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Ausgabe:

1980

Kategorie:

Religions- und Kirchensoziologie

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Neuerscheinungen

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1-1!)

Theologische Literaturzeitung 105. Jalirgang 1980 Nr. 2

150

sowie roligionsgesohichtlicher und religionssoziologischer Untersuchungen
die im Jahre 1967 in den USA gegründete Dorf-Koin-
munität „Ananda Cooporative Village 2", am Fuße des (Sierra
Nevadagebirges in der Nähe von .Nevada City, Calii'ornien gelegen.
Der Gründer und Vorsteher der Kommunitat James Donald Walters
wurde 1920 in Rumänien als Sohn amerikanisch-anglikanischer
Eltern geboren, begegnete nach der Auswanderung in die
USA glaubigen Hindus und wurde während seines vierjährigen
Aufenthaltes in Indien ein Schüler seines Meisters und Lehrers
Vogananda, der ihn in die Geheimnisse, die Glaubenslehre und den
Weg zur gottlichen Vereinigung und Vollkommenheit (Voga) einführte
. Walters nahm den Namen Swami Kriyananda an und erwies
sieh in der .Folgezeit als charismatische Führerpersönlichkeit
von geistlicher Tiefe und Ausstrahlungskraft, verbunden mit
einem nüchternen Blick für ökonomisch-finanzielle .Realitäten. In
wenigen Jahren wuchs die ursprünglich kleine Kommunität auf
eigenem Grund und Boden zu einer Gemeinschaftssiedlung mit
einer Farm, mehreren Wohnhäusern, einem Tempel, einem Meditationszentrum
, einem Verwaltungsgebäude, einem Empiangs-
und Publikationsothoe, einer Vor- und Elementarschule und einer
Höheren Schule heran. Im Juli 1970 zählte die Kommunität 87
Erwachsene, in der Mehrzahl zwischen 26 und 35 Jahre alt, 25
Kinder und 15 nicht-ständige Mitglieder. Nach den .Lebensregeln
der Gemeinschaft ist der Genuß von Fleisch, Alkohol und Drogen
mit dem Streben nach Vollkommenheit unvereinbar; die Anhänger
der Lohn von Swami Kriyananda sind Vegetarier. Aus den zahlreichen
Besuchern und den zweitweilig anwesenden „potentiellen
Mitgliedern" rekrutiert sich der Nachwuchs und die zahlenmäßig
stärker werdende Jüngerschaft.

Lebensinhalt und Ziel der Jüngerschaft bestehen darin, Gott zu
suchen und zu linden sowie in der Selbst-Verwirklichung auf dem
Wege zur Voll kommenheit in der göttlichen Einheit voranzuschreiten
, durch ein Leben im Gleichgewicht von Dienst und Meditation
reifer zu werden und in einem immerwährenden Bemühen durch
das Beispiel des eigenen Lebens der ganzen Menschheit zu dienen.
Selbst-Verwirklichung auf spirituellem Wege gilt als letztes Ziel
menschlicher Existenz. Zu den Tugenden des Weges zur Vollkommenheit
zählen: Meditation, Konzentration, Selbstvertrauen, Beharrlichkeit
, Selbstkontrolle, eine geistig-geistliche Empfindsamkeit
und Bereitschaft, das gemeinschaftsstiftende Zusammenleben
in der Kommunität und der Auftrag, neuo Jünger zu gewinnen.
Obwohl die bestimmenden Grundzüge der Lehre von Swami Kriyananda
eindeutig im Hinduismus liegen, finden wir in den Schriften
des Meisters und im geistlichen Leben der Kommunität zahlreiche
synkretistische Elemente, einschl. christlicher Glaubensinhalte
. Bezeichnend hierfür ist ein Gebet der Ananda-Kommuni-
tät: „Himmlischer Vater, Göttliche Mutter, von Gott geliebter
Freund: Lord Krishna, Jesus Christ, Babaji, Lahiri, Mahasaya,
Swami Sri Yukteswarji,geliebter Guru Paramahansa Yoganandaji,
Heilige und Weise aller Religionen, wir verneigen uns demütig vor
euch allen. Segne uns mit dem Gewahrwerden Deiner Gegenwart,
führe unsere Gedanken, führe unsere Worte, führe unsere Taten -
daß sie sich in Harmonie mit Dir belinden. Wir wünschen einzig
Dir zu dienen, einzig näher zu Dir zu kommen; wir sind Dein, sei
Du unser. - Om - Frieden - Amen" (137). Die neuerdings stärker
hervortretenden synkretistischen Züge innerhalb der religiösen Er-
weckungsbewegung in den USA entsprechen einer Abneigung gegenüber
streng konfessionell-dogmatischen Aussagen, die als zu
eng und lebensfremd empfunden werden.

Der besondere Wert der religionssoziologischen Forschungsergebnisse
von Nordquist liegt darin, daß „Ananda Cooperative
Village" nicht als isoliertes Phänomen beschrieben wird, sondern in
übergreifende gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge der westlichen
Welt einbezogen ist. Drei Hauptströmungen innerhalb der
gegenwärtigen kulturpolitischen und religiösen Entwicklungstendenzen
in den USA erweisen sich als entscheidende Faktoren zum
Verständnis der Glaubensinhalte, der Werte, der Ziele und Verhaltensweisen
in den zahlreichen neuen Kommunitäten: 1. die
„Gegen-Kultur" (counter culture) als Protesthaltung - insbesondere
der Jugend - gegenüber dem politisch-ökonomischen Establishment
mit seinen traditionellen Normen, Werten und Verhaltensweisen
; 2. die „neue religiöse Bewegung" als Reaktion gegenüber
Profitstreben, Technizismus und übersteigertem materiellen
Lebensstandard; 3. die „Kommunitäten-Bewegung" als Antwort
auf die zunehmend stärker empfundene Vereinzelung, Vereinsamung
und Anonymität in der amerikanischen Gesellschaft. - Der
weitgesteckte Bezugsrahmen der Untersuchungen sowie die exakten
soziologischen Analysen und Schlußfolgerungen erschließen
uns ein besseres Verständnis der Ananda-Kommunität, wobei wir
jedoch den besonderen Hintergrund der nordamerikanischen Gesellschaft
im Blick behalten müssen.

Magdeburg Erwin Hinz

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Zur historisch-politischen Semantik des Begritfs (S. 208-274).

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Schüssler Fiorenza, Francis: Religion und Gesellschaft: Legitimation
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Stegemann, Wolfgang: Von Palästina nach Koni. Beobachtungen
zu einem sozialen Prozeß in der frühen Christenheit (S.
286-290).

Gutierrez, Gustavo: Die Grenzen der modernen Theologie.
Ein Text von Bonhoeffer (S. 291-297).

Logstrup, Knud: Die Krise des Bürgertums und die Theologie
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Castillo, Fernando: Bürgerliche Religion oder Religion des Volkes
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Metz, Johannes Baptist: Messianische oder bürgerliche Religion?
Zur Krise der Kirche in der Bundesrepublik Deutschland
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Schellong, Dieter: Theologische Kritik der „bürgerlichen Weltanschauung
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Waskow, Arthur 1.: Zu einer jüdischen Theologie des niittel-

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