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Ausgabe:

Oktober/2013

Spalte:

1045–1058

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Rudolf Mau

Titel/Untertitel:

Luthers 500. Geburtstag: Feiern ohne zu rühmen?

Beobachtungen zum Lutherjubiläum 1983 in der DDR




1. Auf dem Wege zum Jubiläumsjahr 1983

Den 500. Geburtstag Martin Luthers in gebührender Weise zu begehen, war primär eine Aufgabe der Kirche, deren Reformator und Lehrer er war und blieb. Dass auch andere an dem Fest teilnehmen und zu ihm beitragen würden, verstand sich angesichts der ge­samtkulturellen Bedeutung Luthers von selbst. Die Region seines Lebens und Wirkens in Thüringen und Sachsen war der gegebene Ort des Feierns. So wussten sich im geteilten Deutschland die Kirchen im Osten, die zu gemeinsamem Zeugnis und Dienst im Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) zusammenwirkten, für das Lutherjubiläum zentral verantwortlich. Für diese Aufgabe aber hielten Reformations- und Lutherjubiläen der Vergangenheit eine deutliche Lektion bereit: Was nicht mehr in Betracht kam, war der triumphale Gestus von Jubiläen des 19. und frühen 20. Jh.s, die Inanspruchnahme Luthers für eine hochgemute nationale oder protestantisch-konfessionelle Selbstdarstellung.1 Schon vor allen Planungen war es klar, dass das kirchliche Luthergedenken nicht abermals einem Legitimationsinteresse welcher Art auch immer dienen dürfe, dass es mit einer großen ökumenischen Beteiligung begangen werden sollte, dass gemäß dem Selbstverständnis des Reformators jede Verherrlichung Luthers zu vermeiden sei. Nicht seine Person, sondern die Botschaft, für die sein Name steht – das Evangelium von Jesus Christus – müsse im Mittelpunkt stehen.2

1.1 Jubiläumserfahrungen von 1967


Beim Beginn der Vorbereitungen waren den kirchlich Verantwortlichen die Umstände des 450. Reformationsjubiläums von 1967 in der DDR noch lebhaft vor Augen. Damals, sechs Jahre nach dem Bau der Mauer, war der SED-Staat mit einer rüden Agitation und lähmenden Schikanen gegen die noch immer bestehende gesamtdeutsche Einheit der EKD vorgegangen. Zwar hatte die Staatsmacht für die kirchlichen Anliegen zum Reformationsjubiläum ein großzügiges Verfahren angekündigt. Doch vielen Christen aus Westdeutschland und der (West-)Ökumene, die an den Jubiläumsveranstaltungen teilnehmen und Reformationsorte und evange­lische Gemeinden besuchen wollten, hatte die Staatsmacht die Einreise verwehrt. Im Jahr zuvor hatte der DDR-Staatssekretär für Kirchenfragen die Bischöfe der sächsischen und der thüringischen Landeskirche durch die Mitteilung überrascht, es werde eine staatliche Kommission 450 Jahre Reformation geben, der auch beide Bischöfe angehören sollten.3 Das spezifische Staatsinteresse am Reformationsjubiläum aber zeigte sich in einem Gegenprogramm: Ein Wittenberger Symposion galt der seit 1960 entwickelten marxis­tischen Deutung4 von früher Reformation und Bauernkrieg als frühbürgerliche Revolution. Hier galt das originäre religiöse Verständnis der Reformation als per se unwissenschaftlich.5 Im Herbst 1967 kam es in Wittenberg zu der grotesken Situation, dass an dem kleinen Ort zwei einander ignorierende Kongresse zum Reformationsjubiläum, ein kirchlicher und ein staatlicher, gehalten wurden.6 Im selben Jahr hatte die Staatsmacht auch versucht, bei der Leitung der Wittenberger Staatlichen Lutherhalle, des zentralen Gedenkortes des Weltprotestantismus, die bislang selbstverständliche kirchliche Mitsprache auszuschalten und die Lutherhalle nach marxistischen Prinzipien umzugestalten.7 In dieser für die Kirche alarmierenden Situation aber bewährten sich die langjährigen, nach dem Kriegs­ende erneuerten oder neu entstandenen ökumenischen Kontakte vor allem mit den skandinavischen lutherischen Kirchen. Dort war eine im Vorfeld der Jubiläumsveran­staltungen ergriffene Ini­tiative auf große Bereitschaft getroffen: Es bildete sich ein ökumenischer Freundeskreises der Lutherhalle,8 der sich in den folgenden Jahren bei sukzessiver Erweiterung des Teilnehmerkreises als Theologischer Arbeitskreis für reformationsgeschichtliche Forschung (TARF) konstituierte. Seither nahm der TARF durch jährliche Ar­beitstagungen in Wittenberg oder an anderen reformationsgeschichtlichen Orten der DDR eine Wächterfunktion zur Stärkung der reformatorischen Tradition wahr. So war es besonders dieser ökumenischen Präsenz zu verdanken, dass die beabsichtigte ideologische Verfremdung der Lutherhalle nicht wirklich zum Ziel kam.

1.2 Das Bauernkriegs-Müntzer-Gedenken 1975

und neue Konstellationen


Noch ein weiteres Datum mit reformationsgeschichtlichem Bezug ging dem Lutherjubiläum voran: das auf der Linie der marxis­tischen Geschichtsdeutung begangene Gedenken an den Bauernkrieg und den Tod Thomas Müntzers.9 Die Evangelischen Kirchen in der DDR nahmen dies zum Anlass, sich dem herkömmlich in der evangelischen Theologie kaum beachteten Luthergegner mit einem eigenen Studien- und Vortragsprogramm zuzuwenden. Multiplikatoren-Tagungen über den Theologen und Prediger Müntzer stießen in der Pfarrerschaft auf ein erfreuliches Interesse.10

Unterdessen aber war die Gesamtpolitik, auch das Staat-Kirche-Verhältnis in der DDR, in Bewegung geraten. 1968 hatte die SED-Führung eine neue Verfassung eingeführt. Daraufhin schlossen sich die ostdeutschen Landeskirchen zum Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK) zusammen, der auf eine intensive Zu­sammenarbeit und Gemeinsamkeit im Zeugnis und Dienst angelegt war und so auch der staatlichen Differenzierungspolitik den Boden entziehen konnte. Zeitgleich sorgte die Neue Ostpolitik des Westens für Bewegung. Die Helsinki-Beschlüsse von 1975 verschafften der DDR die erstrebte Anerkennung, nötigten aber auch die SED-Diktatur, der Geltung der Menschenrechte zuzustimmen. Der ideologiegeleitete Kurs der DDR-Volksbildung aber verschärfte sich noch. Die Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz 1976, die sich auf die massive Benachteiligung junger Christen be­zog, machte diese Pressionen vor aller Welt offenbar. In der Folgezeit suchte Partei- und Staatschef Honecker das Verhältnis zur Kirche durch das sensationell wirkende Staat-Kirche-Gespräch vom 6. März 1978 für jedermann sichtbar zu verbessern. Staatliche Zusagen für verschiedene kirchliche Arbeitsgebiete betrafen auch das Lutherjubiläum 1983. Für dieses wurde eine staatliche Kommission angekündigt und eine Staat-Kirche-Kooperation zum Jubiläum empfohlen.11 Damit war klar, dass der bisher vor allem als Verräter der Bauern und Fürstenknecht gescholtene Reformator auch staatlicherseits eine bedeutende Würdigung erfahren werde.

1.3 Im Zeittakt der Jubiläumsplanungen. Kirchliches


und staatliches Lutherkomitee


1.3.1 Kirchliche Arbeitsgremien

Noch 1975, im Jahr des Bauernkriegs-Müntzer-Gedenkens, trat eine kirchliche Beratergruppe Lutherjubiläum 1983 zu ersten ge­meinsamen Überlegungen zusammen.12 Sie schlug zur Findung eines Leitthemas für 1979 eine Themenkonferenz vor. Für beson-dere Aktivitäten zum Jubiläum boten sich die jüngst erprobte Arbeitsform von Multiplikatoren-Seminaren und die schon be­währte Arbeit regionaler Kirchentage an. Beim Staat, so hörte man, gebe es noch kein Konzept.13 Schon 1971 wurde angeregt, für das Jubiläumsjahr den alle fünf bis sechs Jahre tagenden Internationalen Kongress für Lutherforschung in die DDR zu holen.14 Dies erforderte aber die Gewissheit, dass die Tagung völlig frei, ohne Einflussnahmen von außen oder Einreiseverbote wie 1967, stattfinden könne. Aufgrund einer kirchlichen Initiative empfing im Januar 1977 Staatssekretär Seigewasser den Leiter des Fortsetzungsausschusses des Kongresses, Professor Leif Grane (Kopenhagen), und gab ihm die erforderlichen Zusagen.15 So konnte Grane dem 1977 in Lund tagenden Kongress die Einladung für 1983 nach Erfurt überbringen.16

Die kirchlichen Planungen zum Lutherjubiläum wurden von den unter einem Dach residierenden Leitern der kirchlichen Dienststellen in Berlin(-Ost)17 in Gang gesetzt. Im November 1977 konstituierte sich die Koordinierungsgruppe Lutherjubiläum. Angesichts der Erfahrungen von 1967 verabredete sie, den staatlichen Stellen zu bedeuten, dass die Kirchen in diesem Jubiläum die Initiative haben.18 Für effektive Planungen aber bedurfte es eines gesamtkirchlich autorisierten entscheidungsbefugten Gremiums, eines solennen Lutherkomitees.19 Der Hinweis, das Komitee müsse nur bei Grundsatzentscheidungen, die gut vorbereitet sind, zu­sammentreten, diente einem zügigen Benennen von Vertretern der Landeskirchen und kirchlichen Werke. Am 7. Dezember 1978 konstituierte sich das Lutherkomitee der Evangelischen Kirchen in der DDR und hielt unter dem Vorsitz des Thüringer Landesbischofs Werner Leich am 10. Januar 1979 seine erste Arbeitssitzung. Ihr folgten noch 17 weitere in den fünf Jahren der Vorbereitung und Be­gleitung des Jubiläums. Die Hauptlast der hier zu leistenden Arbeit trug der Geschäftsführende Ausschuss. Ihn leitete zunächst Dr. Demke, nach dessen Wahl zum Bischof der Kirchenprovinz Sach­sen Dr. Zeddies. Zur Bewältigung des ständig wachsenden Arbeitspensums übernahm von 1981 bis 1984 Pfarrer Zollmann laufende Aufgaben der Geschäftsführung. Dringlich zu klären waren zunächst zwei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung: das kirch­-liche Leitthema für das Jubiläum und klare Vorgaben für eine kirchliche Präsenz bei dem zu erwartenden staatlichen Lutherkomitee.

1.3.2 Mühen der Themenfindung

Seit Langem war vorgesehen, 1979 das kirchliche Leitthema des Lutherjubiläums zu beschließen. Die Suche danach hatte schon eine beträchtliche Zahl von Vorschlägen erbracht – u. a. Lutherworte und Luther-Liedzeilen20 –, jedoch noch kein generell überzeugendes Ergebnis. Ende Juni 1979 tagte ein Themenkonvent der regionalen Kirchentagsausschüsse – gleichfalls noch ohne Be­schluss. Angesichts der wieder wachsenden Ost-West-Spannung aber wurde das Thema Sicherheit (securitas – certitudo) favorisiert. Im Februar 1980 erbat Demke dringlich die einfallsreiche Mitarbeit einer Reihe von Theologen zur Findung des Gesamtthemas; das Lutherkomitee tendiere (im Unterschied zu den Kirchentagsausschüssen) zu einem im engeren Sinne theologischen Thema als Rahmenorientierung für das Jubiläum; es solle sich für optische Werbung eignen und (ggf. als Lutherzitat) auf Luthers Denken verweisen. Zehn Tage, bevor sich das staatlich initiierte Komitee konstituierte, entschied das kirchliche Lutherkomitee über das nun fast einstimmig gewählte Rahmenthema des Lutherjahres: Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen. Es sollte für Plakatzwecke auch auf die Anfangsworte Gott über alle Dinge verkürzt werden können. Die Kirchentagsausschüsse entschieden sich angesichts aktueller Fragen, die auch von Menschen am Rande oder außerhalb der Kirche geteilt werden,21 für die Formulierung Vertrauen wagen – Sicherheit gewinnen bzw. die Kurzform Vertrauen wagen.

1.3.3 Kirchliche Präsenz im DDR-Komitee

Staat-Kirche-Gespräche im Sommer und Herbst 1979 galten den Modalitäten einer kirchlichen Präsenz im staatlichen Komitee. Dem Staat lag sehr daran, auch die Kirche einzubeziehen;22 für die Kirche war es wichtig, bei dem einzigartigen Anlass ihr Verständnis Luthers und der biblischen Botschaft in einer großen Öffentlichkeit darlegen zu können. Bei der ersten Begegnung mit der Leitung des kirchlichen Komitees sah sich Staatssekretär Seigewasser bemüßigt, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei der Würdigung der Persönlichkeit Luthers keine Verzerrung des Geschichtsbildes zugelassen (!) werde.23 Für die Kirche wiederum kam eine Mitgliedschaft im staatlichen Komitee nicht in Betracht. Die Eigenständigkeit der Kirche musste stets klar zum Ausdruck kommen. In einer Reihe von Gesprächen wurden nun die genauen Bedingungen für einen kirchlichen Gaststatus in der geplanten repräsentativen Versammlung ausgehandelt – bis hin zur Bezeichnung des Komitees (nicht mehr als staatliches, sondern als Martin-Luther-Komitee der DDR). Bei der Konstituierung sowie bei einer späteren Arbeitstagung des Komitees sollte sogleich nach der Eröffnungsrede des Staatsratsvorsitzenden die Meinung der Kirche profiliert und ausführlich darlegt werden können.24

Nach wiederholtem Aufschub konstituierte sich am 13. Juni 1980 unter dem Vorsitz Honeckers das Martin-Luther-Komitee der DDR als eine das Staatsvolk und dessen Führung repräsentierende Versammlung. Mit großem Aufgebot aus Staat, Gesellschaft und kulturellem Leben reklamierte die atheistische Staatsführung das Lutherjubiläum als höchstplatzierte eigene Angelegenheit. Dies forderte den nachdrücklichen kirchlichen Hinweis heraus, dass Luther ein Mann der Kirche war, in der er lebte und wirkte und die er reformierte. Honecker würdigte Luther als einen der größten Söhne des deutschen Volkes und erklärte, die DDR erfülle das Vermächtnis der frühbürgerlichen Revolution. Der hohen Tonlage, mit der hier Luther wiederum (in neuer Version) Vorfindliches legitimieren sollte, begegnete Landesbischof Leich für das kirchliche Lutherkomitee eindrücklich alternativ. Von Luthers letzten Worten Wir sind Bettler. Das ist wahr ausgehend, verwies er auf Luthers Grunderfahrung eines inmitten der Spannungen und Umbrüche seiner Zeit an Gott gebundenen Menschen. Die Kirche wolle den Grundzügen des Wirkens Luthers gerecht werden, indem sie ihn nicht als großen Menschen rühme, sondern gemäß seinem Verständnis der Bibel den Menschen heute das Evangelium von Jesus Christus bezeuge.25 Das aber hieß für die Kirche: feiern, ohne den Menschen Luther zu rühmen!

1.4 Kirchliches Lutherverständnis

und marxistische Erberezeption


1.4.1 Umgang mit Tradition und »Erbe«

Mit der Konstituierung des DDR-Luther-Komitees gelangte das Jubiläum (samt Dissens im Lutherverständnis) in das Zentrum öf­fentlicher Wahrnehmung. Das Erstaunen über die nunmehr sehr positive Würdigung des vormaligen Fürstenknechts und Verräters der Bauern brachte das Ostberliner Kabarett Die Distel auf den Punkt: Wer immer noch glaubt, der Martin sei für unser Gescheh’n, philosophisch geseh’n, nicht ganz legitim – der Genosse Erich steht hinter ihm.26 Kirchliche Mitarbeiter und Gemeindekreise aber äußerten jetzt die Sorge, die Kirche lasse sich die Würdigung Lu­thers aus der Hand nehmen. Wurde sie also des hochbedeutsamen eigenen Traditionsgutes beraubt – gar so, dass die Enterbten nun mit den neuen Erben kollaborierten?

Schon bei den ersten kirchlichen Überlegungen zum Jubiläum war klar, dass auch das Verhältnis zur marxistischen Historiographie zu beachten sei.27 Neuakzentuierungen und Wandlungen dort ließen sich als Indizien eines im Machtbewusstsein gelasseneren und souveräneren Umgangs mit geschichtlicher Überlieferung verstehen. Auch war zu beachten, dass das marxistische Interesse am Traditionsgut stets den Wirkungen historischer Vorgänge galt, während christlicher Umgang mit der biblischen und kirchlichen Tradition sich auf deren Potenz als Medium für Begegnung, Hören und Vernehmen (des Wortes Gottes) konzentriert.28

1.4.2 Die marxistischen »Thesen über Martin Luther«

Im Herbst 1981 erschien in einer Zeitschrift des ZK der SED eine gesamtgeschichtliche Würdigung Luthers aus marxistischer Sicht: Thesen über Martin Luther.29 Sie würdigten auf der Linie der marxistischen Geschichtsauffassung den Reformator als Wegbereiter der großen geistigen und politischen Auseinandersetzungen, die zum Verfall des Feudalismus und zu den ersten bürgerlichen Revolutionen führten. Bemerkenswert war hier das Beachten des herkömmlich ignorierten oder marginalisierten religiösen Charakters der Reformation. Nicht antiklerikalistische Bestrebungen hätten die durch Tradition geheiligte Macht der Kirche überwinden können, sondern erst Luthers neues Verständnis der Beziehungen zwischen Mensch und Gott, der Rechtfertigung des Menschen vor Gott allein durch den Glauben, das einen neuen Kirchenbegriff begründet und so der Kirche als internationalem Zentrum des Feudal­systems Abbruch getan habe. Luthers entscheidende persönliche Leistung sei es gewesen, weiterhin die theologischen Grundlagen seiner Kirchenkritik zäh und unbeirrt verteidigt zu haben. Das konnte man als bemerkenswerte Würdigung der Realität und Potenz des sonst als illusionär etikettierten Glaubens lesen, sollte aber nicht den Anspruch der marxistischen als allein wissenschaftlicher Historiographie infrage stellen. Diese gebe es erst seit Marx und Engels, und erst gegenwärtig in der DDR könne Luther wissenschaftlich be­gründet gewürdigt werden: Sein progressives Erbe sei in der sozialistischen deutschen Nationalkultur aufgehoben. In summa: Für die Re­formation (alias frühbürgerliche Revolution) im 16. Jh. waren Theologie und Glaube real bedeutsam; aber an einen im Glauben erschlossenen originären Wirklichkeits- und Erkenntniszugang war auch jetzt nicht gedacht.30 Eindringlich bezeugte religiöse Erfahrung aber wurde nun auch für Marxisten interessant. Eine 1983 erschienene marxistische Lutherbiographie suchte ihren atheistischen Lesern nahezubringen, was für Luther und seine Zeitgenossen Glauben bedeutete.31 Seit 1981 gab es auch, von kirchlicher Seite angeregt und parteiamtlich gebilligt, Gespräche eines kleinen Kreises marxistischer Historiker und evangelischer Theologen. Sie wurden auch nach dem Lutherjubiläum fortgesetzt, gerieten aber seit 1986 für die marxistischen Kollegen zunehmend unter ideologischen Druck durch den SED-Chefideologen Kurt Hager, als sich im Zuge von Planungen zum mutmaßlichen 500. Geburtstag Thomas Müntzers 1989 eine fundamentale Revision des alt-marxistischen Müntzerbildes abzeichnete. 32
1.5 Kooperation und Konflikte bei der Jubiläumsgestaltung


Die Staatsführung der DDR wollte mit dem Lutherjubiläum eine westliche Klischees widerlegende Selbstdarstellung bieten: Der so­zialistische deutsche Teilstaat sei historisch legitimiert und exis­tiere in gesamtgesellschaftlicher Harmonie. Doch während der gesamten Phase der Jubiläumsvorbereitungen und auch der vielfältigen Veranstaltungsfolge 1983 wurde diese Absicht durch die mit der Raketen[nach]rüstung wieder wachsenden politischen Spannungen gestört. Die SED-Parole Der Friede muss bewaffnet sein machte die altgewohnte Friedensrhetorik unglaubwürdig. Die Einführung eines obligatorischen Wehrunterrichts 1978 hatte viele protestierende Eingaben aus dem kirchlichen Milieu zur Folge. Mit der Entstehung von Friedensgruppen und seit 1980 der Veranstaltung von Friedensdekaden formierte sich unüberhörbarer Wi­derspruch gegen die staatlich betriebene Militarisierung. Das rigorose Vorgehen gegen die jugendlichen Träger des Friedenssymbols »Schwerter zu Pflugscharen« veranlasste im Frühjahr 1982 einen eindrucksvollen gesamtkirchlichen Protest. 33 Im Jubiläumsjahr 1983 weckte auch das Umweltthema in wachsendem Maße Proteste gegen die ökologischen Missstände in der DDR.

Die Vorbereitung und Durchführung von Jubiläumsplanungen wurde aber durch die aktuellen Konfliktlagen in der Regel nicht tangiert. Die Wartburg wurde restauriert und kurz vor der ersten großen Jubiläumsveranstaltung in Anwesenheit von Staatschef Honecker wiedereröffnet. Luthers Geburtshaus und sein Sterbehaus wurden instandgesetzt. Eine Fülle praktischer Fragen be­stimmte den Alltag der Jubiläumsvorbereitung. Ein besonders schwieriges Problemfeld für kirchlich und staatlich Verantwort­liche war der Besucherandrang aus der Ökumene. Angesichts der DDR-Realitäten blieben manche Erwartungen illusorisch.34 Eine über das DDR-Reisebüro arrangierte »Study-Tour« für Journalisten im April 1983 erregte im Ministerium für Verkehrswesen Missfallen wegen im offiziellen Programm nicht vorgesehener kirchlicher Kontakte, zum Beispiel von DDR-Pfarrern organisierter Teilnahme an Gottesdiensten und Kirchenbesichtigungen.35 Ein touristisches Programm Auf den Spuren Martin Luthers veranlasste hinsichtlich gesanglicher Darbietungen von ausländischen Reisegruppen ge­naue Festlegungen.36 Unter dem Prinzip Ordnung ging es hier sichtlich um die Balance zwischen dem erwünschten Eindruck von Toleranz und der Eindämmung von überbordender, den DDR-Alltag mental verwandelnder kirchlicher Präsenz.

Erhebliches Kopfzerbrechen veranlasste auf staatlicher Seite auch die große Nürnberger Ausstellung mit dem Symposion Martin Luther damals und heute, dort und hier.37

2. Zur Ereignisfolge des Jubiläumshalbjahres


Die kirchlichen Planungen für das Lutherjubiläum38 gingen von einer gegliederten Verantwortung aus, die für gesamtkirchliche Veranstaltungen beim kirchlichen Lutherkomitee, für die regionalen Kirchentage bei den Kirchentagsausschüssen der Landeskirchen lag. Zum Datum des Geburtstages Luthers, der im Zeichen weltweiter ökumenischer Begegnung stehen sollte, wurden, da Eisleben nur begrenzte Möglichkeiten bot, größere Veranstaltungen vor allem für Leipzig geplant. Für die Eröffnung der kirchlichen Veranstaltungsfolge bot sich der 4. Mai an, der traditionell gottesdienstlich begangene Gedenktag der Verbringung Luthers auf die Wartburg 1521 und seiner Übersetzung des Neuen Testaments in die deutsche Sprache.

2.1 Festlicher Beginn: Der Wartburgtag


Eine Festveranstaltung im Palas der Wartburg, an der Vertreter zahlreicher Kirchen teilnahmen, eröffnete das Lutherjahr. Sie konnte auch weit über den Ort der Handlung hinaus in Ost und West miterlebt werden, da erstmalig in der DDR ein kirchlich verantwortetes Ereignis direkt übertragen wurde. Der Vorsitzende des kirchlichen Lutherkomitees, Landesbischof Dr. Leich, lud in seiner Eröffnungsansprache dazu ein, über den Abstand von 500 Jahren die Begegnung mit Luther zu suchen. Dessen Erklärung zum 1. Ge­bot, das Leitthema des Jubiläums, werbe um das Vertrauen darauf, dass die Welt auch in ihrer Gefährdung in Gottes Händen bleibt. Den Festvortrag über Luther als Ausleger der Heiligen Schrift hielt der Reformationshistoriker und EKU-Kanzlei-Präsident Dr. Rogge. Er schilderte die einzigartige Bedeutung der Bibel für Luthers Verständnis des christlichen Glaubens, seine Erkenntnis von Jesus Christus als Mitte der Schrift und des eigenen Lebens, und sprach über die Korrespondenz von Übersetzen und Verstehen der Bibel. Dieser Vortrag wurde für viele, die den Wartburgtag über die Medien miterlebten, zu einem einzigartigen Erlebnis.39

Zu den Grußworten am Schluss gehörte auch das des DDR-Volkskammer-Präsidenten Sindermann im Namen des Martin-Luther-Komitees der DDR. Nach der Palas-Veranstaltung boten die Wartburghöfe Raum für einen auch von vielen Gemeindegliedern besuchten Gottesdienst mit Abendmahlsfeier. Hier wirkten zudem ökumenische Gäste mit; der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes Dr. Carl Mau hielt die Predigt.

2.2 Luther an vielen Orten: Die regionalen Kirchentage


Auch dank protokollarischer Umsicht und liturgischer Sorgfalt hatte der Wartburgtag zur Eröffnung des Lutherjahres Eindrücke von Harmonie und Frieden vermittelt. Der alsbald in Thüringen beginnende Zyklus von sieben regionalen Kirchentagen bot den Teilnehmern, zu denen viele junge Menschen gehörten, Raum für Mitwirkung und Spontaneität.40 Die Kirchentagsausschüsse hatten für gut durchdachte Arbeitshilfen gesorgt, auf die eine je eigene Gestaltung der Kirchentage zurückgreifen konnte. Schon der an mehreren Orten begangene Thüringer Kirchentag bot Gelegenheiten, sich auszusprechen und, wie es dann rückblickend hieß, un­aufdringlich, aber entschieden nach dem zu suchen, was aus dem christlichen Glauben […] zu den Herausforderungen der Gegenwart zu sagen ist.41 Im Juni folgten die Kirchentage in Rostock, Frankfurt/Oder, Magdeburg und der Lutherstadt Eisleben. Der Kirchentag in Dresden im Juli weckte durch seine Größenordnung Erinnerungen an die gesamtdeutschen Kirchentage in Berlin 1951 und Leipzig 1954: Etwa 100.000 Menschen fanden sich zur Schlussveranstaltung im Großen Garten ein. Einen besonders akzentuierten Abschluss fand der Kirchentagszyklus im September in Wittenberg. Hier ging ein Kirchentagskongress vorauf, der in thematisch strukturierter Arbeit mit ausgewählten Texten Luther selbst zu Wort kommen ließ. Den Höhepunkt bildete eine abendliche Symbolhandlung auf dem Lutherhof: Das Umschmieden eines Schwertes zur Pflugschar griff ein akutes Staat-Kirche-Konfliktthema auf; im Horizont von Erwartungen und Hoffnungen vieler Menschen wurde diese Handlung zu einem beeindruckenden Friedenszeugnis. Das Bischofsforum bot Gelegenheit zu offener Aussprache über bedrängende Fragen. Für die Staatsführung der DDR bildeten die regionalen Kirchentage den mit Abstand beunruhigendsten As­pekt des Jubiläums.

Exkurs


Im September 1982 hatte das Sekretariat des ZK der SED sich mit den Vorbereitungen zum Lutherjahr befasst und konstatiert, dass gegnerische Kräfte innerhalb und außerhalb der DDR […] besonders die geplanten Massenveranstaltungen (Kirchentage u. ä.) zu feindlichen Aktivitäten benutzen wollten. Die kirchlichen Pläne seien deshalb gewissenhaft zu prüfen und zügig zu entscheiden.42 Zwei Monate danach betonte eine Konzeption Kirchentage, die Kirchen seien nicht nur für den äußeren Ablauf, sondern auch für die inhaltliche Gestaltung der Kirchentage voll verantwortlich.43 Staatssekretär Gysi übermittelte dies den kirchlich Verantwortlichen.44 Zwei Wochen vor Beginn der Jubiläumsveranstaltungen instruierte der für Kirchenfragen zuständige ZK-Sekretär Paul Verner die versammelten SED-Bezirksfunktionäre über die aktuelle gesamt- und kirchenpolitische Situation. Die Vorbereitungen zum Lutherjubiläum hätten gezeigt, dass eine nützliche Kooperation zwischen sozialistischem Staat und evangelischen Kirchen auch in Fragen von hoher ideologischer Wirkung (wie dem Gegensatz von marxistischem und kirchlichem Lutherbild) möglich sei. Nunmehr gehe es um einen politisch positiven und störungsfreien Verlauf vor allem auch der sieben Kirchentage. Diese würden mit Veranstaltungen zu den Themen Frieden, Umwelt und Bildung zu Anziehungspunkten für destruktive Kräfte werden. Manche Kirchentagsvertreter versuchten, staatliche Organe gegeneinander auszuspielen, und spekulierten auf sogenannte Freiräume für antisozialistische Machenschaften. Den Kirchenleitungen sei nahezulegen, solche Kräfte noch wirkungsvoller zu zügeln. Den Bezirkssekretären, die keine Experten der Kirchenpolitik sind, sei verstärkt zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.45

Die Staatsmacht suchte durch das Einschwören auf ihre ideologische Weltsicht, ein öffentliches Benennen von Problemen ihrer Diktatur und das Hoffen auf Änderungen abzuwenden. Ebendies aber fand außer bei den Kirchentagen auch in der Friedenswerkstatt, zu der sich im Juli 1983 auf kirchlichem Terrain in Berlin tausende von Teilnehmern einfanden, ein Forum. Die staatliche Absicht, mittels kirchenleitenden Eingreifens offene Kritik zu unterbinden, kam nicht zum Ziel. Auch die im September tagende BEK-Synode wurde zu einem Forum für das Bezeugen von Enttäuschung und Verbitterung von Bürgern unseres Landes. Der Vorsitzende der Konferenz der Kirchenleitungen verstärkte diese Äußerungen, indem er konkrete Gründe für den verbreiteten Unmut benannte.46

2.3 Luthers Sache: Der Kongress für Lutherforschung


Im August 1983 tagte in Erfurt der VI. Internationale Kongress für Lutherforschung. Einen besonderen Bezug zum Jubiläumsjahr zeigten Hauptreferate zu den Themen Der Mensch Luther47 und Die Sache Luthers. Leif Grane (Kopenhagen) bot einen Zugang zu Lu­ther’s Cause durch profunde Nachfrage zum Weg des Reformators von 1516 bis 1521, von der biblisch fundierten Absage an die Scho­lastik bis zur Verantwortung vor Kaiser und Reich. Dieser Weg er­weise sich als eine ununterbrochene Ereigniskette, die für eine Spätdatierung der reformatorischen Entdeckung keinen Raum lasse. Die Christuserkenntnis als ein Geschehen auf Leben und Tod habe Luther zum Handeln pro re theologica et salute fratrum genötigt, und das Offenbarwerden seines Widerspruchs gegen amtierende Autoritäten habe ihn gezwungen, auch das Volk zu unterrichten. Lu­thers Sache sei aber nicht identisch mit einer der später geprägten theologischen Formeln, sondern zeige sich stets als ein vom biblischen Wort geleitetes, zeit- und ortbezogenes Geschehen. In­dem Luther sich gegen neue Glaubensartikel wie auch gegen weltliche Tyrannei wandte, sei er in der Kirche und so auch bei dem ge­blieben, was schon in der Kirche ist, der laeta libertas aller Chris­­ten.– Martin Seils (Jena) suchte den erfragten Zugang, indem er, von be­kenntnisartigen Formulierungen Luthers ausgehend, vom Handeln Gottes als Gebegeschehen sprach und den Satz »Gottes Sein ist im Sichgeben« als Inbegriff der Theologie Luthers zur Debatte stellte.48

Ein Empfang im Rahmen des Kongresses bot den Teilnehmern aus vielen Ländern auch Gelegenheit zur Begegnung mit Staats­-sekretär Gysi als Repräsentanten der Staatsmacht. Die gelungene Staat-Kirche-Kooperation wurde beiderseits mit Lob bedacht. Dr. Joachim Rogge, Präsident der Kirchenkanzlei der EKU (Bereich DDR), mit Gysi gut bekannt und ihn an Leibeslänge überragend, brachte als Präsident des Kongresses temperamentvoll zum Ausdruck, wie verständnisvoll der Staatssekretär auf kirchliche An­liegen einzugehen pflege, nötigte damit aber Gysi, der dem stets lauernden Opportunismus-Vorwurf seiner Partei (SED) be­gegnen musste, zu einer die staatliche Autorität betonenden Entgegnung.

2.4 Luthers Geburtstag: Ökumenische Begegnungen


Ökumenische Begegnungstage in Eisleben und in Leipzig vom 10. bis zum 13. November bildeten den abschließenden Höhepunkt des kirchlichen Lutherjubiläums. Sie sollten zeigen, dass Luther der weltweiten Gemeinschaft von Christen und Kirchen, nicht nur den Lutheranern, gehört. Der Martinstag in Eisleben bot Gelegenheit, wieder an eine örtliche Tradition, den gemeinsamen Gang zum Lutherdenkmal auf dem Marktplatz, anzuknüpfen. An den vorangehenden Gottesdiensten in den evangelischen und der katho­-lischen Kirche am Ort hatten ökumenische Gäste mitgewirkt. In Leipzig wurde an die Disputation von 1519 zwischen Karlstadt, Lu­ther und Eck erinnert, die im Dissens endete. Heute aber gelte es angesichts des Schmerzes der Trennung, nicht mehr gegen-, sondern miteinander nach der Wahrheit zu fragen. Dies sollten wir als evangelische Christen nicht ohne Luther tun und auch nicht an ihm vorbei.49

Besondere Aufmerksamkeit fand die Ansprache des Präsidenten des Sekretariats für die Einheit der Christen, Johannes Kardinal Willebrands, der für die römisch-katholische Kirche er­klärte, Luther sei nicht nur im Leben der evangelischen Christenheit gegenwärtig, sondern auch in der Ökumene der Christenheit; sein theologisches Erbe sollten wir deshalb erneut und zwar ge­meinsam lesen. Willebrands, der sich auf ein an ihn gerichtetes Schreiben des Papstes vom 31. Oktober 1983 bezog, erklärte zur Frage der fortbestehenden Exkommunikation Luthers, durch sie sei die Bruderschaft in Christo nicht zerstört worden; für die katho­lische Kirche sei Luther aufgrund seiner Taufe der Bruder Martin geblieben. Der Kardinal warb für ein gemeinsames Zeugnis von der Frohbotschaft unserer Erlösung in der heutigen Welt.50 Deutlicher und entschiedener hatte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am 31. Oktober vor der EKD-Synode in Worms geäußert: Luthers Protest dürfe nicht in irgendeiner Weise eingeebnet werden, sonst verlören die reformatorischen Kirchen Salz und Kraft. Nur was um des Evangeliums willen notwendig ist, dürfe Bedingung der Einheit sein. Luther könne und müsse viel stärker in die gesamte kirchliche Überlieferung eingebracht werden.51 Zum Thüringer Kirchentag im Mai hatte Bischof Dr. Wanke (Erfurt) da­von gesprochen, dass die Ökumene an gemeinsamen Aufgaben wächst: Wir als katholische, Sie als evangelische Christen haben die Aufgabe, das Evangelium in die Wirklichkeit unserer Gegenwart zu übersetzen, es gleichsam als DDR-deutsch zu buchstabieren, damit es zünden kann im Herzen der Menschen.52 Nach Jahrhunderten konfessioneller Spaltung konnten evangelische und katholische Christen auch und gerade mit Bezug auf Luther eine Gemeinschaft im Glauben erleben, die für frühere Generationen noch unvorstellbar war.

3. Zur Bilanzierung des Jubiläums


Als die Vorbereitungen auf das Lutherjubiläum begannen, war in der evangelischen Pfarrerschaft Zurückhaltung, ja Skepsis im Blick auf Luther verbreitet, auch bei Leitern von Pastoralkollegs, deren tatkräftiges Mitwirken im Gedenkjahr gefragt war.53 Die Luther-renaissance des frühen 20. Jh.s lag weit zurück; bei Luther Orientierung zu suchen, war eher die Ausnahme als die Regel. Doch während der Vorbereitungsphase und im Jubiläumsjahr gab es auch einen Wandel, zu dem manches beitrug: die in der Kirche be­triebene programmatische Arbeit, die Hochschätzung des Lutherjubiläums in der SED-Kulturpolitik und der unter DDR-Bedingungen exzeptionelle Grad an Öffentlichkeit, den die kirchlichen Aktivitäten erreichten. Schon die republikweite Plakatierung des Zurufs Vertrauen wagen konnte Alltägliches diskret verändern. Am Ende des Jubiläumshalbjahres gab es Erfahrungen der Nähe und Präsenz Luthers und seiner Botschaft.

Rückblicke auf den Verlauf und das Erleben des Lutherjahres54 bekundeten übereinstimmend die große Bedeutung der in den ostdeutschen Landeskirchen längst erprobten Veranstaltungsform von regionalen Kirchentagen. Sie waren geeignet, auf dem Terrain der ideologischen Diktatur Kirche sichtbar und erlebbar zu ma­chen. Die Kirchentage wiederum profitierten in hohem Maße von der engagierten Beteiligung und Mitarbeit in den Gemeinden.55 Darüber hinaus aber bot das Lutherjahr Anlass für viele weitere örtliche Gemeindeaktivitäten.56 Vieles davon geschah auch ohne offizielle Vermittlungen durch persönliche Kontakte, so zum Beispiel Vortragsveranstaltungen in kaum mehr feststellbarer Zahl.

Die vom kirchlichen Lutherkomitee, besonders dem Geschäftsführenden Ausschuss, mit großer Sorgfalt vorbereiteten zentralen Jubiläumsveranstaltungen – die Eröffnung auf der Wartburg und die Ökumenischen Begegnungstage zum Luthergeburtstag – er­reichten auch durch Funk und Fernsehen viele Hörer und Zu­schauer. Erstmalig hatte die Staatsführung gewagt, über die sonst ihrem ideologischen Diktat dienenden Medien kirchliche Veranstaltungen, aus denen ein ganz anderer Geist sprach, live für jedermann zugänglich zu machen.

Ein wichtiges Anliegen für die Kirche war ein Jubiläum ohne jede Glorifizierung Luthers. Dazu gehörte auch das Bekennen von Schuld. Ein Gebetstext für die beiden Hauptveranstaltungen sprach von ungerechten Urteilen Luthers über die römisch-katholische Kirche, über täuferische Gruppen, aufständische Bauern und über die Juden. Das Thema Luther und die Juden wurde anhand von Luthertexten auch in einem Sonderpastoralkolleg behandelt. Mit der großen Dankbarkeit für das, was der Kirche mit Luther gegeben war und ist, verband sich der erklärte Verzicht auf ein Rühmen des Menschen Luther. Der Nachdruck, mit dem dies vertreten wurde, konnte aber auch befremdlich wirken: Man möge doch mehr beachten, dass Luther für viele, auch in der Ökumene, eine heilige Gestalt, ein Mann Gottes von apostolischer Begnadung sei.57

Die Summe des geistlichen Gewinns, den das Lutherjubiläum erbrachte, wird sich kaum benennen lassen. Zum Eindrücklichsten und wohl am ehesten in Erinnerung Bleibenden dürften das Leitwort des Jubiläums, Luthers Katechismussatz Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen und der Zuruf Vertrauen wagen! gehört haben. Angesichts der Erfahrungen im Lutherjahr, auch mit ökumenischer Begegnung im Eichsfeld, bat Landesbischof Leich die Thüringer Synode dringend um eine erneute Hinwendung zum Kleinen Katechismus für unsere Gemeinden und zum Großen Katechismus für unsere Pfarrer.58

Am 9. November 1983, bevor sich Gemeinden und Gäste in Eisleben und Leipzig zu den Ökumenischen Begegnungstagen versammelten, beendete das Martin-Luther-Komitee der DDR mit einem Festakt in der Berliner Staatsoper seine Tätigkeit. Staat­-licherseits verbuchte man es als Erfolg, dass die Evangelischen Kirchen in der DDR, die bis Anfang 1978 auf größtmöglicher Distanz zur staatlichen Lutherehrung bestanden hatten, seit dem Staat-Kirche-Gespräch vom 6. März bei klarer Abgrenzung der inhaltlichen Verantwortung zu weitgehender und sichtlich er­folgreicher Kooperation bereit gewesen waren.59 Ein Erfahrungsbericht für 1983 aber brachte noch anderes, eine stark intensivierte Auseinandersetzung des Staatssekretärs für Kirchenfragen mit den Bischöfen und dem Vorstand der Konferenz der Kirchenleitungen, zur Sprache, auch einen zunehmenden kirchlichen Einfluss auf Jugendliche gerade aus nichtchristlichen Elternhäusern, die Antworten auf Lebensfragen suchen. Insgesamt habe die Lu­therehrung das Selbstbewusstsein der Kirchen in der DDR ge­stärkt.60

1983 wurde in der DDR nicht nur Martin Luther, sondern auch Karl Marx geehrt. Zu dessen 100. Todestag veranstaltete die SED eine Internationale Wissenschaftliche Konferenz zum Thema Karl Marx und unsere Zeit – der Kampf um Frieden und sozialen Fortschritt. Für die herrschende Partei war es nicht leicht, ihrem Klassiker die gewünschte Beachtung zu verschaffen. Der Volkswitz brachte die Situation auf den Punkt: Martin Luther feiert seinen 500. Geburtstag, und Karl Marx ist 100 Jahre tot. Doch die Geburtstagsfeier selbst, die Marktveranstaltung in Eisleben am 10. November, ließ nach dem Eindruck von Teilnehmern den Charakter eines fröhlichen Festes vermissen.61 War dies der Novembertrübnis zu­zuschreiben oder den langdauernden großen Anstrengungen oder einer noch mangelnden Übung im Feiern ohne zu rühmen?

Summary


To arrange the 500th anniversary of Martin Luther’s birthday, was primarily bound the Protestant church in the GDR. But owing to the rule of the communist party (SED) it became a special chal­lenge, because Luther recently too was demanded for the GDR founding mythology. The Protestant church took the chances of jubilee, to emphasize faith in Luther’s sense. The jubilee was celebrated by large publicity and ecumenical participation. The communist government was more tolerant than otherwise. During the celebrations some actual political expectations were addressed to the dictatorship.

This article informs about preparations and events of the Lutherjubilee 1983 in the temporal context.

Fussnoten:

1) So das zuvor einzige Zentenargedenken von 1883, das der Stimmung der Zeit entsprechend, ein Jahrzwölft nach der deutschen Reichsgründung, mit dem triumphalen Gestus einer ideellen Überhöhung des neuen Reiches, des deutschen und evangelischen Kaisers und der Verherrlichung des deutschen Lu­ther inszeniert wurde; D. Wendebourg, Die Reformationsjubiläen des 19. Jahrhunderts, in: ZThK 108 (2011), 270–335, bes. 304–306.
2) In einem geradezu beschwörenden Ton spricht hiervon die 1982 verbreitete Thematische Orientierung des kirchlichen Lutherkomitees für die kirchliche Arbeit im Jahre 1983: Die Vorbereitungen zum Jubiläum seien von Anfang an von der Sorge begleitet, es könnte zu einer Verherrlichung des Menschen Martin Luther kommen, seine Persönlichkeit könnte heroisiert und seine kulturgeschichtlichen Wirkungen könnten lediglich bewundert werden; KJ 1983, 198.
3) Die Kirchenvertreter, heißt es in einer staatlichen Aufzeichnung, hätten erfreut reagiert, dass der Staat das Reformationsjubiläum mit so viel Interesse bedenkt; Aussprache des Staatssekretärs Hans Seigewasser (SED) und des CDU-Vorsitzenden Gerald Götting mit den Bischöfen Mitzenheim (Thüringen) und Jänicke (Kirchenprovinz Sachsen) sowie OKR Lotz am 25. Mai 1966; BArch DO/4 83966.
4) Maßgeblich durch den Leipziger Historiker Max Steinmetz.
5) Das staatliche Motto für das Reformationsjubiläum war ein Ulbricht-Diktum, wonach Reformation und Bauernkrieg die größte revolutionäre Massenbewegung vor der Novemberrevolution gewesen seien; BArch DO/4 83966.
6) Zum staatlichen Kongress waren über die (Ost-)CDU-Ökumene auch ungarische Bischöfe eingeladen, die sich aber nicht trauten, an den kirchlichen Veranstaltungen teilzunehmen; Mitteilung von Herrn Kollegen H. G. Thümmel (2012).
7) Im Statut vom 24.10.1968 hieß es alsbald: Alle Museen der Stadt Wittenberg sollten vor allem das progressive Erbe der frühbürgerlichen Revolution pflegen; G. Haendler, Erlebte Kirchengeschichte. Erinnerungen an Kirchen und Universitäten zwischen Sachsen und den Ostseeländern, Rostock 2011, 248.
8) Haendler (wie Anm. 7), 247–250; S. Bräuer, Der TARF – von seiner »spontanen Entstehung« bis zum Anfang der siebziger Jahre; Herbergen der Christenheit 34/35 (2010/11), 231–255, dort 238–241.
9) Marxistische Historiker (A. Laube, M. Steinmetz, G. Vogler) legten 1974 die voluminöse Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution vor. Die Rede des SED-Chefideologen Kurt Hager beim Festakt in Mühlhausen erschien unter der Schlagzeile: Das Erbe des Bauernkrieges und Thomas Müntzers ist in der DDR lebendig; Berliner Zeitung vom 17. März 1975.
10) Eine Sammlung von Beiträgen war betitelt: Thomas Müntzer – Anfragen an Theologie und Kirche, hrsg. im Auftrag des Sekretariats des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR von C. Demke, Berlin 1977. Hier ging es um Müntzers Weg in den Bauernkrieg (S. Bräuer), Müntzers Verständnis von der Bibel (R. Mau), Müntzers und Luthers Verständnis von der Reformation der Kirche (J. Rogge) und das Geschichtsverständnis Müntzers (W. Ullmann).
11) F. Hartweg (Hrsg.), SED und Kirche. Eine Dokumentation ihrer Beziehungen, Bd. 2: 1968–1989, bearb. v. H. Dohle, Neukirchen-Vluyn 1995, 336.
12) Zu ihr gehörten Dr. R. Pietz (Präsident der EKU-Kirchenkanzlei), OKonsRat M. Stolpe (Leiter des BEK-Sekretariats), Dr. C. Demke (Sekretär der Theologischen Kommission beim BEK) und die Reformationshistoriker Dr. S. Bräuer, Doz. Dr. H. Junghans und OKR Doz. Dr. J. Rogge.
13) Gerade dies aber solle die Kirche veranlassen, frühzeitig Prioritäten zu setzen; Sitzung der Beratergruppe Lutherjubiläum am 15. Dezember 1975; EZA 101/3000.
14) Diesen Impuls aus der Tagung des Kongresses in St. Louis 1971 vermittelten J. Rogge und M. Seils; vgl. S. Bräuer, Die Gewalt soll gegeben werden dem gemeinen Volk. Die Thomas-Müntzer-Ehrung der DDR im Jahr 1989; ThLZ 137 (2012), 1023–1040, dort 1027.
15) Von Grane und Rogge war zu erfahren, dass der Hinweis, im Falle staatlicher Eingriffe werde der Kongress nach Straßburg verlegt, wofür es bereits Vorbereitungen gebe, augenblicklich wirkte. Staatliche Aufzeichnungen über das Gespräch waren bisher nicht auffindbar.
16) Nach der stark besuchten und sehr gelungenen Kongresstagung im Jubiläumsjahr dankte Grane am 30. August 1983 Staatssekretär Gysi für die dem Kongress gewährte staatliche Unterstützung und erinnerte an das Gespräch mit dessen inzwischen verstorbenem Amtsvorgänger über die Möglichkeit eines Lutherforscherkongresses in der D. D. R. im Jubiläumsjahr. Seigewasser habe diese Idee nicht nur wohlwollend, sondern mit Begeisterung aufgenommen; BArch 04/454.
17) Dr. C. Demke, Sekretär der Theologischen Kommission beim BEK und von 1981 bis 1983 Leiter des BEK-Sekretariats; Dr. J. Rogge, Reformationshistoriker und seit 1977 Präsident der EKU-Kirchenkanzlei; Dr. H. Zeddies, Leiter des Lutherischen Kirchenamtes.
18) Konstituierende Sitzung am 3. November 1977; EZA 101/3000. Am 21. Februar 1978, noch vor dem Staat-Kirche-Gespräch vom 6. März, informierten die Dienststellenleiter den Staatssekretär über die Bildung einer Arbeitsgruppe, der auch die Bischöfe Hempel, Krusche und Leich angehörten, und baten um deren Unterstützung.
19) Einladung zu dessen Konstituierung (Demke): Wir wollen … endlich zum Ziel bringen, was schon ein halbes Jahr ansteht; 17. November 1978; EZA 101/ 3000.
20) So z. B. Was Gott an uns gewendet hat – … und ist kein anderer Gott – Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.
21) 5. Arbeitssitzung des Lutherkomitees am 3. Juni 1980: Annemarie Schönherr zum Ansatz der Themenfindung in der Kirchentagsarbeit; EZA 101/3000.
22) Zum Ergebnis eines Gespräches am 22. August 1979 mit dem Staatssekretär-Stellvertreter Kalb notierte Rogge, der Staat lege im Blick auf die internationale Öffentlichkeit Wert auf den Eindruck eines nicht beziehungslosen Nebeneinanders von Staat und Kirche; EZA 101/3009.
23) Gespräch am 25. Mai 1979 zur Vorbereitung des Lutherjahres; BArch DO 4/453.
24) 2. Arbeitssitzung des kirchlichen Lutherkomitees, 18. Juni 1979; EZA 101/3000.
25) Neues Deutschland vom 14. Juni 1980.
26) Zur westdeutschen Interviewfrage, ob das wohlwollende Interesse an Luther eine Korrektur des Lutherbildes in der DDR erfordert habe, bemerkte Honecker, man habe stets Luthers Initiativrolle für die frühbürgerliche Revolution betont; das Geschichtsbewusstsein entwickele sich als lebendiger Strom der Erkenntnis, der nie stillstehen dürfe; LM 22 (1983), 452 f.
27) Seit 1976 beobachtete die Theologische Studienabteilung des BEK das Problem Tradition in der marxistischen Philosophie und Literaturwissenschaft. Nach der Konstituierung des Martin-Luther-Komitees der DDR sorgte ein Vortrag des BEK-Sekretärs Dr. Demke über Luther-Ehrung in der DDR für innerkirchliche Unterrichtung über den marxistischen Erbe- und Traditionsbegriff.
28) Demke, Luther-Ehrung (s. Anm. 27).
29) Thesen über Martin Luther. Zum 500. Geburtstag; in: Einheit. Zeitschrift für Theorie und Praxis der wissenschaftl. Sozialismus, hrsg. vom ZK der SED, 36. Jg. 1981, 890–903, erarbeitet von einer Gruppe marxistischer Gesellschaftswissenschaftler unter der Leitung von Prof. H. Bartel. Die Thesen erschienen auch als Separatveröffentlichung der Akademie der Wissenschaften der DDR.
30) Das kirchliche Lutherkomitee brachte im April 1982 eine theologische Analyse der Thesen (R. Mau) in Umlauf; gedruckt in: Zeichen der Zeit 37 (1983), 178–182; Berliner Theologische Zeitschrift. Theologia Viatorum NF 1 (1984), 27–44.
31) G. Brendler, Martin Luther. Theologie und Revolution, Berlin 1983. Besprechungen in KJ 1983, 152 f. (B. Lohse), und ebd., 171–173 (R. Mau).
32) A. Laube, Akademische Forschung und Kooperationsbeziehungen am Beispiel der Reformationsgeschichte; in: Dialog über Luther und Müntzer. Zwanzig Expertengespräche zwischen kirchlichen und marxistischen Reformationshistorikern der DDR (1981–1990). Eine Dokumentation. Hrsg. v. J. Heise und C. Stache unter Mitarbeit v. J. Gruhn, Berlin 2011, 358–384, bes. 376 f. – Bei einer Sitzung des kirchlichen Lutherkomitees im April 1982 berichteten Rogge und Seils über die Gespräche, betonten aber, es sei gut, dass sie nicht öffentlichkeitswirksam stattfänden. Sie verwiesen auch auf unterschiedliche Meinungen bei den marxistischen Experten.
33) A. Silomon, Schwerter zu Pflugscharen und die DDR. Die Friedensarbeit der evangelischen Kirchen in der DDR im Rahmen der Friedensdekaden 1980 bis 1982, Göttingen 1999.
34) So zum Beispiel der Wunsch einer lutherischen Gemeinde aus Spanien, per Reisebus die Lutherstätten in der DDR und Kirchengemeinden besuchen zu können: Übernachtungen nur in Hotels 1. Klasse auf Dollar-Basis; EZA 101/3001.
35) 10. Mai 1983; BArch DO 4/453.
36) Reisebüro-Generaldirektion an Staatssekretär f. Kirchenfragen, 7. Dez. 1982 (BArch DO 4/452): Gesang sei auf der Wartburg zulässig im hinteren Teil der Burg am Brunnen oder vor der Burg auf dem Rondell, im Eisenacher Lutherhaus unmittelbar vor diesem, jedoch nicht erlaubt vor der Georgenkirche, erlaubt am Bachhaus vor dem Bach-Denkmal, aber nicht vor dem Lutherdenkmal, erlaubt in Wittenberg in den Kirchen und vor der Thesentür, aber nicht auf dem Marktplatz vor dem Lutherdenkmal. Im Hof des Lutherhauses sei Singen möglich.
37) Staatssekretär Löffler ließ den Staatssekretär für Kirchenfragen Gysi wissen, er empfehle nach Absprache mit dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten eine Nichtteilnahme von DDR-Wissenschaftlern. Die Eingeladenen sollten mit dem Hinweis auf anderweitige Verpflichtungen selber absagen; Löffler an Gysi, 12. November 1982; BArch DO 4/453.
38) Vgl. H. Zeddies: Das Lutherjahr in der DDR; in: KJ 1983, 194–214.
39) Noch beim Rückblick auf das Lutherjahr äußerten Pfarrer den Wunsch, den Vortrag vom Eröffnungstag im Wortlaut zu erhalten.
40) Darstellung mit Kurzberichten bei I. Lent, Kirchentage in der DDR im Lutherjahr 1983; KJ 1983, 179–193.
41) Lent (wie Anm. 40), 183 f.
42) Beschluss des Sekretariats des ZK vom 29. September 1982; SED und Kirche 2, 459–461. Staatssekretär Gysi sollte mit den kirchlich Verantwortlichen ein grundsätzliches Gespräch führen mit dem Ziel, kirchlicherseits verbindliche Zusicherungen gemäß der festgelegten politischen Linie zu erhalten.
43) Staatliche Positionen und Erwartungen zu den Kirchentagen 1983, 22. November 1982; BArch DO 4/454.
44) Gespräch des Staatssekretärs mit den Mitgliedern des Kirchentagspräsidiums am 26. November 1982; BArch DO 4/454. Kernpunkt war die Warnung vor einem politischen Missbrauch der Kirchentage.
45) Rede Verners am 15. April 1983 zu aktuellen Fragen der Kirchenpolitik; SED und Kirche 2, 466–478.
46) Landesbischof Hempel sprach vom Zentralismus unserer Gesellschaft, von der Verkümmerung schöpferischer Potenzen und der Zurückdrängung von Chris­ten; er forderte für junge Menschen das Recht auf Zorn und das Recht auf Aufrichtigkeit ein. – Das Scheitern bemühter staatlicher Einflussnahme wird durch die SED-interne Feststellung belegt, Hempels Ausführungen hätten den Verlauf und das Ergebnis der Synode wesentlich geprägt; R. Mau, Der Protestantismus im Osten Deutschlands (1945–1990), Berlin 2005 22011, 160.
47) L. W. Spitz, Der Mensch Luther; in: LuJ 52 (1985), 23–45.
48) L. Grane, Luther's Cause, ebd. 46–63; M. Seils, Die Sache Luthers, ebd. 64–80. Korreferate von R. H. Fischer, G. O. Forde und P. Manns, ebd. 81–93.
49) OKR Zeddies bei der Begrüßung in der Thomaskirche; KJ 1983, 209. Das zitierte Monitum bezog sich vor allem auf Erwägungen zum Augustana-Jubiläum von 1980, die einem Konsens mit Bezug (nur) auf das Augsburger Bekenntnis galten.
50) Johannes Kardinal Willebrands am 11. November 1983 in Leipzig; KJ 1983, 209.
51) Grußwort von Bischof D Dr. Karl Lehmann am 31. Oktober 1983 an die Synode der EKD.
52) Texte vom Kirchentag Erfurt, Mai 1983, Grußwort von Bischof Dr. Wanke; EZA 528/246.
53) Das kirchliche Lutherkomitee hatte deshalb bei seiner 8. Sitzung am 11. März 1981 beschlossen, noch vor der Sommerpause mit den Leitern von Pastoralkollegs und Ausbildungsdezernenten über die thematische Vorbereitung von Pastoralkollegs und Studientagungen zu beraten; EZA 101/3001.
54) Vom BEK angeregt, war schon vor dem Beginn der Veranstaltungen mit der EKD vereinbart worden, eine gemeinsame Auswertungsgruppe zu bilden; OKR Dr. Zeddies an den Präsidenten der EKD-Kirchenkanzlei, Dr. H. Löwe, 30. März 1983; EZA 101/3002.
55) OKR Dr. H. Schultze, Teilentwurf vom 5. Oktober 1983 für den Bericht der Kirchenleitung der Kirchenprovinz Sachsen. Die Kirchentage wurden zum großen Fest in den Gemeinden. Die breite Trägerschaft in den Gemeinden erwies sich als das Rückgrat des Kirchentags; EZA 101/3007.
56) Für das Görlitzer Kirchengebiet wird von thematischer Arbeit in den Pfarrkonventen und hiervon ausgehender Vortragstätigkeit in den Gemeinden berichtet. Nirgends habe es eine Abneigung, sich mit Luther zu befassen, gegeben, eher Erstaunen, da man Luther zu wenig kenne. Besonderes Interesse habe dem Lebensgang Luthers gegolten; 18. Oktober 1983; EZA 101/3005.
57) Pfarrer J. Freyer (Gahlene) am 18. Juni 1983; EZA 101/3004.
58) Der Kleine Katechismus erweise sich als ein ökumenisch offenes Dokument unseres Glaubens; Bericht vor der Thüringer Synode über das Lutherjahr, 2. Dezember 1983; EZA 101/3008.
59) Resümee zur politischen Behandlung der Lutherrhrung; BArch DO 4/456.
60) Dr. H. Dohle, Leiter des Büros des Staatssekretärs für Kirchenfragen: Erfahrungsbericht 1983; BArch DO 4/456.
61) 18. Sitzung des Lutherkomitees am 8. Dezember 1983, Auswertungsgruppe; EZA 101/3004.