Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juli/August/2008

Spalte:

839–840

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Lange, Dietz [Ed.]

Titel/Untertitel:

Nathan Söderblom. Brev – Lettres – Briefe – Letters. A selection from his correspondence.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2006. 528 S. m. 1 Porträt u. Abb. gr.8°. Geb. EUR 110,00. ISBN 978-3-525-60005-4.

Rezensent:

Klaus Fitschen

Das Buch enthält eine vom Herausgeber verfasste Einleitung (in englischer Sprache) zu Söderbloms Leben sowie eine Auswahl von Briefen in drei Abteilungen, nämlich solchen aus Söderbloms Zeit als Pastor, als Professor und als Erzbischof. Die Briefe sind verfasst in schwedischer, englischer, französischer, deutscher und auch, an den Papst gerichtet, in lateinischer Sprache (Söderblom hatte Deutsch und Französisch auf der Schule gelernt). Den auf Schwedisch und Französisch verfassten Schreiben ist eine englische, in besonderen Fällen (35) auch eine deutsche Übersetzung beigegeben. Die Fußnoten enthalten Erklärungen zu Namen und Sachen.
In der Einleitung bestätigt Lange einen Eindruck, der sich selbst in Leipzig als einem nicht unbedeutenden Wirkungsort Söderbloms einstellt: »Yet remarkably little is known about him nowadays, even in church and theological circles.« (7) Dabei kann, und dazu wird dieses Buch beitragen, nicht genug auf Söderbloms Engagement für den Frieden und die Ökumene hingewiesen werden, wobei in der Zeit um den Ersten Weltkrieg beides ja eng zusammengehörte. Dass Söderbloms Religionsphänomenologie durch heutige empirische Zugänge überholt ist, ist andererseits auch zu vermerken (8). Das Anliegen Langes ist es, zu zeigen, »that, time-bound though many of his ideas certainly are, there is a lot this great man has to teach contemporary thought on religion« (9), und er bezieht dies vor allem auf Söderbloms Auffassungen vom Heiligen und vom Pluralismus, auch über die Grenzen des Chris-tentums hinaus.
Die Einleitung gibt überdies einen dicht, aber lebendig ge­schriebenen Einblick in Söderbloms Privatleben und berufliche Karriere. Wie so viele führende Männer der Ökumene kam er aus der christlichen Studentenbewegung (12 f.). Auch als Pastor, schon bald in Paris tätig, knüpfte er Kontakte (unter anderem zu Alfred Loisy) und kam so auch in Berührung mit den aktuellen theologischen und religionswissenschaftlichen Entwicklungen. Von Paris aus – wo er neben seiner pastoralen Tätigkeit an der protestantischen Fakultät studiert hatte und im Jahre 1900 promoviert wurde – ging es gleich 1901 auf eine Professur in Uppsala. Allerdings war Söderbloms Karriere nicht unangefochten, und die konservativ gestimmten Kollegen beobachteten seine religionswissenschaftliche Arbeit mit Argwohn. Neben dieser wissenschaftlichen Arbeit aber wuchs seine Reputation als Mann der Kirche und der Ökumene. Von 1912–1914 lehrte Söderblom parallel das Fach Religionswissenschaft in Uppsala und in Leipzig. Mit dem Jahr 1914 und der überraschenden Berufung auf den Erzbischofsstuhl in Uppsala begann auch Söderbloms große Zeit als Mahner zum Frieden. Damit endete aber nicht sein Engagement für die Theologie. Vor allem die Ekklesiologie und somit auch die Ökumene wurden sein Thema. Zugleich blieb er ein volkstümlicher Mann. Der Höhepunkt seines Wirkens war die ökumenische Versammlung von Stockholm im Jahre 1925, die der Ausgangspunkt für weitere dieser Art war, und diese Veranstaltung wäre ohne Söderbloms Einsatz undenkbar gewesen, waren doch auch die ehemaligen Kriegsparteien an einen Tisch zu bringen.
Die Bedeutung von Söderbloms Briefen liegt darin, dass er laut Lange »a genius of communication« und (geradezu als ein Iulius Caesar der Moderne) ein »tireless letter-writer« war, der pausenlos diktierte (9). Entsprechend umfangreich ist der in der Universitätsbibliothek von Uppsala aufbewahrte Nachlass. Die wiedergegebenen Texte, zu denen häufig auch die der Korrespondenzpartner ergänzend abgedruckt werden, mussten also aus einer Fülle von Briefen ausgewählt werden. Sie bieten ein Panorama des Wirkens und der Persönlichkeit Söderbloms, wobei einige Aspekte bewusst ausgelassen wurden, so die Korrespondenz zu religionswissenschaftlichen Fragen.
Die ausgewählten Briefe sind meistens an Prominente gerichtet: Adolf von Harnack, Adolf Deissmann, Friedrich Heiler und Rudolf Otto sind wegen der Häufigkeit des Kontaktes hervorzuheben. Zeitgeschichtlich aufschlussreich sind aber auch die Briefwechsel mit Papst Benedikt XV. oder Kaiser Wilhelm II., dem Söderblom die Einführung des Bischofsamtes anempfiehlt. Auch die weniger oft vertretenen Korrespondenzpartner sind in der Regel Menschen, die tief in der Wissenschaft oder in der Kirche verankert sind. Somit sind die Briefe auch Spiegel der kirchlichen Zeitgeschichte.