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Ausgabe:

Dezember/2010

Spalte:

1355

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Scheible, Heinz

Titel/Untertitel:

Aufsätze zu Melanchthon.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2010. X, 478 S. gr.8° = Spätmittelalter, Humanismus, Re­formation, 49. Lw. EUR 99,00. ISBN 978-3-16-150234-7.

Rezensent:

A. B.

Der bedeutende Nestor der Melanchthon-Forschung Heinz Scheib­le hat neue Studien zum Praeceptor Germaniae in einem Sammelband publiziert. Die einschlägige Bedeutung Sch.s ist offenkundig: Es dürfte kaum eine Person der Kirchen- und Theologiegeschichte geben, deren gegenwärtige wissenschaftliche Er-kundung derart zentral mit einem einzigen Forschernamen verknüpft ist wie im Falle von Melanchthon und Sch. Die vorliegende Anthologie setzt die 1996 unter dem Titel »Melanchthon und die Reformation« versammelten Forschungsbeiträge des Gelehrten fort. Sie bietet den bis auf geringfügige Korrekturen unveränderten Abdruck von 26 Aufsätzen, die zwischen 1993 und 2008 erschienen sind, teils in gängigen Periodika wie dem »Lutherjahrbuch«, teils auch in wenig bekannten Häusern wie etwa dem »Drei Kastanien Verlag«.
Zumeist handelt es sich um grundgelehrte Beiträge zu Symposien, Festschriften und anderen Sammelbänden, mitunter auch um präzise popularwissenschaftliche Festvorträge und Kanzelreden. Neben einem Überblick zu »Melanchthons Werdegang« finden sich quellengesättigte Untersuchungen wichtiger Beziehungen, die Melanchthon prägten, so zu Luther, den oberrheinischen Humanisten, Matthäus von Wallenrode, »Frau Luther« oder zu Stadt und Bistum Breslau. Daneben stehen thematisch orientierte Analysen zu Melanchthons Rechtfertigungslehre, Friedensethik und Anthropologie, zu seiner Bedeutung als akademischer Lehrer, Universitätsreformer und Ökumeniker. Höchst instruktive Aspekte der Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte werden am Beispiel von Flacius und Karl Holl, in durchaus exemplarischer Absicht, erhellt.
Sch.s tief eindringende Vertrautheit mit dem Leben, Denken und Wirken Melanchthons, seine stupende Quellenkenntnis und treffsichere Urteilskraft werden in der Fachwelt seit Langem ge­kannt und geschätzt. Dass er darüber hinaus über die besondere, in seinem Metier nicht überfließend vorhandene Gabe verfügt, seine Stoffe in lebenspraller Anschaulichkeit zu entwickeln, ohne dabei an historiographischer Seriosität einzubüßen, macht die Lektüre dieses Bandes zu einem erlebenswerten, lehrreichen Vergnügen.