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Ausgabe:

Juli/August/2009

Spalte:

796

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Rooke, Deborah W. [Ed.]

Titel/Untertitel:

A Question of Sex? Gender and Differ­ence in the Hebrew Bible and Beyond.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Phoenix Press 2007. XI, 184 S. gr.8° = Hebrew Bible Monographs, 14. Geb. EUR 67,50. ISBN 978-1-906055-20-2.

Rezensent:

Stephanie Feder

Dieser englische Aufsatzband ist die Vortragssammlung einer Tagung mit gleichnamigem Titel, die 2006 stattfand.
Der erste Teil beginnt mit methodologischen Überlegungen und der Frage, ob exegetisch vom »Gender criticism« gesprochen werden kann. Deborah Sawyer zeichnet die Geschichte der feminis­tischen Exegese nach und kommt zu dem Schluss, dass der Perspektivenwechsel, der durch die feministische Exegese in die Bibelwissenschaft eingebracht wurde, entscheidenden Einfluss auf das Lesen und Verstehen biblischer Texte genommen hat.
Der zweite Teil der Aufsatzsammlung beschäftigt sich mit Fragen von Recht und Ritualen in Hinblick auf Gender. Einer der Beiträge – Nicole Ruane: »Bathing, Status and Gender in Priestly Ritual« – untersucht, inwieweit Riten – in diesem Fall rituelle Waschungen – für Männer und Frauen von Bedeutung sind und welche Verbindlichkeit sie haben. Dabei stellt Ruane heraus, dass die Waschungen vor allem der Demonstration männlicher Macht dienen und somit Gender-Ideologien unterstützen.
Im dritten Teil werden von Carol Meyers und Ovidi Creanga˘ ethnologische und anthropologische Zugänge zur Gender-Thematik erläutert. Meyers untersucht den Begriff des Patriarchats und stellt heraus, dass »Heterarchie« ein geeigneteres heuristisches Modell für die Analyse von sozialen Strukturen in biblischen Texten bieten würde als das bekannte Modell des Patriarchats.
Der letzte Teil des Sammelbandes befasst sich mit apokrypher und deuterokanonischer Literatur, wie beispielsweise dem Buch der Jubiläen, Dokumenten aus der Kairoer Geniza und dem Buch Sirach. Auch hier werden von den verschiedenen Autoren und Autorinnen Gender-Aspekte untersucht: Tal Ilan, Professorin für Judaistik an der FU Berlin, analysiert die Rolle und Positionen von Frauen zur Zeit des Zweiten Tempels. An einigen ausgewählten Beispielen zeigt Ilan auf, welche Bilder von Frauen in dieser Epoche in der Literatur gezeichnet werden. Sie greift sowohl negative und abwertende Darstellungen auf – z. B. die Erzählung der Erschaffung der Frau in Gen 2 und die Rezeption dieser biblischen Ge­schichte im Buch der Jubiläen – als auch positive Bilder, wie beispielsweise Judith als Protagonistin des Judith-Buches. Ilan gelingt es, aufzuzeigen, inwieweit die Literatur zur Zeit des Zweiten Tempels als Experimentierfeld diente, indem verschiedenen Theorien über Frauen zur Diskussion standen, die nach einer Erprobungsphase entweder angenommen oder verworfen wurden.
Die Aufsatzsammlung bietet einen profunden Einblick in viele verschiedene Forschungsbereiche der feministischen und Gender-Exegese. Die Untersuchungen erfolgen nah am (hebräischen) Text und erläutern verschiedene Thesen plausibel. Diese Aufsatzsammlung spiegelt die Vielfältigkeit der feministischen Exegese wider und es wird deutlich, wie differenziert Gender-Aspekte in biblischen und außerbiblischen Texten derzeit untersucht werden.