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Ausgabe:

November/2013

Spalte:

1265–1266

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Zager, Werner [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Glaubwürdig von Gott reden. Im Gespräch mit Paul Tillich.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2012. 193 S. m. zahlr. Abb. Kart. EUR 28,00. ISBN 978-3-374-03069-9.

Rezensent:

Erdmann Sturm

Die in diesem Band versammelten Beiträge gehen auf Vorträge zurück, die auf der Jahrestagung des Bundes für Freies Christentum im Jahre 2011 in der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Erwachsenenbildung Worms-Wonnegau gehalten wurden. Werner Zager, Präsident des Bundes für Freies Christentum und Herausgeber dieses Tagungsbandes, stellt im Vorwort Paul Tillich als einen Denker vor, der die Frühphase der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule um M. Horkheimer und Th. W. Adorno »entscheidend mitprägte« (!). Für Andreas Rössler aber ist Tillich »philosophisch eher ein Eklektiker«, dem es um ein »von Erfahrung ausgehendes, lo­gisch stimmiges und alle möglichen Meinungen befragendes und prüfendes Nachdenken über die menschliche Existenz, das Dasein im Ganzen und den Sinn des Daseins [geht]« (66, Anm.).
Eröffnet wird der Band durch W. Zager (»Versuche von Gott zu reden. Ein Streifzug durch die liberale Theologie«, 9–25). Unter der Überschrift »Was uns unbedingt angeht« behandelt A. Rössler umfassend und sachkundig Tillichs Reden von Gott (27–66). Die bekannte Formel Tillichs spielt allerdings in den weiteren Beiträgen des Bandes keine Rolle. Thema des Vortrags des Greifswalder Systematikers B. Hildebrandt ist das Verhältnis von Philosophie und Theologie (»Sich mit Vernunft Gott nähern?«, 67–83). W. Pfüller behandelt »das Gottesverständnis im interreligiösen Dialog« und stellt dabei sein Konzept einer »Komparativen Theologie« vor (85–107). Es folgen Beiträge zum Reden von Gott im Gebet und in der Predigt (M. S. Gnadt, »›Vater unser‹. Wahrhaftiges Reden von Gott im Gebet«, 109–133; M. von Kriegstein, Aufgeklärt predigen im Kontext von Theologie als Wissenschaft und Rechtfertigungslehre«, 147–169). M. Schuck fragt nach einer glaubwürdigen Rede von Gott angesichts des »Verschwindens Gottes aus dem Alltag« (135–145). Die Welt ist »vollständig ohne Gott erklärbar« – so seine These –, »aber dem Christen erscheint es als unbedingt notwendig, Gott zu denken, um den Sinn seines Daseins in der Welt zu erkennen« (141). Mit anderen Worten: »Christen können nicht anders als Gott zu denken, sonst wäre christliche Existenz sinnlos.« (!) (141) Der Religionspädagoge J. Kunstmann plädiert in seinem Beitrag (171–187) für eine Überwindung der theistischen Gottesvorstellungen (»Theismus als religiöse Selbstschädigung«, 177) und für eine »mystisch inspirierte Gotteserfahrung« (187).
Die acht Beiträge des Tagungsbandes wenden sich (wie der Bund für Freies Christentum) an ein religiös interessiertes, kritisches Publikum und plädieren für ein persönlich verantwortetes, undogmatisches und weltoffenes Christentum. Sie knüpfen dabei an Grundsätze der liberalen Theologie an, aber auch an Schlüsselbegriffe des religiösen Denkens Paul Tillichs.