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Ausgabe:

Dezember/2009

Spalte:

1304–1305

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Markschies, Christoph [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Hans Freiherr von Campenhausen – Weg, Werk und Wirkung. Vorgelegt am 20. April 2007 v. Ch. Markschies.

Verlag:

Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2008. 114 S. m. 1 Porträt. 8° = Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 43. Kart. EUR 21,00. ISBN 978-3-8253-5395-7.

Rezensent:

Hans Reinhard Seeliger

Im Dezember 2003 fanden in Heidelberg anlässlich des 100. Ge burtstags Hans von Campenhausens drei Vorträge statt, die allein als solche schon ein untrügliches Zeugnis für dessen »Wirkung« sind. Was seinen »Weg« anbetrifft, so verweist der Herausgeber, kurzzeitig dritter Nachfolger von Campenhausens, auf die verschiedenen Würdigungen durch dessen zweiten Nachfolger, Adolf Martin Ritter, sowie andere (10, Anm. 5). Schwerpunktm äßig be handelt wird hier das »Werk« als das eines »Ideengeschichtlers«. Dabei kommen allerdings der Herausgeber und Winrich A. Löhr, inzwischen vierter Nachfolger von Campenhausens, zu unterschiedlichen Wertungen. Während Markschies meint, von Campenhausens »verschiedene Arbeiten zur Ideengeschichte des antiken Christentums folgen … weder dem Modell einer Verfallsgeschichte noch einem rein evolutorisch verstandenen Fortschrittsmodell « (20), versucht Löhr – m. E. überzeugend – zu zeigen, wie sich z. B. von Campenhausens Studien zur »Idee des Martyriums« oder die zu »Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht« als »Dekadenzgeschichte« entfalten; das Martyrium habe sich vom Christuszeugnis »zur menschlichen, heroischen Tat« gewandelt, das Amt sei immer mehr »moralisch, juristisch, ja politisch« geworden, was zu einer Veränderung des Glaubens selbst geführt habe (68–73).

In seinem Beitrag »Über Einheit in Staat und Kirche« legt Albrecht Dihle, Schüler von Campenhausens und langjähriger Heidelberger Altphilologe, ein Stück »Ideengeschichte« vor, in dem er (weitgehend auf der Basis des Art. Homonoia [Eintracht] von Klaus Thraede: RAC 16 [1994], 176 –289) zu zeigen versucht, wie der staatspolitische Concordia-Gedanke eingewirkt habe auf die Behandlung der durch dogmatische Konflikte krisengesch üttelten Kirche des 4. Jh.s durch die Kaiser. So ingeniös diese Überlegungen sind, so zeigen sie doch deutlich die Grenzen der Ideengeschichte. Ohne die Erkenntnisse zur Reichsreligion und deren Wechsel im 4. Jh., wie sie die jüngere Religionsgeschichte erarbeitet hat (dazu u. a. H. Cancik: System und Entwicklung der r ömischen Reichsreligion. Augustus bis Theodosius I., in: F. W. Graf/K. Wiegandt [Hrsg.], Die Anf änge des Christentums, Frankfurt 2009, 373–396), sowie ohne die Berücksichtigung der – durchaus nicht ideologiefreien – Dis kussion um die Reorganisation des Reichs in Form des »Zwangsstaates« (s. dazu R. Rilinger, Die Interpretation des späten Imperium Romanum als Zwangsstaat, in: Ders., Ordo und dignitas, Stuttgart 2007, 355 –374) bleibt solche »Ideengeschichte« doch etwas konturlos.

Angefügt sei noch folgender Hinweis: In einer Anmerkung beklagt der Herausgeber, man wisse leider nicht, wie von Campenhausen über den katholischen Ideengeschichtler Joseph Lortz dachte. Es gibt freilich eine Rezension von dessen Reformationsgeschichte durch von Campenhausen in der Kyrkhistorisk Årsskrift 40 (1940), 289–293. Die das Bändchen abschließende Bibliographie von Campenhausens von Ruth Slenczka verzeichnet sie. Leider gibt es keinen Hinweis auf das verwendete Abkürzungsverzeichnis.