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Ausgabe:

1980

Spalte:

147-148

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Die Sau mit dem güldenen Haarband 1980

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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147

Theologische Literaturzeitung 1 OS. Jahrgang 1980 Nr. 2

148

zu ihrem Profilverlust führen. Gegenwärtig noch ist nur eine
wechselseitige Bereicherung denkbar; sie schützt die unterschiedlichen
Verfahren gleichzeitig vor Strukturzwang. Die neuen „Calwer
" gehen den Weg der Anreicherung. Wir meinen freilich, daß
dieser Weg in mancher Hinsicht noch entschlossener gegangen
worden könnte, ohne daß damit die eigene Zielstellung verlassen
würde. Wünschenswert wären z. B. reichere Konfrontationen mit
Kontrastbezügen und verstärktes Eingehen auf die Persönlichkeit
des Predigers. Die Zeitnähe der Verkündigung könnte dadurch
noch dichter, die kreative Illuminierung des Predigers noch gesteigert
werden.

Es bleibt uns die Besprechung des letzten Schrittes aus dem
Vorbereitungsgang: Zur Predigt. Die Angebote dafür zeigen ein
breites Spektrum. Es reicht von ausführlichen Gliederungsvorschlägen
über Predigtskizzen bis zu Teilformulierungshilfen und
ausgeführten Predigten. - Bei den vorgeschlagenen Kompositionsverläufen
dominiert die ,klassischo' Form mit Thema und Teilen.
Daneben werden auch andere und gelegentlich auch experimentelle
Eormverläufe angeregt (narrativer, lernpsychologischer, medienbezogener
, leitmotivischer Bauplan). Freilich müssen solche Baupläne
aus dem Text erschlossen werden; sie werden, ebenso wie
rhetorische Strategie und Taktik, nur selten reflektiert.

Vorzugsweise hilfreich für eine eigenschöpferische Predigtarbeit
erscheinen uns im fünften Schritt solche Ausarbeitungen, die klare
Predigtziel- und Teilzielangaben in Vorschlag bringen und diese
mit der Darbietung von Impulsen, Bausteinen und Materialien
verbinden. In diese Richtung hinein ist für weitere Bände noch
eine die Redewissenschaft stärker berücksichtigende, bewußtere
Ausformung dieses letzten Schrittes „zur Predigt" erwägenswert. -
Insgesamt darf man dankbar sein für die neue Osmose von theologischer
Theorie und homiletischer Praxis, die dieser Start band bietet
und die gewiß den „Neuen Calwer Predigthilfen" neue Freunde
gewinnen wird.

Berlin Christian Bunners

Heinz-Mohr, Gerd [Hrsg.]: Die Sau mit dem güldenen Haarband.

Herzhafte Predigten aus alter und neuer Zeit. Gütersloh: Gütersloher
Vorlagshaus Gerd Mohn [1978]. 240 S. m. zahlr. Holzschnitten
8° = GTB 278. Kart. DM 7,80.

Den Titel, der aus Prov 11.22 stammt, führt eine Predigt Cobers
(gest. 1717), die gegen den Kleiderluxus wettert. Henricus Venedien
(18. Jh.) predigt über den Segen des Frühaufstehens: Text
Mt 2,13 (der Engel gebietet Joseph „Stehe auf"); langes Schlafen
schade der Gesundheit; als Kronzeuge dient Aristoteles. Der Anonymus
Operarius Catecheticus schwelgt 1782 in „Greueln der Verwüstung
" (Mt 24); abscheulich die Weiber, - „ihr unseligen Fratzen
", „euer Leib gleicht einer rechten Misteinfuhr". Die Männer
kommen glimpflicher davon, „weil die Mannsbilder überhaupt
gute, milde und wohltuende Menschen sind". Diese Predigt wird
für den Druck reißerisch interpoliert sein. Natürlich ist auch Jobst
Sackmann vertreten. Der Hrsg. hätte den breiten Mittelteil aus der
rationalistischen Zeit getrost kürzen können, denn die Entartungen
sind weidlich bekannt und dienen nur dorn Amüsement, nicht der
Erbauung. Der Hrsg. will nach dem Vorwort „die in innerer, erlöster
Freiheit begründete Heiterkeit des Herzens" erwecken. Ein
rechtes Ziel, nur erreicht man es nicht auf dem Umweg über die
rationalistischen Moralisten und Grobiane auf der Kanzel. Dankenswerterweise
bekommen wir denn auch Beispiele guter volkstümlicher
und erheiternder Predigtweise angeboten. Dahin gehört
das Fragment einer Kreuzzugspredigt des Robert von Courcon
(Ende 12. Jh.), mit dem Titel „Das Vaterunser des Wucherers".
Neben ihn treten Berthold von Regensburg. Geiler, und mit einem
Sprung ins 19. Jh. Louis Harms. Aus unserem Jahrhundert kommen
fünf Autoren zu Wort, wegen ihrer guten volkstümlichen
Redeweise, nicht wegen drastischer, den guten Geschmack verletzender
Konkretisierungen. Originell ist die „Homilie über den
Esel" von Maurice Lelong (1960), eine Rundfunkandacht zu Weihnachten
, in der die Menschlichkeit Jesu das Thema ist. Für die
homiletische Theorie ergiebig ist die Predigt von Joh. Schiller

(1966) mit dem Thema „Durchsage". Der Katholik Cöjestin Muff
nimmt unter dem Thema „Gefälschter Wein" - s. Joh 2,3 - den
Indifferentismus aufs Korn. Das war 1908 aktuell. Ohne eine geschichtliche
Erklärung werden heutige Leser mit dem Wort nichts
anfangen können.

Rostock Gottfried lloltz

Höckel, Georg [Hrsg.]: Orientierung für den Glauben. Das Augsburger
Bekenntnis in Predigten ausgelegt. München: Claudius-
Verlag [1979]. 182 S. 8°. Kart. DM 19,80.

An 26 Beispielen kann der Leser studieren, wie heule die fast
vergessene Form der Lehrpredigt (bis in das vorige Jh. hinein eine
vielgebotene Predigtweise) von Theologen vcischiedener Funktionen
zu neuem Leben erweckt wird (E.Jiingel, J. Hnrfelmnnn,
W. Lohff, A. Funke, V.Vajta, L. Mohaupt, Ib. Schober, A. Sperl,
P. Krusche, Th. Sorg. J. Meister, G. Höckel. W. Bupprecht, F.
Hahn, J. Heubach, M. Brecht, E. Kolb, Th. Glaser, T.Bendtorff,
J.Illies, U.Parzany, H.H.Harms, P.Meinhold, J.Haikenhäuser,
H. Claß). Der Hrsg. hat im Vorwort einen historischen Büokblick
auf die Stunde der Verlesung der CA 1530 gegeben und ist kurz
auf die Hintergrundprobleme eingegangen, die die Form der Lehrpredigt
betreffen und die dann dioPrediger auch durch ihre Predigt
dem Hörer spürbar werden lassen. Die Reihe wurde, über mehrere
Wochen verteilt, 1978/79 in der Apostelkirche zu München-Solln
vorgetragen. Neben dem Interesse für eine homiletische Besonderheit
fühlt sich der Leser angeregt, über das längst fällige Problem
der Lehre in reformatorischer Theologie heute (d. h. über Verbindlichkeit
, und Grenzen theologischer Aussagen) nachzudenken.

M. P.

Berkhof, Hendrikus: Meditation über „Befreiung" (EvTh 38,1978
S. 463-469).

' Domay, Erhard und Horst Nitschke [Hrsg.]: Gottesdienstpraxis.

2. Perikopenreihe. Bd. 1; I. Sonntag im Advent bis Okuli.

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [1979]. 159 S.

8°. Kart. DM 18,80.
Gellersen, Hans-Günther: Verkündigung in der Regionalsprache.

Zum Beispiel: Niederdeutsch (DtPfrBl 79, 1979 S. 468-470).
Josuttis, Manfred: Materialien zu einer künftigen Homiletik

(BhEvTh 23, 1978 Heft 2, S. 19-49).
Landau, Rudolf: Predigt in der Zeit des Geistes. Ausgewählte

neuere Untersuchungen zur Geschichte der Predigt und Homiletik
(BhEvTh 23, 1978 Heft 1, S. 73-100).
Lohse, Eduard: Die billige und die teure Gnade. Predigt über Jes

30,8-15 (WPKG 67, 1978 S. 6-10).
Möller, Christian: Die Predigt als hörende Rode in der Spannung

von biblischer Tradition und Erfahrung des Glaubens (EvTh 38,

1978 S. 94-113).

Piper, Hans-Christoph: Die Predigt als religiöse Kommunikation

(WPKG 67, 1978 S. 20-27).
Rothermundt, Jörg: Laien als Pnrtner in der Predigt.irbeit. Ein

Erfahrungsbericht (WPKG 67, 1978 S. 187-201).

Religions- und Kirchensoziologie

Nordquist, Ted A.: Ananda Cooperative Village: A Study in t he
Beliefs, Vahles, and Attitudes of a New Age Religious Community
. Uppsala 1978. 177 S. m. 2 Ktn, 7 Abb. auf Taf. 8° = Skrifter
utgivna av Religionshistoriska Institutionen i Uppsala (Hum.
Fak.).

Das vorliegende Werk ist in der Schriftenreihe der Humonisti-
schen Fakultät der Universität Uppsala in Verbindung mit dem
„Projekt für dns Studiuni struktureller Wnndhirror. in der modernen
Gesellschaft : Orientalische Religionen in der westlichen Welt"
erschienen. Der Vf. beschreibt aufgrund eigener Beobachtungen