, Leiden/Boston/Köln 2001, 230 ff., war der Wiederbau sogar »an Act of Judean Rebellion«. Vgl. auch R. Lux, Der Zweite Tempel von Jerusalem. Ein persisches oder prophetisches Projekt?, in: U. Becker (Hrsg.), Das Alte Testament – ein Geschichtsbuch? Geschichtsschreibung und Geschichtsüberlieferung im antiken Israel, ABG 17, Leipzig 2005, 145–172, der vorsichtiger eine »antipersische Note« (164) vermutet. Diese schwingt in der prophetischen Tradition des Haggaibuches sicher mit, doch im Lichte der Dokumente von Elephantine betrachtet, dürfte eine Genehmigung letztlich von der Einschätzung der persischen Verwaltung, ob der beantragte Bau opportun ist oder nicht, abhängig gewesen sein.
53) J. Schaper, The Jerusalem Temple as an Instrument of the Achaemenid Fiscal Administration, VT 45 (1995), 528–539: 539.
54) Vgl. K. R. Veenhof, Geschichte des Alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen, GAT 11, Göttingen 2001, 290. Veenhofs Meinung einer Zurück-haltung der Achämeniden bei der Förderung von Tempeln lässt sich etwa in Ägypten belegen, wo die einschlägigen Donationsstelen, die entsprechende Zu­wendungen an Tempel verzeichnen, mit Beginn der Perserzeit verschwinden, danach aber wieder belegt sind: D. Meeks, Les donations aux temples dans l’Égypte du 1er millénaire avant J.-C., in: E. Lipiński (Hrsg.), State and Temple Economy in the Ancient Near East II, OLA 6, Leuven 1979, 605–687: 652.
55) S. o. Anm. 27. Vgl. M. C. Root, King and Kingship in Achaemenid Art. Essays on the Creation of an Iconography of Empire, Acta Iranica 19, Leiden 1979, 227 ff.; G. Ahn, Religiöse Herrscherlegitimation im achämenidischen Iran. Die Voraussetzungen und die Struktur ihrer Argumentation, Acta Iranica 31, Leiden 1992, 275 f.
56) A. Kuhrt, The Persian Empire. A Corpus of Sources from the Achaemenid Period, New York 2007, 85.
57) Vgl. zusammenfassend J. Dušek, Aramaic and Hebrew Inscriptions from Mt. Gerizim and Samaria between Antiochus III and Antiochus IV Epiphanes, Culture and History of the Ancient Near East 54, Leiden/Boston 2012, 79 f.
58) Zumeist wird mit guten Gründen Darius I. angenommen. Anders z. B. D. Edelman, The Origin of the ›Second Temple‹. Persian Imperial Policy and the Rebuilding of Jerusalem, Bible World, London/Oakville 2005. Zur Kritik vgl. Hallaschka, Haggai und Sacharja, 125 f.
59) Vgl. S. Grätz, The Adversaries in Ezra/Nehemiah – Fictitious or Real? ACase Study on Creating Identity in Late Persian and Hellenistic Times, in: R. Albertz/J. Wöhrle (Hrsg.), Between Cooperation and Hostility. Multiple Identities in Ancient Judaism and the Interaction with Foreign Powers, Journal of Ancient Judaism Supp. 11, Göttingen 2013, 73–88: 74 ff.
60) Vgl. C. C. Carter, The Emergence of Yehud in the Persian Period. A Social and Demographic Study, JSOT.S 294, Sheffield 1999, 249 ff. Hier wird auch deutlich, dass die in Esr 2,64 f. genannten Zahlen viel zu hoch gegriffen sein dürften. S. o. II 1.
61) Die Kausalitäten sind hier (theologisch motiviert) vertauscht: Nicht weil Armut herrscht, wird der Tempel nicht gebaut, sondern weil der Tempel nicht gebaut wird, herrscht Armut.