Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Mai/2009

Spalte:

544–545

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gordon, Robert P. [Ed.]

Titel/Untertitel:

The God of Israel.

Verlag:

Cambridge: Cam­bridge University Press 2007. XII, 307 S. gr. 8° = University of Cambridge Oriental Publicatons 64. Lw. £ 58,00. ISBN 978-0-521-87365-9.

Rezensent:

Otto Kaiser

Der John Emerton gewidmete Band veröffentlicht 16 Vorträge, die in den Jahren 2001 bis 2004 im Alttestamentlichen Seminar der Faculty of Divinity und der Faculty of Oriental Studies der Universität Cambridge unter dem gemeinsamen Vorsitz von Graham Davies, Katharine Dell und dem Herausgeber gehalten worden sind.
Der erste Teil enthält unter der Überschrift General perspectives acht Beiträge zu Grundfragen der biblischen Theologie und Religionsgeschichte über das Wesen Jahwes (3–124), der zweite Teil unter Text and themes neun zu textgebundenen Einzelfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Dank der auf S. 3–19 vorangestellten Einführung (»Introducing the God Israel«) des Herausgebers kann sich der Leser schnell über die Einzelbeträge informieren. Gordon eröffnet sein Referat mit einer grundsätzlichen Feststellung über den Unterschied zwischen dem religionsgeschichtlichen Bild der Genese des Jahweglaubens und seiner Formatierung im Alten Testament, die durch ihre Vorsicht und Umsicht besticht. In beiden Bereichen steht Jahwe als der Gott Israels im Vordergrund. Religionsgeschichtlich gesehen war er in vorexilischer Zeit der Nationalgott Israels in einem polytheistischen Umfeld, wobei seine vermutlich in der Vorgeschichte Israels verankerte Bezeichnung als El dank des appellativen Charakters des Wortes beibehalten werden konnte, ohne sein Wesen dadurch dem des kanaanäischen Göttervaters anzugleichen. Die Entwicklung eines expliziten Mo­notheis­mus scheine nach dem Zeugnis von Jes 40–55 erst der spätexilischen Zeit anzugehören. Aus der kontinentalen Sachdiskussion bleibt nachzutragen, dass sich diese Ausprägung der sog. Jahwe-Allein-Bewegung verdankt, die sich im 7. Jh. v. Chr. in Analogie zu dem universalen Anspruch des assyrischen Königs als des Platzhalters des Reichsgottes Assur entwickelt hat und deren Kreisen die Deuteronomisten angehört haben. Diese Sicht findet durch den Beitrag von Simon J. Shervin, »Old Testament monotheism and Zoroastrian influence« (113–124), insofern eine Unterstützung, als Shervin nachweist, dass der deuterojesajanische Monotheismus unter der Voraussetzung der Spätdatierung des iranischen Propheten und der klassischen Ansetzung von Jes 40–55 in spätbabylonischer Zeit nicht auf einen entsprechenden Einfluss zurückgeführt werden kann.
Lassen wir die vorausgehenden und die folgenden Beiträge in der gebotenen Kürze vorüberziehen: Nathan MacDonald untersucht den »Aniconism in the Old Testament«, dessen Deutung sich statt aus dem Charakter Jahwes, der Eigenart der Bilder oder dem sozialen Kontext immer noch am besten exegetisch erklären lässt, was er an Ezechiel, Jes 40–48 und Dtn 4 exemplifiziert (20–34). John Barton behandelt als Gast das strittige Problem der »Imitation of God in the Old Testament« mit dem Ergebnis, dass ein genereller Unterschied zwischen Gottes Handeln am Menschen und dem von ihm von den Menschen erwarteten Verhalten besteht, so dass der Fragestellung bei der überwiegenden Zahl der Texte nur ein heuristischer Wert zukommt (35–46). Ronald E. Clem­ents Beitrag untersucht auf dem Hintergrund der gegenwärtigen drei monotheistischen Religionen unter der Überschrift »Monotheism and the God of many names« die drei aufeinander folgenden Stadien des ältere Götter einschließenden, des sie ausschließenden und des mit seiner universalen Schöpfung und seiner alle Völker umspannenden Weisheit rechnenden Monotheismus, wie ihn Petrus nach Apg 10,34 vertreten hat (47–59). Katherine J. Dell wendet sich der Diskussion über »God, creation and the contribution of wisdom« zu, um zu zeigen, dass beide entgegen der bis in das letzte Drittel des 20. Jh.s geltenden Ansicht keine Spätlinge in der Religionsgeschichte Israels gewesen sind (60–72). Zöge man die Linie bis zu Sir 1,1–10 aus, so ergäbe sich ein direkter Anschluss zu den Überlegungen von Clements. Unter der Überschrift »By royal appointment: God’s influence on influencing God« untersucht Diana Lipton die Auswirkung der Vorstellung von Gott als König, die ihre Konsequenzen für beide Seiten besaß. Von Dtn 17 und 2Kön 22–23 ausgehend, in denen Könige Leser göttlicher Schriften sind, vertritt sie die These, dass umgekehrt zahlreiche an Israel gerichtete Texte Gott als Leser voraussetzten (73–93). Auf die aktuelle Monotheismusdiskussion geht R. Walter L. Moberly in seinem Beitrag »Is monotheism bad for you?: some reflections on God, the Bible, and life in the light of Regina Schwartz’s ›The Curse of Cain‹« ein, wobei er ihre Forderung nach einer Neufassung der Bibel als Folge einer einseitigen Fixierung auf Texte, die von Gewalt handeln, einer falschen Auslegung von Gen 4 und der Verkennung des durch die Bibel als ein Ganzes vorgegebenen Deutungshorizontes zurückweist (94–112).
Der zweite Teil enthält neun Beiträge zu Einzelthemen unterschiedlicher Gewichtung:
Im ersten behandelt Jantet E. Tollington das Thema »God, women and children« unter dem Gesichtspunkt des Wechselspiels zwischen Gott und einzelnen Frauen mit besonderer Berücksichtigung von Frauen als Gebärerinnen, wobei ihr Gottvertrauen we­sentlich zur Erfüllung der den Vätern gegebenen Väterverheißungen beiträgt (127–138). Graham D. Davies widmet sich »The exegesis of the divine name in Exodus« unter besonderer Be­rück­sichtigung von Ex 34,5–8; 6,2–8 und 3,13–15 (139–156). Judith M. Hodley behandelt »The de-deification of deities in Deuteronomy« und zeigt, dass sie im Interesse der Aufrechterhaltung des Bundes zwischen Jahwe und Israel erfolgt (157–174). Peter P. Williams, »Is God moral?: on the Saul narratives as tragedy«, tritt der neuerdings mehrfach vertretenen Ansicht entgegen, dass die Saulerzählungen einen tragischen Charakter besäßen: Eine sorgfältige Lektüre von 1Sam 13 und 15 ergebe, dass sie die Verwerfung Sauls nicht als Fatum, sondern als Folge seiner Verschuldung deuten (174–189). Robert P. Gordons »Standing in the Council: when prophets encounter God« vergleicht die mesopotamischen Vorstellungen von der Teilhabe von Propheten an der himmlischen Ratsversammlung mit den einschlägigen alttestamentlichen Texten, in denen die Einsprache der Propheten endet sowie Gott seine Entscheidung gefällt hat, die bekannt zu machen ihre Aufgabe ist (190–204). Klaus Koch (als Gast), »Ugaritic polytheism and Hebrew monotheism in Isaiah 40-55«, vergleicht das ugaritische Pantheon, in dem El und Athirat/Aschera als Eltern der Götter eine gewisse monotheistische Perspektive verkörpern und Baal, Jam und Mot sterben und wiederauferstehen, mit dem Anspruch Jahwes in Jes 40–55, der einzige Gott und damit der Schöpfer der ganzen Welt und Lenker der Geschichte zu sein, der einen wesentlichen Schritt in der Geschichte des biblischen Monotheismus darstellt (205–228). Philipp P. Jensen arbeitet in seinem Beitrag »Interpreting Jonah’s God: canon and criticism« die polaren Spannungen des Gottesbildes im Jonabuch heraus, das Gott als unabhängigen und zugleich begrenzt mächtigen, als gegenwärtigen und abwesenden, als zornigen und barmherzigen wie als Gott aller Völker und als Gott Israels darstellt und damit immer neue Deutungen provoziert (229–245). James L. Aitken sieht in seinen unter dem Titel »The God of the pre-Maccabees: designations of the Divine in the early Hellenistic period« vorgelegten Überlegungen über die Bedeutung der gehäuften Verwendung der aus der Umwelt entlehnten Gottesbezeichnungen »Gott des Himmels« und »Gott der Höchste« in den jüdischen Schriften der hellenistischen Zeit einen Hinweis darauf, dass sich das Judentum in vormakkabäischer Zeit nicht gegen hellenistische Einflüsse abgeschottet hat (246–266). William Horbury untersucht in dem den Band beendenden Beitrag »Deity in Ecclesiasticus« sorgfältig den wechselnden Gebrauch der Gottesbezeichnungen in der Überlieferung des Sirachbuches und erkennt darin jeweils spezifische Akzentsetzungen der Bearbeiter und Übersetzer (267–292).
Ein Stellen- und ein Autorenregister beschließen diesen ge­wichtigen Band, dessen Beiträge der kontinentale Leser auch dann als anregend empfinden wird, wenn er diskutierte Texte anders datieren und schichten würde.