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Ausgabe:

Juli/August/2008

Spalte:

775–777

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Antes, Peter

Titel/Untertitel:

Grundriss der Religionsgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart.

Verlag:

Stuttgart: Kohlhammer 2006. 158 S. gr.8° = Theologische Wissenschaft, 17. Kart. EUR 22,00. ISBN 978-3-17-016965-4.

Rezensent:

Ulrike Stölting

»Viele Religionen sind untergegangen, andere sind neu entstanden. Götter und Göttinnen haben ganze Generationen von Menschen in ihrem Handeln beeinflusst, dann war von ihnen nicht mehr die Rede ... Religiöse Ideen haben Menschen in Angst und Schrecken versetzt ...; andere religiöse Gedanken haben die Menschen zu kulturellen Höchstleistungen in Kunst, Literatur, Musik und Tanz angeregt und ihr Denken in eindrucksvoller Weise beflügelt. Wer sich mit der Welt der Religionen beschäftigt, wird Mühe haben, etwas Gemeinsames in all der Vielfalt religiöser Ausdrucksformen zu finden« (11).
Der Darstellung dieser Vielfalt widmet sich der Hannoveraner Religionswissenschaftler Peter Antes in seinem »Grundriss«, der an die Stelle des gleichnamigen Vorgängerwerks von Ernst Damann aus dem Jahr 1978 treten soll. Er will versuchen, eine für Theologen und Religionspädagogen in Studium und Beruf »relativ überschaubare, knappe Einführung in die verschlungenen Wege religiösen Denkens« (9) zu geben. A. ist sich über das Wagnis eines solchen Unternehmens im Klaren, das im Grunde die »Kompetenz eines Einzelnen« angesichts »des immensen Materials, das vorliegt und einbezogen werden muss ...« übersteigt (12).
In der Einteilung des Stoffes folgt A. einem »weitgehend historischen Rahmen« (12), der allerdings in den Unterabschnitten häufig durchbrochen wird. Unter der Bezeichnung »Frühe Kulturen« werden einzelne Religionen wichtiger Kulturräume vorgestellt: Dem asiatischen Kulturraum folgen der afrikanische (ausschließlich das Alte Ägypten), der europäische als der »religiös unproduktivste« (28) und schließlich der alt-amerikanische. A. arbeitet jeweils die charakteristischen Züge dieser Kulturen und ihrer Religionen heraus: zunehmend anthropomorphe Gottheiten, ein Götterpantheon, eine Pflichtenlehre und Ansätze von ethischem Verständnis sowie Mythenbildung: Schöpfung und Jenseitsglaube. Im Anschluss erörtert A. »Traditionelle Stammes- und Naturreligionen« (Schamanismus, Ahnenkult, Totemismus).
Der Schwerpunkt der Studie liegt auf den Weltreligionen, die A. aber unter der ungewöhnlichen Überschrift »Hochreligionen« führt. Neben dem Hinduismus, von der vedischen Religion bis zu– in dieser Bedeutung ein wenig ungewöhnlich – dem »Neohinduismus«, und dem Buddhismus als den zwei größten Religionen im asiatischen Raum folgt, trotz ihrer geringen Mitgliederzahl, als »dritte große Religion« Asiens der Jainismus. Es schließen sich an die Lehren des Konfuzius, der Daoismus, Shintoismus und, als dualistische Religion, der Zoroastrismus/Parsismus. Es folgen die mo­notheistischen Religionen Judentum, Christentum, Manichäis­mus (die Gnosis wird an dieser Stelle nicht erwähnt) und Islam. Jede Religion wird hinsichtlich ihrer Entstehung und Entwicklung bis in die Moderne dargestellt.
Weiterhin werden »Neue religiöse Bewegungen« betrachtet, zu denen A. die Religion der Sikh, der Bahai sowie neuere Gemeinschaften zählt (im christlichen Bereich z. B. die Zeugen Jehovas, Scientology), die im deutschen Sprachraum üblicherweise als »Sekten« bezeichnet werden. In einem weiteren Kapitel »Diffuse Religion« werden schließlich Heilslehren angeführt, die keiner »klar zu benennenden Religion« (131) angehören: Gnosis – in diesem Fall ent­gegen dem Forschungsstand –, Esoterik, Astrologie, Meditation, Mystik, alternative Medizin und New Age. Anschließend greift A. die Frage auf, was man unter der Bezeichnung »Moderne« zu verstehen habe.
In seinem Fazit weist A. noch einmal auf die religiöse Vielfalt hin, die kaum inhaltliche Gemeinsamkeiten erkennen lasse. Dennoch spricht er in diesem Zusammenhang von einer »Evolution von Religion« (142), die aber nicht näher erläutert wird, und von formalen Linien wie der grundsätzlichen Ausrichtung des Menschen auf eine transzendente Größe hin. In den letzten zwei Jahrhunderten sei allerdings die Wissenschaft oftmals an die Stelle der Religion gerückt. Was Religion ist, werde auch in Zukunft nicht zu erklären sein: Das religiöse Denken »bleibt ... ein Geheimnis« (142).
A. hat viel Material bearbeitet. Er hat sich aber dazu entschieden, nicht exemplarisch vorzugehen, sondern sehr viele einzelne Religionen vorzustellen. Notwendig können deswegen oft nur kurze Hinweise gegeben werden: Für die prähistorischen Religi-onen bleiben drei Seiten, für die chinesische Reichsreligion, die der Germanen oder Etrusker je eine Seite, für die Religionen der Inka, der Balten oder Finn-Ugrier je eine halbe Seite. Kultur- und epochengeschichtliche Zusammenhänge werden nicht erörtert, so dass meist Pantheen, Kult, Ethik usf. nur summarisch und positivistisch dargestellt werden, ein verwirrendes Nebeneinander von Stoffen, das den Leser ein wenig ratlos zurücklässt. Für Studierende hilfreiche Hinweise auf vertiefende Literatur werden nicht geboten.