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Ausgabe:

April/2014

Spalte:

439–442

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Encyclopedia of the Bible and its Reception. Bd. 3

Titel/Untertitel:

Athena – Birkat ha-Minim. Ed. by H.-J. Klauck, B. McGinn, Ch.-L. Seow, H. Spieckermann, B. D. Walfish, E. Ziolkowski.

Verlag:

Berlin u. a.: de Gruyter 2011. XVIII S. u. 1224 Sp. m. 26 Abb. u. 16 Taf. Lw. EUR 238,00. ISBN 978-3-11-018371-9. Bd. 4: Birsha – Chariot of Fire. Ed. by H.-J. Klauck, B. McGinn, Ch.-L. Seow, H. Spieckermann, B. D. Walfish, E. Ziolkowski. Berlin u . a.: de Gruyter 2012. XXV S. u. 1198 Sp. m. 26 Abb. u. 16 Taf. Lw. EUR 238,00. ISBN 978-3-11-018372-6. Bd. 5: Charisma – Czaczkes. Ed. by H.-J. Klauck, V. Leppin, B. McGinn, Ch.-L. Seow, H. Spieckermann, B. D. Walfish, E. Ziolkowski. Berlin u. a.: de Gruyter 2012. XXVII S. u. 1230 Sp. m. 22 Abb. u. 16 Taf. Lw. EUR 238,00. ISBN 978-3-11-018373-3.

Rezensent:

Bernd Janowski

Nachdem die Bände 1 und 2 der auf 30 Bände angelegten Encyclopedia of the Bible and Its Reception (im Folgenden EBR) im Jahr 2009 erschienen und von R. Smend in ThLZ 136 (2011), 269–271, besprochen worden sind, liegen inzwischen drei weitere Bände vor, die im Folgenden vorgestellt werden. In diesen Zeitraum (2010) fällt auch die Prämierung der bisherigen Bände als »Outstanding Academic Title«, was ein frühes, aber schönes Zeichen der Anerkennung ist. R. Smend hatte bereits auf die Größe der Artikel (groß, mittel, klein) und deren Gliederungsebenen (bei großen Artikeln bis zu zwölf Gliederungsebenen von I. Ancient Near East über II. Hebrew Bible/Old Testament, III. New Testament, IV. Greek-Roman Antiquity, V. Judaism, VI. Christianity, VII. Islam, VIII. Other Religions, IX. Literature, X. Visual Arts, XI. Music bis XII. Film, z. T. mit Unterebenen) hingewiesen und kurz an ausgewählten Beispielen verdeutlicht ( Adultery, Advent, Adummim). Auch die Artikelkategorien Sachen/Begriffe, Literarische Werke, Länder, Orte und Personen werden von Smend angesprochen, wobei gemäß dem rezeptionsgeschichtlichen Fokus der Rolle der Bibel in Literatur, Kunst und Musik ein besonderes Augenmerk gilt. Daraus ergibt sich ein dichtes Netz von Bezügen, die »die Rolle der Bibel für Entstehung und Bestand unserer Kultur genauer bestimmen lässt als bisher« (Smend, a. a. O., 271).

Um der Informationspflicht zu genügen, soll im Folgenden zunächst ein Überblick über die »großen« Artikel gegeben werden. Dies sind in Bd. 3 (2011) Atonement (24–66, sieben Gliederungsebenen von I. Hebrew Bible/OT bis VII. Music; die Einzelartikel sind ausgezeichnet und referieren auch die neuere Forschungsgeschichte zur alt- und neutestamentlichen Sühnethematik: 30 f.38 ff.), Auditions, Auditory Experience (74–94), Authorship (116–129), Baal (195–206, dazu zahlreiche mit dem theophoren Element Baal gebildete Orts- und Personennamenartikel: 206–231!), Babel, Tower of (237–254, leider ohne Teilartikel zum Alten Orient, aber mit zwei schönen Abbildungen aus dem 14. und 16. Jh. auf Plate 3b und 4), Babylon (256–284, mit Stadtplan: 261 f.), Babylonia (284–325, mit Lageplan: 288, der sehr gute Teilartikel V. Society, Culture, and Religion stammt von dem Alttestamentler J. Renz!), Balaam (357–373), Baldness (380–398), Baptism (442–472, dazu die Artikel Baptism of Jesus: 472–478, Baptisteries: 478–482, Baptists: 482–484), Bathsheba (598–613), Bear (626–650, der gesamte Artikel stammt von einem Autor: E. Ziolkowski!), Beast (656–673), Beatitudes (673–697), Beauty (698–724, der Teilartikel I. Ancient Near East ist zu allgemein und beruht auf veralteter Literatur, der Teilartikel II. HB/OT kommt eigenartigerweise ganz ohne Literatur aus, s. aber A. Grund, Hrsg., »Wie schön sind deine Zelte, Jakob!«. Beiträge zur Ästhetik des Alten Testaments, BThSt 60, Neukirchen-Vluyn 2003), Bethlehem (Ephrathah) (983–1001), Betray, Betrayal (1032–1051), Bible Illustration (1070–1085, nur zwei Abb.!), Biblical Criticism (1093–1137), Biblical Theology (1137–1176, im Unterschied zu Teilartikel II. NT wird im Teilartikel I. HB/OT keine neuere deutschsprachige Literatur berücksichtigt, obwohl sich F. Crüsemann, Chr. Dohmen, W. Gross, F.-L. Hossfeld, B. Janowski, N. Lohfink, L. Schwienhorst-Schönberger, E. Zenger u. a. intensiv an der Diskussion beteiligt haben). Nimmt man umgekehrt die »kleinen«, ein- bis zweispaltigen Artikel in den Blick, so kann man auch hier viele Entdeckungen ma­chen. Beschränken wir uns auf einige Artikel zur Rolle der Bibel in der (modernen) Literatur, Kunst und Musik, auf die auch in den »großen« und »mittleren« Artikeln immer wieder eingegangen wird, oder zu neuen Begriffen, die wie der auf K. Jaspers zurückgehende Terminus »Achsenzeit«/ Axial Age (161–164) inzwischen auch in der Bibelwissenschaft eine Rolle spielen. Wer erwartet schon die Namen des Romanisten Auerbach, Erich (95 f.), der den meisten als Autor des berühmten Buches Mimesis (1953) bekannt ist, darüber hinaus aber auch über Dante u. a. geschrieben hat, des russisch-amerikanischen Balletttänzers und Choreographen Balanchine, George (377–379), der z. B. mit seiner Wiedergabe des Gleichnisses vom Verlorenen Sohn (The Prodigal Son, 1929/1950) Ballettgeschichte geschrieben hat, des großen Dichters Balzac, Honoré de (410 f.), des den Surrealisten nahestehenden französischen Schriftstellers und Philosophen Bataille, Georges (594 f.), der zwar nie die Bibel zitiert hat, dessen Werk aber betrachtet werden kann als »a ›counter-Book‹ written alongside but beyond the Scriptures« (595)? Natürlich erwartet man einen Artikel zu Bach, Johann Sebastian (331 f.), aber einen etwas substantielleren und ausführlicheren zum »fünften Evangelisten«! Schön, dass der Bible Belt (1069) vorkommt, auch wenn er beim alteuropäisch gestimmten Leser einige Verwunderung auslöst. Wenn ich nach der Betrachtung dieses dritten Bandes des EBR etwas wünschen dürfte, wäre es dies: dass es mindestens doppelt so viele Abbildungen gäbe wie bisher und dass die Artikel über bestimmte Personen, besonders Literaten, Textbeispiele enthielten, wie es vorbildlich beim Artikel Benn, Gottfried (872–874) gelungen ist.

Auch Bd. 4 (2012) liegt so leicht in der Hand wie die Bände 1–3 (vgl. Smend, a. a. O., 271) und hat ungefähr denselben Umfang wie diese – das ist in jeder Hinsicht ansprechend! Jeweils in der Mitte der Bände befindet sich der in der Regel 16 Tafeln umfassende Tafelteil. Beginnen wir auch hier wieder mit einer Übersicht über die »großen« Artikel: Birth (1–24, die Teilartikel geben einen vorzüglichen Überblick, übersehen aber leider die einschlägige Arbeit von M. Grohmann, Fruchtbarkeit und Geburt in den Psalmen, FAT 53, Tübingen 2007, hinzukommen die Artikel Birth Narratives: 24–57, Birthright: 57–64, Birthstool: 64), Blasphemy (96–128), Blessing (130–170), Blindness (171–197, mit zwei Abb. zur Konfrontation sehende Kirche/blinde Synagoge, Teilartikel VII. Literature enthält erfreulicherweise Textbeispiele), Blood (201–236, die Teilartikel sind detailliert und äußerst hilfreich, im Teilartikel VIII. Film: 235 f. wird auf die Klassiker von P. P. Pasolini, F. Zeffirelli, M. Scorsese und M. Gibson eingegangen, hinzukommt der Artikel Bloodguilt: 237–240), Body (263–303, ein vorzüglicher Artikel, der das neu erwachte Interesse an der Körperthematik aufnimmt und bearbeitet), Book (328–351), Booths, Feast of (359–372), Bread (410–418, dazu die Artikel Bread, Unleavened: 418–425, Bread of Life: 425–46, mit einer Abb., Bread of the Presence: 446 f., Bread Stamp: 447–449, mit einer Abb.), Bride (473–504, dazu der Artikel Bridegroom: 504–525, mit einer Abb.), Brother, Brotherhood (540–566), Burial (602–641, leider ohne archäologisches Abbildungsmaterial, dazu der Artikel Burial of Jesus: 641–658, mit einer Abb.), Burning Bush (661–676), Caesarea Maritima (710–721, mit Stadtplan), Cain (Person) (732–743, in Teilartikel VIII. Music ein ausführlicherer Hinweis auf Elia Kazan’s East of Eden von 1955, dazu die Artikel Cain, Mark of: 743–746, Cain and Abel, Story of: 746–767, mit zwei Abb.), Calendars (783–809, mit einer Abb.), Call Stories (816–828), Canaan (Person) (857–860, dazu die Artikel Canaan, Place: 860–870, Canaanites: 872–878), Canon (891–922, dazu der Artikel Canonical Criticism: 924–928), Catacombs (1035–1044), Catechese, Christian (1046–1056, dazu die Artikel Catechism: 1053–1056, Catechumen: 1057–1060), Caves (1073–1083), Celibacy (1086–1098), Chaos (1158–1168) und Chariot of Fire (1184–1198). Im Bereich der »kleinen Artikel« findet man wieder die Namen wirkungsmächtiger Literaten, Künstler und Philosophen wie Blake, William (89–93), Blixen, Karen Christentze (197–199: Roman Out of Africa von 1937 »as a romanticized Paradise Lost«), Bloch, Ernst (200 f.), Böll, Heinrich (316–318), Borges, Jorge Luis (374 f.), Brecht, Bertolt (459–464, dessen Ausdruck »Sie werden lachen: die Bibel« sprichwörtlich geworden ist), Buber, Martin (577 f., viel zu kurz!), Buñuel, Luis (597 f.), Camus, Albert (852 f.), Celan, Paul (1085 f.), Chagall, Marc (1134–1136), Chaplin, Charlie (1168–1171) u. a. Eine der Stärken des EBR ist schließlich die durchgängige Berücksichtigung der jüdischen und der islamischen Rezeptionsgeschichte der Bibel. Diese spielt in sehr vielen Teilartikeln eine Rolle, findet sich aber auch in gesonderten Artikeln wie dem Artikel Blaspheming Son (Lev 24:10–16) (94–96), dessen Geschichte bei vielen jüdischen Weisen und Gelehrten seit Philo referiert und diskutiert wird, oder dem auf die 166 Verse von Sure 6 »Das Vieh« Bezug nehmenden Artikel Cattle (S¨ūra 6) (1070 f.), die für das koranische/islamische Abra-ham-/Ibrahim-Bild von zentraler Bedeutung ist, vgl. auch in Bd. 5: die Artikel Children of Israel, The (S¨ūra 17) (120–123) und Cow, The (S¨ūra 2) (949 f.).

Wenden wir uns zum Schluss noch Bd. 5 (2012) und hier wieder zuerst den »großen« Artikeln zu: Charity (13–33), Cherubim (55–70, ein ausgezeichneter Artikel, mit sieben Abb.), Child, Children (83–118, mit einer Abb. und einer Taf.: Plate 1), Christmas (175–199), Christology, History of (204–225, dazu der Artikel Christological Titles: 199–204), Chronology (237–263), Church (268–310, mit drei Abb.), Circumcision (324–344), City (361–379), Cleric and Clergy (426–439), Color, Symbolism of (489–501), Comedy and the Comic (509–517, mit einem Unterabschnitt The Bible in Comic Literature: 512 ff.), Commandment (520–531, mit einem ausführlichen Teilartikel III. Judaism: 524–531 von der Antike bis zur Gegenwart, dazu der Artikel Commandments, 613: 531–535), Commedia (536–548), Commentaries (Genre) (548–565), Communal Meals (569–583), Confession (606–621), Con-science (643–664), Constantinople (681–691), Conversion (708–743), Corinthians, First and Second Epistle to the (774–784.784–792), Cosmos and Cosmology (832–882, neben dem Artikel Creation and Cosmogony der bislang längste Artikel des EBR, der im Übrigen wie jener hervorragend ist, aber einige Abbildungen verdient hätte), Covenant (897–933, besonders gelungen sind die Teilartikel I. An­cient Near East und II. HB/OT, dazu der Artikel Covenant Theology: 933 f.), Coveting, Desiring (936–949), Creation and Cosmogony (963–1011, der Artikel ist ebenso aufgebaut wie der Artikel Cosmos and Cosmology und, was einleuchtet, auch fast von denselben Autoren und Autorinnen verfasst wie dieser), Cross (1042–1063, dazu der Artikel Cross, Theology of the: 1063–1070, mit einer Skizze der Theologia crucis-Tradition von Paulus über Luther bis zum 20./21. Jh., ferner der Artikel Crucifixion: 1084–1115, mit einer Abb. und ausführlicher Filmographie: 1110 ff.), Crusades, Crusader (1115–1129, mit einer Abb.), Cult (1140–1148) und Curse (1166–1183). Das EBR hält darüber hinaus immer wieder Besonderheiten bereit, die das Werk zu einer wahren Fundgrube machen und neues Licht auf die Bibel und ihre Rezeption werfen. Ich nenne als Beispiele nur die Artikel Communism, The Bible and (584–589), Corporate Personality (798 f.) oder Creationism and Evolution (1013–1015). Es gibt natürlich auch Ärgerliches. So ist der knappe alttestamentliche Teilartikel von Consolation (669–675) regelrecht dürftig und eigentlich un­brauchbar – schade; die Autorin nennt auch nur drei ältere Lexikonartikel und hat sich offenbar nicht die Mühe eigener Recherchen gemacht. Erfreulich ist dagegen, dass das EBR auch archäologische Themen aufgreift wie z. B. Bull Site (Bd. 4: 590–592, mit einer Abb.), Coins (Bd. 5: 463–472, mit zwei Abb.) oder Cult Stand (Bd. 5: 1150–1152, mit Abb. 1).

So wächst hier ein Werk heran, das schon jetzt seinesgleichen sucht und das, wenn es so weitergeht, einmal konkurrenzlos sein wird. Dass Verbesserungen auf dem Weg dorthin immer möglich und auch wünschenswert sind, ist jedem mit der Materie Befassten klar. Die Herausgeber und der Verlag können auf das bisher Erreichte jedenfalls stolz sein, während die scientific community es ihnen zu danken weiß.